wo sie am Hanskmle zitternd und schweißtriefend äufgehalten wurden. Mcht minder zitterte die Frau im Wagen, der bei der Fahrt nicht wohl zu Mute gewesen sein mag. Die Rösser denen man solche» Feuer garnicht zugetr aut hätte, Müssen den Weg doch sehr gut kennen, daß sie in der Dunkelheit nicht ran der Strotze obkowen.

(Tübinger Chronik.)

Nürtingen 3. Dez. Der Dieb, der am 22. November dem Lawwwirt Krumm in Grötzingen eine größere Geldsumme entwendet hat, ist in der Person de« rückfälligen Verbrecher» Wilhelm Hatsch von Unterbrüden in Tettrang von dem Schicksal ereilt und verhaftet worden. Von dem Gelbe hotte er schon über 1600 verpraßt. Der freche Mensch ist lei einem neuen Diebstahl im Bezirk Tettrang ertappt worden.

Berlin 3. Dez. (Reichstag) Ein- gepargen ist die Interpellation Albrecht be­treffend Handhabung der Vereinsrechter. Die Beratung der Anträge betr. Verfassung«- Aenderung und Verantwortlichkeit des Reichskanzler» wird fortgesetzt. Nbg. Gr äs (w. Vg.) erklärt die Zustimmung seiner Freunde zu dem Seschäftrordnungsantrage Ablaß. Es sei einfach de» Reichetogs unwürdig, daß im An­schluß an Interpellationen Beschlüsse nicht gefaßt werden können. Was dagegen den sozialdemokra­tischen Antrag anbelorge auf Mitwirkung de« Reichstage» bei Entscheidung über Krieg und Frieden, so stelle man sich bloß einmal den Fall vor. daß der Reichstag eine sozialdemokratische Mehrheit hätte. Seine Freunde seien grund­sätzlich nicht in der Lage, diesen Antrag anzunehmen. Er gehöre einfach in den Papierkorb. Der An­trag betreffend Einberufung de« Reichstage« auf Verlangen einer Drittels der Mitglieder berühre ja an und für sich sympathisch, ober auch da sei daran zu denken, daß dann unter Umständen die Sozialdemokraten die Einberufung erzwingen können. Seine Freunde lehnten deshalb auch diesen Antrag ab. Nun zu dem freisinnigen Antrags wegen Verantwortlichkeit der Reichskanzlers. Dem Abg. Müller-Meiningen, der gestern sagte, die bloße moralische Verantwortlichkeit sei nur cine Phrase, könne er darin nur beipflichten. Seine Freunde würden also grundsätzlich an diesem Ar trape Ablaß Mitwirken, womit nicht gesagt sein solle, daß sie olle Einzelheiten desselben für richtig hielten. Ein parlamentarischer Regime im Sinne de» eng­lischen wollten seine Freunde nicht haben. Der Antrag Albrecht, der diese« parlamentarische Regime einzuführen bezwecke, werde deshalb vor seiner Fraktion abgelehrt. Er Halle daran kst, daß einzig und allein eine starke Monarchie unserer geschichtlichen Entwickelung entspreche. Die Rechte der Retchstags-Mitglieder als Volk»- Vertreter wolle man dabei allerdings nicht ver­gessen. Abg. Naumann (frs. Vg.) nimmt

