Ring, den sie in Anwesenheit d« Mädchens noch hatte, vermißte. Es zeigte sich, daß eine ganze Menge Tchmucksachen, Ring. Brochs, Uhr mit Kette u. s. w. fehlten. Das Schmuckkästchen einer Tochter war total gevlündert. Außerdem hatte die Diebin eine gestickte Blouse, sowie ein Kleid mitgenommen. Dar Mädchen wird wegen zweier ähnlicher Fälle schon polizeilich gesucht. — In Pforzheim wurde der Gipser Gottl. Stradinger von der Kriminalpolizei verhaftet, weil er seine eigene Frau verkuppelt hat. — Auf Requisition der Frankfurter Staatsanwaltschaft wurde in Pforzheim die Kontoristin Emmy Wetzlaff aus Bruchsal verhaftet, die zuvor bei zwei Frankfurter LnAros-Firmen tätig war, wo sie für mehrere tausend Mark Goldwaren gestohlenhat. Eine Haussuchung förderte noch Waren im Wert von einigen Hundert Mark zu Tag.
Berchtesgaden. Am Obersee wurde auf einer Bank ein mit einer Hutnadel ange- hefteter Zettel, gerichtet an Herrn Wilhelm Runke in Wien, gefunden, dessen Inhalt auf ein Liebes« drama schließen ließ. In dem Nachen, den da« Liebespaar benützt hat. zeigten sich Blutspursn. Es handelt sich um den 28jährtgen Leutnant Wilhelm Runke aus Wien, der seine Braut Marie Schweriner, ebenfalls aus Wien, zuerst erschoß und dann in den Tee fallen ließ und ihr nachfolgte. Die Leichen find noch nicht gefunden.
Paris 5. Okt. Gestern nachm. 4*/, Uhr stiegen vom Tutleriengarten aus dis 18 Luft« ballons auf. dis diesmal um den großen Preis de« französischen Luftschifferklubr streiten. Das Wetter war mehr der ungeheuren Menge der Schaulustigen als den Ballons günstig. Schon seit längerer Zeit erfreuen wir uns einer wolkenlosen Himmels und einer Wärme wie im Sommer. Aber gestern kam zu diesen Vorzügen der Witterung noch eine fast völlige Windstille. Früh morgen« hatte noch eine leichte südöstliche Brise geherrscht, die sich jedoch mittag« legte, und als um 3 Uhr der Lotsenballon „Gay>Lusscc" aufstieg, erhob er sich kerzengerade in die Lüfte, ohne die geringste Abweichung nach irgend einer Seite. Um 4*/- Uhr herrschte ein kaum merklicher Luftzug, sodaß die Ballons, die nun in Pausen von 4 Minuten aufstiegen, in langer Reihe dicht neben einander über Paris schwebten. Sie waren nur durch Abstände von etwa 10 m von einander getrennt und die Luftschiffer konnten sich von Gondel zu Gondel unterhalten. Infolge dessen landete der Lotserballon gegen V-7 Uhr im Boi« de Vincennes, nachdem er in 3^- Stunden 3 km zurückgelegt hatte. Unter solchen Umständen werden die Lust- schiffer diesmal nicht weit kommen und den Rekord des Grafen Henri de La Vaulx wohl nicht schlagen, der bei dem Wettbewerb vom 9. Okt. 1900 von Pari« bis nach Korostyscheff in Rußland gelangte und 1925 km zurüälegte. Die Windrichtung, die gestern zuletzt herrschte, war eine südwestliche. Die Ballons steuerten also nach Deutschland.
Türkei und Bulgarien.
Konstantinopel 6. Okt. Der Sulta« erhielt ein Telegramm des Fürsten Ferdinand, worin dieser sein Bedauern ausspricht» daß er durch den Willen der Volks« gezwungen sei, die Unabhängigkeit Bulgariens zu erklären. Der Ministerrat trat sofort zusammen und beschloß, die Note dahin zu beantworten, daß s» der Türkei unmöglich sei, die Unabhängigkeit Bulgariens anzuerkennen, weil diese Sache den Berliner Vertrag angehe und es sich um eine Angelegenheit der Signatarmächte handle.
Konstantinopel 6. Okt. Der Großvezier arbeitete die ganze Nacht hindurch. Der Minister de« Aeußern besuchte um Mitternacht die Botschafter von Deutschland, Frankreich und Rußland, um von ihnen Rat zu erbitten. Gegen 3 Uhr mittags traf dann eine offizielle Depesche Bulgariens ein. Die Botschafter von Deutschland, England, Frankreich und Italien erschienen persönlich bei der Pforte. Der Minister des Aeußeren teilte den Diplomaten mit, daß die Türkei Einspruch erheben werde.
