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verliehen. — Hiezu wird von anderer Seite be- richtet: „Der Stuttgarter Liederkranz hat mit seinem Konzert vor der Königin Wil« helmine in Hetloo einen schönen Erfolg erzielt. Nachdem die Stuttgarter Sänger verschiedene Chöre, worunter auch einige schwäbische Volkslieder zum Vortrag gebracht, zog die Königin den Vorstand Präzeptor Schairer und der Prinzgemahl den Dirigenten Professor Förstler in ein längere« Gespräch. Die Königin dankte für die Huldigung, wobei sie betonte, daß die Chöre „wunderschön" gewesen seien; auch erkundigte sie sich nach der Zahl der Sänger, nach den Be- rufskreisen, den sie angehören, usw. Nach dem Konzert ließ sich der Prinzgemahl die sämtlichen Herren de» Ausschusses vorstellen. Die Sänger wurden im Park königlich bewirtet. Später entwickelte sich inmitten der holländischen Bevölkerung vor der „Kaisers Krone", wo von den Stuttgarter Sängern mehrere frische Lieder gesungen wurden, ein buntes Treiben."
Stuttgart 1. Aug. Der Polizeibericht schreibt: Gestern nachmittag 3 Uhr ist am Neubau der Garfabrik Gaisburg ein 21 Jahre alter Schlosser vom ersten Stockwerk ca. 3 m hoch ab ge stürzt und hat so schwere Verletzungen erlitten, daß er in» Cannstatter Krankenhaus gebracht werden mußte.
Stuttgart 2. Aug. (Vom Wochenmarkt.) Der heutige Markt bot wieder eine reiche Fülle der verschiedensten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Auf dem Großmarkt kosteten schöne Pfirstsche 30—45 -g. Aprikosen 25 — 35 Pflaumen 10—12 -H. Für Birnen verlangte man 12-25 H, für Aepfel 12-20 für Heikel- beeren 13 iZ per Pfund. Kirchen find nur noch vereinzelt zu sehen. Einmachbohnen kosteten bei reichlicher Zufuhr 7—9 ^ per Pfund, kleine Einmachgurken 40—45 H, größere 50—80 iZ per 100 Stück. Im Einzelverkaus war Obst durchschnittlich um 5—10 teurer. Auf dem Gemüsemarkt verkauft man zu den seitherigen Preisen. Der Wildbret- und Gr flügelmarkt ver- zeichnete Rehschlegel zu 4—6 Rehziemer zu 5—8 Gänse zu 5—5.50 Auf dem Tee fischmarkt kosteten Schellfische 25 und 30 iZ, Kabliau 20 und 25 Merlans 20 Gold- barsch 25 --Z per Pfund.
Eßlingen 1. Aug. Heute n acht gerieten in einem hiesigen Gasthof zwei italienische Arbeiter miteinander in Streit, in dessen Verlauf ein dreiundzwanzigjähriger Italiener mehrere Stiche in den Unterleib erhielt. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, starb aber während der Operation.
Künzelrau 1. Aug. Dem Fürsten Hohenlohe.Waldenburg ist ein Prinz ge- boren worden nachdem da« fürstliche Paar 18 Jahre kinderlos geblieben war.
Tübingen 1. Aug. Eine schmerzliche Enttäuschung erlitt ein Dieb, der auf dem Güterbahnhof eine Kiste stahl und in einen Garten schleppte, um sie zu erbrechen. Doch der Dieb hatte sich vergriffen und in der Eile eine Kiste Beleuchtungskörper mitgenommen, mit denen er wohl nichts anzufangen weiß und die er deshalb liegen ließ.
Schramberg 1. Aug. Von heute ab wird der arbeitsfreie Samstag nachmittag in den Vereinigten Uhrenfabriken von Gebr. Junghans und Thomas Haller, Aktiengesellschaft, wieder auf- gehoben und damit die frühere normale Arbeitszeit wieder eingeführt.
Schwenningen 1. Aug. Bei dem Versuche dar Feuer mit Petroleum anzufachen, wurde eine Frau von den Flammen erfaßt. Sie erlitt schwere Brandwunden, denen sie gestern er- legen ist.
Ehingen 1. Aug. In Schelklingen schlug der Blitz in die Bahnhofrestauration und richtete erhebliche Zerstörungen an. Personen wurden nicht verletzt.
Münsingen 1. Aug. Der vom Blitz erschlagene Soldat ist der Musketier Wekerle vom Jnf.-Reg. Nr. 124 in Weingarten. Er stammt aus Rot OA. Leutkirch. Er war Offiziersbursche und befand sich allein auf dem Rückweg ins Lager. Seine Entlassung sollte diesen Herbst erfolgen.
