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Trauben 20 mid 22 ^ per Pfund. Angeboten wurden noch einige Restchen Himbeeren. Im Einzelverkaufwar ObstdurchschnitÜich um 510 iZ temer. Der Gemüsemarkt verzeichnete die ver­schiedenen Kohl- und Krautsorten zu 1230 per Stück. An Pilzen wurden an geboten Pfifferlinge und Kapuziner zu 30 Stein­pilze zu 40 iZ per Pfund. Ans dem Wildbret- und Ge flügelmarkt kosteten Hasen 33.50 Gänse 5-5.50 Feldhühner 70-130

Stuttgart 3. Okt. Die Kettenschmeide im Industriegebiet Aalen führten im Sommer eine Lohnbewegung. Sie verlangten u. a. mit besonderer Rückficht auf die niedrige Ent­lohnung eine 15o/oige Lohnerhöhung. Die Arbeit­geber setzten dieser Forderung heftigsten Wider­stand entgegen. Dank de« Bemüh«»« de« Ober­amtmann« Schlaich-Aalen gelang es jedoch die Bewegung auf friedlichem Wege zu beendigen. Ter Erfolg war eine vertragliche Abmachung, wonach die Arbeitgeber am 1. Oktober ds I«. eine Lohnerhöhung von 5°/» bewilligten. Jetzt wollen die Arbeitgeber die vertraglich ftstgesetzte Lohnerhöhung laut Zuschrift und trotz mehrmaliger Berständigungrversuche seitens der Organisationr- leiter wieder rückgängig machen. Daraufhin haben bi» jetzt bei einer Firma die Arbeiter, in ihrer großen Mehrzahl dem christlichen Metallarbeiter- verband angehörend, die Kündigung eingereicht.

Stuttgart 4. Okt. In Tübingen begann glstern der diesjährige Parteitag der Deutschen Volkrpartei, zu dem zahlreiche Teilnehmer ein getroffen waren. Sämtliche Führer der Partei und viele befreundete Parlamentarier haben sich in der reichgeschmückten schwäbischen Stadt ein Stelldichein gegeben. Noch einer Sitzung de« weiteren Auischusser fand am Samstag Nach­mittag die erste Parteiversammlung im oberen Saal de« Museums statt. Nachdem Tr. Heim- burger die Erschienenen herzlich st begrüßt hatte, wurde dar Parteibureau konstituiert. Den Partei- bericht erstattete Dr. Heim bürg er. Er wie« auf die Frankfurter Einigungrkundgrbung und auf die durch die Blockpolitik entstandenen Schwierig­keiten hin. Gemeinsam bleibe eilen Partei-An- gehörigen dar sichere Gefühl, daß man die Schwierig, leiten überwinden müsse, ohne die Parteigemein, schüft zu schädigen. Aus den inneren Kämpfen sei die Partei ungeschwächt hervorgegangen. Er sei wünschenswert, jetzt eine Politik zu verfolgen, an der olle Parteigenossen Mitwirken können zur Berwirklichung der demokratischen Ziele. Die Privatbeamtenfrage behandelt Professor Hummel au» Karlsruhe in einem längeren Referat an der Hand nachfikhender Thesen: 1) für alle Privatbeamten ist die röllige Sonntags­ruhe durchzusühren; 2) eine gesetzliche Regelung der Kontorarbeit ist erwünscht; 3) Vereinbarungen, wonach ein Privatbeamter zeitlich an der Au«. Übung seines Beruf« verhindert werden soll (Kon- kurrenzklausel) sollen nichtig sein; Konventional­strafen sollen die Höhe des halbenJahresgehaltes

