18
anderen Hälfte im übrigen Lande haben müssen.
Dadurch sollen mehr Parteifreunde im Lande an den Arbeiten de» engeren Ausschüsse» teilnehmen.
Nachdem au« der Versammlung der Wunsch ge. äußert worden war, auch einen Arbeiter in den engeren Aulschuß zu wählen und Lieschirg tunlichste Berücksichtigung diese« Wunsche« zugesogt hatte, wurden die Statuten von der Versammlung genehmigt. Henning sprach hierauf den Reichs- tageabgeordneten, besonder« Payer und Hanßvann, den wärmsten Dank und die Anerkennung dafür au», daß sie unermüdlich bestrebt waren, die Forderungen der Demokratie zu verwirklichen.
— Landtagrabg. Mai er. Ulm erstattete sodann den Landtagsbericht. In Württemberg befinde sich an der Spitze der Staatsverwaltung ein veamtenministertum, de fsen Mitglieder die Geschäfte ihrer Reffort» gewissenhaft oufzuarbeiten hätten, sich also von keinem weltbewegenden Gedanken leiten ließen. Der Ministerpräsident sei ein vielgewandter und kluger Mann, der den Gedanken der Einführung einer parlamentarischen Regierung abgelrhnt habe. Wenn aber einwal eine Partei die Majorität erlange, müsse die Regierung der. selben Rechnung trogen oder algehen. Jetzt habe keine Partei eine überragende Stelle. Die Frak- tionen der Linken und der Rechten stünden sich gleich stark gegenüber. In der Mitte stehe die «ationalltberqle Partei. Da ihr Liberalismus ein gemüßig'er sei, so könne sich der politische Fortschritt nur eine» gemäß sten Tempo» erfreuen.
Jedenfalls ist aber die Regierung gehindert, konservativ zu regieren. Bei der Besprechung der Bauordnung bezeichnet Redner den Minister des Innern al« einen Mann, der im Grund seines Herzen« liberal sei. Doch nehme er sein Amt etwa« zu gewissenhaft, da er bei einem liberalen Gesetz sich nicht genug tun könne im Erlaß von Ausführungtbestimmungen. E» sei gelungen, dar Verordnungsrecht de« Ministeriums in weitgehendem Maße einzuengen sowie einen entschiedenen Fort« schritt im Sinne der Gcmeindautonomie herbei« zuführen. Die Verhandlungen hätten sich dadurch sehr in die Länge gezogen, weil das Zentrum immer sein Licht leuchten lassen wolle, immer gescheiter sein wll wie Andere und immer versucht, weil es seine Existenzberechtigung durch die Fabel von der Bedrohung der katholischen Religion nicht bei allen Fragen zu beweisen in der Lage ist, die Beratungen zu verzögern.
Sozialdemokratie und Zentrum benutzten bei der Beratung über die Amführungsbestimmungen zum Vereinsgesetz die Gelegenheit, nach der feierlichen Erklärung de» Minister», die bisherige Freiheit auf dem Gebiet de« Versinsrecht» wie bisher hochzuhalten, noch zwei Tage lang Reden zum Fenster hinauszuhallen, um ihre verfassungsrechtliche Notdurft zu befriedigen. Zur
Manne hinüber, der sie erst so freundlich und vertrauenerweckend angeschaut I
hatte und sie nun gar nicht mehr zu sehen schien. Sie halte wohl gemerkt, s daß zwischen ihrer Tante, der Schwägerin ihre« Vater«, und dem Doktor Gerland ein unbekannte« Feindliche», Abstoßende« walten müsse, — obschon Tante Hedwig den Herrn vorher ja gar nicht gekannt hatte. Aber was ging da« sie an und wie durfte der Fremde darum die einfachste Rücksicht gegen eine junge Dame au» den Augen setzen und sie vor ihrer langweiligen Nachbarin und vollend« vor dem ältlichen Fräulein AddenHoven bloßstellen? Sie, Erika v. Herbert, wollte von dem langen, langweiligen Gespräch der Beiden nicht« vernehmen und jede« Schüssel- oder Gläserkloppern, da» die Worte verschlang die drüben getauscht wurden, war ihr willkommen. Gleichwohl hörte sie immer wieder mit ärgerlicher Deutlickkett Bruchstücke einer Unterredung, die stet« ernster ward und, wie e« Erika dünkte, fast unschicklich gegen olle anderen, die so gut Gäste in diesem Hause und sn diesem Tische waren, al» Fräulein Addenhoven und der iückficht«lose Ankömmling. Eben schlugen seine für Fi ävlein Addenhoven allein bestimmten, unverständlichen Worte abermol» an ihr Ohr:
„Sie tun bei alledem nicht wohl, Fräulein Klara, wenn Sie dem Menschen da« Nicht cbsprechen, für fich selbst, auf seinem eigensten Wege Glück oder Bifiiedigung — oder Betätigung seine« Wesen — nennen Sie'« doch, wie Sie immer «ollen, zu suchen. Opfer für andere muß jede bessere unselbstische Natur bringen, indes stünde e« schlimm um die Welt, wenn sie nur in den überlieferten Formen gebracht werden könnten!*
„Die« sollten Sie hier an der Stelle, wo die überlieferten Formen am mächtigsten und ehrwürdigsten fir d. am wenigsten sagen, Doktor Gerland*, versetzte die Dome und ihr bleiche« Gefickt zeigte die flüchtige Röte irrerer Erregung. „Hier predigt ur« jeder Stein, wie nichtig unsere Wünsche, unsere G, fühle, wie gewaltig und xreß ursere Pfl chten find.
