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jenigen in Krankenhäusern. Abg. Pfeiffer (Zentr.) erklärt, daß seine politischen Freunde die Bestimmungen nicht auch auf Gärtnereien aurgedehnt wissen wollen. Abg. Schmidt. Alten, bürg (Rp.) begründet einen von ihm gestellten Antrag, wonach solcke Bestimmungen des Bunde«, rat«, welche als gewissebetrielsregelr.de Vo:schriften noch auf andere Wer kstätten mit in der Regel weniger al« 10 Arbeitern oder auf Bauten aurgedehnt werden, der Zustimmung der Rsichrtages bedürfen. Abg. Trimdorn (Ztr.) hält den Antrag zunächst für sehr gefährlich und bittet ihn abzulehnen. Abg. Behrens (chr. Eoz.) wünscht vor Allem eine Klärung der Stellung der Gärtnereien. Abg. Irl (Ztr.) befürchtet eine Sckädigung des Hand­werk« durch dis neuen Vorschriften. Staat«, sekretär v. Bethmann.Hollwsg bittet, den Antrag Schmidt-Altenburg abzulehnen, da derselbe nur auf einem Umwege die Mitwirkung de« Reich«, tage» bei solchen Verordnungen einführen würde. Abg. Schmidt-Berlin (Soz.) spricht ebenfalls gegen den Antrag Schmidt Altenburg und empfiehlt einen sozialdemokratischen Antrag, wodurch die Gärtnereien in diesem Paragraphen gestrichen werden sollen. Ferner beantrage seine Partei, daß für das Schankgewerbe dis Vorschriften über Kinder-Beschäftigung (unter 13 Jahren) sowie über die mindestkns elfflündigs Ruhezeit für Ar­beiterinnen und jugendliche Arbeiter Geltung er- langen. Abg. Enno (fcs. Vp.) spricht gleichfalls gegen den Antrag der Reich«Partei und erklärt ferner, was die Gärtnerei anbelangt, so stimmten seine Fremde dsm Wunsche zu, daß für sie die Arbeit« Verhältnisse gesetzlich geregelt werden möchten. Nach rochmaligen Bemerkungen Tr im- borns undMolkenbuhrs schließt die Debatte. Die sozialdemokratischen.Anträge werden abgslehnt mit einer Aurvohme, einem Antrag Albrecht, eine Aurrahme-Bestimmung zu Gunsten der Werk- fiätien, in denen der Arbeitgeber ausschließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt, sowie von Werkstätten, in welchen eine oder mehrere Personen gewerbliche Arbeiten verrichten, ohne von einem den Werkstatt-Betrieb leitenden Arbeit­geber beschäftigt zu sein, zu streichen, wird mit 149 gegen 103 Stimmen angenommen. Staats- sekretär von Bethmann.Hollweg wider holt noch feine in der Kommisston abgegebene Versicherung, daß er den Wünschen auf Abänderung zweier Paragraphen des Krarkenverficherungsgesetzks zu Gunsten der Wöchnerinnen Rechnung tragen wolle. Damit ist dis zweite Lesung der Gewerbe, r ovelle. der den Schutz von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern betrifft, beendet. Morgen 11 Uhr 1. Lesung des Etat«.

Berlin 4. Dez. Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, vr. Stemmrich, hat bekanntlich mit Rücksicht darauf, daß er zur Zeit

der bekannten Vorgänge mit der Leitung de« Auswärtigen Amte» betraut war, seinen Abschied eingereicht. Da jenen Vorgängen kein Anlaß zu dem von Herrn v. Stemmrich getanen Schritt zu entnehmen war, ist seinem Gesuch keine weitere Folge gegeben worden, so daß der Unterstaatr« sekretär in seiner bisherigen Stellung dem Dienst erhalten bleibt.

Breslau 4. Dez. Unter den ober- schlesischen Bergleuten macht sich eine Gährung bemerkbar, die von bergmännischen Agitatoren aus den Grubenbezirksn der Westen» herbeigeführt sein soll. Ji Zabrze und König«. Hütte fanden geheime Versammlungen statt, die den Zw ck verfolgen, einen Generalstreik der ganzen deutschen Berga, Leiter herbeizuführen, falls es nicht zu einem Reichrberggesetz kommt» dar den bereits im Reich«, und Landtage aus- gesprochenen Forderungen der Bergarbeiter genügt. Der HauptNachdruck wird auf eine gesetzliche Vorschrift gelegt, daß von sämtlichen Flöhen einer Grube ein Notschacht zu Tage gebaut wird und sämtliche von den Bergarbsiten aurzuführenden Wahlen geheim statlzufindsn haben.

