bedanke sich dafür, auch noch die Konkurrenz der Parteien bei seinen Erwägungen mit in Betracht zu ziehen. Wenn man die Frage der Neben­bahnen auch noch mit politschen Fragen verquicken würde, dann müßte die Verwaltung schlechte Geschäfte machen. Die Regierung verzichte darauf, sich so zu kompromittieren und eine Kompro- mittierung wäre es. Nach einer Entgegnung Rembold's auf die Ausführungen Keil's wurde der Kommissionsantrag angenom­men. Abg. Förstner (D.P.) berichtet über nachstehenden Antrag des Abg. Gröber (Z.) und Genossen: Die Regierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen eine allgemeine, durch Staatszuschuß erleichterte Schlachtviehversicherung eingeführt wird zum Schutze gegen Verluste, welche durch Beanstandung des Fleisches der Schlachttiere bei der Fleisch­beschau entstehen. Die Kommission beantragt, den Antrag abzulehnen. Abg. Sommer (Ztr.) be­fürwortete den Antrag seiner Freunde. Schock (Vp.) und Ströbel (BK.) sprachen gegen den Zentrumsantrag. Minister v. Pischek ist der Meinung, daß man nach den Erfahrungen in anderen Bundesstaaten, in Württemberg keine Veranlassung habe, eine derartige Schlachtviehversicherung einzuführen. Die Ver­waltungskosten seien sehr hoch. Zur Zeit bestehe ein Bedürfnis zu einer derartigen Einrichtung nicht. Auch hätten sich die berufenen Vertreter der Landwirtschaft gegen die Versicherung aus­gesprochen. Abg. Keßler (Z.) tritt für den Antrag seiner Freunde ein. Abg. Berroth (B.K.) führt praktische Gründe an, die gegen die Einrichtung sprechen. Abg. Kei Ibach (Z.) bemängelt, daß man in dieser Frage nicht auf das Reichsviehseuchengesetz zurückgreife. Nach seiner Ansicht habe man allen Grund, mit Nach­druck zum Schutze unserer Viehzüchter für eine Schlachtviehversicherung einzutreten. Schließlich wurde derZentumsantraggegendas Zentrum abgelehnt. Nächste Sitzung: Morgen Vor­mittag 9 Uhr: Finanzetat.

Stuttgarts. Juli. (Schöffengericht.) Das unreelle Geschäftsgebahren gewisser Geld­institute entrollte eine Verhandlung vor dem Schöffengericht. Der Agent Franz Schäferin Gablenberg war wegen Betrugs angeklagt. Er war Vertreter des sogenannten Geldinstituts Paul Blume in Hamburg. Als solcher erließ er in verschiedenen Zeitungen Inserate, in denen er sich zur Vermittlung von Darlehen anbot. Den durch die Inserate angelockten Geldsuchern ver­sprach er die Beschaffung des gewünschten Dar­lehens in kurzer Zeit. Er verlangte Vorschuß­gebühren, deren Höhe sich nach den gewünschten Darlehen richteten. Einen Teil der Gebühren mußte Schäfer an die sogenannte Bank einschicken, die dann auch noch ihrerseits die Geldbedürftigen ausbeutete, indem sie noch weitere Gebühren

für Einholung von Auskünften verlangte. Nach einiger Zeit erhielten die meisten Darlehenssucher von dem Geldinstitut ein Schreiben, in dem ihnen mitgeteilt wurde, daß die Auskunft schlecht laute, oder, daß die Bürgen nicht gut seien. Von sämtlichen Darlehenssuchern hat auch kein einziger ein Darlehen erhalten. Die von dem Geld­institut gestellten Bedingungen waren derart, daß die Geldsucher nicht darauf eingehen konnten. Einem Arbeiter wurde mitgeteilt, daß er ein Darlehen von 100 ^ auf Möbelsicherheit haben könne, wenn er eine Bescheinigung seines Logis­wirts einschicke, daß dieser auf das Pfandrecht verzichte. Der Angeklagte Schäfer machte geltend, er habe nicht gewußt, daß das Geldinstitut nicht reel sei. Das Schöffengericht kam zu einem freisprechenden Urteil.

