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74 Jahre alte verheiratete Altbürgermeister vteudl« in seiner Scheuer in einer Blutlache liegend tot aufgefunden. Me «an hört soll in der Wohnung de» Ermordeten eine Komode erbrochen worden sein. Der Einbrecher, der von dem Ehepaar Strudle dabei betroffen wurde, warf beide zur Seite und flüchtete in die über dem Hof gelegene Scheuer de« Strudle. Letzterer verfolgte ihn dahin und dort ereignete sich die Bluttat. An der Tat Verdächtiger ist verhaftet worden»

Pforzheim 16. Febr. Auf der Land, flraße im Würmtal wollten gestern abend zwei Arbeiter auf einem Motorrad in voller Fahrt die Kurven der Straße nahmen, al« ihnen ein Lastautomobtl und ein Fuhrwerk entgegen, kamen. Da da» Automobil eben an dem Fuhr, werk vorbeifuhr, war für die Arbeiter auf der Straße kein Platz mehr, um vorbeizupasfieren. Da ste nicht mehr anhalten konnten, mußten fie iiber den Straßenrand fahren, wobei der eins auf eine Lelephonstange geschleudert wurde und einen Beinbruch erlitt Der andere kam mit dem Schrecken davon.

Berlin 16. Febr. Gestern wurden in Rixdorf zwei Ueberfälle auf Frauen verübt. In der Kirchgaffe stieß ein mittelgroßer Mann einer Frau mit einem Messer gegen den Leib. Der Stich durbohrte beide Seiten der Einkaufrtasche und verursachte ein 1'/- ew tiefe Wunde im Unterleib. Al« die Frau aufschrie, wurde ste von dem Manne an der Kehle gewürgt und erst lorgelaffen al« Passanten näher kamen. Abend« 6 V» Uhr wurde eine Frau, die von einem Ausgange zurückkam, in die rechte Hüfte ge- stochen. Der Stich prallte jedoch am Korsett ab, sodaß dis Frau unverletzt blieb. Auch in Ltchtenrade wurde ein Mädchen von einem Manne angefallen und in die rechte Hüfte gestochen. Bi« jetzt konnte noch keiner der Täter ermittelt werden.

Stendal 15. Febr. Au« dem Ueber« schwewmungsgebiet der Elbe liegen fol­gende Meldungen vor: Die Stadt Werben steht 3 w unter Wasser. Der Ort Dobbrun ist vollständig überschwemmt. In Iden ist zahl- reiche« Vieh, Schafe und Schweine, ertrunken. In Rohrbeck, da« vom Wasser gänzlich eingeschloffen ist, konnte nicht« gerettet werden. Tausende von Rindern, Pferden und Schweinen sind sortgetrieben worden. Ganze Heuschober und Strohdiemen ficht man schwimmen. In Oster« Holz wird ein Deichbruch befürchtet.

Brüssel 16. Febr. Der Anarchist Sei. linger, den man mit dem Bombenfunde in Brüssel in Verbindung bringt, wurde in Genf verhaftet, wo er unter dem Namen eine«

russischen Studenten lebte. Al« er verhaftet werden sollte, gab er Revolverfchüsse auf den Polizeikommiffar de Emet und einen Detektiv ab. Beide wurden lebensgefährlich ver. letzt in« Krankenhau« gebracht. Der Mörder verweigert jede «eitere Auskunft. Ein Flucht­versuch wurde durch 2 Polizisten verhindert. Da» Aussehen Seilinger» entspricht der von der Berliner Polizei gegebenen Beschreibung.

Prag 16. Febr. Gegen die Abgeordneten Klofac und Choc ist beim Prager Strafgericht eine Untersuchung eingeleitet, gegen Klofac wegen Mojsstäts-Beleidigung, gegen Choc wegen feind, seligen Aufreizungen gegen eine Nationalität, begangen in einer Versammlung vor 2 Jahren.

Wien 16. Febr. DieNeue Freie Presse" meldet au« Salzburg: In da» Eisenbahn, gebäude inBischofrhofen drangen unbekannte Täter ein. Sie sprengten sämtliche Schränke auf und durchstöberten die Akten. Geld ließen ste liegen. Sie hatten er wahrscheinlich auf ge. Heime Akten abgesehen, die sich auf die Mobili­sierung beziehen.

