selb, beide in Stellung hier, tot aufgefunden. Neben den Leichen lag ein Revolver. Als Ursache des Selbstmords wird ein von den Eltern des Mädchens nicht geduldetes Liebesverhältnis vermutet.
Ulm 3. April. Die heutige Nachwahl hatte folgendes Ergebnis: Kommerzienrat Wieland (D. P.) 3004, Postsekretär Münz (V.) 1365, Maler Göhring (Soz.) 2835; Kommerzienrat Wieland ist somit gewählt. Von 9406 Wahlberechtigten wurden 7225Stimmen abgegeben, was einer Wahlbeteiligung von 76,8"/» gegen 73 "/» bei der Wahl am 20. März entspricht, wobei zu beachten bleibt, daß das Zentrum die Parole Wahlenthaltung ausgegeben hat.
Ulm 3. April. Die Handelskammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung zur Nachlaßsteuer einstimmig folgende Resolution an: „Die unerwartete Verzögerung der Reichsfinanzreform trägt zur Verlängerung der Geschäftsstockung bei, an der das deutsche Erwerbsleben nun schon länger leidet und bewirkt dadurch unberechenbaren Schaden. Wir geben daher der Erwartung Ausdruck, daß nach einer so langen und bedauerlichen Verschleppung nunmehr alle Parteien des Reichstags im Interesse ihres Ansehens, im Interesse von Handel und Gewerbe und im Interesse des ganzen deutschen Volkes Zusammenarbeiten, um eine gründliche Reichsfinanzreform möglichst bald zu Stande zu bringen. Auch wir sehen als die zweckmäßigste Form der unumgänglichen Besitzsteuer, den Ausbau der Erbschaftssteuer, sei es durch eine Nachlaßsteuer oder auf anderem Wege, an. Wir erklären uns daher erneut für den von der Reichsregierung vorgeschlagenen Ausbau der Erbschaftssteuer, obgleich dabei der Landwirtschaft mehr Vergünstigungen eingeräumt werden, als den von uns vertretenen Erwerbsständen." — Ferner stimmte die Kammer dem Entwurf eines Gesetzes betreffend Abänderung des Bankgesetzes zu und beauftragte das Bureau der Kammer mit der Sammlung von Material zur Donauverfinkungsfrage, um dann Stellung hiezu nehmen zu können.
Friedrichshasen 3. April. Der König hat an den Grafen Zeppelin ein Glückwunschtelegramm gerichtet, worin es heißt, er könne es sich in Anbetracht der neuen großartigen Leistungeu des Luftschiffes nicht versagen, in alter Teilnahme an dem Lebenswerk des Grafen wiederum seinen herzlichsten Glückwunsch auszusprechen.
Friedrichshafen 3. April. DieUeber- führung des 2 > nach Metz ist bis auf weiteres verschoben worden, da die dort im Bau begriffene Halle noch nicht weit genug fertiggestellt ist.
Ter rreue L 2.
Der „Voss. Ztg." wird aus Friedrichshasen berichtet: Der neue 2 2 ist nahezu
fertiggestellt. Nur wenige kleine Teile, wie Höhensteuer, Rückenflossen, Stabilitätsflächen wurden, weil die alte Halle zu schmal und zu niedrig ist, noch nicht angebracht. 2 2 hat eine I6kantigs Form, 136 Meter Länge, 13 Bieter Durchmesser und 15 000 Kbmtr. Inhalt. Das Alminiumgerippe ist in Zellen abgeteilt, in denen die 17 Einzelballons untergebracht find. Diese Ballonets bestehen mit Ausnahme eines einzigen aus einfachem gummierten Baumwolltuch. Nur ein Ballonet ist versuchsweise aus Goldschlägerhaut gefertigt. Im Herbst unternommene Versuche mit Ballonets aus beiden Hüllen haben für die aus Baumwolltuch bestehenden ganz günstige Ergebnisse gehabt. Wenn jedoch sämtliche Ballonets aus Goldschlägerhaut gefertigt würden, würde ihr Preis auf über 200 000 ,// zu stehen kommen und den Gesamtpreis für ein Luftschiff außerordentlich verteuern. Zur Aufnahme der Motore und der Mannschaft dienen wieder 2 Aluminiumgondeln, die etwas größer wie bei 2 1 sind. Die Gondeln sind unten nach vorn hin mit starken Gummikissen versehen, damit ein etwaiges Ausstößen auf festem Boden vermieden wird. Die innere Einrichtung der Gondeln ist wie bei 2 1. Die beiden Daimler- motore, die von dem verunglückten 2 2 herrühren, find in der Mitte der Gondel untergebracht. Sie leisten jeder 110 und sind 600 Kg. schwer. Die beiden Gondeln sind durch den Laufgang verbunden. Die im alten 2 2 in den Lausgang eingebaute Kabine mit Schreibund