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Amtr- und Anzeigeblatt für den GberamkbeM Lalw.
84. Jahrgang.
Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 10 Psg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte: außer Bezirk 12 Pfg.
Freitag, Len 26. Februar 1909
Bezugspr. i.d. Sradtr^jährl.m. Träger!. Mk. r.2l.. Postbezugspr. f. d. L^rts- u. Nachbarortsverk.' jsährl. Mk. 1 . 20 , im Fernverkehr Mk. t.80. Bestellg. in Württ. 20 Pfg.. in Bayern u. Reich 42 Psg.
Taaesueuigkeiterr.
' Calw 25. Febr. Am 24. ds. Alts, fand in der Dreiß'schen Brauerei die Generalversammlung des Landw. Konsumvereins Calw statt. Der Rechenschaftsbericht gab ein erfreuliches Bild vom Wirken des Vereins; auch die Bilanz wurde mit allgemeiner Befriedigung ausgenommen. Der Verein erzielte im vergangenen Jahr einen schönen Reingewinn, welcher ganz zum Reservefonds geschlagen wurde. Der letztere beträgt nun etwas über 6000 ./7. Die Mitgliederzahl des Vereins hat sich im vergangenen Jahre bedeutend erhöht; in zwei Dörfern, Ober- kollwangen und Münklingen, erstanden neue Orts- vereine mit zusammen 65 Mitgliedern. Durch den Tod verlor der Verein den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, der seit vielen Jahren die Versammlungen des Vereins leitete. In ehrenden Worten wurde seiner in der Versammlung gedacht. An seine Stelle wurde vom Aufsichtsrat Hr. Oekonom Bühler von Gültlingen gewählr. Der Umsatz des Vereins hat sich auch in diesem Jahr etwas gesteigert, insbesondere in Thomasmehl. Fürs neue Jahr haben sich die Preise für letzteres wieder erhöht. Infolge Darniederliegens der Eisenindustrie fällt wenig Thomasmehl an und andererseits wird die Nachfrage nach demselben immer größer. Für die Konsumenten ist es daher ratsam, ihren Bedarf recht bald zu bestellen. Die Preise sämtlicher andern Düngermittel sind etwas zurückgegangen. Ein besonderes Anliegen ist es der Vereinsleitung, für seine Mitglieder stets recht gute Sämereien zu besorgen. Die Düngermittel wurden wiederholt zur Analysierung eingesandt, so daß die Mitglieder jederzeit versichert sein können, reell bedient zu werden. Die Bücher Und die ganze Geschäftsführung wurde auch dies Jahr vom Vereinsrevisor, Hr. Kauf
mann Vogel, revidiert und in guter Ordnung befunden. Mit einem Dank an die Ortsrechn erschloß der geschäftsführende Vorstand seinen Jahresbericht.
Calw 25. Febr. Das Geburtssest des Königs wurde Heuer wieder in herkömmlicher Weise gefeiert. Schon am Vorabend fand die Feier ihre Einleitung durch einen flott aus- gesührten Zapfenstreich durch die Jugendkapelle. Tagwache und Böllerschüsse kündeten in der Frühe den hohen Festtag an. Um 10 Uhr fand vom Rathaus aus der übliche Festzug zur Kirche statt. Die Festpredigt hielt Herr Dekan Roos. Um 1 Uhr versammelten sich die staatlichen und städtischen Beamten, die Offiziere des Bezirkskommandos und viele Bürger beim Festmahl im Hotel Waldhorn. Herr Regierungsrat Voelter brachte den Toast auf den König, unfern geliebten Landesfürsten, aus. Unter Zustimmung der Festversammlung wurde hierauf ein in herzlichen Worten abgefaßtes Glückwunschtelegramm an den König abgesandt. Bei den Klängen der Stadtkapelle, deren Vorträge sehr beifällige Aufnahme fanden, vertief die Feier in allgemein befriedigender harmonischer Stimmung.
U Alth engste tt 26. Febr. Die Feier des Geburtssestes Seiner Majestät des Königs wurde hier diesmal in besonders glanzvoller Weise begangen. Schon am Vorabend des Festes war Zapfenstreich, ausgeführt von den Angehörigen des Militärvereins, welche früher teils den Spielleuten, teils den Tambours angehörten, und welche hier glücklicherweise in größerer Zahl vorhanden sind. Am Morgen des Festes war großes Wecken, darauf folgten die üblichen Salutschüsse. Von °/«10 Uhr ab, versammelten sich vor dem hiesigen Rathause die
bürgerlichen Kollegien, Gemeinde- und Staatsbeamten (Eisenbahn- und Postangestellte), der Veteranen- und Militärverein, letztere beiden Vereine mit Fahnen, fast vollzählig. Unter dem Geläute der Glocken bewegte sich der stattliche Zug zur Kirche, wo die Schüler eine Königshymne in tadelloser Weise vortrugen und wo Herr Pfarrer Murthum die der Bedeutung des Tages vollkommen entsprechende Festpredigt hielt. Von 11—12 Uhr vereinigten sich die Festteilnehmer zu einem Frühschoppen im Gasthof zum Adler. Von abends 7 Uhr ab fand in den festlich geschmückten Räumen des Gasthofs zum Hirsch ein von etwa 200 Personen besuchtes Festbankett statt, das erst gegen 1 Uhr seinen Abschluß fand. An demselben beteiligten sich außer dem Ortsgeistlichen, den Lehrern, dem Ortsvorstand nebst den bürgerlichen Kollegien, den Beamten der Eisenbahn, sofern dieselben dienstfrei waren, der Veteranen-, Militär- und Gesangverein so ziemlich vollzählig. Der Gesangverein eröffnete die Feier mit einem paffenden Männerchor. Hierauf begrüßte Herr Schultheiß Braun die sehr zahlreich erschienenen Festgäste und brachte den Königstoast aus. Daran schlossen sich an, Vorträge des Gesangvereins und der gemeinsame Vortrag der Königshymne. Herr Stationsverwalter Abele brachte in dankenswerter Weise mit einigen Leuten ein kleines Drama „Die Einquartierung" zur Aufführung und erzielte manchen Heiterkeitsersolg. Herr Schullehrer Reifs Gastierte unter großem Beifall der Versammlung auf das württembergische Volk, das in Fährden und in Nöten, in guten und bösen Tagen stets treu zu seinem Fürstenhause gehalten, aber ebenso energisch auch die Volksrechte zu wahren gewußt habe. Herr Schullehrer Bartholomäi gedachte in einem Toast
Aetler Heinrich.
