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Oberrichter nach Kamerun ernannt und wird schon «n 9. Januar die Abreise ontreten. Authenrieth hat früher schon eine halbjährige Urlaubkreise durch Ostafrika gemacht.

Göppingen 30. Dez. Eine schlimme Störung erfuhr am Sonntag in Gruibkngen eine Tanzunterhaltung, dadieAcstylengasanlage der Wirtschaft explodierte, wobei die Fenster zertrümmert wurden und eine Anzahl Gäste Brandwunden davontrugen.

Tübingen 30. Dez. Nach Verbüßung einer mehrjährigen Zuchthausstrafe wurde der Hiegler Wilhelm Hatsch von Unterbrüden mit 110 ^ Arbeitsverdienst und neuer Kleidung am 12. Oktober entlassen. Rasch war das ersparte Geld verjubelt und am Abend des 21. November lehrte er zum alten Handwerk zurück, schlich sich in Giötzingen in der Lammwirtschaft in das Schlafzimmer de» Wirts ein, erbrach die Kowode .Und stehl 13001400 Mit dem gestohlenen Meid kam Hatsch bi« nach Meckenbeuren am »Kodersee, wo er verhaftet worden ist. In den 10 Wandertagen hatte er über 1000 verputzt und nur noch 339 im Besitz. Er wurde heute von der Strafkammer wieder für fünf Jahre in das Zuchthaus eingewiesen nahm aber die ganze Sache mehr von der heiteren Seite.

Tübingen 30. Dez. Seit gestern haben wir eine fahrbare Schneedecke, die von alt und jung längst ersehnt worden ist. Heute necht hatten wir bis zu 14" R. Kälte.

Tübingen 30. Dez. In der Nacht zum Sonntag machte sich der Wagenwärter Laib in einem Güterwagen, von dem er die Plombe beseitigt hatte, zu schaffen. Er wurde von der Nachtkontrolle ertoppr und festgenommen. Nach« dem bei ihm eine Haussuchung vorgenommen worden war (bei der verschiedene aus Dieb­stählen herrührende Waren gefunden worden fein sollen), wurde er auf freien Fuß gesetzt. Laib ist aber dann flüchtig gegangen.

Eyach O A. Horb 30 Dez. Gestern nach­mittag wurde der 36 Jahre alte, verheiratete Eisenbahn schoffner Märze! Sieger von hier, unweit de« Bahnhof» von einem Güterzug erfaßt und überfahren. Er war auf der Stelle tot.

Von der unteren Jagst 30. Dez. Während der Weihnachtsfeiertage konnte man ür vielen Orten süßen Apfelmost trinken, was roch nicht oft dagewesen sein dürfte. In den letzten Wochen wurde noch da und dort gekeltert, da noch viel unverkäufliche« Obst lagert, da« ver­wendet werden muß, ehe e» zusammenhutzelt.

Leutkirch 30. Dez. In Altmannrhofen ist gestern morgen 4 Uhr da» Sägewerk von I. Hemmerich vollständig niedergebrannt. Auch große Holzvonäte wurden ein Raub der Flammen. Al« Entflehungsursache wird fahrlässige Brandstiftung angenommen.

Pforzheim 30. Dez. Der frühere Direktor der hiesigen Filiale der Südd. Dükonto- gksellschaft, Max Groß, der zugleich Geschäft«, tthrer de« hiesigen katholischen Vereinshause« war, fvurde gestern von der Karlsruher Strafkammer wegen Vergehen« gegen 8 312 des Handelsgesetz, buche« unter Anrechnung von 4 Monaten Unter­suchungshaft zu 1 Jahr Gefängnis und 1500 Geldstrafe verurteilt. Er hatte im Jahre 1906 23 600 die er als Geschäftsführer des Vereins. Hause» etnnahm und bei der Di« kontobank anlegen sollte, für sich verbraucht, eberso 7100 die er als Gesääftrführer des katholischen Vereirs- Haufe« für Pachtzinsen einnohm. Da Groß völlig geständig war, wurden keine Zeugen vernommen. Die Verhandlung dauerte nur 1'/» Stunden. Groß hat seinerzeit hier ein recht flotte« Leben geführt.

