^ 129. Amts- und Anzeigeblatt sür den Oberamtsbezirk Calw. 84. Jahrgang.
Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch. Tonnerstag, Freitag und SamStag. Jnserrionspreis 10 Pfg.pro Zeile für Stadtu. Bezirksorte: außer Bezirk12 Pfg.
Montag, den 7. Juni 1909.
j Bezugsvr.i.d. Stadt'/^jährl.m. Träger!. Mk. 1.25. Postbezugspr. ! f. d. Orrs- u. Nachbarortsverk.' ^jähr!. Mk. 1.20. im Fernverkehr H Mk. 1 .!,'.'. Bestellg. in Württ. Z 0 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung
Setr. Straßensperre zwischen Dillstein nnd Weitzenstein.
Nach Mitteilung des gr. bad. Bezirksants Pforzheim ist die Landstraße Nc. 158 km 4,000 bis 5,300 von der Post in Dillstein bis zur eisernen Brücke in Weißenstein für den Fnhrwerksverkehr vom 22. bis 39. Juni d. I. wegen Walzarbeiten gesperrt.
Calw, 5. Juni 1909.
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
Tagesrrerrigkelte».
Calw 5. Juni. Bei dem heutigen Stammholzverkauf erlöste die Stadtgemeinde im Submissionsweg für 735,22 Festmeter 107,9 "/» der staatlichen neuen Taxe mit 15 760 ./C Bei dem am 17. März ds. Js. im öffentlichen Aufstreich vorgenommenen Stammholzverkauf wurden 105 o/c, des Taxpreises erlöst.
Stuttgart 5. Juni. Tie Finanzkommission hat in Fortsetzung der Beratung des Eisenbahnetats die neueingestellte Zulage für den dienstältesten Ministerialrat von 1000 (die Zulage von 3000 -,./7 für Versetzung der Funktionen eines Unterstaatssekretärs ist diesmal im Etat ausgeschieden) nach dem Antrag Kraut mit 8 gegen 7 Stimmen angenommen. Die weitere Exigenz „für Beiziehung eines technischen Sachverständigen im Nebenamt, 3000 wurde nach dem Antrag des Referenten Dr. v. Kiene in der Form „für Einziehung technischer Obergutachten" mit allen gegen 2 Stimmen bewilligt. In Artikel 8 des Kapitels 118 wurde wie bisher dem Vorstand der Generaldirektion freie Wohnung oder Mietzinsentschädigung zuerkannt,
die zwei neuen technischen Ratsstellen bei der Generaldirektion wurden nach dem Antrag des Referenten mit 8 Stimmen gegen 3 und 3 Enthaltungen genehmigt, ohne Widerspruch weiterhin die Hebung der Revisoratsvorstandsstelle und 2 neue Hilssreferentenstellen, ebenso zu Artikel 9 eine weitere Bauinspektorsstelle, wobei jedoch ausgesprochen wurde, daß die Verwilligung die Verwaltung nicht abhalten solle, die eine oder andere Stelle bei Entbehrlichkeit bezw. Vergrößerung der Bezirke einzuziehen. Genehmigt wurden 3 neue exigierte Abteilungsingenieurstellen, von 7 bezw. 10 neuen Oberbahnsekretärstellen wurden 5 bezw. 7 Stellen nach dem Antrag Liesching mit 10 gegen 5 Stimmen genehmigt, nachdem der Antrag Dr. Kiene auf Genehmigung aller abgelehnt war mit 9 gegen 6 Stimmen. Zur Erwägung übergeben wurde die Eingabe dienstälterer Bahnhofverwalter und Güterverwalter um Berücksichtigung bei Besetzung von Oberbahnsekretärstellen entsprechend einem Vorgang bei dem Postetat. Die 5 neuen technischen Overbahnsekretärstellen wurden im Hinblick auf die besondere Begründung ohne Widerspruch verwilligt. Die Eingabe der Kanzleisekretäre um Befürwortung der Wiedereinsetzung in ihr früheres Besoldungsdienstalter führte zu einer ausführlichen Besprechung. Referent Dr. Kiene beantragte Neberweisung zur Berücksichtigung, das Verlangen sei sachlich wie formell rechtlich begründet auf Grund früheren Kammerbeschlusses. Abg. Hiller beantragte weiter: die Bereitwilligkeit auszusprechen, die bei Berücksichtigung erforderlichen Mittel in diesem Etat zu bewilligen. Der Antrag v. Kiene wurde, nachdem der Abg. Hiller auf Grund einer Erklärung des Ministerpräsidenten seinen Antrag zurückgezogen, mit 10 Stimmen gegen 3 Enthaltungen angenommen.
Stuttgart 4. Juni. Die Kais er - manöver. Außer den bayrischen Prinzen, die zum Teil aktiv an den Manövern teilnehmen, wird voraussichtlich auch der König von Sachsen den Kaisermanöver anwohnen, ferner der Groß- herzog von Sachsen-Weimar und der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha. lieber die Teilnahme des Königs von Württemberg sind definitive Beschlüsse noch nicht gefaßt, doch hat der König sein Erscheinen in Aussicht gestellt. Von den Söhnen des Kaisers wird jedenfalls Prinz Eitel Friedrich auf dem Manöverfelde sein, außerdem der österreichische Thronfolger.
