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Pfarrer Dierolf von Schattstetten, Landerökonomie« ratvantleon'Nlm olr langjähriger früherer Nachbar und Gutspächter Frank von Christophrhof. Da« noch sehr rüstige Jubelpaar, da« 83 bezw. 30 Jahre alt ist, hat roch 8 Kinder am Leben. Die Nachkommenschaft besteht an« 49 Enkeln und 8 Urenkeln.
Ulm 7. Okt. (Strafkammer.) Mt einer besonder« für die landwirtschaftlichen Kreise wichtige Frage hatte sich die hiesige Strafkammer zu be« fassen. In dem Städtchen Weilheim OA. Kirchheim hatte ein Schmied vom Sradtvorstand ein Strafmandat wegen nächtlicher Ruhe« störung erhalten, da er während der Heuernte noch nacht« nach 11 Uhr Sensen dengelte, die ihm kurz vorher zu diesem Zwecke vom Bauern überbracht worden waren. Der Schmied nahm aber die Strafe nicht an, sondern beantragte gerichtliche Entscheidung. Ta« Schöffengericht, da« dann mit der Sache zu tun bekam, sprach ihn aber frei, well e« der Anschauung war, daß man den Schmie« den in der Heuernte das Dengeln auch nach Ein« tritt der Polizeistunde nicht verwehren könne, da ihnen die Sensen von der Kundschaft oft erst um 10 Uhr abend« zugebracht und frühmorgens um 3 Uhr wieder abgeholt würden. E« bleibe ihnen also keine andere al» die nächtliche Zeit zu dieser Arbeit. Auch die Strafkammer, die sich zufolge de« weiteren Vorgehens de« Stadtvorstände« von Weilheim als Berufungsinstanz mit der An« gelegenheit beschäftigte, pflichtete der Entscheidung de« Schöffengericht« bei und sprach dem Angeklagten sogar noch den Ersatz der ihm wegen de« gericht« lichen Auslragr erwachsenen Auslagen zu. Der Einwand de« Stadtvorstande», daß durch die Ent« scheidung de« Schöffengericht« seine Autorität erschüttert sei, wurde von der Strafkammer nicht al« stichhaltig angesehen.
Pforzheim 7. Okt. Die beiden Brüder Dr. August und Emil Zerrener in Pforzheim, 37 und 38 Jahre alt. dis seit Montag vermißt wurden, find gestern in ihrer Wohnung tot aufgefunden worden. Der ältere hatte sich vergiftet, der jüngere erschossen. Die Toten waren Söhne dk« verstorbenen Kommerzienrat» Zerrener und Enkel de« früheren Oberbürgermeister« in Pforzheim. Die Ursache find private Gründe.
Pforzheim 7. Okt. Auf Ansuchen der Frankfurter Staatsanwaltschaft wurde eine Kontoristin au« Bruchsal verhaftet, nachdem sie bei zwei Frankfurter Engroi firmen für mehrere 1600 Goldwaren gestohlen hatte. Eine Hau«, suchung ergab noch eine große Aurbeute an ge- stohlenen Waren.
Baden-Baden 6. Okt. Der s. Zt. hier weilende Staatssekretär de« Reichrkolonialamt« Dernburg ist ein regelmäßiger Besucher de« bekannten Caf5 Rumpelmayer. Dieser Tage verlangte er eine Zeitung und soll nicht wenig
überrascht gewesen sein, al« ihm der Kellner daraufhin die in Deutsch Südwest-Afrika erscheinende „Windhuker Nachrichten" brachte und gerade die Nummer, welche die vom Staatssekretär vor Monatsfrist in Deutsch.Südwest-Afrika gehaltenen Reden und Ansprachen enthielt.
Würzburg 3. Okt. Einen gerissenen Streich leisteten sich, wie die „N. Bayer. Ldsztg." berichtet, in der Nacht zum 30. September zwei abgefeimte Gauner. Sie begaben sich zu mehreren hiesigen Fuhrwerkrbesitzern und bestellten fünf Leiterwagen, die unter ihrer Führung in die Biikenfelder Gegend fahren sollten. Unbegreiflicherweise vergewisserten sich die Fuhrwerk«, befitzer nicht, was die nächtliche Fahrt zu bedeuten hatte. So fuhren denn die Wagenlenker munter drauf los. Etwa dreiviertel Stunden vor Birkenfeld wurde Halt gemacht. Die beiden Spitzbuben stiegen au« und sofort begannen fie mit Stecken und Stangen an den dortigen Obst- bäumen fürchterliche Verheerungen anzurichten. Im ganzen wurden 80 Zentner Obst „ge- erntet" und auf zwei Leiterwagen verladen. Die andern Fuhrwerke durften leer zurückfahren. Die Gauner wollten die Fuhrleute noch am Platze aurbezahlen, doch diese meinten, fie sollten es mit dem Fuhrherrn selbst abmachen und fuhren ohne Geld wieder heim. Selbstverständlich unterließen es die Gauner, sich noch einmal sehen zu lassen. Die zwei beladenen Fuhrwerke landeten auf der Rückfahrt bereits um */r6 Uhr in Mar- getshöchheim, wo der Zentner Obst um 350 *6 verschleudert wurde. Die beiden Burschen ließen sich noch bi» hierher fahren. Seither find fie spurlos verschwunden.
