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Ämts- und Änzeigeblati für den Oberamlsbesirk Calw. 8Z. ZchM,
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Snsq»tu«n,rta,«: Montag, »t«n»taa, MlttwoL, >»»n»Ht-a, Ureitag and «amltag. Anserttonlprei» Ssg. pro Zelle sür«tadt n.«»,trUorte; außer Bezirk 12 Psz.
Samstag, Len 5. Dezember 1908,
vezugSpr. i. b. »tadt'/«jlihrl. m. Triger!. Mt. I.2S. PostbezugSpr. f. d.Ort«- u. Nachbarortloerk. '/llithrl. Mk. ILO, imUernoerkeh- Mk. 1.SO. «eflellg. in Württ. so Pfg., in Sägern u. Reich 12 Psg.
Tases«e«rsrette».
Stuttgart 4. Dez. Der Polizetbericht schreibt: Gestern vormittag stürzte an einem Hause der Alexanderstraß; ein 45 Jahre alter Maurer infolge Au« gleiten« aus einer mit Reif bedeckten Diele von einem 8 in hohen Gerüst ab. Er erlitt Hautschürsungen und anscheinend innere Verletzungen, sodoß er nach dem Kathrinen-Hospital übergeführt werden mußte. — Vor einem Hause der Bahnhofstrc ße kam gestern abend ein 9 Jahre alter Krake beim Spielen zu Fall. Er braSden rechten Oberschenkel und wurde nach der Olga- Heilanstalt verbracht. — In vergangener Nacht wurde im Haurgang einer Wirtschaft der Oberen- straße in Berg ein 28 Jahre alter, lediger Schlosser nach voraurgeganpenem Wortwechsel in das Genick gestochen. Der Täter ist bekannt und festgenommen.
Stuttgart 4. Dez. Die voa der Polizri verbotenen Schönheitrabsnde im Bilde, die im Fkiedrichtbaulheater zur Vorführung kamen, find j tzt wieder zugelaffen worden, nachdem stch in der Presse ein energischer Widerspruch geltend gemacht hat.
Gerabronn 4. Dez. Der 60 Jahre alte Gütler Reiß in Michelbach, der bei seinem Sohn im Ausding lebt, fand, als er unlängst von einem Autgang heimkam und seinen Kaffee trinken wollte, diesen stark nach Schwefel schmeckend. In den Kaffee war Phorphor getan worden. Al« der Tat verdächtig ist die Schwiegertochter de« Mannes in Haft genommen worden.
Heilbronn 1. Dez. (Ledermarkt). Die Zufuhren betrugen etwas über 25000 Klg. Der Verkauf ging schleppend aber stetig vor stch, so daß am Abend weniger Ware als befürchtet, zurückgenommen werden mußte. Begehrt war
hauptsächlich Sohlleder und deutsche« Oberleder. Zeugleder und Kalbledsr waren wenig betgeführt. Die Preise erzielten eine geringe Steigerung gegenüber dem letzten Markt, doch klagen die Gerber sehr darüber, daß dis Erlöse noch lange nicht im Verhältnis zu den Preisen für dis rohe Ware stehen.
Göppingen 4. Dez. In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde beschlossen, die Nmlagsteuer aus Gebäude und Grundstücke von 0.6 auf 0,8°/» zu erhöhen und ein Drittel der hierdurch entstehen- den Mehreinnahmen für einen Fond» zur Verschönerung Göppingens zurückzulegen. Die Br a u- steuer, dis der Stadtgemeinde im letzten Jahre etwa 40 000 einbrachte, wurde nach langer Debatte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten betbehalten, ebenso die Hundesteuer.
Hall 4. Dez Dem Viehmarkt waren zugeführt: 14 Ochsen, 51 Kühr, 268 Stück Jung, vieh. Verkauft wurden 8 Ochsen, 25 Kühe, 134 Stück Jungvieh. Die Preise bewrgten sich bei Ochsen von 730—1100 pro Paar» bei Kühen von
250—450 bet Jungvieh von 120—400 Die Gesamtumsatzsumme betrug 46 650 »6.
Aalen 2 Dez. Hier wurde der hiesige Waldhornwirt verhaftet und nach Ell- wangen eingeliefert, offenbar unter dem Verdacht der Brandstiftung. In seinem Haus war vor einigen Wochen Feuer ausgebrochen, aber durch nach Hause kehrender Zug-personal noch zeitig entdeckt worden, sonst wäre der Brand in dem engen, alten Stadtviertel recht gefährlich geworden.
Aulendorf 4. Dez. Am 9. Dezember wird hier der Oberschwäb. Zweigverein für vaterländische Naturkunde seine
Herbstversammlung abhalten. Da« Programm enthält u. a. einen Vortrag von Dr. Schmidt- Tübingen über die Kulturentw'.cklung de« Eiszeitmenschen auf Grund der neuen paläolithtschen Funde in Schwaben» sowie einen Bericht von Forstamtmann Dr. Rau-Schuffenried über die Versammlung de« Oberrhein. Geologischen Verein« in Ulm mit besonderer Berücksichtigung der Exkursion in« Steinhäuser Ried.
Hechingen 4.Dez. Der Ziegelbacher Hof» eine Fürst!. Hohenzollersche Domäne, die am Fuß des Hohenzollern liegt, ist gestern abend abgebrannt. Die Frucht- und Futtervorräte find ein Raub der Flammen geworden, doch konnte da» Vieh und dar Mobiliar in Sicherheit gebracht werden. Die Besatzung der Burg beteiligte sich an den Rettungsarbeiten, wobei drei der Leute leicht verletzt wurden.