Aus Metz wird geschrieben: Was in den vergangenen Feiertagen im Metzer Straßen, leben auffallend war, war die ungewöhnliche An. zahl allerhand fragwürdiger Gepolten: schlecht gekleidete Herumtreiber, Gauner, Obdachloie und natürlich auch Betrunkene ein Hohn auf das kngelwort: »den Metscken ein Aohsg« fallen". Fragte man: woher de« Weg«?, dann bekam man zu hören: Aus Pari«, au« Ranzig, au« Luxem.

bürg. Wohin? Nach Berlin, nach Westfalen, nach Essen, nach Saarbrücken, nach der Schweiz. Immer aber dabei Bettelei. Soll man Mitleid haben oder zürnen? Wir find Grenzland; daher das beständige Zuzithen und Abgehen, ein Wechseln hinüber und herüber. Dabei scheint diesseits und jenseits der Grenze Arbsitsnot zu sein, wenn man den oft sehr zungenfertigen Schilderungen Glauben schenken darf. Aber auch ehrliche Burschen hatten sich eingestellt zum Metzer Gesindemarkt" am zweiten Weihnacht«, feierrag. Der Jahreslohn für Knechte stellte sich von 350450 je nach Alter und Stärke. Mägde waren fast gar nicht vertreten. Sie werden immer seltener, je mehr Fabriken sich auftun.

Frankfurt a. M. 30. Dez. Gestern wurden 5 Personen auf den Straßen aufgefunden, die durch Hunger und Kälte erschöpft waren. Sie wurden durch die RetturGesellschaft nach den Krankenhäusern gebracht.

Basel26 Dez. Champagnerflaschen mit Gacchartnfüllung sind eine unge­wöhnliche Handelsware. Daß und wie sie so kommt, erfährt man aus folgendem Berich! der N Zürch. Ztg.": Die Speditionsfirma Danza« u, Cie. ist seit Jahren die Vertreterin der Cham- pagnerfabrik Heidsieck in Eperncy und besorgt speziell die Versend urgsür Oester reich.Ungarn. Vor einiger Zeit vernahm die Firma aus den Zeitungen, wie außerordentlich in den letzten Monaten ihre Champagnsrausfuhr nach Oester, reich gewachsen sei. Man war darüber in den Bureaus Danza» u. Cie. um so mehr erstaunt, als tatsächlich von irgend einer außerordentlichen Bestellung oder Mehrung des früheren Umsatzes niemand etwas wußte. Um der Geschichte auf die Spur zu kommen, setzte sich die Spedition«, firma mit den österreichischen Zollbehörden in Verbindung. Es stellte sich heraus, daß wirklich in kurzer Zeit von Basel au« bedeutende Sen­dungen über die Grenze kamen und als Cham- pagner deklariert wurden. Nun wurde Auftrag gegeben, daß an der Grenze in Buch» die an. geblich von Danza» u. Cie. kommenden Cham- pagnersendungen angehalten werden. Die Kisten und Champagner flaschen wurden geöffnet, und siehe, der Inhalt war nicht schäumender Wein, sondern Sacharin. Jetzt galt es, die Absender zu erwischen, und da« gelang bald. Zahnarzt Dr. K. in Bas« l hatte mit einem Angestellten der Spedition«» firma ein Societät«Verhältnis für Saccharin, schmuggel abgeschlossen. Bei einem Basler Lithographen waren täuschend ähnliche Champagner- etiketten hergestellt und bezogen worden; Ver- korkung, Kapselung und die ganze Verpackung de» Heidsieck wurde genau nachgeahmt, sodaß die Flaschen von den echten nicht zu unterscheiden waren. Dann wurden sich mit Sacharin gefüllt. Anstandslos ging da« Geschäft fast einZahr lang. Er rentierte großartig. Während der Zoll für Heidsiek etwa 90 Heller ausmacht, beträgt er für da« gleiche Quantum Sacharin rund 200 Kronen. Man hat ausgerechnet, daß der österreichische Fiskus um mindesten« eins halbe Million Kronen ge­prellt worden ist.

Pari« 30. Dez. Da« anhaltende Schnee, treiben erschwert den Verkehr empfindlich. Ernste Unfälle werden au» dem Bezirk Mont- wartre gemeldet, auf dessen abschüssigen Straßen zahlreiche Personen zu Schaden kamen.

Wien 30. Dez. Von gut unterrichteter serbischer Seite wird die innere Lage Serbien« als sehr gefährlich geschildert und eine Katastrophe wird angekündigt, bet der die Dynastie wahrscheinlich gestürzt werden wird. Die schwebende Schuld sei seit dem Vorjahre auf 50 Millionen Fra» c« gestiegen und die Einnahmen de« Eiaale« seien im Rückgang. Trotzdem werde eine neue Anleihe von 200 Millionen Franc» geplant.

Die Erdbebenkataslrophe in Sizilien und Talabrien.

A Die Erdstöße in ganz Calabrien dauern noch an, strömender Regen vermehrt da« un- gkhcure Elend. Profissor Palazzo, der Direktor de» römischen meteorologischen Observatorium», vergleicht da» Beben mit einem gewaltigen Schüttel­

ftost der Erde. Das Observatorium hat während der Bebens 500 Erdstöße verzeichnet.

