dieses überschauen bei der SL. WendelinSkapelle (501 m) auf der Höhe zwischen Neuhausen und Steiuegg (inte­ressanter mag noch die Aussicht sein auf dem mehr rechts gelegenen, langgestreckten, kahlen Büchelberg, 549 m hoch). Auf unserem Weitermarsch winkte uns zwar von einer Anhöhe jenseits der Würm der durch seinen wertvollen Kirchenschmuck berühmte Ort Tiefenbronn. Wir folgten aber dennoch von der stark zerfallenen, aber sehr malerischen Ruine Steinegg an nur der Zickzackmarkierung desLiebenecker Wegs" und wandelten in nordwestlicher Richtung weiter. Während wir uns bisher an dem reichen Herbstsegen der Obstbäume erfreuen und laben durften, gings nunmehr wieder fast durchweg durch schattigen Wald. In demselben standen im Gegen­satz zu unserer Heimat fast überall hohe Buchen, die in ihrer herbstlichen Färbung einen überaus freundlichen Eindruck machten. Wir hielten uns zunächst am linken Hang des romantischen Würm­tals. Allmählich gingS aber immer mehr hinab und in einiger Entfernung winkte uns als nächstes Ziel auf einer Anhöhe rechts der Würm die stattliche Ruine Liebeneck. Aber da es im Tale neben einer Sägmühle auch ein gastliches MrtShaus mit flinkstereigener" Bedienung gab, und zudem seit unserem eiligen Mittagessen nur Aepfel, Birnen (vertreten durch die heimtückischenWadelbirnen") und blaugrüneZwetsch- gen gegessen hatten, so war es ganz am Platz, daß wir eine halbstündige Ruhe- und Vesperpause machten. In gemütlichem Tempo wurde sodann die Lieben­ecker Höhe erklommen und bewundert. Dann gings, zum Teil mit Maischgesang und Jubelklang aus verbotenem Weg" bergunter und bergauf dem Seehaus" zu. Obwohl sich dasselbe als ein sehr verlockendes Gasthaus darstellte, wurde es doch von den meisten ignoriert, wenn auch schweren Herzens. Unser Ziel war das telegraphisch bestellte Vesper im Prinz Karl" zu Pforzheim. Mit bewunderswerter Ausdauer hatten bis zum Schluß alle Wanderer wacker ausgehalten, was sehr viel heißen will, wenn mau bedenkt, daß fast alle Altersstufen vom 9. bis zum 60. Jahr vertreten waren. Es war dies natür­lich auch nur möglich durch Einhaltung eines sehr gemütlichen Marschtempos. Die eigentliche Wande­rung dauerte ein Weniges über 4'/, Stunden, und eS machte in dieser Zeit der jüngste Wondergenosse 40844 Schritte. Nach einem vorzüglichen Vesper und einer langen Ruhepause suchten die meisten von uns das Calwer Sonntagszügle auf und belegten dort zwei der schönsten Wogen 4. Klasse. Hier entwickelte sich dann noch zum Schluß die bei uns immer übliche Fröhlichkeit. Während der eine Wagen das Glück hatte hiezu einen Musikanten aufzugabeln, der von einem Kirchweihkonzert heimkehrte, waren die Insassen des anderen Wagens in der Lage eigene Musik zu stellen. Es erklangen deshalb das ganze Tal herauf heitere und ernste Weisen in reicher Abwechslung. Als wir uns endlich hier verab­schiedeten, dursten wir uns sagen, daß wir an diesem Tage einen der schönsten Ausflüge des Calwer Schwarzwaldvereins gemacht haben.

Nagold 22. Sept. Die Hopfenernte ist größtenteils beendigt. Dark der warmen Witterung geht die Trocknung rasch voran. Be­reit« wurden Käufe abgeschlossen und 3540^ per Zentner nebst größerem Draufgeld erzielt.

Stuttgart 22. Lept- Der Verein für ländliche Wohlfahrtspflege hielt gestern seine Herbflversammlung hier ab, zu der auch mehrere Vertreter der Regierung und der Stadt- gemeinde erschienen waren. Der Vorsitzende, Freiherr v. Soden, erstattete den Jahresbericht, aus dem hervorgeht, daß die Mitgltederzahl jetzt auf über 1000 gestiegen ist. Redner besprach außerdem ausführlich da» vom Verein in der Bau-Ausstellung erstellte Mustergemeinds- hau«, von dem er hoffe, daß die bester situierten Gemeinden es fleißig nachahmen würden, bis der Staat die Mittel für den gleichen Zweck zur Ver­fügung stellen könne. Pfarrer Beutter von Rothenberg hielt einen Vortrag über den Bau, die Einrichtung und die Art der Verwendung der Gemeindehauses in Rothenberg. Architekt Weigle- Stuttgart, der Erbauer de« Gemeindehauses in der Ausstellung schloß sich mit einem Lichtbilder­vortrag über ländliche Bauweise und den Schutz und die Erhaltung alter schöner Ortr- und Land- schaftrbilder an.