nicht übersteigen und die Geltendmachung weiterer Schadenransprüche au«schlteßen; 5a) Erfindungen von Angestellten gehören dem Geschästrherrn, so­weit sie zur Tätigkeit und zum Arbeitsgebiet des Angestellten gehören, soweit eine Vergütung statt­findet und nicht durch Vertrag anderer bestimmt wird. Der Erfinder hat ein klagbarer Recht darauf, daß sein Name in der Anmeldung und in der Patent- schrift genannt wird; d) Abmachungen, nach welchen der Geschäftrherr auch Erfindungen beansprucht, die nicht zum Arbeitrgebict des Erfinders gehören, sollen nichtig fein. Ferner wurden folgende Re- solutionen eingebracht: 1) Die Abgeordneten der Partei werden ersucht, dahin zu wirken, daß baldigst eine Alters-, Invalidität«- und Hinter- bliebenen-Verstcherung der Privatbeamten ein­geführt wird. 2) Die Parteifreunde, die dem Reichstag, den Landtagen oder komunalen Körper­schaften angehören, werden ersucht, dahin zu wirken, daß da» Koalitionrrecht den Privat- beaprien gegen Uebergriffe der Unternehmer sicher gestillt wird. Abends fand im überfüllten Fest­saal des Museums eine allgemeine gesellige Vereinigung statt, wobei Naumann über den Wert der Persönlichkeit sprach, Haußmann die auswärtige Politik des deutschen Reiche« scharf verurteilte und Payer in humoristischer Weise überfeine politische Entwicklung sprach. Muser feierte die demokratischen Ideale. Am Sonntag Vormittag fanden sich zahlreiche Parteigenossen vor dem Uhland-Denkmal ein, woselbst durch Haußmann, welcher in finnigen Worten Uhland als Volks- und Freiheitskämpfer zur Nacheiferung empfahl, ein Lorbeerkranz nieder- gelegt wurde. Um 10 Uhr begann unter äußerst zahlreicher Beteiligung im Fsstsaal des Museum« die zweite Parteiversammlung, die ron Liesching mit freundlichen Begrüßung«- «orten eröffnet wurde, vr. Wiemer über­brachte die Grüße der freisinnigen Volk?Partei und Naumann diejenigen der freisinnigen Vereinigung. Er gab zu bedenken, war der Liberalismus durch Zerstückelung in Deutschland verloren habe und betonte, daß man in politisch schwierigen Zeiten beieinander bleiben müsse. Friedrich Payer berichtete sodann überDie politische Lage im Reich." Die europäische Menschheit ströme über von friedlichen Ver­sicherungen. Der europäische Friede beruhe auf einer inneren Notwendigkeit. Deutschland wolle und brauche den Frieden für seine Entwicklung. Von Rußland und Frankreich drohe keine Gefahr. Bei einem Kriege zwischen Deutschland und Eng­land würden beide Teile nicht gewinnen sondern verlieren. Trotzdem sei kein richtiger Behagen in der Welt. Was der Welt fehle, sei, außer feierlichen Versicherungen, eine Art formeller Garantie für den Bistand des Friedens. Die Diplomatie arbeite wie eine gut geschulte Feuer­wehr. Die deutsche Diplomatie müsse sich be- mühen uns Freunde zu erwerben. Je mehr Monarchenkonferenzen statlfinden, desto einsamer

würden wir. Wer an dieser Isolierung Schuld sei, wisse man nicht, ob die Diplomatie oder ob man höher hinausgreisen müsse. Der Reichs- schatzsekretär sollte vor allem darauf bedacht fein, daß Handel und Industrie sich eines möglichst behaglichen Zustande« erfreuten. Die deutsche Volkspartei habe e» früher besser gehabt als andere Parteien. Bisher kam e« im Reich aus uns selten an. Die praktische Politik haben nicht immer zu unserer Freuds Andere gemacht. Die letzten Reichstagswahlen schufen eine noch nie dagewesene Sachlage. Die Rsichstagswahlen haben den Willen de« Volk« dahin kundgegeben, daß der Zentrumrgeist, der in den letzten 15 Jahren vor­herrschend war, niedergezwungen werden soll. Wir können nicht die Verantwortung dafür übernehmen, daß da« Zentrum wieder in den Sattel gehoben wird. Wir, wie die Konservativen sind nicht zum Vergnügen im Block. Auch der letzte Parteitag wußte uns keine andere als die eingeschlagens Taktik vorzuschlagen. Glatt ist die Politik nicht verlaufen und manche Sorgen hat sie gebracht. BLlow habe in der kritischen Zeit erklärt, er müsse zurücktreten, wenn die Blockparteien nicht aushörerr, sich in schroffster Weise zu befehden. Diese Stellung des Reichskanzlers sei verständlich gewesen. Wert­voll sei dar konstitutionelle Brkenntnis Bülow«, daß auch im deutschen Reich der Reichskanzler zurücktreten muß, wenn er nicht die parlamentarische Mehrheit hinter sich Hot. Wir haben Bülow nur unsachlich einen persönlichen Gefallen getan, als wir die Etatsberatung auf 24 Stunden aussetzten. Bezüglich des Vereins« chls müsse man beachten daß der Entwurf °/io der Bevölkerung einen außerordentlichen Fortschritt bedeutete. Wär« dieser Entwurf früher heraurgebracht, man wäre starr ob solcher liberalen Anwandlung gewesen. Es habe unberechtigte Voreingenommenheit gegen alle Entwürfe, die als Blocksrüchte gekennzeichnet waren, bestanden. Auch der neue Majesiätrbcleidigungs, Paragraph habe die schreiendsten Mißstände beseitigt. Auch der Entwurf zur Strafprozeß:» dnung be­deute einer: tatsächlichen Fortschritt, den man der Linken verdarke. Die Antwort BLlows auf Lts Wahlrechtsir.terpellation war h wenig ein Aus­fluß liberalen Geistes und in der Form so ungeschickt, daß man sich überlegen mußte, ob d!« Blockpolitik noch weiter mitzumachen sei. Wäre nicht Reichs kanzler und preu ßischer Ministerpräsident eine Person, so wäre die Ablehnung nicht so verletzend erschienen; damals habe sich das faktische Uebergewicht und die politische Rückständigkeit de« Vorstaats Preußen gezeigt. Trotzdem sind wir im Block verblieben. Ein Unbefangener könnte in unserer Haltung keinen Fehler erblicken. Die Absicht der Zentrums und der Sozialdemokratie war lediglich die Blockpolitik zu Fell zu bringen. In läugeren Ausführungen verteidigte sodann Poyer seine Stellungnahme zum Vereinsgesrtz. Man habe schon oft gegen Forderungen des Program m« verstoßen. Wir erheben keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit, haben aber als Abgeordnete