Petersburg 16. Febr. In Sewastopol find in den letzten Lagen so heftige Schneefälle niedergegangen, daß jeder Verkehr aufhört und die Fuhrleute sowie die Trambahn den ganzen Verkehr eingestellt haben. Der Schnee liegt in Sewastopol und Umgegend bereit» bi« zu 6 w Höhe. Einzelnen Häusern find durch die Last der Schreemaffen die Dächer eingedrückt worden. Außerhalb der Stadt find alle Straßen und Wege unpassierbar. Augenblicklich ist Sewastopol durch den Schnee von der Außenwelt abgeschnitten. Ganz besonders hoch bi« zu 9 m liegt der Schnee auf der Lalaklawa-Bahn. An der Ausschaufelung der Straßen, und Eisenbahn arbeiten Lausende von Menschen.

Rom 16. Febr. Infolge eines Rencontre« in Messina fand gestern ein Säbelduell zwischen dem Redakteur Aroea vom päpstlichen Ofservatore Romane und dem Schiffeleutnant Reppetto statt. Dem Letzteren wurde die Nass abgeschlagen.

Rom 16. Febr. In Reggio und Messina find vorgestern und gestern Erd« erschütterungen erfolgt, die zwar keinen Schaden verursachten, aber furchtbaren Schrecken erregten. Die beiden Seirmologen Nlfant und Batelli, welche in Reggio Vermessungen Vornahmen, wurden durch die Erderschütterung zu Boden ge- schleudert. Die Instruments zerbrachen.

Newyork 16. Febr. Im Theater Flore« in Acapulko in Mexiko entstand bei einer Kinematographrnvorstkllung ein Brand. Da da« Theater nur 3 enge Ausgänge hatte,

brach eine Panik au», bei der eine Menge Personen zu Tode getreten wurde.

Erdstöße in Bulgarien. Am Montag nachmittag wurden in einem großen Teils Bul- garten», besonder» in der westlichen Hälfte, Erdstöße verspürt. Einige Häuser erhielten Sprünge. Der Bevölkerung bemächtigte sich eine große Panik. Zwischen 5*/, und 11'/. Uhr erneuerten sich die Erdstöße mit starker Intensität. In Jambolt wurden einige Personen schwer verletzt. Inder Ortschaft Hadschi Dimibrovs find zirka 12 Häuser eingestürzt. Auch in anderen Ort. schäften erlitten einige Häuser bedeutende Be« schädigungkn. In Sofia selbst wurden dis Erd­stöße wenig verspürt.

Der Brandstifter und Mörder des Gesandtschaftrdiener» Beckert in Santiago de Chile ist, wie dis Neckztg. meldet ein Würt- temberger: der Kanzlist Beckert hat in seiner Jugend die landwirtschaftliche Hochschule in Hohen, heim besucht und wandelte dann rach Chile au», wo er eine Zeit lang in der Landwirtschaft tätig war; er wechselte dann mehrmals seinen Beruf, wurde Spezereihändler, Lehrer, Kassler bei der Elektrizitätrgesellschoft in Santiago; im Jahr 1904 trat er al» Kanzleibeamter in die Gesandt« schaft ein. Dis Rech »läge für dis Aburteilung be« Mörder» ist nach der Berliner Morgenpost folgende: Die Aburteilung fällt zweifellos den brutschen Gerichten zu. Entscheidend ist hierbei nicht etwa der Umstand, daß das Verbrechen inner­halb der Mauern der Gesandtschaft, soidern einzig und allein die Tatsache, daß es von einem offi­ziellen Mitglieds des Mission«personal« verübt wurde. Eine solche Person ist nach der Völker- rechtlichen Theorie und Praxis von der Straf­gerichtsbarkeit de« Empfangsstaat» ausgenommen. Al« Gerichtsstand für dis Aburteilung der Tat kommt im vorliegenden Falle nach § 11 der Strasprozeßordnung in erster Linie der letzte inländische Wohnsitz de» Täters, in Ermangelung eine« solchen Wohnsitze» die Hauptstadt de» in- ländischen Bundesstaate» de« Täter«, in diesem Fall also Stuttgart in Frage. Für den Fall, daß der Täter keinem Bundesstaat angehört, erfolgt die Aburteilung in Berlin. Der ver­haftete LsgationskanM Beckert gab im Verhör an, er habe den Gesandschastsdiener in der Rot- wehr gelötet.

vermischtes.

