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Gemeindepflege sind durch einen Stuttgarter Rechtsanwalt von einem Ungenannten 1300 ,//. überwiesen worden mit der Bemerkung, daß damit die Gemeinde für früher entzogene Steuern entschädigt werden solle.
Kirchheim 12. April. Bei der mit dem letzten Viehmarkt verbundenen Prämierung ausgezeichneter Farren wurden Preise im Gesamtbeträge von 327 -,// und Einzelpreise von 10—18 -// vergeben.
Kirch heim a. N. 10. April. Das neunjährige Mädchen des Fabrikarbeiters Beck hier kam dem Herdfeuer zu nahe, wodurch seine Kleider Feuer fingen. Es sprang, um sich zu helfen, ins Freie. Das Feuer wurde über noch mehr entfacht und nach eintägigen schweren Leiden ist das Kind gestorben.
Riedlingen 10. April. Vorgestern nachmittag ist das vom Verein für Vogelschutz im Sichert angelegte Vogelheim ein Raub der Flammen geworden. Zündelnde Kinder sollen das Feuer verursacht haben, das an dem dürren Gras und der jungen Tannenkultur reichliche Nahrung fand.
Schussenried 12. April. Der neunjährige Knabe eines Taglöhners stellte sein )'/- jähriges Schwesterchen im Kinderwagen neben den Weiher einer Gerberei. Während er sich an dem Weiher zu schaffen machte, kam der Wagen ins Rollen und stürzte samt dem Kind ins Wasser. Ein gerade vorbeisahrender Fuhrmann hörte das Geschrei und zog das Kind im letzten Augenblick aus dem Wasser.
Ulm 10. April. Im Wahlkampf anläßlich der letzten Landtagswahl sind gegen Kommerzienrat Wieland verschiedene Vorwürfe in Bezug auf die Behandlung von Arbeitern erhoben worden. Diese Behauptungen werden widerlegt durch die Tatsache, daß es bei der Firma Wieland und Co. 77 Arbeiter mit mehr als 25jähriger und 24 mit mehr als 40jähriger Arbeitszeit gibt. Seit 1899 werden diese Jubilare mit Geschenken bedacht, erst dieser Tage erhielten wieder 12 Arbeiter Auszeichnungen. Sieben Arbeiter sind nach zurückgelegter 50jähriger Arbeitszeit mit vollem Gehalt in den Ruhestand versetzt worden.
Ulm 12. April. Der letzten Schranne waren nur 812 Zentner Frucht zugeführt, die bis auf einen Rest von 50 Zentnern zu nachfolgenden Mittelpreisen abgesetzt wurden: Kernen 12,47 -//, Weizen 12,32 -//, Roggen 8,89 -//, Gerste 10,74 ,7, Saatgerste bis 11,50
Haber 9,88 Saathaber bis 10,50 ^77, Erbsen 9,70 M, Wicken 9,20 -77. Gegen den letzten Fruchtmarkt haben pro Zentner aufgeschlagen: Kernen um 0,31 -. 77 , Weizen 0,26 - 77 , Roggen
um 0,05 - 77, Gerste um 0,18 -77 und Haber um 0,74 -.77.
Tettnang 12. April. Als der Sohn des Bauern Georg Schüler in Untereisenbach im Hopfengarten mit einem Taglöhner die Anlage abbrach, siel eine Querlatte, unversehens herab und traf den Taglöhner mit solcher Wucht ins Genick, daß er bald darauf tot war.
Friedrichshafen 10. April. Das Motorboot des Grafen Zeppelin ist am Gründonnerstag abend, während es beim Deutschen Haus vor Anker lag, in Brand geraten und ausgebrannt. Die Maschinerie blieb erhalten. Das Innere wie das Verdeck des Schiffes wurden vom Feuer vernichtet. Die Maschinerie ist, abgesehen von leichteren Schäden, unversehrt. Der Motor, sowie der noch 50 l<rr Benzin enthaltende Benzinbehälter waren gut und regelrecht abgestellt und verschlossen, wodurch eine größere Explosion verhütet wurde. Das Boot ist mit 10 000 -// versichert. Es ist bedauerlich, daß das gräfliche Schiff für einige Zeit außer Betrieb kommt, da es den Lustschiffern durch seine Betriebssicherheit sehr dienlich war.
Pforzheim 10. April. Durch Fahrlässigkeit eines Dienstmädchens brach im Hause des Feuerwehrkommandanten Feuer aus, dem der Dachstuhl zum Opfer fiel. Das Mädchen, das sich Brandwunden am Kopf zuzog, lief, als es das Feuer bemerkte, davon.