Au« Baden 4. De». In Fretburg wurden bisher ca. 300Nrbeit«lose (darunter über 110 verheiratete) festgestellt. Eine Depu- tatton derselben erschien beim Oberbürgermeister, der nach Schilderung der Notlage dis sofortige Inangriffnahme von Notstandsarbeiten zusagte. — In Karlsruhe wurden gleichfalls rund 300 Arbeitslose gezählt. — Die Großherzogin Luise beging gestern auf Schloß Baden im engsten Familienkreise ihren 70. Grburt-tag. Der Generalsekretär der Bad. Frauenverein«, Geh. Rat Müller, überreichte der Großherzogin eine von sämtlichen Frauerwereinen de« Lande« unterschriebene Adresse, dergleichen da» Ergebnis einer von diesen Vereinen für wohltätige Zwecke veranstalteten Sammlung im Betrage von 30000 *6.
Karlsruhe 4. Dez. Der Chefredakteur Herzog, der seinerzeit bekanntlich wegen Be-
Ada.
Roman von Kourad Remling.
(Fortsetzung.)
Ein Brief von Ada . . .!
Einen kurzen Blick warf Heimer auf die Adresse, die ihre Handschrift zeigte; dann rtß er den Umschlag mit zitternder Hand auseinander.
Ada schrieb:
Lieber Otto!
Dein Telegramm und Deinen Brief HM ich erhalten. Ich bedauce sehr, daß Dir Deine augenblicklichen Geldschwierigkeiten die Erfüllung meiner Bitte unmöglich machten. Aber sei ohne Sorge um mich, ich brauche dar Geld nicht mehr. Nebligen« wird Fü>st Bentoff, der sich seit kurzem hier aufhält, jederzeit bereit sein, mir auszuhelsen.
Dein Bii'f hat mich jedoch nach einer anderen Seite hin sehr beunruhigt. Wenn ich Dich recht vrrstanden habe, so handelt er sich für Dich nicht bloß um eins vorübergehende Kalamität. Du sprichst von einer nahe bevorstehenden Entscheidung, die eine völlige Veränderung unserer Verhältnisse herberführen könnte. Soll dar heißen, daß Du in der Tat vor dem Bankerott stehst, daß Du über kurz oder lang gezwungen wärest, den Konkurs anzumelden? Noch möchte ich nicht daran glauben. Aber wenn es dennoch der Fall sein sollte, so bitte ich Dich: denke nicht an mich dabei. Ich würde auch dann meinen Weg zu finden wissen.
Was ich Dir j tzt sagen muß, mag im ersten Augenblick vielleicht herzlos erscheinen, und dennoch tue ich e« nur zu Deinem Besten. Du sagtest mir vor einiger Zeit, daß ich den größten Teil der Schuld daran trage, wenn unsere Verhältnisse mit der Zeit sich immer mißlicher gestaltet hatten. Wie wollen jetzt nicht darüber streiten, in wieweit dieser Vorwurf gerechtfertigt war. Vielleicht habe ich in der Tat zu große Ansprüche ge
macht und mehr Aufwand getrieben, als wir uns erlauben durften. Du stehst, daß ich mich absolut nicht von aller Schuld lossprechen will. Aber wie Du mich kennst, wirst Du auch v rstshsn, daß ich ein Leben der Armut und des Elendes nicht ertrüge. Vielleicht gelingt er Dir, ohne mich Deine Schwierigkeiten noch einmal zu überwinden und wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Deshalb habe ich mich nach kurzer, aber reiflicher Ueberlegung entschlossen, Dir folgenden Vorschlag zu machen: Gib mich frei und laß mich meinen Weg allein gehen. Vielleicht kann ich Dir dann eines Tage« behilflich sein, und Du selbst wirst Dich eher wieder rangieren können, wenn Du nur für. Dich allein zu sorgen hast.
Erwäge meinen Vorschlag in aller Rühe und verzeihe zunächst, wenn ich Deinem Wunsche, sofort zurückzukehren, vorläufig nicht Nachkomme. Sei nicht verzagt und nimm für heute-die besten Grüße von Deiner
Ava.
Vielleicht darf ich bald einen Brief von Dir erwarten. Schreibe aber bitte erst, nachdem Du dar Für und Wider meiner Vorschläge» in Erwägung gezogen hast,
Heimer ließ da» Blatt finken und griff sich an die Stirn.
Was hatte er denn da gelesen? So konnte sie doch unmöglich geschrieben haben! Nein, nein. Ec hatte wohl nur die ersten Zlllen gelesen, und das andere war alle« ein Ausfluß seiner trüben, vsrängstetsn Phantasie. Solche oder ähnliche Btfärchtungen hatte er in der Tat die ganzen vier Tage über auf dem Grunde seiner Seele gehegt — und nun hatte er diesen Sinn ihren Worten untsrgelegt. Gewiß hatte ste etwa« ganz Andere» sagen wellen, wenn auch ihre Worte ähnlich klangen . .
Oder sollte sie doch ... .? Stand da nicht klar und deutlich da» Wort: gib mich frei?
Wieder tastete er nach seiner Stirn.
Mein Gott, er mußte doch Klarheit haben! Hatte er denn die Fähigkeit zu denken und zu überlegen verloren?