Konstantinopel 6.Okt. Die Türkei hat zwar offiziell gegen Bulgariens Verletzung der bestehenden Staatsverträge protestiert, wird aber keine Gewaltmaßregeln ergreifen. In türkischen Regierungrkreisen beabsichtigt man nur, alle mit Bulgarien bestehenden Verträge zu annullieren und in neuen Handelsverträgeu Bulgarien alle bisher gewährten Vorzüge abzuschneiden und so den bulgarischen Handel mit der Türkei zu unterbinden.
Konstantinopel 6. Okt. Vorgestern Nacht trafen au» Berlin vom Kaiser beim Sultan mehrere Depeschen ein. Infolgedessen wurde der Großwefier Hiamil Pascha sofort zum Sultan zu berufen. Trotz der äußerlich zur Schau getragenen Friedens-Zuversicht wird von der Türkei ernstlich gerüstet.
Paris 6. Okt. Der „Temps" plädiert in einem Leitartikel für die Einberufung einer europäischen Kongresses zur Regelung der orientalischen Frage in ihrer neuen Gestalt. Die Unabhängigkeit Bulgariens sei eins diplomatische Niederlage für die Türkei aber eine noch größere Blamage für da« Konzert der europäischen Großmächte. Nachdem die Tatsachen in sa lächerlicher Weise die Haager Utopie zerstört hätten, müßte man wenigstens die Form wahren. England und Frankreich im Einverständnis mit Rußland müßten Europa in Erinnerung rufen, daß der Berliner Vertrag nicht gestört, daß er höchstens abgeändrrt werden dürfe. Ein Kongreß müsse zusammentreten, der die Lage prüfen und vor aller Welt die Haltung jeder einzelnen Macht klarlegen solle. Frankreich sei von aufrichtiger Freundschaft für die Türkei, von Symphatie für
bald er die Reichsgeldsr vollend« erhalten, haben zugunsten der Nationalspende auf die Wiedererstattung verzichtet.
Friedrichshafen 6. Okt. Dar Teeblatt erfährt, daß die früheren Miteilungen über die Errichtung eine« erstklassigen Hotels teil- weise irrig waren. Da« Konsortium, das aus Herren der ersten Stuttgarter Kreise gebildet ist, hat den Plan der Errichtung eine« erstklassigen Hotel« in Friedrichshafen hauptsächlich deshalb in Angriff genommen, um damit eine Angelegenheit zu fördern, für die das Unternehmen des Grafen Zeppelin von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit ist, sowie um damit der Stadt Friedrichshofen zu geben, war zur Hebung de« Fremdenverkehr- notwendig ist. Die Gesellschaft ist durchaus keine Erwerbsgesellschaft, vielmehr von dem Konsortium beabsichtigt, nach Verzinsung der Kapital» mit 4*/r Proz. den ganzen überschießenden Ertrag für die Hebung der Fremdenverkehr» in Friedrichs- Hafen zu verwenden, sodaß dadurch der Stadtgemeinde Friedrichshafen voraussichtlich alljährlich nicht unbedeutende Einnahmen zufließen dürften, die zur Anlage von öffentlichen Plätzen und sonstigen Verbesserungen und Verschönerungen der Stadt verwandt werden können. Das Konsortium reflektiert einzig und allein auf einen Platz direkt am See und speziell nur auf den Platz des Kurgartens.
Karlsruhe 5. Okt. Die von der Land- wirtschafttkammer beantragte zeitweilige Herabsetzung der Tarife für Mostobst ist in den Monaten Oktober und November d. I. mit sofortiger Wirkung von Großh, Regierung genehmigt worden. Eie besteht darin, daß frische Lepfel und Birnen in loser Schüttung und in Ladung von mindestens 200 Ztr. (10000 Kg.) auf der Staattbahn bi« zu einer Entfernung von 200 Km. zum Spezialtarif I statt wie bisher zu den Tarifsätzen der allgemeinen Wagenladungsklaffe befördert werden. Bei Entfernung über 258 Km. kommen^die Sätze des Spezialtarif« II in Anrechnung, wahrend für die Entfernung von 200—258 Km. ohne Unterschied der Entfernung der Frachtsatz des Spezialtarifs I für 200 Km. gerechnet wird. Die Ermäßigung beträgt bei größerer Entfernung nahezu 40 Proz. der gewöhnlichen Fracht.