Ulm 1. Aug. Die von Bayreuth zurück- kchrende Königin traf gestern gegen acht Uhr auf dem hiesigen Bahnhof ein und lies sich von einem Automobil nach Friedrichshafen fahren. Herzog Ulrich reiste von hier ebenfalls mit einem Automobil nach dem Truppenübungsplatz.
Ulm 1. Aug. Ueber einen am Donners- tag abend vorgckommenen Raubmordversuch wird folgender berichtet: Am genannten Abend zeigte der Schneider Unheld von Neu Ulm zwei Handwerksburschen den Weg von Neu-Ulm nach Oberkirchberg und ging au» Unvorsichtigkeit mit denselben den Jllerkanal entlang. Al« sie einige 100 m von der Straße entfernt waren, ergriffen die Stromer ihren Begleiter, nahmen ihm Geld, Uhr und Ring und warfen ihn, nachdem sie ihm die Hände zusammengebunden hatten, in den Kanal, worauf sie das Weite suchten. Der Schneider konnte sich an einem Strauch festhalten, seine Fesseln lösen und so dem Tod der Ertrinkens entrinnen. Nach den Tätern wird eifrig gefahndet.
Friedrichshafen 1. Aug. Der preußische Kriegsminister v. Einem ist am Donnerstag abend hier eingetroffen und im Deutschen Haus abgestiegen. Er hat gestern die Zeppelin'schen Arbeiten besichtigt und wurde später vom König in Audienz empfangen. Er reist heute wieder nach Berlin zurück.
Köln 1. Aug. Der 43 jährige Landwirt Neff in Winzenbach begegnete, als er auf« Feld fuhr, der 20 jährigen Tochter der Witwe Heinze l- mann, die er zu heiraten gedachte. Als Neff auf sein Liebeswerben wiederum abgewiesen wurde, ergriff er von Eifersucht und Rache getrieben, eins Hacke und zerschmetterte dem Mädchen den Kopf. Neff wurde in dem Augenblick von Gendarmen verhaftet, als er heimlich mit Geld versehen, die Flucht ergreifen wollte.
Berlin 1. Aug. Wie die „Kreuzzeitung" meldet, hat sich Alfred, Burggraf zu Dohna- Mallmitz mit der jüngsten Tochter de« Fürsten Eulenburg, Gräfin Dora zu Eulenburg, verlobt.
Berlin I.Aug. EinEifersuchtsdrama» das mit dem Tode der beiden Beteiligten endete, hat sich gestern abend im Norden Berlin« abgespielt. Ein Rosentalerstraße 18 wohnender Mann kehrte gestern angetrunken nach Hause und machte seiner Frau Vorwürfe, daß sie mit einem anderen Manne ein Verhältnis habe. Hierauf hörten Hausbewohner 2 Schüsse fallen. Als die Wohnung geöffnet wurde, stellte sich heraus, daß die Frau durch einen Schuß in den Kopf schwer verletzt war. Der Mann hatte sich dann gleichfalls eine Kugel in den Kopf geschossen. Beide sind an den Verletzungen gestorben.
Kiel 1. Aug. Der wegen Landesverrat verhaftete Oberfeuerwerksmaat Dietrich und seine Geliebte, die angebliche Sprachlehrerin Petersen, find in mehreren Fällen überführt und geständig. Dietrich wird vor dar Kriegsgericht in Kiel, die Petersen vor da» Reichsgericht kommen.
Westerland 1. Aug. Bankier Daniel aus Berlin ist gestern hier beim Baden ertrunken. Sein Kampf mit den Wellen war beobachtet worden, leider aber versagten die Rettungseinrichtungen vollständig. Ein Student sprang dem Ertrinkenden nach, konnte ihn aber nur noch als Leiche an Land bringen. Der Badegäste hat sich eine große Erregung bemächtigt, da die Hauptschuld an dem Unglück dem Mangel an geeigneten Rettungreinrichtungen zugeschrieben wird. Eine große Menschenmenge zog zur Badeverwaltung und dem Bürgermeisteramt. Die Badegäste verlangten, daß der Minister benachrichtigt und das Bad geschloffen werde, bis angemessene Rettungseinrichtungen bereit gestellt seien. Heute findet eine allgemeine Protestversammlung der Badegäste statt.
