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dem Hilfslehrer Wildelm Hofmnnn an der
sechsklassigen Realschule in Stuttgart dieOber-
rcallehrerssrelle an der Realschule in Weilder-
stadt
zu übertragen.
Wildbad 2t. April. Anläßlich des Schluß- und Nachbarschaftsschießens des hies. Schützenvereins entwickelte sich am Sonntag auf dem Windhof in intensives Leben und Treiben. Der Kampf um die höchste Ringzahl dauerte bis V--7 Uhr. E. Rometsch-Wildbad errang mit 54 Ringen den 1., Klauster-Neuenbürg den 2. Preis. Die Festscheibe gewann durch den besten Schuß Gustav Foussoint jr. Ein gemütliches Beisammensein im Hotel z. gold. Löwen, dem auch die auswärtigen Schützen zum größten Teile anwohnten, und bei dem Reallehrer Schweizer ein Hoch auf den Senior der Schützenbrüder Beeri-Hirsau, der zum 2t. Male beim Schlußschießen hier anwesend war, ausbrachte, beschloß die ursidele Feier.
Leonberg. Am Sonntag, den 9. Mai, findet hier im Gasthof z. „Sonne" von 2 Uhr ab die Generalversammlung des Vereins ehemaliger Leonberger Winterschüler statt, wobei Herr Dr. Fingerling-Hohenheim über die „Stickstoffdünger" und Herr Landw.- Jnspektor Ströbele über „Verfütterung von Zuckerfuttermitteln" sprechen wird.
Leonberg, 21. April. Gestern nacht wurde an einem in Höfingen in Arbeit stehenden Zimmermann ein Raubanfall verübt. Der Zimmermann saß in betrunkenem Zustand in einer hiesigen Wirtschaft mit zwei jungen Burschen, denen er Bier zahlte. Der eine von diesen, der Dienstknecht Willy Zürn lockte den Zimmermann aus der Wirtschaft heraus mit dem Vorgeben, am Ende der Stadt stehe ein Fuhrwerk, das er zur Heimfahrt benützen könne. Der Zimmermann wurde nun unmittelbar vor der Stadt überfallen, mit einem Stein niedergeschlagen und seiner Barschaft im Betrag von 8 Mark beraubt. Der Ueberfallene wurde erst nach einigen Stunden gefunden. Sein Geldbeutel fand sich im Besitze Zürns, der verhaftet wurde. Die Verletzungen des Ueberfallenen scheinen nicht lebensgefährlich zu sein.
Stuttgart 2t. April. Am gleichen Tage, an dem Adolf Speemann zur letzten Ruhe bestattet wurde, starb am frühen Morgen ein anderes geschätztes Aussichtsratsmitglied der Union Deutsche Verlagsgesellschast I)r. plfil. Otto Rommel, ein feinsinniger Publizist, der in den Jahren t860—97 Mitglied der Redaktion des Schwäbischen Merkur war und besonders während der großen Zeit der Errichtung des deutschen Reiches seine treue, deutsch-nationale Gesinnung in entschiedener Weise bekundete. Seit dem Jahre 1897 stand er dem berühmten Cotta'schen Archiv vor. Als
langjähriger treuer Freund und Berater Adolf v. Kröner's entschied er oft in wichtigen literarischen Angelegenheiten des Verlags. Rommel erreichte ein Alter von 72 Jahren.
Stuttgart 2t. April. Nächstes Jahr werden hier in der Gewerbehalle zwei große Fachausstellungen abgehalten. Vom 4.—20 Juni findet eine Fachausstellung für das F l a s ch n e r - und Jnstallateurgewerbe statt, anschließend an diese eine Fachausstellung für das Hotel- und Wirtschaftswesen. Mit den Ausstellungen sind Verbandstage verbunden.
Stuttgart, 2t.April. DieVerkehrs- einnahmen der württemb. Staatsei senb.g.hnen im Monat März ds. Js. betrugen aus dem Personen- und Gepäckverkehr 1921000 M., aus dem Güterverkehr 3676000 M. Hiezu treten aus sonstigen Quellen 2037000 M., sodaß sich die Gesamteinnahme aus 7 634000 Nt. beläuft; das sind 477 000 M. mehr als im gleichen Monat des Vorjahres. Die Mehrein- nahme resultiert mit 156 000 M. aus dem Personenverkehr, 111000 M. aus dem Güterverkehr und mit 210 000 M. aus sonstigen Quellen.
