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sich warten lassen (Beifall im Zentrum). Diesem Wunsche schlossen sich die Abgg. Krug und Dr. v. Kiene (Z.) an. Schick (Z.) befürwortete den baldigen Bau einer Bahn von Ehingen nach Laup- heim. Minister v. Weizsäcker erklärte, die Re­gierung wolle den Bau dieser Verbindungs­bahn im Auge behalten, weitere Versprechungen könne er aber nicht machen. Dr. Rübling (B.K.) verbreitete sich über die Bahn Böblingen Renningen. Leibfried (Vp.) wünschte eine Herabsetzung des von den beteiligten Gemeinden verlangten kilometrischen Beitrags von 10 000 auf 5000 Die Kommission beantragte eine da­hinzielende Eingabe des Eisenbahnkomitees Sindel- fingen der Regierung zur Erwägung zu über­weisen. Jmmendörfer (B.K.) erhoffte ein Zustandekommen der Würmtalbahn von Pforzheim nach Weilderstadt und bat um Zustimmung zu dem Antrag Leibfried auf Berücksichtigung der erwähnten Eingabe. Minister v. Weizsäcker führte aus, daß er sein Interesse für die betei­ligten Gemeinden durch die Rede Leibfrieds nicht stören lasse; etwas mehr Dank hätte die Re­gierung schon erwarten dürfen. Einbittres Unrecht" geschehe den Gemeinden durch den Bei­trag von 10 000 R/ nicht. Die Interessenten an der Bahn SpaichingenNusplingen leisten 16 400 ^ Beitrag pro Kilometer. Erbitte, dem Antrag Leibfried nicht beizutreten. Hilden- brand (Soz.) kritisierte die Haltung Leibfrieds, der ganz anders gesprochen haben würde, wenn die Bahn nicht schon im Gesetz stände. Leib- fried (Vp.) zog hierauf seinen Antrag zurück. Nach weiterer Debatte wurde die Bahn genehmigt und die Sitzung sodann abgebrochen.

Stuttgart 8. Juni. Dem heutigen Großmarkt waren etwa 1000 Körbe Kirschen zugeführt. Preis 812-) per Pfund. Press­linge kosteten 4070 per Pfund.

Stuttgart 8. Juni. Der Polizeibericht schreibt: Gestern nachmittag 2 Uhr wurde in der Eßlingerstraße in Untertürkheim ein bei der städtischen Straßenbauinspektion in Arbeit stehender 30 Jahre alter Taglöhner von einem Auto­mobil angefahren. Der Arbeiter trug eine Rückenverletzung und eine Backenquetschung davon und wurde von dem Lenker des Automobils in seine Wohnung nach Hedelsingen übergeführt. Vor einem Hause in der Rotebühlstraße kam gestern nachmittag 5'/r Uhr eine 28 Jahre alte Dienstmagd zu Fall und blieb bewußtlos liegen. Sie wurde in diesem Zustand ins Katharinen­hospital übergeführt, woselbst eine Kopfverletzung und eine Gehirnerschütterung festgestellt wurde.

Herrenberg 8. Juni. Die Beerdigung des gestern in der chirurgischen Klinik verstorbenen

Landtagsabgeordneten und Gutsbesitzers Guoth, der sich einer gut gelungenen, aber sehr schweren Gallenstein- und Blinddarmoperation unterzogen hatte, findet in Unterjesingen am Mittwoch nach­mittag 2 Uhr statt. Der Verstorbene war ver­heiratet und hinterläßt einen 6jährigen Sohn und die Witwe. Auch die betagte Mutter Guoths steht an seinem frühen Grabe.

Tübingen 8. Juni. Das Neckar- schwimmbad war erweitert worden, aber die Tiefe des neuen ausgebaggerten Bades läßt nun sehr zu wünschen übrig, und der Volkswitz hat bereits aus dem Tübinger Flußbad ein Tübinger Fußbad gemacht. Tiefer gebaggert werden kann doch nicht, und mit schwellen ist auch nicht viel zu erreichen. Ehe nicht die Neckarkorrektion mit dem Stauwehr kommt, wird man den Wasser­spiegel wohl kaum wesentlich erhöhen können.

Eßlingen 8. Juni. Gestern begingen im Kreis ihrer zahlreichen Familie Apotheker Dr. Mauz und Frau das Fest ihrer goldenen Hoch­zeit. Durch Dekan Plaurer wurde dem Jubel­paare das Bild Sr. Majestät des Königs mit eigenhändiger Widmung überreicht. Beide Jubilare sind geistig und körperlich vollkommen frisch.

