.V 92 Amts- und Anzeigeblatt für den Gberanttrbezirk Lalw. 81. z-hr,«,.
Erschernungsttrfle.' Monra^, Tienstacr, Mittwoch. Donnerstag. Freitag und Samstag. JnsertionSpreiä 10 Äfg. pro Zeile für Stadl u. Bezirksorre; außer Bezirk 12 Pfg.
Donnerstag, den 22. April 1909.
Bezugspr.i. d. Etadt' pährl.m. Trägerl. Mk. I.2S. PostbezugLpr. f.d. Orts- ». NachbarorlSverk. >-jährl. Mk. l.2». im Fernverkehr Mk. I.so. Bestellg. in Württ. so Psg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Amtsversammlung.
Am Freitag de» 30. April d. IS., vormittags von 9 Uhr an findet auf dem Rathaus in Calw die Amtsversämmluag statt. Hiebet sind nach Turnus III stimmberechktgt die Gemeinden
Calw, Azenbach, Altburg, Althengstctt, Alzenberg, Bergone, Dachtel, Deckei-pfronn, Dennjächt, Gechingen, Hirsau, Hornberg. Liebenzell, Möttlingen, Neuweiler, Ostelsheim, Schmieh, Simmozheim, Stammheim, Teinach, Würzbach, Zavklsteiu
und zwar Calw mit 9 Stimmen, alle übrigen Gemeinden mit je 1 St mme.
Von jeder Gemeinde haben soviel Vertreter zu erscheinen, als sie an diesem Tage Stimmen in der Amtsversammlung führt.
Die von der Stimmderechtigung ausgeschlossenen Mitglieder der Amtsversammlung, sowie die oroeni- lichen. nicht aus der Mitte der Amtsversammlung gewählten Mitglieder des Bezirksrats sind befugt, an den Verhandlungen mit beratender Stimme teilzunehmen
Außerdem können sämtliche Ortsvorsteher des Bezirks auf Rechnung der Obecamtspst«g«---der. Amtsversammlung anwohuen.
Gegenstände der Beratung stad:
1) Abhöc der Oöeramtrpflegerechnuug pro 1906/7.
2) Abh r der Rechnungen der Bezirkskrankcn- pflegeoerstcherung pro 1906 und 1907.
3) Abhör der Rechnung der Oberamtssparkasse pro 1907.
4) Regelung der Schreibmaterialien-Entschädigung der Landjäger.
5) Wahl der Oberamtsquartie.kommisfion.
6) Wahl der bürgerlichen Mitglieder der verstärkten Ersatzkommijsion.
7) Vorschlag von 10 Sachverständigen in die Bezirkskommission für Wirtschaftsabgaben.
8) Festsetzung der Vergütungen der Gemeinden für Inanspruchnahme der Verwaltungsaktuare vro 1. Jan. 1908 bis 31. März 1909.
9) Verwilligung eines Beitrags zu dem Straßenbau Tetnach—Emberg.
10) Neufestsetzung der Satzung der OberamtSspar- kasse.
11) Beitrag zu den Kosten eines fahrenden Boten zwischen Calw-Zwerenberg.
12) Festsitzung des Gehalts des Straßenwärters für die Straße Berneck-Hornberg.
13) Gründung eines Bezirkswohltätigkeltsvereins und Verwilligung eines Beitrags an denselben.
14) Errichtung einer Wand erarbeit stätte und Verwilligung eines Beitrags hiezu.
15) Gesuch der Gemeinde Simmozheim um teilweisen Amtsschadens-Nachlaß wegen Hagelschlags.
16) Voranschlag für den Haushalt der Amtskörperschaft pro 1909.
17) Gesuch der Bezirkskrankenkasse um einen Beitrag zur Einrichtung des Telephons.
18) Gesuch der Bezirkskrankenkasse um einen erhöhten Beitrag zu ihrem Defizit pro 1907.
19) Festsetzung der Belohnung des Schriftführers des Bezirksrats und der Amtsversammlung.
20) Festsetzung der Belohnung des Rechnungssachverständigen für die Revision der Amts- kö. psrschaftsrechnungen.
Calw, 22. Apri' 1909.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
Au die Ortsbehörden.
Da in neuerer Zeit die Zigenner wieder in zahlreicher Menge auftreten, werden die Ortsbc- hörden beauftragt, die Vorschriften über die Zigeuner zur strengen Anwendung zu bringen. Vergl. die oberamtl. Erlasse vom 12. Jan. 1901, Wochenblatt Nr. 7, vom 15. Juli 1903, Wochenblatt Nr. 111 und vom 17. Febr. 1905, Wochenblatt Nr. 28.
Insbesondere haben die OrtSdehorden von dem Auftreten der Zigeuner die nächstgelegene Land- jägerstclle und das LandjägerstatiaaSkommando in Calw (Telefon Nr. 72) sofort telefonisch oder telegraphisch in Kenntnis zn setzen und zutreffendenfalls
dieselben durch die Steigerabteiluvg der Feuerwehr überwachen urd begleiten zu lassen.
Der Fruerwehrmannschaft sollte von der Gemeindekasse eine geeignete Entschädigung, etwa 25 «A pro Stunde, ausgesetzt we.den.
Calw, 21. April 1909.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekamtturachuug
des Ministeriums des Innern, betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen.