Stuttgart 21. April. Die Zweite Kammer setzte heute die Beratung des Etats ves Innern beim Kap. 34: Zentralstelle für die Landwirtschaft fort. Schaible (B K ) dankte der Regierung für die Förderung der Fischzucht; Maier-Rottwetl (Z) für die desVieh- versicherung? Wesens. Weiterhin wurde ein von den Bbgg. Körner und Ströbel (B K) unterstützter Antrag des Abg. Keilbach (Z.) angenommen, worin die Regierung ersucht wird, mit Rücksicht auf die großen Mißstände, die auf dem Dünger- und Futtermittelmarkt sich zeigen, sowie darauf, daß die bestehenden Gesetze der Landwirtschaft wie dem reellen Handel einen genügenden Schutz vor Betrug, tlebervorteilung und unlauteren Wettbewerb nicht bieten, auf Abhilfe durch gesetzliche Regelung bedacht zu sein. Keilbach wünschte eine entsprechende Ergänzung des Handelsgesetzbuches und empfahl den Landwirten als besten Schutz vor Betrug dev genossenschaftlichen Einkauf. Minister v. Pischek stimmte dem Antrag zu und wies darauf hin, daß die Landwirte sich dadu ch vor Betrug schützen können, daß sie der Versuchsstation in Hohenheim Proben der b'tr. Ware zuschicken. Die Untersuchung erfolge kostenfrei. Hanser (Z) äußerte ein'ge Wünsche auf dem Gebiete des Meliorationswesens, insbesondere sollten mit den Bewässerungsanlagen auch Entwässerungen erfolgen Minister v. Pischek erwiderte auf eine Anfrage des Abg. Keilbach, bei den V.rsuchen mit der Kultivierung von Moorflächen seien gute Erfahrungen gemocht worden. Ströbel (BK) forderte, daß isie Vorarbeiten für die Verwendung der Torfmoore im Oberland mit größerem Ernst in Angriff genommen werde und lehnte die Exigenz eines 5. Revisionsgeometers ab. Schick (Z) und Häffner (D.P) befürworteten die Exigenz mit Rücksicht auf die Klagen über die Verzögerungen bei der Feldbereinigung, desglei
chen Dambacher (Z.), der Abg. Graf-Stuttgart (Z) beantragte, die Bereitwilligkeit zur Genehmigung von Mitteln zur Förderung der Ausbeutung der Torfmoore auszusprechen. Schock (V) erklärte namens seiner Freunde, daß sie gegen die 5. Revision? geometerstelle stimmen werden. Lieschtng(V.) wollte eine Blankovollmacht, wie sie der Antrag Graf enthalte, der Regierung nicht erteilen. Min. v Pischek erwiderte, daß es sich um eine solche Vollmacht nicht handle. Die Aufnahme der Moore werde 4 Jahre und einen Gesamtaufwand von 30000 erfordern. Gröber (Z) bat d'e Sache durch einen Nach- tragsetat zur Entscheidung zu bringen. Liesching (V.) erklärte sich hiermit einverstanden, worauf der Antrag Graf angenommen und die 5. Rcvistons- geometerstelle abgelehnt wurde. Zu Kap. 35: Förderung der Hagelversicherung teilie Minister v. Pischek mit, daß der Vertrag mit der Nordd. Hagelversichernngsgesellschaft unter einigen Vergünstigungen für Württemberg, jedoch nur mit einjähriger Kündigungsfrist erneuert worden .ist und daß der staatliche Hagelversicherungsfond 2576000^; beträgt. Seit 1895 ist die Hagelversicherung durch einen Zuschuß 4 600000 gefördert worden. Beim Kap. 36: Landgestüt, bat Frhr. Per gl er v. Perglas, auf d'e Zuchtfragen, die Sache des Roßparlaments seien, nicht näher einzugeben. Bantleon (DP) verbreitete sich über die Geschichte des Landzestüts, das beim Personalwechsel des Landoberstallmeisters infolge Experimentterens wiederholt an den Rand des Ruins gebracht worden sei, so besonders durch Herrn v. Scholl. Zum jetzigen Landesoberstallmeister v Pentz habe er alles Vertrauen, doch könne man seine Tätigkeit nicht beurteilen, weil seit 4 Jahren kein Roßparlament mehr stattgesunden habe. Minister v. Pisch ek erklärte das Nichtanwesendsein des Herrn v. Pentz mit der überraschend schnellen Erledigung des Kap. 34. nahm Herrn v. Scholl in Schutz und betonte, daß die Ho'steiner sich akklimatisiert und bewährt haben. Der seit 1867 verfolgten Zuchtrichtung eines Artilleriestangenpferdes entspreche die jetzige Zu- sammensktzung des Gestüts. Reihling (V) wünschte eine Verminderung der Sollen. Locher (Z.) hielt die jetzige Zuchtrichtung für richtig. Ströbel (B. K.) betonte den großen Wert des Abstammungs- Nachweises und des Stutenbuchs. Vorerst dürfe die Zahl der Stuten nicht vermindert werden. Kap. 36s Fohlenaufruchtsanstalt wurde ohne Debatte angenommen. Morgen Weitsrberatung. Schluß der Sitzung 1'/» Uhr.