Schlafgelegenheit wurde als überflüssig weggelassen, weil das Luftschiff nur für militärische Zwecke bestimmt ist. Dadurch wurde das Gesamtgewicht vermindert. In der Mitte des Laufgangs ist zwischen 2 Gaszellen ein Schacht in das Gerippe eingebaut, in dem eine Treppe nach oben führt und in einen Ausguck endet. Von hier aus ist es möglich, bei Fahrten über Wolken oder in der Nacht sich wie bei der Seeschiffahrt mir Hilfe von Sonne, Mond und Sternen zu orientieren. Bei den bisherigen Luftschiffen arbeiteten die Schrauben und Motore bisher so laut, daß man die Annäherung des Luftschiffes schon auf mehrere Kilometer vernehmen konnte. Versuche mit zwei statt der bisherigen drei Flügelschrauben haben ein sehr günstiges Ergebnis gehabt. Das Geräusch der Schrauben ist ganz gering geworden. Solche zweiflügelige Schrauben werden bei 2 2 verwendet. Die Höhensteuerung, die sich dauernd vorzüglich bewährt hat, ist in der bisherigen Konstruktion beibehalten. Im Gegensatz zu 2 1 hat 2 2 wieder das große ovale Hecksteuer, das durch den größeren Durchmesser des neuen Schiffes und die größere Luftverdrängung notwendig wird und bei dem Echterdinger 2 2 bereits vorzügliche Arbeit geleistet hatte. Die Stabilitätsflossen, die dem Luftschiff den ruhigen
Gang geben, sind bei 2 2 etwas länger gehalten. Die zwischen den Stabilitätsflächen eingebaute Seitensteuerung hat statt zwei, drei Steuerrahmen erhalten. Auch die starke Rückenflosse ist sichtbar. Die Gasfüllung wird in Zukunft wesentlich billiger zu stehen kommen, auf nur etwa 1500 Der Bau einer Wasserst offgasfabrik auf dem neuen Luftschiffbaugelände in Friedrichshafen mit einem Gasometer von 20 000 Kbmtr. Inhalt wird in nächster Zeit in Angriff genommen. Sobald der 2 1 in der Zelthalle untergebracht ist, steht der Fertigstellung des 2 2 nichts mehr im Wege. 2 2 wird auf einem Floß aus der alten in die neue Halle verbracht. Wenige Tage nur beansprucht die Anbringung der eingangs erwähnten Teile. Es ist leicht möglich, daß 2 i und 21 2 nächstens gemeinsame Uebungsfahrten ausführen werden.
Kassel 4. April. Die 30jährige Re- gierungsrats-Wittwe v. Hauteville geborene Freiin Lina Wolf von Gudenberg, eine wohlhabende und lebenslustige Dame, wurde in ihrer Wohnung erdrosselt aufgefunden. Um den Hals war der Toten eine Schnur gelegt. Die Dame wohnte allein und hielt sich nur eine Haushälterin, die aber in der Mordnacht nicht anwesend war. Es verlautet, daß die Ermordete ein Liebesverhältnis mit einem Manne unterhielt, dessen Persönlichkeit noch nicht ermittelt ist.
Berlin 3. April. Das Raubattentat auf den Geldbriefträger Eulenburg ist trotz der umfassenden Nachforschungen der Berliner Polizei noch unaufgeklärt geblieben. Vom Täter fehlt bisher jede Spur. Der Zustand des Geldbriefträgers ist ernst, doch nicht lebensgefährlich, wenn nicht noch Komplikationen hinzutreten.
Wien 2. April. In der heutigen Sitzung des Gemeinderats stellte der Vizebürgermeister Dr. Neumayer folgenden Antrag: „Der Bürgermeister wird gebeten, in geeigneter Weise eine Huldigung der Bevölkerung der Stadt Wien vor Sr. Maj. dem Kaiser anläßlich des erreichten Friedenswerkes durchzuführen. Der Gemeinderat ^ der Stadt Wien entbietet gleichzeitig der k. und k. Armee, welche bereit war, mit Gut und Blut einzustehen für den Ruhm und die Ehre Oestreichs, seinen Gruß und Dank." — In der Begründung führte Dr. Neumayer u. a. aus: Der ruhigen, weisen und mit unerschütterlicher Geduld und Festigkeit eingenommenen Haltung unseres Vaterlands ist es zu verdanken, daß das Einvernehmen unter den Großmächten wiederhergestellt und damit die Kriegsgefahr von unserem Vaterlande abgewendet und die Friedensmission des Dreibundes aufrecht erhalten wurde wie bisher. Dankbar muß gerade bei diesem Anlaß der wahrhaft deutschen Bundestreue des deutschen Kaiserreichs und
nahe getreten wäre —" Inge klammerte sich fester an sie. „Wie kannst du denken —!" „Also nicht. Aber dann verstehe ich dich nicht, Inge."