Hamburg 10. April. Der H apag- Dampfer „Sarnia" ist bei Port Limo in Brand geraten. Sechs Mann der Besatzung sind dabei in den Flammen um- gekommen. Der größte Teil der Ladung ist ebenfalls verloren.
Bozen 10. April. Die Stadt Bozen veranstaltet am. 13. ds. M. als Dank für die treue Haltung Deutschlands in der Balkankrise einen Kommers. Im Anschluß daran sind besondere Ehrungen für das am 14. früh Bozen passierende deutsche Kaiserpaar geplant.
Dresden 6. April. Der allen Kurgästen des weltbekannten Dr. Lahmannschen Sanatoriums auf dem „Weißen Hirsch" bei Dresden bekannte Portier hat sich nach einem jahrzehntelangen Dienst zur Ruhe gesetzt. Er versteuerte ein jährliches Einkommen von 50000 -77 das sich lediglich aus den Trinkgeldern der Kurgäste zusammensetzte. Nach einer Aeußerung des Portiers sind die Russen am freigebigsten. Auch die Oesterreicher haben die Gewohnheit, jeden kleinsten Dienst durch klingende Münze zu vergelten. Zugeknöpfter sind die Amerikaner und Engländer, aber am sparsamsten sind — die Deutschen.
Paris 10. April. Weitere deutsche Ballons sind im Laufe des gestrigen Tages in Frankreich gelandet, u. a. ein solcher in Seanteny. An Bord befanden sich 3 Deutsche, welche einem genauen Verhör unterzogen wurden. Gendarmen beschlagnahmten einenphotographischen Apparat, sowie Karten und verschiedene Schriftstücke, welche verdächtig erschienen. Auf Anfrage beim Kriegsministerium erfolgte der Befehl, die Luftschiffer nicht abfahren zu lassen, sowie alle an Bord befindliche Gegenstände und Instrumente zu beschlagnahmen. Einer der Luftschiffer erklärte, ein Professor der Physik und Chemie, der zweite ein Ingenieur und der dritte ein Rentier zu sein. Die photographischen Platten des Ingenieurs sollen hiesigen Blättern zufolge nach Entwickelung genauer Abbildungen das Lager von Chalons und die umliegenden Festungswerke darstellen. Auf anderen hat man die Umgebung von Reims entdeckt. Der Professor wurde im Besitz eines Notizbuches gefunden, worin sich zahlreiche Aufzeichnungen befinden. Die 3 Deutschen sind vorläufig in Hast genommen worden.
Paris 20. April. Von einem erschütternden Unglück wurde in Besancon eine verwitwete Frau Tournier betroffen. Die Frau hatte für die Ostern den Besuch ihrer drei Söhne aus Paris erhalten. Als sie gestern Morgen in das gemeinsame Schlafzimmer ihrer Söhne trat, fand sie alle drei in ihren Betten als Leichen vor. Die jungen Leute waren durch ausströmendes Kohlengas vergiftet worden.
Paris 12. April. Wie aus Martinique berichtet wird, hat Präsident Castro, nachdem er seiner Ausweisung aus Fort de France den größten Widerstand entgegengesetzt hatte, sich nunmehr wieder an Bord des Dampfers „Versailles" begeben, auf welchem er nach Frankreich zurückkehrt. Seine Landung wird in St. Nazaire erfolgen.
Fort de France 10. April. Der Zustand des Präsidenten Castro hat sich gebessert. Castro hat bis jetzt das Ausweisungs-Dekret der französischen Behörde noch nicht erhalten. Er erklärte, falls er es erhalte, werde er sich nach Sr. Thomas begeben. Die amerikanischen Behörden werden alles Mögliche tun, um zu verhindern, daß Castro mit einer bewaffneten Macht in Venezuela eindringt. Zu diesem Zweck sind verschiedene amerikanische Kriegsschiffe in den venezolanischen Gewässern postiert. Die amerikanische Regierung unterstützt nach Kräften den Präsidenten Gomez und hofft, daß Castro nach Europa zurückkehrt.
Warschau 8. April. Pastor Dietrich aus Lodz erzählt in seiner Wochenschrift „Unsere Kirche" folgendes unglaubliche Vorkommnis: In Rußland besteht noch im ausgeprägtesten Maße
„Sterben!" wiederholte sie leise. Es war, als schaue sie in sich hinein. Und dann sagte sie inbrünstig : „Ich weiß nicht, es ist so schwer, ans Sterben zu denken, wenn man jung und stark und voll Lebensfreude ist. Aber das weiß ich gewiß: Ich kann nur für ihn und keinen Menschen sonst leben!"