Stuttgart 14. Juli. Der Polizei­bericht schreibt: Gestern nachmittag gab es auf einer Baustelle in der Hackstraße zwischen einem Polier und einem Arbeiter einen Wortwechsel, wobei der Arbeiter gegen den Polier mit einem Kreuzpickel vorging. Zur Abwehr des Angreifers warf der Polier mit einem Stein und traf den Arbeiter auf die Stirn, so daß dieser schwer verletzt darniederliegt. Die in der Nacht zum Sonntag nach mutwilligem Ziehen eines Feuer­melders geflüchteten fünf Burschen sind ermittelt. Einer davon ein 22 Jahre alter hier wohnender Kaufmann von Zürich, ist der Täterschaft über­führt und sieht der gerichtlichen Bestrafung ent­gegen. Am 7. d. M. sind in einem hiesigen Juwelengeschäft ein paar goldene Ohrringe mit je einem Brillant in Chattonfaffung im Werte von 800 ^ abhanden gekommen, die zweifellos von einer Frau gestohlen wurden, die sich im Laden eine große Auswahl Schmucksachen vor­legen ließ und wieder verschwand, ohne etwas zu kaufen. Die Frau ist ca. 45 Jahre alt, etwa 1,65 Meter groß, kräftig, hat blonde Haare, volles bleiches Gesicht, trug schwarzseidenes Ko­stümkleid, schwarzen Sommerhut mit wenig Aus­putz und spricht nach der Schrift.

Nürtingen 14. Juli. Dem . hiesigen Stationskommandanten ist es gelungen, von der Stelle aus, wo die Landnerin Frida Scheuren- berg erschossen wurde, die Fußspur einige Meter gegen Neckarhausen und auf den Neckar zu zu finden, die der Selbstmörder Popp gegangen ist, ehe er in den Neckar sprang. Am Fluß­rande wurde auch der Lodenhut gefunden. Die Leiche ist zweifellos von dem Hochwasser fort­getragen worden.

Reutlingen 14. Juli. In Gönningen wurde eine junge Samenhändlersfrau namens Wagner mit einer Verletzung auf dem Kopfe aufgefunden, während der Ehemann auswärts weilt. Die Behörde hat Untersuchung eingeleitet und wird wohl bald Licht in die Sache bringen. Die Frau liegt im Sterben.

Vorgesetzten unterwerfen, seine Eigenart zum Opfer bringen, dem Oberen gegenüber so regungslos sein wie ein Leichnam; er muß sich ferner seines Eigentums entäußern, indem er seinen Besitz dem Kloster stiftet oder den Armen schenkt, und er muß endlich ehelos leben, was in der Mönchssprache so viel heißt als keusch sein. Wir Heutigen wissen, daß die menschliche Eigenart nicht vernichtet werden soll, aber geläutert, veredelt, geheiligt; daß der Christ nicht mittellos werden soll, sondern in dem Berufe, in den die göttliche Fügung ihn hineingestellt hat, seine Kräfte anwenden, daß er etwas Tüchtiges leistet und durch seine Arbeitsleistung so viel erwirbt, daß er unabhängig leben und Gutes tun kann; daß endlich auch der Trieb, der die von Gott erschaffenen beiden Geschlechter zu einander hinzieht, nicht auszurotten ist, daß es vielmehr, wenn es auch einzelne gibt, die das Bedürfnis nicht haben, ehelich zu werden, im allgemeinen nicht gut ist, daß der Mensch allein sei. Die Versuche, den Selbständigkeits-, Erwerbs- und Geschlechtstrieb gewaltsam zu unterdrücken, haben die schwersten Versuchungen im Gefolge; finden sie nicht innerhalb der Schranken der göttlichen Ordnung ihre rechtmäßige Befriedigung, so ist die Gefahr groß, daß sie um so ungebändigter Hervorbrechen, daß Unbotmäßigkeit, Habsucht und Unzucht überhandnehmen. Daß auch die Mönche des Hirsauer Klosters diesen Versuchungen zum Opfer fielen, dafür bietet die jahrhundertelange Geschichte nach Abt Wilhelms Tod vielfache und traurige Belege. Die Natur, wenn man sie mit Gewalt austilgen will, rächt sich, indem sie alle heilsamen Ordnungen durchbricht. Abt Wilhelm, dieser ungewöhnliche Geistesmensch, hat sein Ordensgelübde gehalten, und so lange er lebte, besten Zucht und leuchtendes Vorbild auch seine Mönche zur Entsagung und Abtötung willig machte, war die Haltuug derselben eine derartige, daß das Volk andachtsvoll ihre übermenschliche Tugend anstaunte. Kaum aber hatte des Abts Auge sich im Tode geschlossen, so fingen Uneinigkeit und Geiz sich zu offenbaren an. Wilhelms Geistesart artete zunächst in

Gaildorf 13. Juli. Einen schlechten Scherz, der schwere Folgen nach sich ziehen wird, erlaubten sich imLöwen" zu Kaps hiesigen Be­zirks zwei Männer aus dortiger Gegend. Sie boten den anwesenden Gästen Essigessenz, die sie bei sich führten, alsMagenbitter" zum Trinken an. Der anwesende Schuhmacher Knecht aus Hintersteinenberg nahm einen kräftigen Schluck des Getränkes und liegt nun, verbrannt in Schlund und Magen, todkrank darnieder. Um das Opfer dieses sträflichen Scherzes zu ver­nehmen, begab sich eine gerichtliche Kommission an Ort und Stelle.

