79. Amts- und AnzelgMaU für den VbrramkbeM Calw. 84.

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Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch. Donnerstag. Freitag und Samstag. Insertionspreis 10 Vfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte: außer Bezirk 12 Pfg.

Montag, den 5. April 1909

Bezugspr.i.d.Stadt' ^jahrl.m.Trägcrl.Mk. 1.25. Postbezugspr. f. d. Orts- n. Nachdarortsverk.' ^jährl. Mk. 1 . 20 , im Fernverkehr Mk. 1.30. Vestellg. in Würlt. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.

Tagesucrrigkeite«.

Calw 7,. April. Gestern Vormittag '/-11 Uhr flog ein Luft b allon in beträchtlicher Höhe über das Tal. Während zur Zeit im Tale heftiger Wind herrschte, scheint die Luftströmung in der Höhe weniger stark gewesen zu sein. Ziemlich langsam zog der Ballon, dessen Gondel für das Auge kaum noch sichtbar war, zwischen den silberglänzenden Wolken dahin. Aach voraus­gegangenen Nachrichten war es der Ballon Württemberg", der am Sonntag zwischen V-9 und 9 Uhr in Cannstatt aufsteigen sollte. Mitfahrende sind die HH. Dr. Elzbacher, Oskar Dambach und Koch-Eislingen, Führer Alfred Dierlamm.

Herren alb O.A. Neuenbürg 3. April. Der vom K. Landgericht Rottweil wegen Mein­eids und vom K. Amtsgericht Stuttgart wegen Unterschlagung steckbrieflich verfolgte Kaufmann Ernst Schmid aus Freudenstadt, der eine so­genannte Inkasso-Bank und in hiesiger Gegend, u. a. Dobel, verschiedene Betrügereien verübt hat und schon seit einiger Zeit von der Gen­darmerie gesucht wird, wurde hier festgenommen und in den Ortsasrest verbracht, von wo aus er gestern dem Kgl. Amtsgericht Neuenbürg zuge­liefert wurde.

Stuttgart 3. April. Eine interessante Neuerung wird nächstens auf den größeren Bahn­höfen zu sehen sein. Die internationale Automaten­gesellschaft Straßburg läßt transportable Speise- und Getränkeautomaten bauen, die auf den Bahnhöfen an jeweils geeigneten Plätzen aufgestellt werden und den Reisenden Gelegen­heit geben, sich belegte Brötchen, verschiedene Biere und Weine schnellstens zu beschaffen. Die Automaten sind den in den Automatenrestaurants

befindlichen ähnlich; nur werden die Brötchen nicht in drehbaren Glastromneln aufgestellt, sondern hierfür sind längliche Schächte vorge­sehen, worin die Brötchen über einander auf kleinen Regalen übersichtlich hinter Glas auf- gestappelt werden. Nach Einwurf der Geldstücke senken sich die Regale vor eine Oeffnung, wo die Brötchen herausgenommen werden. Die auf Rollen montierten Automaten sehen geschmack­voll aus, sind leicht beweglich und können be­quem bis an die Züge herangefahren werden. Sie sind den seither gebräuchlichen offenen, allem Staub ausgesetzten Restaurationskarren ent­schieden vorzuziehen.

Ludwigsburg 4. April. Auf dem alten Friedhof wurde der Sohn einer alteingesessenen Ludwigsburger Familie, Kommerzienrat Theodor Sprösser, der im Alter von 61 Jahren einem Herz- und Nierenleiden erlegen war, in An­wesenheit eines zahlreichen Trauergefolges beerdigt. Der Verstorbene, der im benachbarten Hoheneck, ein Weingut besaß, wo er gerne weilte, hat sich in der chemischen Fabrik von Heinrich Siegle in Stuttgart, später Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen, vom Lehrling bis zum Teilhaber emporgearbeitet. Er schenkte seine hervorragende Arbeitskraft zeitweise auch anderen kaufmännischen Betrieben. Auf großen Reisen war er mit schönem Erfolg im Interesse der deutschen Industrie tätig.

Horb .3. April. Vor einem Laden in der Schillerstraße hielt vorgestern ein Fuhrwerk des Pferdehändlers Preßburgeraus Rexingen. Dem Gespanne wurde das lange Warten scheinbar verleidet und es trabte gerade aus in den Neckar hinein. Die Tiere wurden vor die Schleuse an der Schneider'schen Kunstmühle getrieben und wehrten sich mit Leibeskräften gegen die starke

Strömung. Wenn nicht rasch die Schleuse her­untergelassen worden und Hilfsmannschaft zur Stelle gewesen wäre, so wären die Tiere sicher­lich umgekommen. So trugen sie nur Haut­abschürfungen und vielleicht auch eine Erkältung davon.

Tübingen 3. April. Das «jährige Töchterchen des Weichenwärters Denneler ist in der chirurgischen Klinik den schweren Brand­wunden, die sie an einem Feuer auf offenem Feld sich zugezogen hatte, erlegen. Auch ihr Vater trug leichte Brandwunden davon.