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zunächst auf die gestrige» Reden der Abgeordneten von Dtrksen und Ledebour Bezug und Mrt dann fori: 'Wir wenden so viel Fleiß, so viel Arbeit auf kleine Dinge, weil wir in Deutschland zwiscken großen und kleinen nicht zu unterscheiden wissen und un» die großen politisch wichtigen Punkte au« den Augen gekommen find. Wir haben 22 Armeekorps, wir haben eine Flotte, die un« pro Jahr 3400 Mll. Mark kostet. Wir tragen diese Lasten pro xatria. Aber, hat da» einen Zweck, wenn wir nicht überzeugt sein können, daß diese gewaltigen Instrumente, die mit Opfern der ganzen Nation aufgebaut find, auch mit voller Sachkunde und technischer Akurateffe geleitet wer­den. Was kann der deutsche Reichstag überhaupt tun? Gesetze kann er beantragen, ihre Hand- habung kontrollieren, korrigieren, sie uwändern. Darin hat er im Laufe der Jahre eine gewisse Fertigkeit erlangt. Der Reichstag ist ein fleißiger Arbeiter, aber wenn man fragt, welchen Anteil er an der Geschichte Deutschlands und seiner Entwickelung im Ganzen hat, dann ist dieser Anteil ein begrenzter. Neben der Volksvertretung haben wir immer noch da» Souveränitätr-System. Volksvertretung und Souvei änitütr-kystem rechten noch fortgesetzt miteinander. Ich unterschätze sorz gewiß nicht die große Bedeutung de» großen Dialog« vom 10. und 11. November zwischen Volk und Krone, aber Worte können verklingen, was bleibt, muß etwa» rechtsfähiges sein. Der Antrag der Sozialdemokraten geht ja nun sehr viel weiter als die unseren. Die Herren über­sehen da aber, daß jedes Volk seine eigene Methode hat. Die Tendenz diese« Anträge« erkenne ich ja als richtig an, denn die Ge­schäfte des Reiches werden dann am Besten fahren, wenn der Leiter desselben dar Vertrauen de» Volkes besitzt. Wenn ich nun die anderen Anträge, die noch vorliegen, erwähne, so meine ich, daß der Antrag wegen Aenderung der Geschäfts­ordnung fast noch wlcktiger ist» al« der Verant- wortlichkeitsantrag. Notwendig und zweckmäßig erscheint mir neben den bisherigen großen Inter­pellationen die Form kleinerer Anfragen, kleinerer Interpellationen mit nachfolgender Beschlußfassung. Auf jeden Fall müssen wir eine reale Verant­wortung haben, wir müssen selbst die Initiative ergreifen. Handeln wir darnach, zeige Jeder, daß er ein politisch leberdiger Organismus ist. (Beifall.) Abg. Bindewald (d. Rsp.) erklärt sich für eine Erweiterung und Festlegung der Verantwortung de» Reichskanzler» und seiner Stellvertreter. Seine Freunde nürden daher für die Freisinnigen, den Zentrums- und den Polen- antrag stimmen. Redner hofft auf gute Arbeit der Kommission. Abg. Singer (Soz.) führt au«: Herr Naumann habe eine schöne Rede ge­halten. Er glaube aber, daß Niemand im Hause sei, der nun wirklich wisse, war er eigentlich wolle. (Sehr richtig.) Durch eigene Schuld nimmt der

Reichstag eine ganz untergeordnete Stellung der Regierung gegenüber ein. Da» läßt diese ihn auch bei jeder Gelegenheit fühlen. Ein macht- lose» Parlament, wie der deutsche Reichstag r« ist, kann ein Kulturvolk auf die Dauer nicht er­tragen. (Beifall bet den Sozialdemokraten.) Nbg. Dietrich (kons) führt au«: Wa» die vorliegenden Anträge betrifft, so erscheint es nicht richtig, aus dem Gefüge der Geschäftsordnung die Frage der Inter­pellation gesondert heraus zu greifen. Uiber dkm be­rauschenden Wort des Reichskanzlers, daß der Reichs­tag jederzeit seine Meinung kundtun kann, steht die Tatsache, daß durch sein Votum im Anschluß an eine Interpellation politische Gefahren heraufbeschworen werden könnten. Auch der polnische Antrag (Einberufung der Reichstage«) sei für seine Partei unannehmbar, denn die Einberufung gehöre zu den Rechten des Bunderrat» und seine» Präsidium«. Von unserem moralischen Standpunkte aus wünschen wir eine starke Verantwortlichkeit de» Reichskanzlers, aber wir haben diese schon, die öffentliche Meinung ist ja da und der Reichstag. Die ganzen Bestimmungen find uns so schwammig, daß wir uns gar nicht auf Mitarbeit in der Kommission einlaflen. Abg. Rickling (Elsäßer) verlangt, daß auch der Gouverneur von Elsaß- Lothringen unter solche Verantwortlichkeit gestellt werde wie der Reichskanzler. Damit schließt die Besprechung. Da« Schlußwort für die freisinnigen Anträge hat der Nbg. v. Payer, welcher erklärt, am aussichtslosesten erscheine der Antrag betr. die Zustimmung de« Reichstage« zu den Ent- scheidungen über Krieg und Frieden. Aber dieses Verlangen sei ein alter Programmpunkt der Volkspartei, der im Laufe der Zeit nicht an Berechtigung verloren hat. Weiter nehmen da« Schlußwort Abg. v. Dziembowrki für den polnischen Antrag, Abg. Heine für die sozialdemokratischen Anträge und Abg. Spahn für die Zentrum«- Resolutionen. Sämtliche Anträge gehen an die auf 28 Mitglieder zu verstärkende Geschäft«. ordnungs-Kommisfion. Der Präsident schlägt vor, Sonnabend 11 Uhr die erste Lesung de« Etat« zu beginnen. Auf Drängen des Abg. G iesber t«, die Gewerbenovelle noL vor Weihnachten zu Ende zu beraten, wird säließlich gemäß einem Antrag Bcffermann beschlossen, morgen 2 Uhr zu tagen mit der Tages ordrung: Weiterberalur g der Gewerbe-Novelle.