Heilbronn 22. Sept. Am Sonntag nacht, kurz vor 12 Uhr wurden drei Damen, welche vom Hanptbahnhof der 'Stadt zugingen, in der Nähe der Zufahrtsstraße zum Güterbahn­hof von einem Burschen angefallen und einer der Damen die Handtasche gewaltsam aus der Hand gerissen, mit welcher sich der Täter flüchtete. Auf die Hilferufe der Damen eilte der auf dem Brückentorweg stationierte Schutzmann herbei, er nahm sofort die Verfolgung der Täters auf, welcher auf der Flucht die geraubte Hand­tasche wegwarf. Der Täter wurde von dem Schutzmann eingeholt und festgenommen. Er entpuppte sich als der ledige 25 Jahre alte Schuhmacher Christian Hörner aus Erdig, er ist geständig und gibt zu, dis Tat mit Ueberlegung aurgesührt zu haben. Die betreffenden Damen sind der Weisung des Schutzmanns, sich zu ihrer Vernehmung auf die Polizeihanptwache zu begeben, richt nachglkommen und find bis jetzt noch un­bekannt, es ergeht derhalb an sie das Ersuchen, sich alsbald beim Stadipolizeiamt zu melden.

Unterurbach OA. Schorndorf 22. Sept. Am Sonntag nachmittag wollte ein hiesiger 14- jähriger Junge einige auf der Landstraße zwischen Urbach und Plüd er Hausen spazieren gehende Mädchen erschrecken und feuerte zu diesem Zweck ein mit Pap'er pfropfen geladene« Terzerol ab. Die Ladung traf unglücklicherweise ein 23jährige» Mädchen aus Oberurbach in die Schläfe, das sofort nieder­ste! und sich hiebei noch eine Verwundung an der Stirne zvzog. Sie wurde auf Anordnung des Arzte» noch am selben Abend nach Schorndorf in das Bezirkrkrm ker hau« verbracht.

Freudenstadt 22. Sept. Am Sonntag früh zwischen zwei und drei Uhr hat ein 18jähriger Bursche aus Christophrtal bei Färber Steurer

und Messerschmied Heinzelmann Einbrüche verübt und einen solchen bei Kaufmann Stall versucht. Bet dem letzteren wurde er von zwei Metzgern, die auf dem Heimgange vom Wirts­haus begriffen waren, entdeckt und nach halb­stündiger Verfolgung eingesangen. Der Dieb hatte erst vor einigen Wochen im Gefängnis eins längere Strafe wegen schwerer Unterschlagung verbüßt.

Schramberg 22. Sept. In der letzten Sitzung de« Gemeinderat« sprach sich dieser mit vier Stimmen gegen die Bestätigung de« wiedergewählten Harrer au». Drei Gemände- ratsmitglieder stimmten für die Bestätigung und ein Zettel wurde weiß abgegeben.

Pforzheim 22. Sept. Eine merkwürdige Ironie des Schicksals ist von hier zu berichten: Auf der Geschworenenltste de« Karlsruher Schwur­gerichts steht u. a. auch Mox Groß, Bank­direktor aus Pforzheim. Dieser ist aber derselbe- der wegen Unterschlagung von ca. 100000M zum Nachteil der Dirkontobank und des kaih. Vereinshauses gegenwärtig im Gefängnis fitzt und sich voraussichtlich vor dem Schwurgericht zu verantworten haben wird, zu dem er als Ge­schworener gezogen wurde.

Konstanz 22. Sept. Frau Tose!li hat dem Vernehmen nach am Bodensee eine Villa gekauft und wird am 1. November mit ihrem neu geborenen Töchterchen dorthin zu dauerndem Aufenthalt überfiedeln. Die Mutter der Frau Toselli, Großherzogin-Wittwe von Toscana» ver­lebte den Sommer mit ihren beiden noch un­verheirateten Töchtern in Lindau am Bodensee.

