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und machte dort eine Wendung, worauf er in leichtem Nebel dem Schweizer Ufer entlang bis in die Höhe von Immenstaad fuhr. Nach mehrmaligen sehr präzis ausgeführten Manövern landete l kurz vor 10 Uhr bei der Halle und war alsbald wohlbehalten geborgen. Um V-12 Uhr fuhr I zum zweiten Mal über Friedrichshafen ; die Insassen waren heute Graf Zeppelin, Graf Zeppelin junior, Oberingenieur Dürr, Ingenieur Stahl, die Luftschiffkapitäne Hacker und Lau, Major Sperling, Hauptmann v. Jene, sowie die Monteure Labourda und Käst.
Friedrichs Hafen S. März. Nachdem das Luftschiff um 2^" Uhr zum drittenmale heute aufgestiegen mar, nahm es seinen Weg nach Konstanz und von da, dem Schweizer Ufer entlang, zurück nach Friedrichshafen, wo es uni 4 Uhr eintraf, ohne jedoch zu landen. Darauf flog es nach Langenargen und manöverierte sodann um 4" Uhr über Lindau. Graf Zeppelin verfolgte eine zeitlang das Luftschiff in seinem Motorboot Württemberg.
Friedrichshafen 9. März. Uw 5 " Uhr landete dasLustschiff wohlbehalten in Manzell. Um b <5 Uhr hatte es, von Rorschach kommend, in etwa 50 Nieter Höhe, beschienen von den Strahlen der untergehenden Sonne, Friedrichs- Hafen passiert.
Berlin 0. März. «Reichstag.) Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Weingesetzentwurfes. Abg. Baumann (Ztr.) erstattet als Referent ausführlich Bericht über die Kommissions-Verhandlungen. Es liegen zu dem 8 3 zwei Abänderungsanträge vor, und zwar einer vom Abg. Paasche inatl.) und einer von dein freisinnigen Abgeordneten Hormann — Auf Vorschlag des Präsidenten findet bei 8 3 eine allgemeine Aussprache über das ganze Gesetz statt. Abg. Dahlem (Ztr.) bekämpft den Abänderungsantrag Hormann. Die Zeit bis 3l. Dezember sei für die Vornahme der Zuckerung vollkommen ausreichend. Besonderes Gewicht sei auf 8 6 zu legen, wonach deutsche Weißweine, die mit ausländischen Weinen verschnitten seien, keinesfalls mehr als deutsche 'Weine sollen verkauft werden dürfen. Zu befürchten sei zwar, daß dieser erst von der Kommission eingefügte 8 o l> von den Regierungen für unannehmbar erklärt wird, dann müßten aber auch die Regierungen die Verantwortung übernehmen für den Ruin des deutschen Weißweinbaues. Auch die Keller-Kontrolle müsse unbedingt auf das ganze deutsche Reich ausgedehnt werden, wie dies die Kommission beschlossen habe. Ueberhaupt müsse überall an den Kommissionsbeschlüssen festgehalten werden, auch in Bezug auf das Marimum des Zuckerzusatzes. Ebenso wie den Antrag Hormann bitte er daher auch den Antrag Paasche abzu- ! lehnen. Abg. Hegt von Herrnsheim (natl.): !
Ich persönlich würde wünschen, daß die Kom- misfionsbeschlüsse unverändert angenommen werden. Sollte es richtig sein, daß die Regierung den 8 6 d unbedingt ablehnt, ihn für unannehmbar erklärt, dann würde ich selbst lieber auch das ganze Gesetz fallen lassen. Abg. Rösicke (Hosp. d. Kons.) schließt sich dein Wunsche nack- völlig unveränderter Annahme der Kommissions- beschlüssc an. Auch seine Freunde seien vor allem der Meinung, es entspreche dem Prinzip dieses Gesetzes, daß keinesfalls Weine, die mit ausländischen Weinen verschnitten seien, als deutsche Weine bezeichnet werden dürften. Bedauerlich sei es, daß der 'Weinhandel auch jetzt, wo wir endlich zu einer vernünftigen Modifikation der Weinfrage kommen, dieser immer noch Hindernisse in den Weg zu legen bemüht ist. Abg. David (Soz.) Der 8 3 ist mit seiner Begrenzung des Zuckerzusatzes mit der wichtigste des ganzen Gesetzes. Herr Rösicke irrt aber, wenn er meint, daß der Weinhandel oder doch wenigstens eine Mehrheit desselben kein Interesse an Schutzbestimmungen gegen Weinfälschungen habe. Der ganze solide Weinhandel ist durchaus interessiert au