Ncvrllk von C. Rathmann.
(Fortsetzung.)
Der Leutnant eilte aus der Stelle zur Tür, um den Wunsch der Schwester zu erfüllen. Herr v- Lestwitz wollte ihm folgen, Erika hielt ihren Wirt mit einem Wink ihrer Augen zurück. Der Oberforstmeister blieb nun wie zufällig im Zimmer, seine Miene war vollkommen ernst, hätte indes Erika nicht so traumbefangen und schmerzvoll vor sich hingesehen, so würde ihr ein flüchtiges Lächeln nicht entgangen sein, das die Lippen des alten Herrn unter dem weißen Schnurrbart krauste. Dann folgten einige peinliche stumme Minuten. Erika rang sichtlich mit sich, ob sie sprechen oder lieber schweigen sollte, mit einmal wandte sie ihr Gesicht von den teilnahmsvoll fragenden Augen des Forstmeisters hinweg und stieß rasch hervor :
„Bodo kann niemals gut machen, was mir geschehen ist. Sie sind der Herzensfreund meines seligen Vaters, Ihnen darf ich sagen, was ich selbst meinem Brüder nicht anvertrauen würde. Ich habe nie im Leben das gehabt, was die Welt eine Liebe nennt, aber einen Eindruck, eine Erinnerung trug ich seit Jahren in mir, die mir die Zuversicht gab, daß ich unter anderen Verhältnissen wohl auch im Stande gewesen wäre, Glück zu geben und zu finden. Sie würden lachen, wenn ich Ihnen alles sagen wollte, was sich für mich an die Stunden eines unvergeßlichen Reisetages knüpfte, müßten es unbegreiflich finden, daß mir ein junger Mann, dessen Namen und Lebensstellung ich nicht kannte, als der Mann erschienen ist, dem ich vor Hunderten, die an mir vorüber gegangen sind, den Vorzug gegeben haben würde. Ich knüpfte keine Erwartung, keine Hoffnung an jene Begegnung an, und doch — doch —? Aber wozu das alles? Nun denn, Herr v. Lestwitz, jenen Mann habe ich vor einigen
j Stunden wiedergesehen und — dank Bodo — fiel aus seinen Blicken auf mich ein Blitz entrüsteter Verachtung, eines Abscheus, der mich darniederwirft, und eines Mitleids, das mir das Herz, ja jeden Blutstropfen - empört. Und das alles — alles hat mein Bruder in seinem grausamen Leichtsinn verschuldet und ich, ich darf ihm nicht einmal zürnen, wenn er wirklich zu sich selbst gekommen ist. Aber ich frage mich, wie ich darnach, wenn Bodo fort ist, werde leben und das Erlebte werde tragen können. —"
„Und Sie wollen nur mit mir, nicht mit Christine Hagen, die Ihre volle Freundschaft verdient, besprechen, was sie tun und lassen sollen, Erika?" fragte Herr von Lestwitz und seine scharfen grauen Jägeraugen blickten so forschend als teilnehmend auf jede Regung ihres Gesichts. Sie haben Christine Hagen zugesagt, wieder zu ihr zu kommen, und gerade nach allem, was geschehen ist und um jede Mißdeutung Ihres Aufenthalts im Hagenschen Hause abzuschneiden, müssen Sie sich entschließen, diese Freundin wiederzusehen."
Erika machte eine abwehrende Bewegung und ihr Gesicht zeigte einen Ausdruck düsteren Trotzes. „Um die Welt nicht. Als ich Christine versprach, wieder zu ihr zu kommen, war alles, alles anders. Und wenn ein noch so falsches Licht auf mich fiele — wenn ich selbst von ihr verkannt würde, ich will nicht zum zweiten Male mich dem aussetzen, was mir dort widerfuhr! Der Mann, von dem ich sprach und dessen Bild ich mir töricht genug bewahrt hatte, ist Christines Vetter und vertrauter Freund — Heinrich Hagen. Und nun bitte ich Sie, nichts mehr und nie mehr davon, Herr v. Lestwitz. Gönnen Sie mir, mich zu sammeln, einige Tage unter ihrem gastlichen Dache, Sie sollen sehen, daß ich mich, sobald wir Bodos Angelegenheiten ordnen, zu finden und zu fassen weiß. Auch für mich, um die es freilich übel steht, werde ich Rat finden — wenn meine Freunde nur etwas Geduld haben."
Der Oberforstmeister hatte den 'Namen Heinrich Hagen wie einen längst erwarteten Klang vernommen, er nickte und seine Züge erhellten