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würde. Auch Dambacher (Ztr.) wandte sich gegen den Kommission? antrag. Käß (Vp.) befür­wortete ihn unter Hinweis auf die Schädigung der Gemeinden durch die Eigenjagd, gab aber zu, daß im Oberland andere Verhältnisse bestehen als im Unterland. l)r. Lindemann (Soz.) verhielt sich gegen eine Vergrößerung der Eigenjagden gleichfalls ablehnend. Feiger (Vp.) beantragte, die Aus­übung des Jagdrechtes an einen arrondierten B- sitz von mindestens 50 Morgen zu knüpfen. Einzelne Teile dieses Besitzes sollten nicht wieder verpachtet werden dürfen. Minister v. Pischek betonte, daß eine Aenderung des Jagdgesetzes an der Zeit sei, denn die neuere Bildung der Jagdbezirke durch den Ankauf schmaler Streifen, um den Zusammenhang des Grundbesitzes herzustellen, sei eia Unding. Eine mäßige Vergrößerung der Eigenjagdbezirke würde er für begründet halten. Der Antrag Häffner würde nur das bisherige Recht bestätigen. Keßler (Ztr.) sprach sich gegen den Kommisfionsantrag aus. Frhr. Pergler v. Perglas begründete den Kommissionsantrag, der unzweifelhaften Mißständen ein Ende machen wolle. Die Abstimung ergab schließlich die Ablehnung sämtlicher Anträge, darunter die des Kommission?antrags betr. Vergrößerung der Eigenjagdbez rke mit 63 gegen 14 Stimmen; dagegen wurde der Kommissionsantrag, soweit er die Fest­sitzung einer Mindestgrerze für die Verbindungs­streifen und das Verpochtungsrecht der Teilgemeinden betrifft, angenommen.

Stuttgart 14. April. Anläßlich der Jubelfeier des Infanterie-Regiments Nr. 125 (Kaiser Friedrich 7. Württembergisches) wird im Festsaal der Liederhalle ein Festspiel aufgeführt werden, das von einem Hauptmann des Regiments verfaßt, und von Offizieren und Mannschaften dargestellt wird. Das Festspiel wird aus einer Reihe lebender Bilder und Szenen bestehen, welche Gedenk- und Ruhmestage aus der Geschichte des Regiments von 18091909 veranschaulichen. Von seiten des Regiments ist alles getan worden, um dieses Festspiel stimmungsvoll und künstlerisch auszugestalten. Die Gesamtleitung liegt in den Händen des Hosschauspielers Bruno Peschel, der bereits seit Februar mit der Einstudierung beschäftigt ist. Die Dekorationen und Gruppie­rungen der lebenden Bilder werden nach Ent­würfen des Hoftheatermalers, Hosrats Plappert, ausgeführt. Der im 4. Bilde (Königsgeburtstags­feier in der Ulmer Au 1836) vorkommende Tanz ist von Solotänzer A. Burger arrangiert und wird von Damen des Offizierkorps zur Darstellung gebracht werden. Die zu den Bildern gehörige Musik ist von Musikmeister Müller zusammen­gestellt und wird unter dessen Leitung von der Kapelle des Regiments gespielt. Es wird beabsichtigt, auch öffentliche Aufführungen des Festspiels zu veranstalten und zwar am 9. und 10. Mai nachmittags und abends. Alles Nähere über diese Aufführungen wird durch Plakate und Inserate in den Tagesblättern veröffentlicht. Am 7. und 8. Mai finden die Aufführungen

für aktive Mannschaften, hiesige und auswärtige Veteranen statt. Nach allem zu urteilen, scheinen die Jubeltage des so beliebten 7. Regiments im Mai ein militärisches Schauspiel ersten Ranges zu bieten, an dem jeder Württemberger, auch der nicht dem Regiment angehörte, einen hohen Genuß und eine stete Erinnerung haben wird.

Stuttgart 14. April. Der Mär ki­ll erkehr Stuttgarts mit Vieh betrug im Monat März d. I. in der Einfuhr 2829 Rinder, 4590 Kälber, 266 Schafe und 7655 Schweine. Der größte Teil der Tiere wurde dem Schlacht­hofe zugeführt, außerdem noch geschlachtet 47 Kälber, 186 Schafe und 2 Schweine. Ausgeführt wurden nach anderen Marktorten 388 Rinder, 219 Kälber, 420 Schweine.