einem solchen Schutz gegen unsolide Konkurrenten. An dem Kommissionsbeschluß, das Marimum an Zuckerwasserzusatz aus ein Fünftel zu bemessen, halten mir fest. Den Antrag Paasche lehnen wir in seinem ersten Teil ab. Den Antrag Hormann halten wir für annehmbar, namentlich im Interesse des Moselgebietes. Wenn die Regierung gegen den Deklarations-Paragraph ob Widerstand leistet, so ist dies in keiner Weise gerechtfertigt. Abg. Hormann «frs. Vp.) befürwortet seinen Antrag und erklärt sich auch mit dein Anträge Paasche einverstanden. Bedenken hätten seine Freunde gegen den 8 5, der für gezuckerte Weine die Deklaration zwar nicht direkt aber doch indirekt einführe. Den 8 6b müßten seine Freunde ablehnen. Staatssekretär Beth mann-Hollweg bittet, dem Anträge Hormann entsprechend den Endtermin für den Zuckerzusatz aus den 31. Januar festzusetzen. Es würden sonst viele Winzer gezwungen fein, ihre Erzeugnisse vorzeitig zu verkaufen und sich infolgedessen mit niedrigeren Preisen begnügen. 8 6b enthalte im zweiten Satz betreffend Rot- und Weißwein-Verschnitt, vor der er, der Staatssekretär schon in der Kommission gewarnt habe und der erste Satz in 8 6b, der von dem Verschnitt von Weißwein mit ausländischen Weinen handelt, sei für die Regierung direkt unannehmbar. Abgesehen von 6b würden die verbündeten Regierungen die Kommissionsbeschlüsse akzeptieren. Staatssekretär v. Schön erkürt, die schon vom Vorredner ermähnten Bedenken gegen den Deklarationszmang für Rotwein-Verschnittweine beständen schon heute. Interessiert sei besonders Italien. Deutschland habe in dem Handelsverträge mit Italien die
Hut, schwarze Schnürstiefel, weißes Taschentuch mit A. B. gezeichnet, ein rotes Taschentuch ohne Namensbezeichnung, Portemonaie mit 18 - // 74 I. Die Leiche befindet sich im Leichenhaus des Pragsriedhofs. lim Mitteilung an das Stadtpolizeiamt wird ersucht.
Stuttgart 9. März. Der am Sonntag vormittag in Cannstatt ausgestiegene Ballon Württemberg mit den Herren Alfred Dier- lamm als Führer, sowie Dr. Elzbacher und Gulekunst-Omen als Passagieren ist nach erfolgreicher, über die Nacht hinaus fortgesetzter Dauerfahrt am Montag wohlbehalten in Balle duc «Frankreich) gelandet.
Stuttgart. Der Ballon „W ü rtte m - berg" des Württ. Vereins für Luft- schiffahrt unternimmt, wie die „Stuttg. Mpst." mittcilt, am nächsten Sonntag vormittag unter Führung des Herrn Richard Dieterle (Stuttgart) eine Fahrt von Heilbronn aus. An dem Ausstieg nehmen teil: Hofrat Bruckmann und Chefredakteur Dr. Jäckh (Heilbronn) und Ingenieur Schmidt «Neckarsulm>. Der Verein beabsichtigt, nunmehr auch eine Reihe von Fahrten von Heiibronn aus zu unternehmen, um seinen dortigen Mitgliedern Gelegenheit zu geben, sich an Ausstiegen des Vereinsballons zu beteiligen.
Neckar weihin gen 9. März. Nachdem am Samstag der Neckar plötzlich stark gestiegen war, hatten die Anwohner des Ufers unterhalb Po ppenw ei le r am Sonntag nachmittng ein seltenes Schauspiel. Der 'Neckar war rasch gefallen und sein Wasserstaud so nieder wie seit Menschengedenken nicht. Das wurde schon mehrmals beobachtet und ist eine Folge des neuen Elektrizitätswerkes in Poppenweiler. Viele Fische gehen dabei zugrunde, was im Sommer in verstärktem Maße der Fall sein wird. Die Interessenten sind darüber sehr erbittert. Hoffentlich wird diesem Zustand bald ein Ende geinacht werden. «Ludwigsb. Ztg.)
Gmünd !>. März. In der zum hiesigen Oberamt gehörigen Gemeinde Iggingen wird seit einiger Zeit ein auffälliges Weichen des dortigen Kirchturms beobachtet. Ter Turm trennt sich allmählich vom Schiff der Kirche und zeigt stellenweise schon eine Spaltung von mehreren Zentimetern. Zur Vermeidung eines etwaigen Unfalls sind die erforderlichen Sicherungsmaßregeln getroffen worden.