Wieviel Menschen sprechen Deutsch? Jedem deutschgefinnten Mann muß es eine an­genehme Beschäftigung sein» der Verbreitung seiner Muttersprache nachzugehen; ist ste doch nach dem englischen, da« von 125 Millionen ge

stolzesten gewesen, seiner Lage, seinen Plänen und Schulden zu liebe verleugnet habe und ferner verleugnen müsse I Er hörte j tzt» mit sich allein, deutlich die erschrockene Stimme Erika«, al« er ihr plötzlich uner« «artet in den Weg getreten war, auf den er und nur er fie genötigt hatte, die flehende, die ihn umsonst beschworen, alsbald abzureisen, die von innerer, schlecht verhohlener Empörung zitternde, mit der ste seine Werbung um die junge Eva Hagen eine Unwürdigkeit gescholten hatte. »Sie hat, weiß e» Gott, Unrecht ich denke beinahe nicht mehr an Eva« Geld und nur an da« hübsche trotzige Mädel, ich glaube wahrlich, ich bin recht im Ernst in fie verliebt und doch doch hat Erika wieber recht die Eva ist ein pure« Kind und ich brauchte, wenn ich überhaupt da« Recht'te, daran zu denken, eine andere Frau I" So sprach Bodo in Gedanken zu sich.

Bei diesem und manchem ähnlichen Selbstgespräch wurde Bodo viel ruhiger. So erbittert er gestern abend gegen seine Schwester gewesen, jetzt hätte er viel, so viel er überhaupt noch hatte, und da» war allerding« nicht viel er murrte grollend vor sich hin darum gegeben, um mit ihr ein ruhige», mbelauschte« Gespräch zu führen, ihr ganz zu beichten, wie in alter, weit zurückliegender Zeit.

»Ein Brief tut"» nicht und wenn ich mir auch vornehme, unter dem Vorwände einer Jagd zum alten Lestwitz zu Wolfeck hinüberzufahren und von dort au« hier Abschied zu nehmen und ihr schriftlich olle« zu sagen, ich bringe den Brief ja doch nicht zu stände. E« ist ein Elend mit mir. Und gerade Erika sollte mir nicht in den Arm fallen, wenn ich endlich Anstalten treffe, fie nicht weiter in die« Elend hineinzuziehen, al» ich'» leider schon getan habe." So philosophierte der Leutnant.

Zwischen jeder Betrachtung dieser leidigen Art ging er im Zimmer auf und ab und kehrte unbewußt an da« Fenster zurück, durch da« er die Tämmerurg sich allmählich zum Tag lichten sah. Er schellte endlich nach dem Diener und bl stellte seinen Kaffee und erkundigte sich, al« der Diener kam, sorgfältig nach allen Gliedern der Familie, Tante Cordula eingeschloffen,

nur um da« Recht zu haben, auch eine Frage nach der neuen Gesellschafterin Fräulein Münter zu tun. Der Diener lachte pfiffig und sagte: »Der ergeht'« gut, sehr gut, Herr Leutnant! Unser kranke« Fräulein ist schon über die Ohren in ste verliebt und Martin hat schon prophezeit, daß schließlich da« ganze Hau» nach der Pfeife der neuen Gesellschafterin wird tanzen müssen."

Bodo vermochte sich, so gern er es wollte, bei dieser Mitteüung nicht zu beruhigen. Er überlegte, eine Zigarette nach der andern anzündend und unmutig wieder wegwerfend, ob er sich nicht schlechthin bei Fräulein Münter zu einer kurzen Unterredung anmelden lassen könne. Aber in der nächsten Minute sah er da« lauernde und lächelnde Gesicht Franz Hagen« vor sich, wie er e« gestern erblickt Hatto.

Es geht nicht, geht unter keinen Umständen," murmelte er,der widerwärtige Gesell mag ohnehin argwöhnen, daß Erika eine von den Damen sei, deren man leider nur zu viele kennt!"

So bewegten sich die trübsinnigen Gedanken und die Selbflvorwürfe de« jungen Offizier« in einem bösen Kreise, in dem ihm schlimm und übel wurde, so daß er sich gewaltsam aufraffte, den Uniformmantel über seine Jagtjoppe zog. die Feldmütze nahm und hinausstürmte, um in der winterlichen Morgenluft Kopfweh und Seelenpein womöglich zu gleicher Zeit lo» zu weiden.

In den Parkanlagen um die Villa war e» völlig stille. Er ging an dem Teich entlang, auf dem sich an anderen Lagen um diese Zeit schon eine zierliche Gkstalt al« Schlittschuhläuferin getummelt hatte. Heute war noch einmal der Eiespiegel von dem frischgefallenen Schnee gefegt da« kleine Fräulein schlief vermutlich noch ober weilte bei ihrer Schwester Christine, und Fräulein Münter bestärkte fie im Gedanken, daß fie noch völlig ein Kind, daß fie viel zu jung zu Verlobung oder Heirat sei.

I (Fortsetzung folgt.)