Amts- und Anzeigeblstt ff- den Vberamtsbeztrl Calw.
84. -ahr-mg.
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Amtliche Bekanntmachung, e«
A« die Gemeindebehörden.
Da die Anmeldungen zur Hageloerstcheruug bei der uorddeutscheu HageloerfichrrungSgesell- schaft jetzt zu erfolgen haben, weiden die Gemeindebehörden hiemit unter Bezugnahme auf den Mini- fterial-Erlaß vom 11. v. Mis. Ministerial-Amtsbl. S. 91 aufgefordert, Beschluk über die Uebernahme eines Teils der Kosten der Hagelversicherung auf die Gemeindekasfe zu fassen und darauf hiuzu- wirleu, daß die Landwirte ihrer Gemeinde wenigstens ihre Halmfrüchte gegen Hagelschaden bei der infolge der abgeschlossenen Uebereinkunft mit dem württem- bergischm Staat für die Landwirte am vorteilhaftesten norddeutschen Hagelverficherungsgesellschaft durch Vermittlung der für die einzelnen Gemeinden aufgestellten Agenten versichern.
Als Agenten sind im Bezirk aufgestellt: Kassier Eberhard in Calw,
Gemeinde Pfleger Dongus in Deckenpfronn, Oekonom Karl Hanselmann in Liebelsberg, Lehrer Brodbeck in Liebenzell,
Wagner Auer in Neubulach,
Oekonom I. G. Luz in Neuweiler,
Glaser Ganser in Simmozheim.
Calw, 14. April 1909.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
Tagesrrenigkeitea.
Calw 14. April. Auf den heutigen Vieh - markt waren 246 Stück Rindvieh, 2 Pferde, 223 Stück Milchschweine und 70 Läuferschweine zugeführt. Der Handel in Großvieh ging flau; es kamen zum Verkauf: 24 Paar Ochsen zu Preisen von 860—1060 38 Kühe zu
220—470 .//, 32 Kalbeln und Schmalvieh zu 150—440 7 Kälber zu 67—110 Auf
dem Schweinemarkt wurde die gesamte Zufuhr
Donnerstag, den 15. April 1909.
verkauft. Milchschweine lösten 30—45 -//, Läufer 50—90 pro Paar.
Neuenbürg 14. April. Der wegen Goldschnipfelei verfolgte und flüchtig gegangene Goldarbeiter Kiefer von Ottenhausen treibt sich seit Wochen in den Grenzwäldern und badischen und württembergischen Orten umher, ohne daß es bis jetzt gelungen wäre, ihn einzufangen. Durch den Polizeidiener in Ottenhausen wurde Kiefer in dem Pferdestall eines Bekannten überrascht, aber Kiefer rannte seinen Verfolger über den Haufen und entkam in den Wald.
Schafhausen 13. April. Auf einer durch den hiesigen Ort gehenden alten Römerstraße von Döffingen nach Weil d. St. wurde jüngst bei den Grabarbeiten zur Herstellung einer Wasserleitung eine aus Nickelbronze hergestellte, ziemlich verdorbene römische Münze gefunden. Sie trägt auf der einen Seite das Bild des Kaisers Augustus, auf der anderen Seite eine ausschreitende Figur. Der Geldwert stellt einen Fünfteldenar, also etwa 20 cZ nach heutiger Münzeinteilung vor. Ist der Metallwert auch gering, so ist doch damit der Beweis geliefert, daß sich Römer nach der Zeit des Kaisers Augustus in unserer Gegend ausgehalten haben.
Stuttgart 14. April. Die Zweite Kammer nahm heute nachmittag ihre Tätigkeit wieder auf. erklärte zunächst den Abg. Wieland-Ulm für legitimiert, worauf er etngeführt und vereidigt wurde, und begann dann die Beratung des Etats des Innern. Der Berichterstatter Frhr. Pergler v. Perglas wies in seinen einleitenden Bemerkungen darauf hin, daß in der Aufstellung des Etats das Streben nach Sparsamkeit zum Ausdruck komme. Allgemeine Ueberraschung und besondere Heiterkeit am RegiernngStisch rief eS hervor, daß zu Titel 1
B?zugspi. i. d. Stadt'Zährl.m. Träger!. Mk. t.25. Pvstbezugspr. s.d. Orts- u. NachdarorlSuerk. > .jährl. Mk. I. 2 V, im Fernverkehr Mk. I.3V. Bcstcllg. in Würkt. so Pfg., i„ Bayern u. Reich 42 Pfg.