Friedrichs hafen !». März. Heute Vormittag erfolgte ein Aufstieg des Reichtz- luftschisses. Das gestrige Unwetter hatte einem prächtigen Frühlingswetter Platz gemacht. Rur ein schwacher Nordostwind wehte über dem See hin. Kurz nach 9 Uhr verließ 2 ! die schwimmende Halle in Manzell und arbeitete sich rasch in die Lüfte. In ca. 100 Nieter Höhe nahm er die Richtung nach dem Kgl. Schlosse
der Gastwirt Kramer und der alte Hunstock als Beauftragte dieser selben Gemeinde, um gegen jede feierliche Beerdigung Einspruch zu erheben!
„Kein Wort mehr," grollte er in fassungsloser Empörung, „ich würde es euch nicht vergeben können, und wir mären fertig miteinander. Vorgestern noch war er euch alles: Der Herr, der euer Geschick in Händen hielt, der Helfer, dem ihr ergebungsvoll die Hände geküßt habt. Heute, da er tot ist, verblutet an den Opfern, die er euch gebracht — heute ist er euch „der Bornemann", heute gilt er euch weniger als der letzte Bettler, der aut seinem elenden Lager vom Tod überrascht wird und „in Ehreil" stirbt! Begreift ihr denn nicht, wie fürchterlich euer Undank ist und wie tief ihr euch selbst in diesem Augenblick herabsetzt?"
Der alte Hunstock sah bekümmert zu Boden; der Pfarrer batte ja recht, aber man konnte doch auch nicht einen Selbstmörder ganz wie ehrliche Menschen begraben. Kramer, der Wirt sah schnell und forschend zum Pastor hinüber, dann ließ auch er den Blick sinken. Aber die Keckheit, mit der er sich im Dorre eine gewisse Stellung verschafft batte, verließ ihn darum doch nicht.
„Gott," machte er, „was den Dank angeht — das ist doch so Re Sache. Früher gab's was zu danken. Aber jetzt sind die Leute im Elend — schlimmer, als zuvor. Wenn wenigstens die Webstühle noch da wären!"
Nun kam auch dem alten Hunstock wieder der Mut. „Das wäre noch einerlei. Aber daß man ihn nun in die Reihe legt und die (Klocken läutet, und daß der Herr Pastor und die Gemeinde ihn begraben soll — das geht doch nicht. Da Hütten doch die anderen keine Ruh und der Kirchhof wäre entweiht."
„So!" Manders stützte sich schwer auf seinen Schreibtisch, und er mußte seine ganze Kraft aufbieten, um sich einigermaßen zu beherrschen,
„und das läßt mir wirklich die Gemeinde sagen — die Gemeinde, die sich vennutlich im Wirtshaus versammelt hat?"
„Ja," sagten beide einmütig.
Manders reckte sich hoch aus.
„Nun, denn, so sagt der Gemeinde wieder, daß der verstorbene Wohltäter unseres Dorfes mit so viel Ehren bestattet werden soll, als wir in unserer Armseligkeit hier nur irgend zu geben haben. Wer Aergernis daran nehmen will, der mag abseits stehen, wenn die Dankbarkeit trauernd hinter seinem Sarge einherschreitet, der mag zusehen, wie er mit Gott und seinem Gewissen fertig wird. Die anderen aber — und ich hoffe, das werden doch nicht wenig sein — werden den Toten geleiten und ich werde meine Hand über die irdischen Reste des einzigen Mannes hatten, bis der Hügel sich über ihnen geschlossen hat. Ich werde mir nicht nehmen lassen, seinen Hügel für die Ewigkeit zu segnen. Ich könnte euch sagen, daß es grausam ist, an einem Toten Vergeltung für die Art seines Todes zu nehmen, daß jeder unfrei und aus tiefstem Erbarmen heraus zu beklagen ist, der aus irgend einem Grunde Hand an sich selbst legt und das Leben von sich wirft, das Gott ihm gegeben. Ich tu'S nicht, denn ihr würdet mich nicht verstehen. Und dann: Ich schrecke davor zurück, noch tiefer in die Kluft hinabzusehen, die zwischen uns gähnt. Daß ich nichts von ihrem Dasein mußte, daß die Arbeit des edlen Toten und meine Arbeit nicht tiefere Wirkung getan haben, daß sie verloren, wenigstens in dem Sinne ist, in dem sie geleistet wurde, das ist eine Erkenntnis, mit der ich erst noch fertig werden muß, und ich werde mich daraus prüfen, ob ich nach diesem Tage hier wirklich noch eine fruchtbringende Tätigkeit entfalten kann. — Geht jetzt! Und bei meinen Anordnungen für die Beerdigung bleibts — ich kann und will daran nichts ändern!"
(Fortsetzung folgt.)