Westerland 1. Aug. Die Aufregung, dis sich der Badegäste auf der Insel Sylt bemächtigt hat, ist noch dadurch vergrößert worden, daß der kühne Prager Kohnberger, der dem Bankbeamten Daniel in voller Kleidung nachsprang und ihn sterbend an« Land brachte, in« Krankenhaus transportiert werden mußte, wo er schwer
Ohne Zweifel; aber natürlich kan mir kein solcher kompromittierender Gedanke, wie du ihn eben aursprichst. Nun, Jean Baptiste war offenbar ein Mann von methodischen Gewohnheiten. Er hatte das genaue Datum de« Tage«, an dem er mir den Brief einhändigte, und ebenso meinen Namen und meine Adresse ausgezeichnet.
Wer hätte Jean Baptiste für einen solchen Einfaltspinsel in seinem Berufe gehalten? rief ich aus.
Keine so voreiligen Schlüsse! Die Notiz war chiffriert; aber unser Freund Maugra» war der Aufgabe gewachsen, sie zu entziffern. Die Arbeit kostete ihn einen halben Tag, aber um neun Uhr gestern abend wußte er, wie er mir sagte, wo da» Dokument sei, und daß mein Haus durchsucht werden müsse, um es zu finden. Wie du weißt, hat er keine Zeit verloren, seine Abficht zur Tat werden zu lassen.
Aber, großer Gott, Sterling! ricf ich au», nicht wenig erstaunt über die kühle Art, in der er seine überraschende Erzählung vor brachte: nach dem, was du erfahren hast, erzählst du mir, daß du diesen Halunken frei aurgehen lassen willst? Er ist so klar wie die Sonne am Mittag, daß er der Mörder oder wenigstens ein Helfershelfer der Mörders Jean Baptiste« ist.
Augenblicklich kann ich nichts dazu tun, versetzte er achselzuckend. Die Polizei muß da eingreisen. Ich erfuhr das alle« erst, nachdem ich mein feierliche« Ehrenwort gegeben hatte» daß, vorausgesetzt der Brief wird mir zu Mittag hier ausgehändigt, ich keine Anzeige erstatte, die zweitausend Franc» bezahle und den Gefangenen eben seine« Weg« gehen lasse.
Da» heißt ein Verbrechen vertuschen.
Mag sein. Aber ich war entschlossen, da« Paket wieder in meinen Besitz zu bringen. Ich hatte es mir zu meiner eigenen Beruhigung gelobt und ebenso im Interesse unserer geheimnisvollen Fremden von vergangener Nacht.
Etwas in seinem Ton erregte meine Aufmerksamkeit.
Hast du etwa« Nähere« über sie in Erfahrung gebracht?
Nicht direkt. Aber eigentlich komme ich jetzt erst zu dem seltsamsten Abschnitt meiner Geschichte.
Wie? Die Geschichte ist noch nicht zu Ende?
Noch lange nicht. Während Maugra» und ich in unsere Unterhaltung vertieft waren, bemerkte ich einen Knaben, der umherging und die Morgenzeitungen zum Kauf anbot. Ein paarmal schien es mir, als suche er meinen Blick auf sich zu lenken. Er erregte auch Maugra»' Aufmerksamkeit, denn als er zuletzt an unseren Tisch kam, jagte ihn mein Freund, der Einbrecher, unter einer Flut von groben Schimpfreden au« dem Casö. Ich hatte den Zwischenfall beinahe vergessen, aber als ich in den Fiaker stieg, drückte mir, weiß Gott, der Junge eine Zeitung in die Hand. «Lassen Sie sich nicht» merken," flüsterte er; „sehen Sie unter dem Datum nach." Ich "Zerdrückte mein Erstaunen, bezahlte die Zeitung mit einem reichen Trinkgeld und fuhr davon.
Donner und Doria! rief ich in äußerster Spannung, in die sich etwa« wie Neid mischte, das nennt man doch noch ein Abenteuer.
O. ich bin bis jetzt erst am Anfang, schmunzelte Sterling vor Freude über die Spannung, die seine Geschichte erregte. Sieh, hier ist die betreffende Zeitungsnummer. Ich will sie unter meinen liebsten Erinnerungen aufbewahren. Ich denke, ich werde sie etnrahmen lassen, alter Junge. Dabei breitete er ein Exemplar des Matin vor mir aus. Lies da«, fügte er triumphierend hinzu.
Gerade unter der Datumsangabe auf dem ersten Blatte las ich die sauber mit Bleistift geschriebenen Worte: „Kommen Sie in einer Stunde nach dem Cafö de Paris. Ich will Ihnen noch mehr über jenen Brief Mitteilen." Keine Unterschrift; dar war alle«.
Du fuhrst also nach der Avenue de l'Opera?