Hamburg 4. Dez. Im Monat Oktober find 95 Schisse vollständig verloren gegangen, und zwar 58 Segelschiffe und 37 Dampfschiffe, darunter 5 deutsche. Außerdem weist die Statistik roch 528 durch Unfälle wie Strandung, Feuer, Zusammenstöße beschädigte Schiffe auf. Darunter find 67 deutsche.

Paris 4. Dez. Wieder hat eine wichtige, dem Untersuchung«richter von Frau Steinheil gemachte Angabe sich als lügenhaft erwiesen, und zwar ihre Behauptung, daß ihr materielle Vorteils aus dem Ableben ihres Gatten und ihrer Mutter nicht erwachsen. Frau Japy bezog von den Japyschsn Spinnerei Aktien im Nennwert von 50000 FrZ-, die ihre Tochter alr Mitgift erhielt, die erheblichen Dividenden alr Jahresrerte. Dies fällt Frau Skeinheil zu. Uebe, dies erhält ste"/»der Summe von 20 000 Fr«., auf welche zu Gunsten ihrer 4 Kinder und ihres Schwiegersohns Steinheil Frau Japy versichert gewesen ist, und ferner erbt sie das auf 8000 Fr«, geschätzte Haus, welche« alr Vaters«bs Eigentum ihres Galten gewesen ist. Al« unwahr erweist sich aber auch ihre Behauptung, daß ihr Gatts Adolf Sietrheil nicht fähig gewesen wäre, au« eigener Kraft den Haushalt zu bestreiten. Stein- heil« Vater war ein sehr bekannter, viel be­schäftigter Kirchenferstermaler. Der Sohn behielt nach des Vaters Tode die guten Klienten und arbeitete viel für die Socrlcoeurkirche von Mont- martre und andere Kirchen. Nach kontrollierter Ausstellung verdienis Stsinheil seit seiner Ver. heiratung mit Margarethe Japy rund 150000 Fr«.

leidigurg de» Fräulein Olga Molitor zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden war, hat die gegenwärtig in München zum Besuch bei ihrer Schwester weilende junge Lame durch eine Mittelsperson um Befürwortung seine» Gnadengesuch« bitten lassen.

Mannheim 4. Dez. Der Bäckergehilfe Hermann Bergmeister, der am MÜtwoch abend auf offener Straße da« Dienstmädchen Anna Lehndorf erstochen hatte, wurde heute nachmittag in einer hiesigen Herberge verhaftet. Er hat bereit» gestanden, die Tat au« verschmähter Liebe begangen zu haben.

München 4. Dez. Graf Guido Henckel von Donnersmarck, der älteste Sohn de» Fürsten von Donner« marck, ist von einem schwe- ren Unfall betroffen worden. Der 21jährtge Graf stürzte beim Rodeln bet Eger am Tegernsee. Er rannte an eine Telegraphenstargs und trug außer einer Gehirnerschütterung eine schwere Ver- letzung am Fuß davon.

Berlin 5. Dez. (Reichstag.) Die Beratung der Gewerben omlle wird fortgesrtzt beim § 139. Dieser läßt Ausnahmen zu bei den Bestimmungen über Bescküftigurig von Arbeiter- innen und jugendlichen Arbeitern. Ein vom Abg. Schmidt-Berlin befürworteter soztaldemo- kratischer Antrag, die vorgesehenen Ausnahmen in verschiedentlichen Punkten wieder zu streichen, wird abgelehnt. § 139 s. erteilt dem Bundesrat die Vollmacht, Ausnahmebestimmungen generell für gewisse Gewerbezweige zu treffen, so be. sonders für Saison- und Industrie-Arbeiter. Für diese sollen nach der Regierung!-Vorlage im Maxi- mum 60 Ausnühmetogs im Jahre gestattet werden dürfen. Die Kommisston hat die Zahl der Aurnohmetage auf 40 reduziert. Lbz. Contze (natl) beantragt die Vorlage (60 Tage) wieder herzustellen. Abg. Molkenbuhr (Soz.) bs- fürwortet dagegen einen Antrag, die Ausnahme. Bewilligung«.Voller echt des Bundesrats noch weiter auf 30 Tage zu reduzieren. Abg. Erz. berger (Zentrum, bittet e« durchweg bei den Kommisfionrbeschlüssen zu belassen. Abg. Hennig (kons.) tritt für den nationalliberalen Antrag ein. Die Abänderungranträge der Nationallibrralen und Sozialdemokraten werden sodann abgelehnt und der Prrcg'aph, von einer unwesentlichen Aenderung abgesihen, in der Fassung der Kam- Mission angenommen. Z 154 ordnet an, daß gewlße Bestimmungen im siebenten Teil der Gewerbe Ordnung keine Anwendung finden. Die Kommisston schlügt hierzu noch eine Resolution vor, welche die Vorlegung von Gesetzentwürfen erbittet zur Regelung der Arbeits-Verhältnisse in Gärtnereien, ferner der bei geistigen Aufführungen Theatern rc. beschäftigten Personen und der.