Nun nahm Marie Inges Kopf zwischen beide Hände, sah ihr in das glühende Gesicht und drückte ihr einen herzhaften Kuß auf den frischen Mund. „Komm einmal her, Kind!" Sie führte Inge zum Sofa und zog sie neben sich nieder. „Ich bin bisher der Meinung gewesen, daß wir beide Schwestern sind. Das heißt doch, daß wir uns besonders nahe stehen, daß wir einander helfen sollen, wo die eine der anderen eben helfen kann, und daß wir insbesondere keine Geheimnisse vor einander haben, wenn sie nicht gerade sind, daß sie mit Rücksicht auf andere verschwiegen werden müssen. Hast du solche Geheimnisse, dann sag einfach ja, und ich will kein Wort mehr darüber reden. Im anderen Falle aber mache ich meine Rechte geltend, und dann mußt du mir vertrauen, was mit dir geschehen ist."
Inge gab Marie den Kuß zurück. „Wie du nur denken magst, daß ich zu dir kein Vertrauen habe! Aber ich weiß ja selbst nicht, was mit mir vorgeht." „Du weißt selbst nicht —? Du, da gibt's doch eigentlich nur eine Deutung: Du bist verliebt!"
Inge wollte schnell ausstehen, aber Marie hielt sie fest. „Liebling —! Und nun brauch ich nicht erst zu raten. Außer Hinko hast du doch keinen Mann kennen gelernt. Also Hinko — nicht wahr?" Inge versteckte wieder das Gesicht an Mariens Schulter, aber sie schwieg. Marie strich ihr liebkosend über das Haar. „Tu wirst sehr — sehr glücklich sein, mein Liebling." Nun endlich sah Inge zu Marie auf. „Das ist's ja, Mieze — das Glück! Ich fühl' es selbst. So viel Unklarheit auch in mir war — glücklich, unendlich glücklich bin ich in den Tagen doch gewesen. Aber nun muß ich auch so lebhaft an meinen annen Vater denken; was er dazu sagen würde, und ob er's zufrieden wäre. Und dann
erscheint das Glück mir ordentlich sündhaft. Nach ein paar Wochen schon, so viel Lebensfreude —"
Marie unterbrach sie. „Kind, was redest du da! Wahrhaftig, ich würde es dir verdenken, wenn du deinen Vater schnell vergessen und mit der Trauer um ihn schnell fertig werden könntest, ehe die Zeit die Trauer in stille Wehmut verwandelt hat. Aber es wäre doch ebenso unrecht, wolltest du um der Trauer willen dich vom Leben abschließen. Der Tod hat dir viel genommen, das Leben aber gibt dir viel dafür wieder, und du darfst es unbedenklich nehmen, weil zugleich auch viel von dir gefordert wird. Nein, Kind, ich selbst weiß ja nicht, was Liebe ist — noch nicht" — sie lächelte sinnig —, „ich gebe nämlich noch keineswegs die Hoffnung auf, daß auch für mich noch einmal der Rechte kommen wird. Aber weil ich mich selbst ganz frei weiß, darum kann ich dir mit klaren Sinnen raten. Ich denke mir, dein Vater würde dich segnen und deines Glückes froh sein, wenn er es könnte. Da er das nicht vermag, so mußt du dich in der Gewißheit seines Segens trösten, und wahrscheinlich wirst du nur um so sehnsüchtiger ihm nachtrauern, je größer und reiner dein Glück sich gestaltet."
„Ich danke dir," sagte Inge warm. „Das war's vor allein, was mich drückte." „Nun siehst du! Aber nun mußt du auch meinen armen Hinko nicht weiter quälen!" „Quälen?" Inge erschrak heftig. „Aber tue ich denn das?" „Ja, Kind, das tust du. Ich habe euch beide beobachtet, und wie ich ihn kenne, muß es ihn unglücklich machen, daß du ihm so beharrlich ausweichst." Inge ließ wieder den Kopf hängen. „Ich habe solche Angst davor, daß er sprechen könnte." „Närrchen! — Daß es doch immer dasselbe sein muß! Ein Stück vom Klärchen haben wir doch alle in uns; wir hangen und bangen in schwebender Pein und gehen doch auf in Sehnsucht und Hingebung."
(Fortsetzung folgt.)