Berlin 22. Sept Der BerlinerLokal- Anzeiger" meldet: Die deutsche Antwort auf die französisch.spanische Note in der Marokko-Angelegenheit wurde gestern vom Staatssekretär des auswärtigen Amtes, v. Schän­dern französischen Botschafter Cambon und dem spanischen Geschäftsträger überreicht. Staats­sekretär v Schön hatte in den letzten Tagen wiederholt Zusammenkünfte mit Herrn Cambon und man nimmt an, daß diese Besprechungen den Boden bereitet haben für eine ruhige Auf. nähme der deutschen Antwortnote durch dis französische Diplomatie, überhaupt für eins ruhigs Weiterbehandlung der marokkanischen Frage. Wie wir von gut unterrichteter Seite hören, ist die Note in sehr verbindlichem Ton gehalten, läßt aber doch klar erkennen (was von deutscher Seite wiederholt betont wird), welchen Wert Deutschland darauf legt, daß gemäß dem Geiste der Algecira» Akte keine Macht dort eine Sonderstellung ooer Sondsrmission anstrebe. Die französische Note vertritt den Standpunkt der Wahrung der internatio­nalen Interessen. Deutschland schließt

Wie Du willst," sagte Lilly lässig und kloppte das Buch zu,ich kann mich auch allein damit amüsieren."

Halt, noch ein», kleine Weisheit," rief Waldenburg scherzend,was verheißt die kleine klaue Blume, die unten im Garten am Bache blüht?"

Vergißmeinnicht ?" fragte Lilly und turchblätterte schnell das Büchelchen nährend der eifrig stickenden Irmgard eine heiße Röte die bleichen Wangen färbte,warte, ich Hab'»:

Vergißmeinnicht: Gewähre war dies Blümlein spricht."

Soll ich Dir auch ken Vers dazu nennen, Onkel Schwager?"

Ich weiß einen," kam es von Waldenburg« Lippen und, sein graue» ernster Auge fest ans Irmgard'« heiß erglühende« Antlitz heftend, sprach er leise: , Jrn Regen und im Sonnenschein Wachsen de« Maien Blümelein,

Du, mit dem Maiergesicht,

Vergiß mein nicht!"

Verwirrt serklen sich Jrmgark« goldige Wimpern über die auf- strahlenden Augen was war das? Galt ihr diese Sprache, die so heiß, qualvrll und doch so süß, selig zu ihrem Herzen sprach?

Das muß ich sagen," rief Erich'« frische Stimme zur Veranda herauf.Ihr unterhaltet Er ch äußerst geiflvcll. Seit einer Viertelstunde stehe ich schon hier unten und warte auf den günstigen Moment, der mir gestattet. Eure poetische Stimmung zu stören, aber grau ist olle Thcorte, ich glaube, Ihr würdet bis morgen früh auch roch nicht mit Eurer Blumen, spräche fertig."

Langsam schritt er die Stufen hinan, grüßte Frau von Gleichsnburg und Irmgard respektvoll, die Ar deren sehr kordial und reichte mit einem da, Kleine," eire Rosrnkroipe, die er im Knopfloch trug, Lilly entgegen.

Aber ar statt die Blume zu rehmen, schlug Lilly eifrig ihr Schatz- kästlein auf und las mit Pathos:

Rosenknospe: Liebst Du mich?

Ich frage keine Blume,

Ich frage keinen Stern,

Sie können mir alle nicht sagen:

Was ich erführ so gern."

Erich starrte mit offenem Munde und weit aufgeriffenm Augen dis kleine Vorleserin an und sah eben dabet nicht sehr geistreich au«.

Himmel," rief er endlich,was ist denn hier los? Bin ich denn behext oder in einem alten ehrwürdigen Damenstift, wo man mit Blumen­sprachen die Zeit vertrödelt? Zeigen Sie mal das Ding her," und ehe Lilly oder der aufspringende Waldenburg es hindern konnten, hatte Erich das Büchlein Lilly» Händen entzogen und es weit in die Wogen des Rheine« geschleudert, während er zu Waldenburg gewandt, zwischen den Zähnen murmelte:

Auch Du, Brutus?" . .,

Na, nicht weinen, Kleine," fuhr er zu Lilly, die heftig mit den Füßen stampfte, fort,morgen schenke ich Ihnen ein andere« Buch, aber Gott soll mich bewahren, was gescheiteres sicher, als die Blumensprache. Ich wollte die Damen und Dich zu einem Spazierritt abholen," wandts er sich zu Waldenburg es ist ein köstlicher Vormittag und ich hoffe, daß gnädige Frau," hier machte er Frau von Gleichenburg eine ritterliche Verbeugung,die Erlaubnis nicht versagen werden."

Frau Helene reichte dem Leutnant, der rhr eigentlich ob seiner Derbheit etwas unsympathisch war, mit gütigem Lächeln die Hand und sagte freundlich:

Eigentlich sollte ich Ihnen zürnen, mein lieber Herr von «reden, daß Sie so eigenmächtig über Lilly'« Eigentum verfügen."

Ach so," sagte Erich,hm, haben R-cht, gnädige Frau, war roh von mir, aber da« Blumengewinsel war ja nicht mehr anzuhören."

(Fortsetzung folgt.)