„Da» dürfte ich wörtlich wiederholen, liebe« Fräulein*, entgegnete Friedrich Gerlord, „und würde derroch etwa« völlrg ander» meinen al« Sie. Ich kann noch von keinen römischen Eindrücken reden, ich habe ja
Verband württernbergischer Gemeinberechner gegründet werden soll. Bereit« find 700 Beitrittserklärungen eingelaufen. Der Verband soll jedem Gemeinderechner, ob Haupt- oder Teilnehmer, Stiftung«- oder Kirchenpfleger zum Beitritt offen stehen und sich die Hebung de« Stande« in geistiger und materieller Beziehung angelegen sein lassen. Die erste öffentliche Landerversammlung findet am 7. Februar in Stuttgart statt. Sie wird die Gründung de« Verbandes vollziehen. Ein pro- visorischer Aurschuß besaßt fich mit Entwerfung der Statuten und den Vorbereitungen zur Landerversammlung. Der geschäfttführende Vorstand besteht gegenwärtig aus Stadtpfleger Weile« mann-NÜrtingen, Dreher-Calw und Ege- Zuffenhausen.
Warmbronn OA. Leonberg 7. Jan. Der al« Wilderer bekannte und wegen dieses Vergehens schon mehrfach vorbestrafte 40 Jahre alte Schreiner Heinrich Kühnle, ein Schwiegersohn de« Dichters Christian Wagner, wurde am Abend des 5. Januar auf offenem Felde zwischen Warmbronn und Rennin gen von dem in Warmbronn stationierten Landjäger Lang beim Wildern ertappt. Der Landjäger verfolgte den Kühnle, bei dem fich noch ein zweiter Wilderer namens Häring, Sohn de« Schultheißen, befand, bi« nach Warmbronn. Der Landjäger wollte den Kühnle in der Wohnung seines Vater« festnehwen. Kühnle pro'lstierte aber dagegen» daß der Landjäger ihn in seine Wohnung begleite Al« sie in der Wohnung angekommen waren, gab Kühnle dem Landjäger sein Taschenmesser, ergriff im gleichen Augenblick aber einen sogenannten Stechbeutel und stach etwa sechsmal auf den Landjäger ein. Der Landjäger ist lebensgefährlich verletzt. Kühnle selbst begab sich nach der Tat in da« Feld und erschoß sich. Las Gericht von Leonberg war gestern den ganzen Vormittag in Warmbronn tätig, um den Tatbestand aufzunehmen. Der beim Wildern mttertoppte Häring wurde an« Amtsgerichttgesävgni« eingeliesert.
Schorndorf 7. Jan. Nach einer am Ende der vorigen Woche auf Markung Oberurbach (OA. Schorndorf) abgehaltenen Treibjagd wurde der 14jährige Sohn de« Forstwart« Kurz, der al« Treiber teWnommen hatte, vermißt. Nach längerem Suchen fand man ihn tot in einem Weinberg neben einem (toten) Hasen. Wie die ärztliche Untersuchung festst« Ute, hat ein Herzschlag seinem jungen Leben ein Ende gemacht. — Am letzten Sonntag hatten einige Fabrikarbeiter in Winter«bach Händel, die sie am Montag früh auf dem dortigen Bahnhof fortsetzten. Dabei versetzte einer dem andern eine Ohrfeige, so daß er auf da« Geleise stürzte, in dem Augenblick, al» der Zug in die Station einfuhr. Wie durch ein
kaum an gefangen, ein Stadtbild zu sehen. Allein, wa« ich auch schäum und empfinden und lernen werde, ich weiß zum voraus, daß nicht« an dem, wa« ich vom Leben denke und sür meine Pst cht halte, mich irre machen wird. Darin freilich haben Sie nur zu recht, daß hier — ich meine zwischen diesen Wänden — am wenigsten der Ort ist, so tiefgehende Fragen zu erörtern; wir werden hoffentlich andere Gelegenheiten finden, unsere Meinungen aurzutauschen I*
Er hatte bei dieser Erwiderung die Vertreterin de» Hause« im Auge gehabt, die aufmerksam ans dar Gespräch ihre« neuesten Gastes mit seiner Nachbarin geworden schien. Ur willkürlich war sein Blick auch dem de» jungen Mädchen« begegnet und einer der Zornblitze, die sie nach ihm gerichtet, ließ, zu Fräulein Erika« stillem Triumph, den deutschen Landsmann sür eine geraume Weile völlig verstummen. Und so war diese untere Ecke jetzt die einzige Stelle an der großen Tafel, an der kein Stimmengeschwirr erklang und eine kleine Gruppe von Menschen nur mit ihrer Mahlzeit besckäftigt erschien» während sie eher an alle« al» an diese Mahlzeit dachte. In da« Schweigen hinein, erklang jedoch mit einem Male die Stimme der Frau v. Herbert, die völlig unerwartet an dm jungen Gelehrten die Frage ricktete:
„Ist er wahr, Herr Doktor, daß Ihr Herr Vater sein Gut bei Hildesheim verkauft und irgendwo in Westfalen eine Pachtung übernommen hat?*
„Vollkommen wahr» gnädige Frau!* antwortete Gerland ruhig. „Da sie meinen Vater kennen, wissen Eie vielleicht auch, wie eifriger Landwirt er ist, und daß ihm viel daran liegen mußte, auf einem größeren Boden seine Erfahrungen und Mittel zu verwerten. So kam er zu der Staatsgutpachtung und e« wird Sie freuen zu hören, daß der Erfolg ein ungewöhnlich günstiger gewesen und meinem Vater die Pachtung neuerding» wieder auf zihn Jahre zugesprochen worden ist."
„La« ist allerdings mehr al« man hätte hoffen können — ich wünsche Glück dazu,* verfitzte Frau von Herbert. (Forts, folgt.)
Volkrschulgcsetznovelle übergehend, die doch recht bescheiden sei, sagte Redner, der Kultminister mag in Schulsachen ein aufgeklärter, auch fortschrittlich gesinnter Mann sein, doch sei er allzu vorsichtig. E« solle bei der konfessionellen Schule, beim Religionsunterricht wie bisher, bet sieben Schuljahren und der Erteilung de« Religionsunterrichts durch die Lehrer bleiben. Da« Zentrum kämpfe erbittert um jeden Absatz, fast um jeder Wort der Novelle. Es will den Braten beseitigen und dem Volk nur Knochen bieten. Bezüglich der Schul- schwestern habe niemand etwas gegen Anstellung kathol'scher Lehrerinnen einzuwenden, nur sollten keine Angehörige von Kongregationen Unterricht in der Schule erteilen. Der Bauernbund bremse, wo er kann und auch die Deutsche Partei sei in vielen Fragen wenig verläßlich und so erscheine auch die Zurückhaltung dc« Kultusminister« verständlich. Es erscheine fraglich, ob der Torso einer Reform, wie er au« den Beratungen hervor- gehen wird, überhaupt noch annehmbar ist oder nicht Der neue Finanzminister, der als scharf, finniger Mann gelte, müsse sei, e Fähigkeiten in der kommenden Zeit beweisen. Die Ausgabe der Volkrportei müsse ls sein, daß künftige Wahlen auf Kosten des Zmtruns und der Konservativen eine im Inten sss des Liberaliivur absolut zu. verlässige Mehrheit bringen. Reich siagsabg. Wieland dankte sür die Vertrauenskundgebung an die Abgeordneten im Reichstag. Die Frage der Reichsfinanzresorm sei eine schwierige, alt sich verschiedenartige Intenssen dabei geltend wachen. Die Notwendigkeit der Reform müsse anerkannt und diese zum Besten des Volke« erledigt werden. Die politische Richtlinie der Parteizugehörigkeit könne nicht imuur aufrecht erhalten bleiben. Man werde die Reform erledigen, ohne daß die Opfer für das Volk zu große werden. Mit der Aufforderung Henning's, die bürgerlich-demokratischen Ideale immer hochzuhalten, wurde die Versammlung geschlossen.
Stuttgart 7. Jan. Die bürgerlichen Kollegien haben in ihrer heutigen Sitzung für die von der Erdbebenkatastrophe in Jta. lien Betroffenen 3000 Mk bewilligt.
Stuttgart 7. Jon. Am Dienstag vormittag blieb in der Schloßgartenstraße beim Hinourfahren vom Hoftheater znm Gittertor mit seinem mit Coulissen beladenen Wagen ein 36 Jahre alter Hoskutscher am Tor hängen, wurde vom Bock geschleudert und erlitt eine Gehirn, erschütterung. Der Verletzte ist gestern früh im Karl-Olga-Krankenhau« gestorben.
Stuttgart 7. Jan. Eine neue Be. amtenvereinigung steht bald in Aussicht. Er hardelt fich um den schon vor Jahren ge. planten Verband der Stadtpsleger, der als