Alfdorf OA. Welzheim 14. Juli. Der Bauer Rau, der vorgestern nacht seine Frau mit einem Gewichtsstein erschlagen hat, hat sich heute früh selbst der Behörde gestellt.

Alfflorf OA. Welzheim 14. Juli. Wie dieRemszeitung" erfährt, kehrte der Mörder Rau gestern nacht 11 Uhr in die Wohnung zurück. Auf sein Klopfen öffneten ihm die Wache haltenden Hausbewohner. Er nahm zunächst einen kräftigen Imbiß ein und begab sich in die Kammer, in der der sezierte Leichnam seiner Frau lag, legte dort frisches Leibweißzeug an und kehrte nach etwa 10 Minuten aus der Kammer zurück. Inzwischen war die Polizeibehörde verständigt worden und bald darauf erschien der Landjäger, der den Täter festnahm. Heute früh wurde er nach Welzheim ans Amtsgerichtsgefängnis ab­geliefert. Er zeigte durchaus keine Reue über seine bestialische Tat, gab diese unumwunden zu und räumte auch den strafbaren Umgang mit seiner Stieftochter ein. Gerade die Folgen dieses Umganges hatte an dem betreffenden Tage zu Streitigkeiten mit der Frau geführt, denen Rau durch einen Totschlag ein Ende machte. Nach seiner Flucht hatte er sich im Waldteil Laichle in der Nähe der Straße Alfdorf-Vordersteinenberg verborgen gehalten.

Ulm 14. Juli. Das Hochwasser der Donau, das die Nackt über noch weiter gestiegen ist, hat die Militärschwimmschule weg­gerissen. Auch mußte der Betrieb im städtischen Wasserwerk eingestellt werden. Das Wasser dürfte seinen Höchststand jetzt erreicht haben.

Balgheim OA. Spaichingen 14. Juli. Ein schwerer Uns all ist gestern nachmittag dem Herrn Pfarrer Killenberg er zugestoßen. Beim Nachsehen der Renovierungsarbeiten in der hies. Kirche stürzte er von dem Gerüst mehrere Bieter hoch herunter direkt über die Kirchenbänke hinein und mußte schwer verletzt in seine Wohnung ge­bracht werden. Der herbeigeeilte Arzt stellte fest, daß mehrere Rippen gebrochen sind.

Schwenningen 14. Juli. Das Sommerfest der Volkspartei des 9. Reichs­tagswahlkreises, das hier am kommenden Sonntag abgehalten wird, verspricht eine eindrucksvolle

totes Formelwesen aus, bald verfiel alle Zucht und machte geistiger und sittlicher Zerrüttung Platz.

Der Mißerfolg der von Hirsau aus versuchten Reform, der in den Jrrtümern der Zeit seine Erklärung findet, hindert uns aber nicht, den edeln Bemühungen Abt Wilhelms Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. In großen Dingen ist schon der gute Wille etwas wert. Konnte Wilhelms Werk keinen Bestand haben, so steht darum seine persönliche Vortrefflichkeit, sein erhabener Idealismus nicht weniger bewundernswürdig vor unfern Augen. Der protestantische Forscher setzt seine Ehre darein, eine so große Persönlichkeit, auch wenn sie in mehr als einer Hinsicht dem allgemein mensch­lichen Lose des Irrens anheimgefallen ist, nicht vom Standpunkt der eng­herzigen Partei aus zu beurteilen, sondern die vergänglichen Elemente zu scheiden von dem lauteren Goldgehalt des inneren Wesens. Was aber diesem Gehalt seinen Ewigkeitswert gibt, ist nichts anderes als das, was der Mann, der ihn in sich trug, aus derselben Fülle geschöpft hat, der auch wir modernen Christenmenschen das Höchste und Beste verdanken; es ist die unter allem Wechsel der menschlichen Anschauungsformen unveränder­liche Substanz des Evangeliums. Auch wir sind in Jrrtümern befangen, welche die Nachwelt ans Licht ziehen wird. Um so weniger können wir den Irrenden Haffen und verdammen; jeder Glaubenshaß ist ein ver- abscheuenswürdiges Ueberbleibsel des mittelalterlichen Fanatismus und ist eines evangelischen Christen unwürdig.

Unsere Weltanschaung, die der Wilhelms entgegengesetzt ist, hält uns nicht ab, auch diesen Mann einzureihen in die Schar der Auserwählten, die dazu berufen find, das Reich Gottes zu ererben. Vor hundert andem wäre er wert gewesen, daß seine Kirche ihn in den Chor ihrer Heiligen ausgenommen hätte; uns aber ist er auch ohne diesen Glorienschein gleich viel wert.

(Fortsetzung folgt.)