Berlin 3 Dez. Ans Prag meldet unterm 2 Dez. da«Berl. Tagebl.": Heute zir­kulieren in Prag mit großer Hartnäckigkeit Ge­rüchte von einer unmittelbar bevorstehenden Kriegserklärung Oestreich« an Serbien. Die Verhängung de» Standrechts und die vor­gesehene Verschärfung derselben durch den Aus­nahmezustand wird allgemein darauf zurückgeführt, daß man die hiesigen Serbophilen mit aller Euer- gie in die Schranken weisen will. Es heißt, daß morgen (3. Dez.) in Wien bereit« ein Krtegsrat

wendigsn Vorbereitungen für die Reise traf erhttlt er, völlig unerwartet, ein Telegramm von Ada, da» er mit zitternden Hürden arfriß:

Kommerzienrat Heiwer, Berlin, Kur fürstendarr w.

Weise, «ern irgend möglich sofort, Credit Lyonnais an, fünfzig- tauserd Franken an meine Ordre zu zahlen. Erklärender Brief folgt.

Ado.

Verständnislos starrte er auf die beiden Zeilen de« Telegramm».

Wa« war geschehen?

Hatte sie gespielt und verloren? Nein! Da» war unmöglich. Wer hätte ihr eine solche Summe vor schießen können. Oder beabsichtigte sie zu spielen? War sie irgend einem Schwindler in die Hände gefallen, der ihr ein System anbot, noch dem sie sicher gewinnen würde? . .

Er fühlte, wie plötzlich alles Blut rach seinem Kopfe flieg. Nur mühsam kämpfte er gegen eine Ohnmacht an. Seine Gedanken verwirrten sich, und er sank kraftlos in den Sessel zurück, aus dem er sich soeben erhoben hatte. Tarn wurde es plötzlich still um ihn, während er zugleich wie au« weiter Ferne da« Rauschen einer Stromer zu hören glaubte. Die beängstigende Stille um ihn und dar dumpfe Brausen in der Ferne lähmten seine Willenskraft; seine Augenlieder scklossen sich, und er war unfähig, zu rufen oder sich zu bewegen. Ein Augenblick unsäglicher Angst . . eine letzte, gewaltsame und erfolglose Anstrengung dann verlor er da» Bewußtsein . .

Al« er wieder erwachte, war e« bereit« dunkel im Zimmer. Langsam kehrte ihm die Besinnung wieder: war war doch geschehen? . . . Hilflos irrten seine Augen umher. Dann entdeckte er dar Telegramm aus dem Teppich, da« ihm aus der Hand gefallen war. Nun besann er sich wieder: Ada . . ihre Geldforderung . . die Reise, die er selbst geplant . . .

Er erhob sich mühsam und schwerfällig und tastete sich langsam bi»

zur Tür um auf den Knopf der elektrischen Klingel zu drücken. Seine Glieder zitterten und er hatte da» Gefühl, als flösse geschmolzene« Blei in seinen Adern. Krampfhaft griffen seine Finger in die schweren Falten de« Vorhanges, an dem er sich feflhalten mußte, um nicht zu Boden zu finken.

Endlich erschien der Diener; und nun gewahrte er mit Enißtzen, daß seine Zunge gelähmt war, daß er nur flockend und mit äußerster Anstrengung zu sprechen vermochte:

»Bringen Sie . . . Licht ... und dann ... zur Post ... ein Telegramm.

Al« er endlich wieder bi« zum Schreibtisch gelangt war, und der Diener die Lampe gebracht hatte, griff er nach der Feder und begann zu schreiben.

Langsam und mit zitternder Hand malte er die Worte auf da« Papier:

Frau Ada Heimer

Nizza, Hotel dÄngleterre.

Geldanweisung urmöglich. Erwarte deine Rückkehr in den nächsten Tagen. Angehender Eilbrief geht gleichzeitig ab. Otto.

Sobald er den Diener damit zur Post gesandt hatte, machte er sich daran, seiner Frau in wenigen, ober eindringlichen Worten die im Tele­gramm angekündigte Aufklärung zu geben.

Er verschwieg ihr nicht länger seine geradezu hoffnungslose Lage und forderte sie noch einmal dringend zur baldigen Rückkehr auf.Wenn Du bei mir bist" so schloß er »wird er mir eher möglich sein, der drohenden Gefahr mit der nötigen Ruhe gegenüberzutreten und wenigsten« so viel zu retten, wie roch zu retten ist .

Mit qualvoller Spannung sah er dem nächsten Tage entgegen, aber die erwartete telegraphische Antwort Ada» blieb au».