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^s 83 . Amts- und Anzeigeblatt für de» VberamtrbeM Lalw. 84 . Zchim
Erscheinungstage' Montag. Dienstag. Mittwoch. Donnerstag. Freitag und Samstag. Jnsertionsprcis td Pfg. pro Zeile für Stadtu. Bezirksorte; außer Bezirk l 2 Pfg.
Aamstag, den 10. April 1909.
BezuaSpr.i.d.Stadt',Ziihrl.m.Trägcrl.Mk. 1.2S. Postbezugspr. f.d. Orts- u. Nachbarortsvcrk. '/,jährl. Mk. I.ra. im Fernverkehr Mk. l.so. Bestellg. in Württ. so Pfg.. in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Tagesueuigkettev. !
Calw 10. April. Der Kirchengesang- ; verein gab gestern wie gewöhnlich an jedem Karfreitag eine Aufführung in der Stadtkirche. Zur Ausführung kam diesmal nicht ein Oratorium sondern einige ausgewählte Stücke aus Bach, nämlich die Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit" sodann eine Auswahl aus der hohen „Messe in Ick-moil" und aus den beiden Passionen nach dem Ev. Matthäus und dem des Johannes. Die beiden erst genannten Stücke kamen hier erstmals zur Aufführung. Der Dirigent des Vereins hat mit dieser Aufführung einen kühnen Griff getan, diese Bach'sche Werke sind nicht leicht und stellen große Anforderungen an den Verein. Sie sind aber so recht geeignet andächtige Stimmung beim Zuhörer zu wecken und den Karfreitagsgedanken zu vertiefen. Trotz der schweren Aufgabe und der hohen Schwierigkeiten wurde der Verein den an ihn gestellten Anforderungen vollständig gerecht und mit großer Sicherheit und Ruhe führte der Dirigent die schwierigen Werke durch. Als Solisten wirkten die schon längst hier als tüchtige Kräfte anerkannten Personen mit: Frl. H. Kausler-Reutlingen, Reallehrer Sauter-Ludwigsburg und Rechtsanwalt Rheinwald-Calw. Das Orchester wurde gestellt von der Kapelle des Jnf.-Neg. 131 von Ludwigsburg und von hiesigen Musikfreunden ; die Orgelbegleitung lag in den Händen von Organist Vintzon und das Violincellosolo wurde von Erw. Weber vorgetragen. Die Aufführung, die neue, vorzügliche Werke geboten hat, reiht sich den früheren ebenbürtig an die Seite und wir können den Kirchengesangverein und seinen trefflichen Dirigenten zu der schönen Aufführung bestens beglückwünschen.
j * Calw 9. April Das Gewerbeblatt aus i Württemberg enthält in Nr. 13 einen eingehen- ! ! den Bericht über „Die Neuordnung !
der Gewerbe- und Handelsschulen". ! Das Gesetz vom 23. Juli 1906 über die Gewerbe- und Handelsschulen ist am 1. April ds. Js. in Kraft getreten. Eine solch umfangreiche Neuorganisation läßt sich wegen Mangels an den für die Einführung des Tagesunterrichts notwendigen Schulräumen und an vorgebildeten Gewerbelehrern nur schrittweise durchführen. Die Neuorganisation kann nach den von den betr. Gemeindekollegien gefaßten Beschlüssen auf 1. April 1909 nur in 5 Gemeinden in vollem Umfang durchgeführt werden, während 12 Gemeinden die Errichtung von Handelsschulen beschlossen haben. Mit Beschränkung der Schulpflicht beabsichtigen weitere 26 Gemeinden auf den 1. April d. I. die bereits bestehende gewerbliche Fortbildungsschule nach den Anforderungen ves Gesetzes neu zu organisieren. Die übrigen 36 Gemeinden haben um Befreiung von ihrer Verpstichmug- zur Neuordnung ihrer Fortbildungsschulen nachgesucht. Auf den Beginn des Schuljahres 1909 vollzieht sich nach dem Gewerbeblatt die Neuordnung der Gewerbeschulen in folgenden Gemeinden: Biberach, Bietigheim, Böblingen, Calw, Ehingen a. D., Eßlingen, Fellbach, Feuerbach, Geislingen, Gmünd, Heidenheim, Heilbronn, Knittlingen, Laichingen, Mergentheim, Neckarsulm, Oberndorf (für mechanische Berufe), Obertürkheim, Pfullingen, Reutlingen, Schramberg, Schwenningen, Sindelfingen, Stuttgart, Trossingen, Ulm, Waiblingen, Wangen i. A. und Spaichingen. Die übrigen Gemeinden werden die Neuorganisation erst in den Jahren 1910—1914 durchführen, ebenso wird in Calw in diesem Jahr der Tagesunterricht noch nicht
eingesührt werden, voraussichtlich wird dies erst j mit der Anstellung eines Gewerbelehrers geschehen, i Die Neuordnung der Gewerbe- und Handels- ! schulen wird bis zum Beginn des Schuljahrs 1916 durchgesührt sein. Hinsichtlich der übrigen Gemeinden ist die Herbeiführung der auf die Neuordnung bezüglichen Maßnahmen eingeleitet. DerGewerbeoberschulrat hatnicht nur Befreiungen, soweit sie sich auf die nächsten Jahre bezogen, gerne bewilligt, sondern sogar manche Gemeinden veranlaßt, die Durchführung der Neuordnung auf einen späteren als den von ihnen geplanten Zeitpunkt zu verschieben und zwar aus dem einfachen Grunde, weil der Behörde die zur Durchführung des Gesetzes notwendigen Lehrkräfte im Hauptamt fehlen. An ausgebildeten Gewerbelehrern stehen nämlich im Jahre 1909 zusammen 30, im Jahr 1910 weitere 38, im Jahr 1911 wieder 37 und im Jahr 1912 weitere 16 zur Verfügung. Diese Zahlen bleiben hinter dem Bedarf der nächsten Jahre nicht unerheblich zurück.