Stuttgart 13. April. Dieser Tage ging eine Notiz durch sämtliche württembergische Blätter, wonach das neue amtliche Lesebuch für katholische Volksschulen Württembergs bereits fertig gestellt sei und im Laufe des Sommers ausgegeben werde. Diese Nachricht kam für Lehrer- und Buchhündlerkreise, die ihre Bestellungen fürdas nun beginnende neue Schuljahr schon gemacht hatten,bezw.welchedie Absicht hatten, fürdas Schul­jahr 1909/10 noch diesbezügliche Anschaffungen zu machen, ganz unerwartet, so daß genannte Kreise Informationen bei der Kgl. Oberschul­behörde einzüholen genötigt waren. Um nun weiteren Irreführungen die Spitze abzubrechen, erläßt derStaatsanzeiger" No. 83 vom 10. April eine offiziöse Erklärung, wo­nach obige Nachricht verfrüht ist, da wegen Vergebung des Verlagsrechts demnächst erst ein allgemeiner Wettbewerb eröffnet werden müsse. Nur Probedrucke der neuen Schulbücher in der Form, die von der hohen Oberschulbehörde vorläufig festgestellt worden ist, werden im Laufe des Sommers zur Behandlung auf den Lehrer­konferenzen hinausgegeben werden. Nach dieser offenbar vom Kgl. katholischen Kirchenrat in Stuttgart abgegebenen Erklärung steht nun fest, daß im neuen Schuljahr 1909/10 das neue Lesebuch noch nicht zur Ausgabe gelangt und die Interessenten gut tun, ihre Bestellungen auf große Lesebücher umgehend aufzugeben.

Geislingen 13. April. Die Oster­feiertage haben eine Masse Fremder in unsere Stadt und Umgebung geführt und der erste Osterfeiertag war vom herrlichsten Frühlings­wetter begünstigt. Gestern mittag machte ein heftiger Regen ein vorzeitiges Ende und heute früh lag zollhoher Schnee. In der Nacht hatte ein schwerer Weststurm -geherrscht, der sich zwar inzwischen gelegt hat, aber der Schnee fällt noch ununterbrochen weiter.

Unterurbach O.A. Schorndorf 14. April. Zwei Brüder von Waldhausen nahmen am Oster­

montag an einer Hochzeit in Oberurbach teil. Als sie sich in der Nacht von Montag auf Diens­tag nach Hause begeben wollten, wurden sie in Unterurbach von mehreren Burschen an­gefallen und derart mißhandelt, daß so­fort ein Arzt zur Hilfe gerufen werden mußte, der einige Zeit mit dem Vernähen der Wunden zu tun hatte. Den rohen Tätern ist man auf der Spur.

Weil heim O.A. Tuttlingen 14. April. Am Ostermontag morgen rüstete sich die 18jährige Friederike Martin zum Kirchgang, um an einer Hochzeit teilzunehmen, worauf sie plötzlich ent­seelt auf dem Fußboden der Küche zusammen­sank. Man nahm zunächst einen Herzschlag an; wie aber jetzt der Gränzbote berichtet, soll die Martin durch einen Schuß getötet worden sein. Gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet.

Vom Unterland 13. April. Die Vegetation ging in den letzten Tagen über Erwarten rasch voran. Vielfach sieht man schon blühende Aprikosenbäumchen, anderswo ab und zu auch einen blühenden türkischen Kirschbaum (praiE Nisi», a). Der Ostermontagregen tat wahre Wunder. Das Grün der Wiesen erscheint saftiger, die Saaten haben sich zwar noch nicht recht bestockt, doch hofft der Landmann auch hier Günstiges. Kirschbäume, Zwetschgen und Pflaumen sind voll Fruchtknospen und am Aufbrechen. Auch die Birnbäume, die letzten Herbst nur spärlich getragen haben, hängen voll Blüten­knospen. Die Apfelbäume, die den überaus reichen Herbstsegen gebracht haben, zeigen auch ordentlichen Fruchtansatz. In den Weinbergen ist das Aufziehen und Binden beendigt, das Holz der Rebstöcke ist vorzüglich durch den Winter gekommen und gut ausgereift, auch zeigen sich viele Augen. Aber der heutige Witterungs­umschlag, der sogar Schnee gebracht hat/ läßt die Hoffnungen wieder geringer werden.

Köln 14. April. Hier wurde wegen eines schweren Sittlichkeitsverbrechen ein 39jähriger Kaufmann aus Altona verhaftet. Bei der Festnahme stellte sich heraus, daß der Mann, der bei einem Kölner Schutzmann zu Besuch weilte, dringend verdächtig ist, den bis­her unaufgeklärten Knabenmord in Hameln ver­übt zu haben. Die Untersuchung ist eingeleitet.

Wien 14. April. Es gilt hier als sicher, daß die Türkei schweren Unruhen ent­gegensieht, besonders auch in Mazedonien, wo eine Agrar-Bewegung ausbrechen wird, da die bosnischen Emigranten der dortigen sehr armen mazedonisch-bulgarischen Landbevölkerung im Wege stehen. Die mazedonischen Bulgaren fordern die Zulassung zum Militärdienst, was die Jungtürken bisher nicht bewilligt haben, da

dem Vater gefügt, und wenn er sich nun trotzdem noch ein Glück er­kämpfen wollte, so durfte er auf Mariens Hilfe wohl nicht rechnen.