Ein Ueberlebender aus Messina, der in Catania eingetroffen ist, berichtet: Es ist unwög. ltch, den schrecklichen Anblick zu beschreiben. Die Stadt ist in einen ungeheuren Schutthaufen verwandelt. Fast alle Einwohner sind getötet, nur wenige Tausend find dem Tod entronnen. Er mangelt an Aerzten, Zelten, Kleidern und Lebensmitteln, um die Ueberlebsrrden, die des Allernötwendigflen en.ib ößt, dem Winter» weiter schutzlos preirgegeben find, zu versorgen.

Es mangelt an Feuerspritzen, um dis Flammen zu löschen, die in den Ruinen wüten. Messina erscheint wie vom Erdboden fortgefegt.

Auch der Bahnhof ist eingestürzt, alle Eisen­bahnwagen find zertrümmert, fast das ganze Bahnpersonal ist getötet. Die schult, gefüllten Straßen sind nicht wieder zuerkennen; sie erscheinen nur als ungeheure Spalten auf dem weiten Trümmerfeld. Die Universität, das Post, und Telegrophengebäuds und alle übrigen öffent­lichen Gebäulichkeiten find verschwunden. Die Gasleitungen find völlig zerstört. Die Stadt blieb nach der Katastrophe stundenlang ohne jede Hilfe, da die Trümmer die Behörden, die Garnison, die Aerzie und Apotheker, kurz alle Klaffen der der Bevölkerung unter sich begraben haben.

In Catania kommen fortwährend Schiffs mit Flüchtlingen an, die sich olle in jammer. vollem Zustande befinden. Sie find geistig gelähmt und geben auf Fragen keine Antwort» sondern murmeln nur immer die Namen ihrer unter den Trümmern gelassenen Angehörigen.

Der englische Konsul Gaston wurde an Bord eines englischen Kriegsschiffe» nach Palermo gebracht; ihm find beide Beine zerschmettert worden. In Palermo traf eine Frau aus Budapest ein, dis sich aus dem zusammenbrechenden Hotel Trickaria durch einen Sprung au« dem dritten Stockwerk gerettet hatte und merkwürdigerweise unverletzt geblieben war. Ebenso kamen dort, zwar aller Habe entblößt, aber doch heil an die Mitglieder de« lyrischen Ensembles rom Theatro Vittorio Emanuele. Auch ein deutscher Name ist dabei; ein Professor Weise (oder Weiß) befindet sich unter der kleinen Anzahl der Flüchtigen. In dem eingeflürzten Hotel find 160Gäste umgekom- men, etwa 90 davon waren Engländer und Amerikaner, 43-«aren Deutsche. Darunter befanden sich MchKre Hochzeitsreisende. Entsetz- liche Szenen spielten sich ab.

Der Eingang in die Meerenge von Messina ist nach Privatmcldungen fast ganz verstopft durch Leichen von Tieren, Menschen und durch Wrackteile. Da« Aussehen der Meer, enge ist völlig verändert. Beide Küsten sind umgewandelt: die calabrische Küste ist ebener geworden, die Mische hat andere Buchten und Tiefen erhalten. Vor Messina liegen 12 Panzer­schiffe und ein großer Schiffrpark der Navigaziono generale, der insgesamt 20 000 Personen trans­portieren kann. Doch war gestern wegen de« hohen Wellenganges ein Landung ganz unmöglich.

Ein mit Brot beladener Torpedojäger konnte seine Ladung nicht löschen. Der enge Hafen von Messina bereitet für die dort versammelte große Flotte nicht geringe Schwierigkeiten.

. DieTribuns".meldet aus Monteleone:

Die Flutwelle infolge der E.schütterung de« Meere», die dem Erdbeben folgte, war in Reggio bi« zum Corso Garibaldi in einer Höhe von 10 Meter über dem Meeresniveau zu verspüren. Die Häuser in der Nähe de« Meere« standen bis zum ersten Stockwerk im Wasser. Mehrere wurden von den Wellen fortgeriffen. Die Wirkungen der Erdstöße warm denen in Messina ähnlich. Die Gasexplosionen verursachten ungeheuren Schaden. Die Zahl der Toten steht noch nicht fest, man glaubt jedoch, daß sie 1800 übersteigt. In dem Augenblick, da da« Erdbeben eintrat, wurdm zahlreiche Reisende, die auf dem Bahnhof warteten, von den Mauern de« Bahnhofgebäude» verschüttet.

Messina 30. Dez. Ein Offizier de« Torpedoboote«Eaffo" erzählt: Morgen« 5'/»

Uhr kam dar Meer plötzlich in Bewegung, so daß die Schiffe stark erschüttert wurden. Gleich , darauf drang eine Woge in die Stadt bi« zum ,