Darmstadt 5. Okt. Wie der Obstbau zur Bereicherung einer Gemeinde beitragen kann, dafür gibt die kleine, 491 Einwohner zählende Gemeinde Himbach in Oberhessen ein bemerkenswerte» Beispiel. Im Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts hatte die Gemeinde 84000 Gulden alte Kriegsschulden; trotz dieser Schuldenlast kaufte fie von der Herr- schüft Meerholz in den Jahren 1871 und 1873 zwei Kirschenplantagen und Walnuß, und Edelkastanienplantagen für zusammen 12 580 Gulden. Jetzt ist die Gemeinde schuldenfrei und die Kauf- summe für die Obflplantagen ist ebenfalls amortisiert; die 134 Ortsbürger haben jährlich 1000*6 Kommunalkosten aufzubringen, der einzelne also nur 7,46 *«. Au« der Verpachtung der Ernte von 1800 Kirschbäumen au« den Plantagen löste die Gemeinde nach dem Ankauf in einzelnen Jahren 2000—3000 *6, während vor dem An- kauf nur 30—40 Gulden au« der Verpachtung von der Herrschaft Meerholz erzielt wurden. Von den anglkauften Plantagen find jetzt noch 1000—1200 Bäume tragbar; die Gemeinde aber hat durch rationelle Pflege und sachgemäßes Nachpflanzen junger Bäume für den Weiterbestand dieser guten Einnahmequelle gesorgt; daneben ist für die Anlage der neuen Kirschenplantagen bi«.
her unbenutzte« Landtagen. „Gemeindewüstungen", urbar gemacht und kultiviert worden.
Gießen 7. Okt. In der Klinik hat der wegen Millionen.Unterschlagungen: verurteilte Hofrat Rotschild einen Selbstmordversuch verübt.
Berlin 7. Okt. Der neue Termin für den Moltke-Harden. Prozeß ist vom Landgerichts direkt or vr. Lehmann, dem Vorfitzenden der IV. Strafkammer, der wieder die Verhandlungen leiten soll, jetzt nach der Haftentlassung de« Fürsten Philipp zu Eulenburg auf den 23. November festgesetzt worden. Man scheint also, was man bisher für ausgeschlossen hielte auf das Erscheinen de« Fürsten zu Eulenburg verzichten und den Moltke-Harden-Prozeß, was ebenfalls sehr überraschend kommt, vor der Erledigung des Meincid-Prozesses gegen den Fürsten Eulenburg durchführen zu wollen. Es wäre da» nur so erklärlich, daß man den Fürsten de» Meineid» für überführt hält und ihn als Zeugen nicht mehr bewertet.
New-Aork 7. Okt. Eine Anklage gegen Roosevelt. Parker beschuldigt Roosevelt, er habe vor 4 Jahren 100000 Dollars von der Standard Oil Company erhalten und zu Wahlbeeinflussungen verwendet.
Philadelphia 6. Okt. Zur Feier Ls« 225jährigen Bestehens der Stadt Philadelphia und der dazugehörigen Germantown erfolgte heute unter großer Beteiligung der Bevölkerung die Grundsteinlegung für ein Denkmal zur Erinnerung an den Führer der ersten deutsche« Aurwar derer. Franz Daniel Pastorius. Pastor Georg v. Bosse hielt die Festrede. Die Grundstein- legungvollzogderPräfidentdesdeutsch-amerikanische« Nationalbundr, Hexamer. Im Namen der Stadt nahm der Bürgermeister das Denkmal mC einer die Bürgertugenden der Deutschen rühm enden Ansprache entgegen.
Türkei md Kulgarien.
Anneriou Kosuieus «ud der Herzegowina.