Mit schweren Schritten schleppte er sich bi« zum Schlafzimmer. In der Mitte der Raumes blieb er stehen. Er hatte plötzlich ganz vergessen, was er hier wollte . . Richtig: da» Gesicht kühlen und einen Schluck Wasser trinken. Da« würde ihn erfrischen und wieder zur Besinnung bringen. . .

Am Fenster standen die beiden gepackten Koffer, und plötzlich wußte er, war er zu tun hatte: mit den nächsten Zuge zu Ada reisen, ste sehen und sprechen . . dann würde er Gewißheit erhalten.

Plötzlich begann er in den Sachen zu wühlen, ohne zu wissen, wer. halb . . Dann hielt er inne und schritt zum Nachtisch. . Den Revolver mußte er Mitnehmer. Umständlich prüfte er die Sicherung und überzeugte sich, daß dis Waffe geladen sei.

Dann kam er wieder zurück und stand eine Zeitlang mit der Waffe in der Hand an den Beltpfosten gelehnt, vor den geöffneten und durch, wühlten Koffern.

Er wollte sich bücken, um die Waffe mit einzupacken und Ordnung zu machen.

Aber er konnte nur einen tastenden Schritt vorwärts machen . . . seine Knie begannen zu zittern, c« wurde völlig dunkel vor seinen Augen, und mit einem dumpfen Wchelaut brach er zusammen . .

Erst eine Stunde später betrat der Diener da« Zimmer.

Er rief seinen Herrn beim Namen.

Keine Antwort.

Dann trat er näher.

Otto Helmer regte sich nicht mehr; mit schme: zverzerrtem Gesicht und gebrochenen Augen lag er am Boden.

Tin Srhirnschlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht.

Wenige Tage später wurde die Leiche de« Kommerzienrats Otto Heimer in feierlicher Weise zu Grabe getragen.

Die Witwe des Verstorbenen, die erst wenige Stunden vor der Bei- setzung au« Nizza zurückgekhrt war, stand gesenkten Haupte«, mit allen Anzeichen tiefer und ernster, aber zugleich auch gefaßter Trauer an der offenen Gruft und ließ sich alsdann von dem langjährigen Vertrauten und Geschäfte führ er ihres Mannes zum Wagen zmückgeleiten.

Darf ich Sie auf übermorgen zu mir bitten?"

Es waren die ersten Worte, die Ada während der ganzen Zeit gesprochen hatte. Und Jarnow verbeugte sich stumm zum Zeichen seine« Einverständnisses, schloß die Wagenlür und trat mit ehrerbietig entblößtem Haupte zurück. . .

Mit zusammcngkpreßten Lippen lehnte sich Ada in die Kiffen zurück. Gewaltsam mußte ste die Stimme des Gr wissen« zum Schweigen bringen. Sie wußte, daß sie ollein, daß ihr kalter, herzloser Brief den plötzlichen Tod ihres Mannes herbeigeführt hatte. Sie hatte er nicht gewollt. Sie hatte er ja nicht gewußt, daß er bereit» schwer leidend war, noch ehe ste diesen Brief schrieb . . .

Und wieder kam da« Grauen über fis da« Grauen vor sich selbst, vor dem rätselhaften Schicksal, das ste vorwärts trieb, während ein Opfer nach dem anderen hinter ihr am Wege zurückblieb.

Schon einmal war sie nahe daran gewesen» diesem Grauen zu erliegen, sich selbst aufzugeben, um in da« Nicht» zurückzufinken, au« dem sie empor- gestiegen war.

Damals hotte ste sich aufgerafft und war weiter getaumelt, hatte sich von neuem blenden und beträubcn lassen durch den Glanz und das rauschende Leben der großen Welt.

Und heute da ste wieder frei und unabhängig war mußte und wollte ste stark bleiben; denn heute galt es, eine Fürstenkrone zu erringen.

(Fortsetzung folgt.)