Schorndorf 3. April. Gestern stand ein hiesiger Fuhrmann wegen eines Vergehens vor dem hiesigen Schöffengericht. Da die Strafe über seine Erwartung mild ausfiel, glaubte er sich aus Freude darüber im Wirtshaus gütlich tun zu müssen. Er tat dies so gründlich, daß er in der Dunkelheit abends vom Heuboden fiel und sich derart verletzte, daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Am gleichen Nach­mittag mußte sein Knecht, der auch nicht mehr nüchtern war, ins Bezirkskrankenhaus verbracht werden, weil er sich ein Bein schwer verletzte.

Heilbronn 2. April. In einer Ver­sammlung haben die Gipsergesellen einstimmig beschlossen, die Arbeit niederzulegen da die zur Lohnerhöhung mit den Unternehmern gepflogenen Verhandlungen völlig gescheitert sind. Die Gesellen erhielten bisher Stundenlöhne von 4052 sie verlangen Erhöhung dieser Löhne und längere Mittagspause.

Oehrin gen 3. April. Gestern abend 5 Uhr wurden in der Nähe von Oehringen in einem Gartenhäuschen der etwa 28 Jahre alte Schuhmacher Rometsch von Eßlingen und die 19 Jahre alte Bauerntochter Frisch von Bretz-

Line Lüge.

Roman von Ludwig Rohmann.

(Fortsetzung.)

Dann ließ er die Arme sinken.Aber nun kommt eben die Haupt­sache: Ich kann sie nicht fassen; sie weicht mir aus, und du weißt ja selbst, daß sie kaum aus ihrem Zimmer herauskommt. Und da kann ich sie doch schließlich nicht überfallen."Um Gotteswillen nein!" Nun kam ihr die neckische Frohlaune wieder.Aber willst du ihr nicht schreiben, wie's dir ums Herze ist?"Schreiben?" Er trat mit ein paar Schritten vor sie hin und sah ihr forschend in die Augen. Dann lachte er.Ich Hab doch gewußt, daß das dein Ernst nicht sein kann. Schreiben so was! In einer Sache, bei der es auf Tod und Leben geht gewisser­maßen wenigstens, da versteckt man sich doch nicht hinter einem Blättchen

Papier-da redet man und sucht die Augen, die man liebt. Aber

wie ich nun zum Reden kommen soll das ist mir zunächst völlig schleierhaft. Und dann ist da noch eins, was mich bedrückt: Warum flieht sie eigentlich vor mir?"

Marie schlang ihm beide Arme um den Hals und sah ihm mit herzlicher Liebe in die Augen.Das weiß sie selbst nicht, Hinko verlaß dich drauf. Na, und was die Hauptsache ist-sie hat mir natür­

lich nichts gesagt, denn sie ist sich ja offenbar selbst nicht klar über ihre Gefühle; aber ich glaube, Hinko, ich glaube"

Er riß sie an sich und wirbelte mit ihr in tollem Jubel durch das Zimmer.Du glaubst ? Hurra, Hurra!" Er schrie, daß die Wände dröhnten. Marie brachte ihr Haar in Ordnung.Mein Gott, Hinko, bist du aber wild.

Kunststück!" sagte er lustig, während er auf- und niederlief.Wenn einem solche Aussichten eröffnet werden!" Dann blieb er vor ihr stehen.

Und nun will ich dir was sagen, süßeste aller Cousinen: Ich dulde nun einfach nicht mehr, daß sie mir davonlüust. Ich rede mit ihr, und das heute noch verlaß dich drauf."

Er machte auf dem Absatz Kehrt und stürmte hinaus. Marie sah ihm mit feuchten Augen nach, und der Anfang des herrlichen Lisztschen Liedes ging ihr durch den Sinn:

Es muß ein Wunderbares sein

Ums Lieben zweier Seelen-"

Dann ging sie und stieg sinnend über die Treppe, hinauf in Inges Zimmer. Sie wollte einmal offen mit der Freundin reden.

Inge stand am Fenster und starrte in den grauen Tag hinaus. Da unten war's gewesen, da hatte er gesessen, da hatte sie gestan­den und da war's denn geschehen. Sie hatte die peinvolle wonnige Szene tausendmal seitdem erlebt, und dabei ging ihr die Klarheit des Empfindens völlig unter in dem chaotischen Widerstreit der Gefühle.

Als Marie eintrat, wandte Inge sich erschrocken nach der Türe um, und dann ging sie der Freundin entgegen. Marie machte keine Umschweife. Du läufst vor mir davon, Inge, da darfst du dich nicht wundern, wenn ich dir nachgehe. Ich muß wissen, was denn seit ein paar Tagen mit dir los ist. Gefällt's dir etwa nicht mehr bei uns?" Inge wurde rot. Wie du das nur denken magst," rief sie eifrig.Nun, dann umso bester. Aber dann mußt du mir auch sagen, was es sonst gibt oder gegeben hat. Daß du verändert bist, das kannst du doch nicht leugnen; du selbst hast mir noch keine Erklärung dafür gegeben, und ich habe keine gefunden. Nur eins ist mir ausgefallen: Daß du anders bist seit dem Tage, an dem mein Vetter kam; oder eigentlich noch etwas später."

Inge ließ plötzlich den Kopf an die Brust der Freundin sinken. Mieze!" Aber Marie war unbarmherzig.Ich weiß, Hinko ist ein wenig derb, und ich Hab dir's vorausgesagt, daß er geradewegs auf seine Ziele lossteuert, wenn er sich erst erkannt hat. Aber wenn er dir doch nun zu