„Für keinen Menschen sonst!" wiederholte Berg dumpf. „Also auch nicht mehr für mich! Aber es ist gut so — gut, weil du das Leben nicht verschwören willst. Denn ich fürchte, ihr werdet euch nie angehören dürfen."
„Vater!" Es klang wie ein Aufschrei, und Marie suchte tastend nach einer Stütze. Er sah sie in heißem Mitleid an. „Mein armes, liebes liebes Kind. Es ist vielleicht mein Fluch gewesen, daß ich diese Liebe nicht werden sah, daß ich nicht eingreifen konnte, so lange es noch Zeit war. Ich sehe, wie du leidest, aber ich leide tausendmal mehr als du, da ich dich unglücklich sehe und da ich weiß, daß ich dein Unglück verschuldet habe. — Komm, setze dich zu mir. Ich muß dir eine Beichte ablegen; nur eine Lüge, aber sie ist lawinengleich gewachsen seit dem unbedachten Augenblick, da ich sie gebrauchte, sie hat ein Leben und Existenzen vernichtet, und nun wird sie wohl auch noch dein Glück zerstören. — Willst du mich anhören?"
Marie schwieg, aber sie ging langsam zum nächsten Stuhl und setzte sich. Den Vater vermochte sie nicht anzusehen. Berg brauchte wieder einige Zeit, bis er sich so weit gesammelt hatte, um beginnen zu können. „Du weißt," begann er langsam, „wie Herr Bornemann starb?" Nun sah Marie doch zu ihm auf. „Ja." „Du weißt auch, daß er mir der liebste Freund und durch lange Jahre mehr als ein Bruder war?" „Du hast es mir gesagt." „Nun" — er sank in sich zusammen — „ich habe diesen Freund getötet!" „Vater!" Marie sprang auf und starrte ihn in fassungslosem Entsetzen an. In diesem Augenblick brach ihr alles zusammen — sie verlor den Vater und den Geliebten zugleich, wenn das
Wahrheit war. „Nicht direkt natürlich," fuhr er mühsam fort, „aber sein Tod lastet auf mir schlimmer, als wenn ich ihn im Affekt mit diesen Händen erschlagen hätte."
Nun sank Marie mit einem dumpfen Wehlaut in den Stuhl zurück. Berg achtete nicht darauf, er hatte Mühe, seine Gedanken zu sammeln, und darüber ging ihm anscheinend die äußere Fähigkeit verloren, auch die äußeren Vorgänge voll zu erfassen. „Ich will's dir kurz erzählen, so gut wie mir das eben möglich ist, denn so recht kann ich mir alle Einzelheiten mir nicht mehr vorstellen. Aber wie's geschah, das weiß ich wohl doch noch. — Vor zwei Jahren hat er mir aus einer Krise geholfen. Ich bin immer ein toller Spekulant gewesen — mehr, als die Leute denken, und es hat sehr oft Blühe gekostet, den Schein und das Ansehen zu retten. Er gab mir hunderttausend Mark, den ganzen Rest seines flüssigen Vermögens, wie ich glaube. Er war kein Geschäftsmann und hat an mich unbedingt geglaubt. So gab er mir das Geld bedingungslos, ohne Abmachungen und Vorbehalte. Es war für ihn selbstverständlichste Freundespflicht, mir beizuspringen — er war auch ebenso selbstverständlich davon überzeugt, daß ich ihm das Geld zurückgeben würde, sobald das mir möglich sei. — — Ich auch natürlich. Aber hunderttausend Mark, Kind, das ist eine Summe! Die kann man nicht immer frei machen — man kanns in meinem Berufe noch weniger als sonst, weil die Anforderungen mit jedem Tage und ganz unvermittelt enorm werden können und weil die verfügbaren Mittel dann allein zu retten vermögen, was im Grunde immer gefährdet ist. — Ich habe das Geld nicht zurückgezahlt, und er hat nicht gemahnt; er besuchte mich einigemale — du weißt das ja, aber er sprach nie von dem Gelde und ich Habs auch nicht getan. Braucht ers, so dachte ich, so wird ers ja sagen. Inzwischen schrieb ich ihm Zinsen gut und glaubte mich dabei vor meinem Gewissen gedeckt."
(Fortsetzung folgt.)