nur zögernd von ihren Lippen. Wo nur die Schwestern so large weilten ihr Erscheinen verscheuchte stets die Schalten, die in Frau von Gleichen- kurg's Gesellschaft vor Irmgard ausstiegen.

Wie schade, mein liebes, liebe» Fräulein," sagte Frau Helene im Laufe des Gesprächs,doß wir den morgenden Tag ohne Ihre so begthrte Gegenwart begehen müssen. Ich werde Ihren Verlust ebenso schmerzlich empfinden, wie meine Kinder."

Irmgard stammelte einige unverständliche Morte, in dem etwas von Dankbarkeit und Gastfreundschaft enthalten war.

Sie heben durchaus keine Ursache zu darken, mein lieber Kind," entgegnete Frau von Glrichenburg und ein höhnischer, triumphierender Blick zuckte in ihrem Auge auf,allerdings habe ich Ihnen in Anbetracht Ihrer Verhältnisse den Pensionspreis für den langen Aufenthalt in meinem Hause sehr billig gestellt, aber was tut man nicht oller seinen Kindern zu Liebe. Darf ich Ihnen die Rechnung gleich vor legen, Fräulein Düren?"

Irmgard nickte mechanisch und sah mit Schrecken, wie Frau von Gleichenburg einen großen Vogen au» der Tasche ihrer Kleide« zog, der über und über mit Zahlen bedeckt war.

Eine Rechnung! Irmgard unterdrückte nur mühsam ein bittere« Lachen, da« ihr au» dem Herzen stieg. Man hatte fie wieder und immer wieder zum Bleiben genötigt, um einen möglichst hohen Preis für die gebotene Gastfreundschaft heraus zu schlagen urd die Frau die da« wagte ihren Gästen zu bieten, saß ihr so ruhig und seelenheiter gegenüber, als habe sie die schönste Lat ihre« Leben« voübracht.

Irmgard schämte sich in die Seele der Kinder dieser Frau hinein, der die Goldgier da» Herz genommen. Schon zuckte Irmgard'« Hand nach

der Böise, um die geforderte Summe, dis dreimal höher war als das Gebotene, zu entrichten, aber es kam plötzlich rin so eigene» Gefühl der Kampfeslust über die Malerin, gleichsam, als müsse sie diesem Weib« zeigen, daß fie cs durchschaut habe, bi« aus den Grund der Seels, und zu dem kam, doß die geforderte hohe Summe Irmgards Mittel auch vollständig verschlungen hätte, deshalb sagte die Malerin, das Kövfchen mit unnach« ahmbarer Grazie zmücklegend und der Frau des Hause« kampfeslustig in die glühenden Augen sehend:

,Jch habe nicht gcwußt, gnädige Frau, daß das Haus der Gleichen- burcs ein Hotel ist, in welchem zu leben, wie Ihnen genugsam bekannt ist, mir meine bescheidenen Mittel nicht erlauben. Da ich nicht auf ein» derartige Hotelrcchnung vorbereitet war, umsomehr, da Sie ja jede« Pensionspreis von Anfang an ganz entschieden ablehnten, so gestatten Si« mir wohl, daß ich Ihnen die mir vorgelegte Rechnung von Frankfurt au»

Frau von Gleichenburg biß sich heftig auf die Lippen. Sie fühlt« mit überwältigender Gewißheit, daß dieser junge, wie fie bisher meinte, unbedeutende Mädchen, fie erkannt und ein Wort dieses Mädchen.« fie und ihr Haus verderben konnte. Aber Frau Helene war nicht die Frau, di« sich au« der Fassung bringen ließ, deshalb sagte sie auch mit der freund­lichsten Miene, die ihr zu Gebote stand:Aber gewiß, mein liebes Kind, das ist ja ganz selbstverständlich, daß Sie das mit der Bezahlung halte» können, wie e« Ihnen beliebt auch in Raten, ganz nach Ihrer Bequemlichkeit."

Irmgard verbeugte sich dankend. Ein ironische« Lächeln kräuselt« ihre Lippen, als sie sagte:Gnädige Frau find sehr gütig."

(Forssetzung Mg!.'