Aus dem Oberamt Brackenheim 8. Juni. Die Ob st aus sichten werden von Tag zu Tag ungünstiger. Aepfel gibt es fast keine, die spärlich blühenden Bäume haben selten Frucht angesetzt, in die Linken- und Taffetäpfelblüte kam der Kaiwurm und zerstörte die reichen Hoffnungen. Die Birnen sind infolge der kalten Rächte und Sturmwinde massenhaft vom Stil gefallen, ähnlich erging es den Zwetschgen. Die Pflaumen dagegen tragen reichlich, ganz voll hängen nur die Kirschen- und Aprikosenbäume.

Bietigheim. In der Nacht vom 1. auf 2. d. M. erwachte die Tochter einer Kauf­mannswitwe hier an der Eröffnung ihrer Schlaf­zimmertüre und sah, als sie hinblickte, eine dunkle unbewegliche Gestalt an der Türe stehen. Sie rief um Hilfe- und jetzt entfernte sich ein Kerl rasch aus dem Zimmer lief die Treppe hinunter, und zum Haus hinaus. Die Besichtigung ergab, daß der Betreffende einen Gitterstab an einem Fenster ausgebrochen hatte und dort eingestiegen war.

Winnenden 4. Juni. Nach tageweiser furchtbarer Hitze brachte ein heute Abend nach 7 Uhr niedergegangenes schweres Gewitter den ersehnten Regen und die notwendige Abkühlung, anfangs mit kleinen Hagelkörnern vermengt, fürchtete man durch die Schwüle und die elektri­schen Entladungen einen Hagelschlag, doch blieb es glücklicherweise bei strömendem Regen, was für Feld- und Gartengewächse noch zu rechter

Zeit sehr wertvoll und erquickend war. Für die Weinberge war die trockene warme Witterung überaus giinstig und haben sich, nachdem sie unter der kalten Witterung im vorigen Herbst und den rauhen kalten Winden ds. Frühjahrs sehr gelitten, sichtlich erholt, auch ist von der gefürchteten Peronospora bisher nichts zu sehen, weshalb auch mit Bespritzen, da die Weinstöcke schön belaubt sind und ein gesundes Aussehen zeigen, noch nicht begonnen worden ist. Der Fruchtansatz wird von Tag zu Tag sichtlich reichlicher, auch sind in den besseren Lagen bereits blühende Trauben zu sehen, was sehr frühzeitig ist. Die Kirschen­ernte beginnt nächste Woche mit den in großer Menge vorhandenen Fiühkirschen, es ist wirklich eine Freude, diese Bäume zu sehen, welche sich förmlich einbiegen mit Früchten. Der ganze Ertrag wird zu 1500 Zentner geschätzt und wird die Ernte dieses Ertrags, namentlich der Brenn­kirschen, bis Anfang August andauern. Auch die Ob st bäume stehen sehr schön, haben ein gesundes Aussehen und ist der gefährliche Raupen­fraß bisher nur ganz vereinzelt, während die Birnbäume einen reichen Ertrag versprechen, stehen die Apfelbäume leer, was bei einem so reichen Obstjahr wie fernd, wo letztere unter der Last ihrer Früchte fast zusammengebrochen sind, begreiflich ist.

Oetlingen OA. Kirchheim 8. Juni. Eine Geschichte, die den Vorzug hat, buchstäblich wahr zu sein, eines urfidelen Beigeschmacks aber nicht entbehrt, darf weiteren Kreisen nicht vorenthalten werden. Sitzen da vorige Woche die G emeinde- väter mit ihrem Vorstand bei eifriger Beratung im Rathaussaal zusammen, als vom Polizeidiener ein Zigeuner wegen eines Diebstahls vorgeführt wurde. Da der Stations­kommandant zufällig im Ort anwesend war, sollte sofort der Transport nach Kirchheim erfolgen. Solange dieser noch ein Dienstgeschäft im Ort erledigte, blieb der Zigeuner unter Aufsicht des Ortspolizisten im Wartezimmer, das vor dem Ratssaal gelegen ist. Plötzlich drangen einige weitere braune Gesellen in das genannte Lokal ein, um die Unschuld des Inhaftierten zu be­teuern, eine ebenfalls miterschienene Vertreterin des schönen Geschlechts drehte flugs den in der Ratssaaltüre steckenden Schlüssel um und der ganze hohe Rat war gefangen gesetzt. Diesen Moment der Verwirrung benützten sämtliche Zigeuner zur Flucht, der ursprünglich Verhaftete konnte sofort wieder, die andern kurz nachher festgenommen werden. Bei den im Ratssaal Gefangenen fehlte es aber nicht an ergötzlichen Szenen und Befreiungsversuchen, der eine rief nach der Feuerwehrleiter, wieder ein anderer aber wollte die Türe sprengen, beide Mittel

Ach, nur Gewißheit haben! Hörte sie nicht ein fernes Rollen, das auf der Landstraße näher kam? Ja, jetzt war es schon ganz nahe, nun leuchten die Laternen auf. Was würde Wolf Dietrich ihr bringen?