Calw, 10. April. Im StadtwaldMeisters- berg brannte gestern Abend ein Reisighaufen nieder, wodurch auch 3 Raummeter eichenes Scheiterholz in Brand gerieten. Das Feuer wurde von der Alzenberger Feuerwehr, welche sofort Wasser zur Stelle schaffte, gelöscht. Von . der hiesigen Feuerwehr war eine Abteilung zum Nachtdienst auf die Brandstelle befohlen worden. Der Brand ist wahrscheinlich durch mutwillige Paffanten entfacht worden.
Liebenzell 9. April. In der nächsten Woche wird hier eine Arbeit vollendet, deren Vorbereitung beinahe das ganze letzte Jahr in Anspruch nahm, nämlich die planmäßige Ergänzung und Erweiterung der Wegbe-
Line §üge.
Roman von Ludwig Rohmann.
(Fortsetzung.)
Aber nach ein paar Schritten blieb Horst wieder stehen. Es war doch eigentlich kindisch, erst davon zu laufen und dann schüchtern wieder zu kommen. Was sollte die Dienerschaft denken — und dann: Wer wußte denn, ob er sie in der Stimmung finden werde, die ihm den Mut zu einer Aussprache geben konnte? Er kehrte um und ging nun ruhig nach Hause. Ein andermal! —
In den nächsten acht Tagen schritt die Besserung langsam und stetig vorwärts. Horst konstatierte die Kräftezunahme, und Marie sah das mit tiefem Glücksgefühl, und die Hoffnung jagte die Sorge allgemach ganz zur Türe hinaus. Zu einer Aussprache kam es nicht. Sie gingen wieder in der Pflege auf, er traf seine Anordnungen mit ruhiger Umsicht, und sie war gehorsam in der Beobachtung aller Winke. Aber dabei blieb es auch; sie waren einer des andern gewiß, und so harrten sie nun in Ruhe der Vereinigung entgegen.
Dann kam ein Abend, an dem Berg sich besonders wohl fühlte. Er hatte Marie zu sich herangewinkt und dann hatte er zum erstenmal wieder gesprochen — lallend, mit schwerer Zunge und kaum verständlich. Ihr aber klangen die Laute wie Musik ins Ohr; sie sank an seinem Bette nieder und bedeckte unter heißen Glückestränen seine welke Hand
mit glühenden Küssen. „Vater — lieber Vater!-O, mein Gott,
wie ich dir danke!"
Berg sah gerührt auf sie nieder. „Ich habe euch wohl viel Sorge gemacht?" fragte er mühsam. Aber nun lachte Marie ihm glücklich ins
AW" Das nächste Blatt wird
Gesicht. „Ach, laß doch! Das ist vorüber, und nun wird alles wieder gut." Berg ließ den Blick suchend im Zimmer umherwandern. „Ist —
ist der Doktor nicht da — — Horst?" „Nein Vater, aber er wird
bald da sein-er kommt immer um diese Zeit."
Bald darauf kam Horst wirklich, und Marie eilte ihm entgegen. „Ich bin so glücklich" sagte sie strahlend, „Papa spricht und hat nach Ihnen gefragt." „Nach mir?" Marie nickte nur, und da stürmte er an ihr vorüber ins Krankenzimmer hinein. Er fand Berg angegriffen, aber der Kranke streckte ihm doch die Hand entgegen. „Ich freue mich, daß ich
Ihnen endlich danken kann. Das Sprechen fiel ihm sehr schwer. Horst
legte ihm beruhigend die Hand auf die Stirne. „Ei was," scherzte er, „Sie belohnen unser bißchen Mühe ja so glänzend, daß von Dank gar keine Rede sein kann. Aber nun sprechen Sie nicht weiter — das strengt Sie an, und wir wollen dies vermeiden, damit Sie bald wieder ganz gesund sein werden."
Berg sah Horst lächelnd und unverwandt an. Es lag etwas Rätselhaftes in diesem Blick, und Horst fühlte sich einigermaßen beunruhigt, weil er keine Deutung dafür fand. Aber dann sah er doch auch, daß sich keine Spmptone zeigten, die etwa neue Besorgnisse gerechtfertigt hätten, und nach einigen Minuten war Berg denn auch ruhig und fest eingeschlafen.
Nun erst sah Horst sich nach Marie um. Die stand an der Türe ein wenig haltlos gegen die Wand gelehnt, und große Tropfen zitterten in ihren Wimpern. Er ging langsam zu ihr. „Nun ist's gut", sagte er halblaut. „Nun ist's gut", wiederholte sie in inbrünstigem Dank. Erhalte ihre Hand genommen, dann zog er sie mit einer schnellen Bewegung an sich und Marie sank lautlos an seine Brust. So hielten sie sich lange und fest umschlungen. Kein Liebeswort wurde ausgetauscht, aber ihre Seelen fanden sich, und sie kosteten in dem wonnigen Schweigen
n Dienstag ausgegeben. EMU