Berlin 7. Okt. Dem „Berl. TageLl." wird aus Sofia gemeldet: Bisher hat noch keine der hiesigen diplomatischen Agenturen die Flagge gehißt. Ich sprach gestern den deutschen Geschäftsträger Baron Romberg, der die Entwicklung der Ereignisse al« sprunghaft und überraschend bezeichncte, wenngleich sie vorausgesehen werden konnten. Romberg erklärte weiter, daß er selbst, ebenso wie die Vertreter der anderen Mächte, bisher noch keine Direktiven von ihren Kabinetten erhalten hätten. Auswärtige Diplomaten äußerten sich dahin, daß nur die voraussichtliche Revision des Berliner Vertrag« die formelle Anerkennung de« Königreich« Bulgarien bringen könne. Auch werde König Ferdinand nicht früher mit dem hiesigen diplomatischen Korps in Fühlung zu treten suchen, als bi« mindestens die zuversichtlich
In diesem Augenblick fühlte er voll und ganz, wie unendlich teuer ihm Irmgard war, und daß ihr Verlust für ihn gleichbedeutend mit Tod sei.
Wieder schloß er Irmgard an sein Herz und Frau von Breden wunderte sich selbst, daß fie des alle« so in der Ordnung fard.
„Lessen Sie die Männer handeln, mein liebes Kind," sagte fie freundlich und küßte Irmgard zärtlich auf die Stirn. „Wildenstein und Erich segeln roch auf dem Rhein umher, es wird nicht schwer halten fie zu finden. Sie aber bedürfen fitzt vor ollem die Ruhe und die sollen Sie von jetzt an hier in meinem Hause haben."
„Nein, bitte, gr ädige Frau, ich finde nicht Ruh' noch Rast, bevor ich nicht da« Schicksal Rena's kenne. Gott wolle gnädig verhüten, daß fie da« Verderben traf, zu dem ich bestimmt war."
„So gehe ich auch mit," sagte die kleine, resolute Frau, „die Dienerschaft können wir so wie so nicht allarmieren. Den Gleichenburg« könnte e« zwar nicht« schaden, wenn man fie blamierte, aber wir stehen Ihnen leider zu nahe und müssen Rückfichten nehmen."
Einige Minuten später schritt Waldenburg mit den beiden Damen in die Nacht hinau«.
Wieder klang die Glocke gellend durch die Nacht. Berta kam mit verstörtem Gesicht, um nachzusehen» wer Einlaß begehre. Al« fie Irmgard und noch dazu Waldei bürg und auch seine Schwester erkannte, schrie fie auf, al« hätte fie einen Gäst gesehen.
„Ruhig," herrschte fie Waldenburg an. „Melden Tie sofort dem Herrn Rittmeister, daß ich ihn unverzüglich sprechen müßte. Jede Verzögerung würde da« Glück seines Hause« gefährden."
Berta wagte keine Widerrede. Stumm öffnete fie die Tür zum Gartensaal und stieg dann mit zitternden Gliedern die Trrppe hinan.
Unterder warteten die drei Personen in angstvoller Erregung auf dar Erscheinen des Hausherrn.
Mit wirrem Haar und verstörtem Blick trat derselbe denn auch nach einigen Augenblicken ein.
„Was geht hier vor," sagte er hastig, „daß man mich mitten in der Nacht in meinem Hause überfällt. Ah, auch Sie hier, meine Damen," setzte er wie mit leisem Spott hinzu.
„Lassen wir das, mein Herr Rittmeister," sagte Waldenburg bestimmt und ruhig und es war, als mische sich eine leise Drohung in seine Stimme.
„Ich bin hierher gekommen, um Rechenschaft von Ihnen zu fordern, über ein Verbrechen, da« man in Ihrem Hause gegen diese junge Dame" — er deutete auf Irmgard — „plante und welches nur ein Zufall vereitelte."
„Mein Herr!" brauste Herr von Gleichenburg auf.
„Bitte, ereifern Sie sich nicht. Ich bin überzeugt, daß Sie dem Treiben Ihrer Frau Gemahlin fern stehen, aber ich möchte Sie jetzt bei dem Leben ihre« Kindes fragen: ist Ihnen in Ihrem Hause ein Zimmer bekannt, in welchem sich eine Bettstelle befindet, die in Folge eine« Federdruckes in die Tiefe finkt und den im Bett Liegenden in irgend einen Abgrund befördert, der mir noch unbekannt ist?"
Gleichenburg drückte die hageren Hände aufstöhnend gegen die Augen. Welche schrecklichen Bilder stiegen vor seinem Geiste aus.
„Kennen Sie ein solches Zimmer?" fragte Waldenburg roch einmal.
„Ja," murmelte der gemarterte Mann, „aber da« Zimmer ist seit Jahren verschlossen und unbewohnt." (Fortsetzung folgt/-