Marie hatte sich gefügt das war das Rätselhafteste an der ganzen Sache. Welcher Macht hatte sie sich gebeugt? Was war denn nun eigentlich hindernd zwischen sie und ihn getreten? Daß es bloß der Wille Bergs gewesen, das glaubte er nicht. Dieser Wille war an sich schon recht unwahrscheinlich; aber wenn er doch vorhanden war, dann mußte er auch durch Gründe gestützt worden sein, denen Marie trotz aller Kraft ihrer Liebe nichts entgegenzusetzen hatte. Welche Gründe aber könnten das sein? Was war geschehen was? Er schritt endlich weiter und grübelte sich in immer tiefere Erbitterung hinein. Seine Gedanken hetzten sich im Kreise, sie kamen immer wieder auf den Aus­gangspunkt zurück, und das Dunkel blieb ungelichtet. Nun wollte er sich zwingen, an anderes zu denken. Er bog vom Opernplatz in die belebte Goethestraße ein und schlenderte die Schaufenster entlang. Hier und dort blieb er stehen und besah sich all die Herrlichkeiten, aber er war doch nur mit halben Sinnen und Interesse dabei. Er fand überall Sachen, die Marie Freude gemacht haben würden, er fand Tinge, die in ihrem gemeinsamen Heim das Behagen erhöht, die das Persönliche in die alten Räume getragen haben würden und selbst ein Spielwarenladen löste sehnsuchtsvolle Zukunftsträume aus Herrgott, Hergott! Daß er nun ziellos und in dieser greulichen Verfassung da herumlausen mußte er allein dem Wechsel zwischen stillem Grimm und tiefer Verzagtheit ver­fallen, während rechts und links die Menschen mit fröhlichen Gesichtern an ihm vorüber hasteten. Die hatten's gut, die hatten alle ein Liebes, daran zu denken, dem sie eine Freude bereiten durften die waren alle in der Vorfreude glückselig.

Dann auf einmal blieb Horst stehen. Blitzgleich war ein Gedanke ihm durch den Kopf geschossen und hatte eine ganze Vorstellungskette aus­gelöst: Berg und der Vater! Wenn Berg doch derjenige war, der den

Vater zu Grunde gerichtet, der alles zu verantworten hatte, was dort oben in dem stillen Eichsfelddors vor Monaten Grauenvolles geschehen?

Nun plötzlich hastete er durch die Straßen, nun arbeitete sein Kopf fieberhaft an der Auswertung aller Gedanken, aller Vorhalte und Ein­wände, die unter dem zagenden Einspruch des Herzens lebendig wurden. Aber darüber verdichtete sich der erste Verdacht fast zur Gewißheit und nun machte er sich Vorwürfe darüber, daß er Berg zu sehr vertraut hatte, daß er der Unglücksgeschichte seines Vaters nicht energischer nachgegangen war. Jetzt war es auch damit vorbei, jetzt mußte er gezwungen, untätig bleiben, wie ers bisher freiwillig gewesen.

Daheim fand er Briese vor. Einen von Paul. Der schrieb, daß das Weihnachtsgeschäft ganz ausgezeichnet verlaufen sei, und dann kam etwas Neues der Konkursverwalter hatte festgestellt, daß die Unterbilanz nur ganz gering war und daß der Konkurs sehr leicht hätte vermieden werden können. Und dann habe er noch eine andere Ueberraschung: Er habe geglaubt, daß der im Konkurs befindliche Nachlaß des Vaters ihnen gar keine Erbansprüche lasse. Dasselbe habe Manders geglaubt und wohl auch er, Horst. Nun erfahre er aber, daß die Erbschaft als ange­treten gelte, weil sie innerhalb sechs Wochen nicht ausgeschlagen worden sei; das habe nun die Wirkung, daß die Erben zu Gemeinschuldnern geworden seien und mit ihrem Vermögen für die Schulden des Vaters mithasteten. Nun sei er, Paul, wohl der einzige, der einiges Vermögen besitze, aber es falle ihm gar nicht ein, das nun dem Nachlaß zu opfern. Er denke vielmehr daran, die Aufhebung des Verfahrens zu beantragen, oder aber einen Vergleich auf einer Basis anzustreben, die ihnen die Erhaltung des ganzen Besitzes ermögliche.

Dann bat Paul, Horst möge doch zum Feste kommen, wenn er es irgend möglich machen könne. Mit Inge sei ja nun ohnehin nicht mehr zu rechnen, und die werde gewiß auch mit allem einverstanden sein, was die Brüder beschlössen. ' (Fortsetzung folgt.)