(Gehalt des Ministers), an den sich sonst längere Erörterungen zu knüpfen pflegen, das Wort nicht weiter genommen wurde. So rasch ist dem Minister des Innern das Gehalt noch nie bewilligt worden. Hierauf wurde eine von der Finanzkommisfiou beantragte Resolution besprochen betr.Abänderung des Jagdgesetzes in dem Sinne, daß die Ausübung der Eigenjagd nicht mehr von einem Grundbesitz von 50 Morgen, sondern von 50 tia (158'/- Morgen) und zwar unter Festsetzung einer Mindestbreite für die den Zusammenhang zwischen den einzelnen Grundbesitzteilen vermittelnden Streifen abhängen soll. Auch sollen Gemeinden mit eigener Verwaltung und einer genügend großen Gesamtfläche ihr Jagdrecht selbst verpachten dürfen. Schlichte (Ztr) sprach sich gegen eine solche Schmälerung des Jagd: echtes aus, die zugleich eine Beschränkung des freien Eigentumsrechtes sei. Häffner (D.P) beantragte, daß den seither zur Jagdausübung berechtigten Grundbesitzern der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung durch Anteilnahme am Jagdgeld Vorbehalten wird. Braunger (Ztr.) erklärte sich gleichfalls gegen die Resolution und teilte mit, daß in seinem Bezirk (Leutkirch) der Antrag der Kommission große Aufregung hervor- gerufen habe. Nicht weniger als 365 Grundbesitzer würden dort ihres Jagdrechtes verlustig gehen und nur etwa 10 es behalten. Körner (B K.) vermißte die nötigen Unterlagen für die Wirkung des Antrags, der nur dem Verlangen größerer Jagdgesellschaften entspreche. Die ländliche Bevölkerung wolle eine Vergrößerung der Jagdbezirke nicht, weil sie davon eine erhebliche Zunahme des Wildschadens befurchte. Ein Landwirt im Oberamt Backnang habe ihm geschrieben, daß die Jagdgesellschaften das Wild förmlich auf Kosten des Landwirts züchten. Speth (Ztr.) betonte, daß im Oberamt Wangen von 429 Eigenjagdberechtigten nur ein einziger das Jagdrecht behalten würde. Der Antrag der Kommission sei ein Attentat auf Recht und Gerechtigkeit. Was für ein Lamento würde sich erheben, wenn man die Abschaffung des PatronatSrechts fordern
Line Lüge.
Roman von Ludwig Rohmann.
(Fortsetzung.)
XII.
Dann ging Horst in die Praxis. Mit unsagbarem Widerwillen; er fühlte sich wie zerschlagen, und sein fieberhaft arbeitendes Gehirn förderte immer neue Momente zu Tage, die ihn folterten und ihm die Ruhe nahmen. Aber gerade darum wollte er sich nicht gehen lassen; er brauchte den eisernen Zwang der Pflicht, er brauchte die Arbeit, wenn er sich nicht selbst verlieren sollte, und das wollte er nicht. Er biß die Zähne aufeinander und reckte seine muskulöse Gestalt empor. Nicht verlieren — nicht untergehen! Und dann noch eins vor allem und trotz der Schicksalsungunst: Nichts aufgeben!
Aber die Besuchsgänge forderten doch mehr, als er heute zu geben hatte. Er ertappte sich immer wieder dabei, daß er stumpf und apathisch war, wo der Arzt in klarer Ruhe seinen Einfluß üben sollte, und wenn er sich dann auch allemal gewaltsam aufraffte — die Erschlaffung stellte sich dann immer wieder ein, und so gab ers denn auf. Er ging zu dem Kollegen, den er vertreten hatte. Dem sagte er, daß er sich bis zur Erschöpfung angegriffen fühle und daß er nicht mehr im Stande sei, die Praxis wahrzunehmen. Dem anderen kam die Absage ungelegen; aber er sah doch auch, daß Horst wirklich erschöpft und ruhebedürftig sei, und so fand er sich seufzend wieder in das Joch der Alltäglichkeit.
Horst schlenkerte langsam nach Hause; müde wie einer, der nach harter Arbeit Ruhe sucht — nur Ruhe und nichts weiter. Daheim warf er sich angekleidet aufs Bett, und die kräftig einsetzende Reaktion ließ ihn schnell in einen tiefen Schlaf fallen. Es war Abend geworden, als er I
erwachte. Er sprang schnell aus und sah nach der Uhr: Fast acht! Sonst war er um diese Zeit nach der Taunusanlage gegangen, sonst war er dort sehnsüchtig erwartet worden. Und nun vorbei das alles — vorbei! Er machte sich zum Ausgehen fertig. Vor der Tür fuhr ihm der kalte Wintersturm scharf ins Gesicht, und während er nun gegen das Schneegestöber ankämpfte und eifrig vorwärtsstrebte, schwand ihm auch die letzte Müdigkeit aus den Gliedern. Er hatte kein Ziel, und er ging ohne bestimmte Absicht weiter; aber dann stand er doch plötzlich vor der Villa Berg. Die lag nun dunkel und in tiefem Schweigen da. Der lautlos niederrieselnde Schnee hatte den Park tief in schimmerndes Weiß gehüllt, und in den breiten Wegen zeigte sich keine Fußspur; am Hause selbst klebten unförmliche Schneepolster überall, wo ein Vorsprung den leichten Flocken einen Halt bot: Auf Simsen und Fenstern, auf dem Balkon und den festgeschlossenen Läden. Schweigende und quälende Stille drinnen und draußen! -
Horst stand unbeweglich, und das Schweigen tat ihm weh. Er fühlte ordentlich die Stille der Oede, die in dem Hause herrschte, mit dem ihm so viel sonnige Glückserinnerungen verbunden waren, und da war es, als greife ein grauenvolles Etwas ihm erkältend ans Herz. Aber das schüttelte er ab: Nichts aufgeben! Er dachte gar nicht daran, sich so ohne weiteres zu fügen und die Launen dieses Herrn Berg als Fatum hinzunehmen. Er hatte Marie lieb, und sie gehörte zu ihm; das wußte er und daran glaubte er auch jetzt unerschütterlich — jetzt, da er nicht einmal wußte, auf welchem Fleck des Erdteils er sie suchen mußte. Was hatte da der Alte drein zu reden? Sie waren doch keine Kinder mehr, die sich zu fügen hatten, sie hatten ein Selbstbestimmungsrecht, und das mußten sie üben, wenn schon keine andere Wahl mehr blieb.
Na ja — das Selbstbestimmungsrecht hatten sie wirklich. Aber Marie war doch fort — fort mit dem Vater nach einem Lebewohl für Zeit und Ewigkeit. Sie hatte also doch bereits verzichtet, sie hatte sich