Stuttgart 5. Juni. (Strafkammer.) Der bisher unbescholtene ledige Kaufmann Friedrich Reißner von Berlin kam im April hierher. Da er keine Stellung finden konnte, setzte er einen raffinierten Schwindel in Szene, um sich Geld zu verschaffen. Er erließ durch eine hiesige Jnseratenexpedition in zwei Wiener Zeitungen Inserate, in denen er sich zur Vermittlung von Darlehen auf Lebensversicherungen anbot. Den sich meldenden Personen schrieb er, daß sie das gewünschte Darlehen erhalten werden. Er schickte dann den Darlehenssuchern unter Nachnahme mit falschen Namen Unterzeichnete Schecks lautend auf 6000—10 000 Kronen. Den meisten Darlehenssuchern kam jedoch die Sache verdächtig vor, auch der Jnseratenexpedition fiel das Gebühren des Angeklagten auf, sie benachrichtigte die Polizei und Reißner wurde festgenommen. So lange er in Untersuchungshaft war, liefen vier Nachnahmebeiträge aus Wien ein, die aber wieder an die Absender zurückgingen, geschädigt ist somit niemand. Es handelt sich um Nachnahmebeträge von 40—200 Kronen. Die Strafkammer verurteilte Reißner, der durchaus geständig war, wegen vollendeten und versuchten Betrugs
Regina.
Roman von I. Jobst.
(Fortsetzung.)
Nun war er am Ziel, hinter jener Tür erwartete sie ihn. Ta kam der Diener schon herbei, um ihn zu melden. Er kehrte sofort zurück und trat zur Seite, um Wolf Dietrich vorbeizulassen. Die Flügel fielen zu, die schweren Portieren sanken hinter ihm in dichten Falten zusammen.
Geblendet schloß er die Augen, denn in dem Raum fluteten die Strahlen der Morgensonne. Das breite Fenster des Erkers war weit geöffnet und gab die Aussicht aus den herrlichen Park frei. Dort stand die Frau, die ihm unseligen Haß trug, und in der blendenden Helle sollte er ihr gegenübertreten.
„Ich sage dir keinen fröhlichen Willkomm, Wolf Dietrich. Dieser Tag, der dich als Herrn in Groß-Ellern sieht, ist für mich ein Tag der Trauer. Gottes Hand hat mich schwer geschlagen, er nahm mir den einzigen Sohn, und er gab mir auch nicht zum Ersatz den Erben, es wurde mir kein Enkel geboren."
„Ich kann dir deinen Sohn nicht ersetzen, Tante Sibylle, aber Regina und ich bitten dich, uns an seiner Statt in Liebe aufzunehmen."
„Was bin ich euch denn? Bin ich doch hier nur eine Geduldete und habe eine Freistatt von deiner Gnade."
„Tante Sibylle, sei doch nicht so furchtbar hart mit uns. Wir sind uns keiner Schuld bewußt."
„Hast du nicht Regina schon geliebt, als sie Wilhelms Frau war?"
„Ja, ich habe sie geliebt, solange ich sie kenne, ich bekenne es dir offen. Und hätte ich die Mittel besessen, um einen Hausstand zu gründen,
sie wäre die Meine geworden. So mußte ich zurücktreten, und ich habe schwer unter dem Verzicht gelitten, aber ich habe ehrlich an Wilhelm gehandelt und mit Regina nur als Freund verkehrt. Das durfte mir niemand wehren. Ich tat noch mehr, ich brachte, so tief es mich auch traf, selbst meine Heimat zum Opfer, als Wilhelms Eifersucht offenbar wurde. Besser, ich ging, als daß Reginas Reinheit ein schmählicher Verdacht traf."
„Wahrlich, ein Edelmut, der ans Heldenhafte grenzt", spottete Sibylle, und ihre Augen verrieten nur zu deutlich den Haß, den sie dem Manne trug, der in seiner kraftstrotzenden Männlichkeit und Selbstsicherheit vor ihr stand, während ihr Sohn ihm hatte Platz machen müssen. „Du betonst so sehr die Reinheit deiner Verlobten. Wie ist dies zu vereinigen mit der Tatsache, daß du in der Mordnacht heimlich zu ihr geschlichen bist."
„Ich?"
„Ja, du, ich habe dich deutlich erkannt, Wolf Dietrich. Wage es zu leugnen."
„Dein Haß hat dich geblendet, Tante Sibylle. Ich fuhr in der Nacht mit dem Prinzen nach Bremerhaven."
„Und ich sah dich hier, trotzdem Regina und du es leugnen. Als ich an ihrer Tür stand, hörte ich die Stimme eines Mannes, und gleich nachher schlich er über die Terrasse."
„Du hast Regina zu beleidigen gewagt", brauste Wolf Dietrich auf — er wurde um so heftiger, weil er sich im Unrecht fühlte.
„Ich durfte dem Untersuchungsrichter nur eine wahrheitsgetreue Aussage machen."
„Und hast die Ehre Reginas mit Füßen getreten"
„Mir blieb keine Wahl."
„Und Regina wurde auf diese Aussage hin verhört."
„Ja."