Als Sachverständiger für Begutachtung von Kraftwagen und für Prüfung der Führer von Kraftwagen ist gemäß W 4 und 14 der Verfügung der Ministerien des Innern und der F nanzen, betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, vom 13. Juli 1906 (Reg.Bl. S. 221) in widerruflicher Weise weiterhin (zu vergl die Bekanntmachung vom 20. Jan. 1908, Staat? anzetger Nr. 18. und Amtsblatt des Ministeriums des Innern S. 20) derObertngenieur Dürr bei der Firma „Luftsch ffbau Zeppelin G. m. b H. in Friedrichshofen anerkannt worden.
Bezüglich der Gebühren des Sachverständigen gelten die Bestimmungen der Bekanntmachung vom 29. August 1906 (Staatsanzeiger Nr. 202 und Amtsblatt des Ministeriums des Innern S. 253).
Stuttgart 10. April 1909.
Pischek
Taftesnenigkette».
Calw. (Berichtigung.) Der im letzten Blatt angekündigte Vortrag des Herrn Pfarrer a. D. Burk über die „Geschichte des 7. Regiments" findet nicht am Montag, sondern am Sonntag, den 25. April statt.
— Se. Königl. Majestät haben am 18. April l. I. allergnädigst geruht:
dem Repetenten Rudolf Seyfang am evangelischtheologischen Seminar in Schöntal eine Ober- reallehrersstelle am Realprogymnasium in Calw,
Line Lüge.
Roman von Ludwig Rohmann.
(Fortsetzung.)
Nun verlor Horst die Geduld. Er trat entschlossen auf Rose zu und suchte sie von der Türe wegzudrängen. Rose aber klammerte sich kreischend fest, und sofort kamen die Leute ihr zu Hilfe. Männer und Weiber griffen Horst von hinten an, sie griffen zu, wo sie ihn zu fassen vermochten und zogen ihn mit solcher Heftigkeit zurück, daß er taumelte und ihm der Hut vom Kopfe siel.
Der junge Bursche, der vorher schon als einziger gesprochen hatte, hielt ihm eine kurze Standrede. „Nein, Doktor," sagte er im breitesten Dialekt, „so geht das nicht. Mit Gewalt lassen wir hier keinen kurieren, und da kommen Sie nicht hinein! Die andern Kinder sind gestorben, weil Sie dabei gewesen sind! — vielleicht kommen die Hunstockschen Kinder
davon, weil Sie nicht dabei sind!-So, nun gebt dem Herrn Doktor
seinen Hut, und dann Gott besohlen, Herr Doktor, — gehen Sie schlafen!"
Die Leute lachten, und einer reichte Horst den Hut.
Horst wußte das Entsetzen über die fürchterliche Erkenntnis dieser Stunde nicht gleich abzuschütteln. Er empfand keinen Zorn, sondern nur ein verzweifeltes, folterndes Mitleid mit den Verblendeten, die nicht ein- sehen wollten, wie fürchterlich die abergläubische Furcht sich an ihnen rächen mußte. Aber dabei schüttelte er doch instinktiv die Hände ab, die auf seiner Schulter lagen und reckte sich hoch ans.
„Wag's noch einer, mich anzurühren!" rief er mit mächtiger Stimme. „Ich schlage jeden nieder, der mir nahe kommt!"
Der Bursche sagte gelassen: „Ach nee, Herr Doktor, wir fürchten uns nicht. Ich geh' jetzt mit der Rose ins Haus und wer will, mag mit
kommen. Dann wird die Türe zugemacht, und keiner, dem's Rose nicht erlaubt, kommt hinein. Verstanden, Herr Doktor?"
Er trat in die Tür, während Rose willig in den Flur zurückging; ein paar Männer drängten nach, dann flog die Tür zu. Die anderen, die draußen geblieben waren, verliefen sich, und Horst stand allein, fassungslos und mit geballten Fäusten.
Dann stürzte er wie gehetzt davon ins Pfarrhaus und dort brach er im Arm des Pastors fast zusammen. Manders war tief erschrocken. „Aber mein Gott, was ist Ihnen denn geschehen? — Horst, lieber Freund, so fassen Sie sich doch!"
Es dauerte einige Zeit, bevor Horst berichten konnte. Und da flammte Manders auf. „Wollen Sie mit mir kommen, Horst? Ich will doch sehen, ob man auch mir den Eintritt verweigern wird."
Frau Manders widersprach jedoch energisch. Horst durfte in diesem Zustande der Ueberarbeitung und nervösen Ueberreizung nicht neuen Aufregungen ausgesetzt werden. „Nein, Mann — geh' allein, vielleicht kannst du nützen. Und setz' ihnen den Kopf zurecht, daß ihnen Hören und Sehen vergeht! Den Doktor aber laß mir hier — der muß sich vor allem einmal beruhigen und erholen!"
Manders ging und Horst und die Pastorin blieben allein. Sie wollte ihm einen Imbiß besorgen, aber als sie wieder herein kam, lag Horst schlafend aus dem Sofa. Sie betrachtete ihn voll herzlicher Teilnahme, dann nahm sie die Lampe und ging leise hinaus: Mochte er schlafen!
Am Morgen kam der alte Hunstock ins Pfarrhaus. Er wollte melden, daß die beiden Kinder gestorben seien. —
Horst hatte bis in den Hellen Tag hinein geschlafen. Als Manders wieder nach Hause gekommen war, hatte er dem Schlafenden vorsichtig die Stiesel abgezogen und ihn warm zugedeckt. Horst hatte von alledem nichts bemerkt. Als er am Morgen den Tod der Kinder erfuhr, sprach