Brackenheim 21. April. Der Kaufmann Goller von Meimsheim, der wegen Verdachts der Brandstiftung am eigenen Hause gefänglich eingezogen wurde, hat nunmehr eingestanden, daß er beabsichtigte, seine Frau mit Kind in die Luft zu sprengen. Zu diesem Zweck öffnete er die Gashahnen, tränkte Böden und Stiegen mit Petroleum, legte Feuer und schlich nachts zwei Uhr aus dem Hause, schloß von außen die Haustüre ab und warf den Schlüssel fort. Eine Erplosion trat allerdings ein und schlug die Fenster hinaus, wodurch das Feuer Luft bekam. Die Rettungsmann-
er kein Wort. Die Szene vom Abend vorher wirkte gewaltig in ihm nach, und er verzweifelte daran, daß er hier wirklich ein Helfer werden könne nachdem der passive Widerstand zu offenem Widerstand geworden war. Die Leute mußten erst zu einer gesunden Lebensweise erzogen, es mußte Licht in die vom Aberglauben verdunkelten Köpfe gebracht werden, und dazu brauchte es mehr als die Arbeit eines Lebens. Er war kaum dazu berufen; ihm verbaute das Mißtrauen der Leut^ den Weg, und sein bestes Können, sein redlichstes Wollen wurde brach gelegt.-
Daheim forderte er eine Unterrednng mit Paul. Der war recht übler Laune. Die ewigen Krankheiten im Dorf verdarben ihm das Geschäft, es wurde wenig gearbeitet, er kam mit den Lieferungen in Verzug und hatte obenein immer wieder Betteleien um Lohnvorschüsse anzuhören. Nun fragte er heftig, ob Horst denn gegen all diese Unannehmlichkeiten nichts tun könne. Horst mußte resigniert verneinen: Er konnte nichts dagegen tun. Dann bat er dringend, Paul möge die Fabrik eröffnen. Das sei die wichtigste Vorbedingung jeder Besserung, daß die Leute nicht länger gezwungen würden, in den Wohnungen zu arbeiten.
Paul schnitt ihm das Wort kurz ab. „Daran ist nicht zu denken," sagte er scharf. „Der teuere Fabrikbetrieb würde mich einfach erdrücken, und ich will nicht wieder aufgeben, was ich mir mühsam aufgebaut habe — einstweilen wenigstens noch nicht. Was später kommt, wissen die Götter, jedenfalls will ich mich nicht ewig hier vergraben. Jetzt aber halt ich die Zügel straff. Die Leute werden schließlich auch wieder über die Krankheiten hinweg kommen, wenn nur das Frühjahr erst da ist, sie müssen mir Hinaufhelsen, und das werden sie tun. Verlaß dich drauf!"
Horst fuhr auf. „Aber du siehst doch, daß sie dabei selbst zu Grunde gehen!"
„Ach was — das ist doch nicht alles in den paar Wintermonaten geworden! Die laufen eben krank und geschwächt herum und packt sie's einmal, na dann ists eben vorbei. Du liegst mir ja schon lange wegen
der Heimarbeit in den Ohren, und da habe ich mich erkundigt. Ich habe die Berichte der Gewerbeinspektoren und was sonst zu haben war, gelesen, und ich kann dir sagen — bei mir sind die Leute noch gut dran, denn ich lasse sie wenigstens was verdienen, und das ist am Ende doch die Hauptsache." „Eine Hauptsache — nicht die Hauptsache!" rief Horst erregt. „Im übrigen mußt du mir als Arzt doch auch ein Urteil gestatten, und ich rate dir dringend: Oeffne die Fabrik! Erlaube den Leuten wenigstens, in der Fabrik zu arbeiten — das kostet doch nichts!"
„Na weißt du — eigentlich traue ich den Gewerberäten doch mehr Urteil zu. Und als Arzt?" — er sah Horst ein wenig von der Seite an — „mir hast du eigentlich mit deiner Kunst noch nicht imponiert, und den Leuten — so scheint's wenigstens — auch nicht —" „Paul" Horst hob die Faust und einen Augenblick konnte es scheinen, daß er sich auf den Bruder werfen wolle. Aber dann ließ er die Hand langsam sinken. „Du bist der dumme, alberne Junge geblieben, der du immer warst," sagte er grollend, „es lohnt nicht, daß man dich ernst nimmt. Aber laß dir raten: Kein Wort mehr, das mich beleidigt, oder wir sind fertig miteinander! — Aber nun hör mein letztes Wort. Es ist deine Pflicht, der Heimarbeit ein Ende zu machen — jetzt da du es kannst. Tust du es nicht, willst du mit dem Leben und der Gesundheit der armen, verblendeten Menschen da unten im Dorf Wucher treiben, dann werde ich dafür sorgen, daß das Urteil der Gewerberäte eine gründliche Vervollständigung erfährt — verstanden?" Er ging hinaus und schlug die Tür krachend ins Schloß.
Am nächsten Tag besuchte Horst den Kreisarzt in Mühlhausen, dem er Bericht erstattete. Der war ihm herzlich dankbar und versprach, energisch einzugreifen. Zunächst kam er selbst nach Hainberg, besuchte die Kranken, und Horst begleitete ihn dabei. Er ließ es nicht an Ermahnungen und Belehrungen und vor allem nicht an rückhaltlosester Anerkennung für Horst fehlen; aber es blieb doch zum mindesten zweifelhaft, ob die Besuche auch die gewollte Wirkung taten. (Forts, folgt.)