Um deinetwillen!" schrie es in ihr auf.Ich tat es nur um deinetwillen, Wolf Dietrich, um dich vor Schmach zu bewahren."

Ihre Füße trugen sie nicht mehr, da, wo sie gerade stand unter der großen Linde war es, wo die alte Holzbank war brach sie zu­sammen. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, die Schläfen drohten zu zerspringen, und die Stimme versagte. Sie lehnte den Kopf an den Stamm und schloß die Augen, sie war einer. Ohnmacht nahe.

Der Wagen fuhr vor, es war ihr, als ob jemand ihren Namen rief, und daß sie antworten mußte, sie wollte die Füße heben, aber sie war wie in einem Starrkrampf.

Fahren Sie nach Hause, Friedrich", befahl Wolf Dietrich, als er von Kraußneck erfahren hatte, wie sehr sich Regina um ihn ängstigte. Ich lasse mich von Anton mit den Ponys zurückbringcn."

Die edlen Pferde trabten los, sie witterten wohl schon den Stall, bald war das Geräusch der Räder verklungen.

Geh zu Bett, Vater, ich suche Regina, es ist besser, wenn ich sie allein habe."

Diese Angst ist geradezu beunruhigend. Als ob hinter jedem Baum ein Mörder auf dich laure. Und dabei kennt sie für sich selber gar keine Angst."

Sie hat zu viel durchgemacht, Vater. Mit der Zeit wird es sich schon bessern. Und ist sie erst mein Weib, so kann sie mich ja überall hin begleiten, dann hört das Warten von selber auf."

Kraußneck war müde und sehnte sich nach Ruhe; so verschwand er denn im Hause und ließ die Liebenden allein.

Regina", rief Wolf Dietrich leise und tauchte in die Dunkelheit der hohen Bäume, die das Haus umstanden. Da war es ihm, als ob

von der Linde her ein Heller Schimmer ein Frauengewand verriet er hatte sie gefunden.

Regina!" Er riß die halb Erstarrte in wilder Leidenschaft in seine Arme und küßte sie ins Leben zurück.So, mein Feinsliebchen," scherzte er, und tat gar nicht, als ob er die Tränen spürte, die sich un­aufhaltsam über die kalten Wangen ergossen, die er an die seinen preßte, nun sind meine Arme doch zu etwas nütze, sie müssen ein großes Kind­lein wiegen. Das ist recht, setze dich auf meinen Schoß behaglich zurecht und lasse dich in den Mantel hüllen, du bebst ja vor Kälte am ganzen Leib. Jetzt darf mein Lieb nicht krank werden. Und nun höre, in drei Wochen ist Hochzeit hier in Klein-Ellern ganz in der Stille, und dann ziehen wir hinaus auf den Bruchhof, da ist es jetzt herrlich. Eckardt hat es mir erzählt, die Hirsche schreien, daß es eine Pracht ist. Dort in dem Jägerhaus führen wir ein Idyll auf. Wir beiden ganz allein, und Willert und seine Frau sorgen für die Wirtschaft, die sind uns treu er­geben, die stören nicht, auch sind sie selber noch zu junge Eheleute, die haben ein Einsehen mit verliebten Leuten. Freust du dich Herzensweib?"

Wir beide ganz allein, Wolf Dietrich?"

Ganz allein."

Den ganzen Tag wirst du bei mir sein?"

Vom Morgen zum Abend und wieder zum Morgen. Vermagst du es auszudenken, Regina, daß wir nun fürs Leben verbunden sind."

Nein, Wolf Dietrich. Und ob des großen Glückes ist wohl diese» Bangen in mir, daß es mir geraubt werden könnte."

In mir dagegen ist ein so froher, sicherer Glaube. Wer so um alles Glück betrogen schien, um es dann doch wie über Nacht in Händen zu halten, der ist gefeit, Regina. Du mußt wieder zum gläubigen Kinde werden und unsere Sache voll Vertrauen auf Gott stellen. Er hat uns, so wunderbar geführt, er wird's wohl machen."

Wer das so könnte. Wolf Dietrich."

(Fortsetzung folgt.)