Aus Baden 6.Okt. Einer raffinierten Diebin ist eine Rastatter Familie zum Opfer gefallen. Ein neu engagierter Dienstmädchen, das am Samstag bet der Familie vorsprach, sollte am Montag den Dienst beginnen. Sie blieb vom SawStog zum Sonntag bei der Familie über Nacht und gab am Sonntag früh vor, nach dem nahen Malsch zu fahren und ihre Kleider zu holen. Die Hausfrau gab ihr noch Geld, sowie ein Reise- plaid mit auf die kurze Reise. Als da« Mädchen am Sonntag abend nicht zurückkehrte, wurde die Familie stutzig» umsomehr, als die Hausfrau einen
Renate zerdrückte eine Träne die in ihrem Auge glänzte.
„Ist mir doch gerade," sagte sie vlötzlich, „als hätte ich dieses Zimmer unsere« Hause« noch nie gesehen? Ach ja, ich erinnere mich — Mama hielt es immer verschlossen — Berta meint, sie hebe ihren Schmuck hier auf. — Welche Idee!"
Rknate lachte leise in die Kiffen hinein.
„Bist Du wirklich so vergnügt, Rena," fragte Irmgard, „oder willst Du mir die Stunde der Trennung leicht machen?"
Ueber Renaten« Gestchtchen flog ein Schatten. Aber nur einen Moment. Die blauen Märchenaugen strahlten hell aus und Seide Hände gegen die Brust pressend sagte sie mit fast glückseligem Lächeln:
„Wäre es nicht unrecht gegen Gott, traurig zu sein, jetzt, wo Er gerade so unendlich gütig gewesen? Hat Er mir nicht die Liebe gesandt, diese Wunderblume, als köstlichen Schatz, für mein ganzes Leben?"
„Du schwärmst," flüsterte Irmgard, „und wenn diele Liebe nun Entsagung" heißt?"
Noch inniger, süßer blickten die blauen Märchenaugen zur Freundin herüber, als der Mund Renaten« langsam die Worte sprach:
„Es giebt einen Schmerz der Liebe, der noch süßer als das Glück der Liebe ist, dieser Schmerz heißt Entsagung und wird so lange ich lebe mein höchste« Gut auf dieser Erde sein."
„Armes Kind," bebte es von Irmgards Lippen. Wie viel besser als ste war doch da« junge Geschöpf mit all seinem Leid, wie still und gottergeben, während ihr rebellische« Herz unaufhörlich nach Glück schrie.
„Nenne mich nicht arm, Jrmchen, o, ich bin ja reich, so unermeßlich reich, daß ich ihn. den Hohen, Guten lieben kann, lieben da--. Bis Du
kamst, hatte ich ja sonst Memand auf der Welt, Nicht Vater und Mutter, die Geschwister anders geartet, nicht mit mir gleichfühlend, Da war ich arm, da war ich elend, aber jetzt, wie bin ich doch fo reich — so reich — und glücklich."
Müde sanken die langen Wimpern über die süßen, blauen Augen, Renate schlief.
Irmgard erhob sich leise und küßte die blonde Schläferin. Wie ein Engelein lag das Mädchen da. Dis Goldflut des Haare« umwogte wie ein Helligenschein das zarte Antlitz und da« Lächeln auf den Lippen schien Irmgard da« bezauberndste was ste je gesehen.
Irmgard schmiegte sich wieder in die Sofarcke. Wie langsam die Zeit verrann. Kaum war Mitternacht vergangen. Im Geiste zogen verschiedene Bilder ihrer Aufenthaltes im Hause der Gleichenburgs an Irmgard Düren vorüber. Aber immer verworrener wurden die Bilder, immer nebelhafter wurden die Gestalten. Bleischwer hatte sich auch auf Irmgards Augenlider der Schlaf gesenkt.
Wie lange ste fo geträumt, wußte sie nicht. Plötzlich aber fuhr sie mit einem leisen Schrei ewpor, er war ihr, als hätte ein Geräusch ste aus dem Schlafe geweckt.
Was war dar? Irmgard rieb sich die Augen. Die Stelle, wo das Bett auf dem Renate lag, gestanden, war leer. Ruhig und eben lag der Fußboden da, aber von Renate und der Lagerstätte keine Spur.
Zuerst legte es sich wie lähmend auf Irmgard» Gedanken und Empfinden, plötzlich aber ward es Licht in ihrem Innern, grell, schrecklich schnei kam sie zum vollen Bewußtsein.
(Fortsetzung folgt,'