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darnieder liegt. Ein anderer am Rettungswerk beteiligter Badegast verlor im Wasser die Be- stnnung und konnte erst im letzten Augenblick an» Ufer gebracht werden. Landrat Rogge steht sich zu der öffentlichen Erklärung veranlaßt, daß die Rettungreinrichtungen sich als nicht ausreichend erwiesen hätten, sodaß sofort an allen Strand» bädern sämtliche Maßregeln getroffen werden sollen, die ein gefahrloses Baden gewährleisten. Zwei Kinder de» ertrunkenen Berliners waren Zeugen der entsetzlichen Vorganges.
Letschen 1. Aug. Die Wälder der böh» mischen Schweiz find durch den Arflug von Millionen von Nonnenfaltern von einer Katastrophe bedroht. Besonders find die Forsten des früheren Ministerpräsidenten Grafen Thun gefährdet.
Paris 1. Aug. Der französische Lenkballon Republique, dessen Uebernahme vor einiger Zeit durch den Staat erfolgt ist, ist letzt in seinem Standort Chalis-Meudon eingetroffen. Unter der Führung des Hauptmann« Bois erreichte das Luftschiff Chalis-Meudon nach guter Fahrt mit einer Durchschittsgeschwindigkeit von 53 km und landete glatt.
Pari« 1. Aug. Da» Scala-Theater, in dem vorgestern Abend der Kontrolleur erschaffen wurde, war gestern Abend neuerdings der Schau» platz eines merkwürdigen Attentats. Eine junge Schauspielerin namens Newa Cartaux war eben in ihrer Loge im Begriff, sich für das Stück, in dem sie auftreten sollte, anzukletden. Da erschien ein Mann in Arbeiterkleidung und überreichte ihr einen Brief. Während sie den Brief öffnete, sprang der Mann auf sie zu, begann sie am Halse zu würgen und stopfte ihr ein mit Chloro» form getränktes Stück Watte in den Mund, um sie am Schreien zu hindern. Fräulein Newa Cartaux wurde ohnmächtig und der Räuber ergriff mit ihren Schmucksachen und Wertgegenständen die Flucht.
Petersburg 2. Aug. Dahier der Ausbruch der Cholera befürchtet wird, ordnete die Regierung an, daß sämtliche Sanitäts-Aerzts zu einer Konferenz zusammen treten, um die entsprechenden sanitären Maßnahmen festzustellen.
Christian!« 1. Aug. Dar französische Geschwader mit dem Präsidenten Fallieres an Bord ist gestern nachmittag 2'/- Uhr in Christiania eingetroffen. Nachdem König Haakon den Präsidenten Falliere» an Bord der „Vöritö" begrüßt hatte, begab sich Fallieres mit Gefolge an Land. Dort empfing ihn der König und stellte ihm den Minister, das Präsidium des Storthings und die Spitzen der Behörden vor. Hierauf fuhr der König mit dem Präsidenten nach dem Schloß, von der Volksmenge mit lebhaften Hochrufen begrüßt. Abends fand im Schloß Galatafel statt.
Konstantinopel 1. Aug. Der Sultan äußerte gestern nach dem Selamlik am Fenster stehend zu seiner Umgebung: Ich liebe mein Volk, seine Vertreter haben mich bis jetzt getäuscht. In Zukunft werde ich mit meinem Volk und dieses mit mir leben. Ich baue auf seine Treue. Im Uebrigen herrscht in Konstantinopel Ruhe. Die Straßen sind noch beflaggt und nur wenige Versammlungen finden noch statt. Die Stimmung ist wieder deutsch-freundlicher geworden infolge der korrekten Haltung der deutschen Botschaft.
Politische« vom deutschen Turnfest. Sehr eigentümlich wird es alle National- gesinnten berühren, wenn sie vernehmen, wie wenig Sympathie die deutsche Turnerschaft am Kaiserhofe zu genießen scheint. Das „Leipziger Tagblatt" brachte dieser Tage einen Artikel, worin die Vorgeschichte zum Protektorate über da« 11. deutsche Turnfest näher beleuchtet wird. Es heißt da: „Die Turner empfinden es als Zurücksetzung, daß ihr Protektor, der deutsche Kronprinz nicht nach Frankfurt gekommen ist. Sie find verstimmt und diese Verstimmung hat eine Vorgeschichte. Ursprünglich ist der Kaiser als Protektor aurersehen gewesen. Aber wie das so geht — mancher will gar nicht ausersehen sein, und so ergab schon die erste Fühlungnahme, daß keine Geneigtheit für solch ein kaiserliches Protektorat bestand. Der Festausschuß wandte sich dann an den deutschen Kronprinzen, der nach einigen Verhandlungen auch zusagte, dann aber eine Reise nach seinen Vorarlberger Besitzungen ankündigte, und diese im Automobil gerade aus- führte, als das Fest in Frankfurt gerüstet wurde. Es wurde daher im letzten Moment nach einem Stellvertreter gesucht. Nachdem auch Prinz Eitel Friedrich abgelehnt hatte, wurde ein solcher in der Person des Prinzen Oskar von Preußen, der Bonner Studenten gefunden, und es wurde durch Audienzen bei dem preußischen Minister des Innern und dem Kultusminister auch erwirkt, daß der Prinz persönlich erscheine. Doch konnte, so wird aus Frankfurt berichtet, da» erst in späterStunde erfolgte Eintreffen des Prinzen die Mißstimmung ebenso wenig beschwichtigen, wie seine vielfach gerühmte persönliche Liebens- Würdigkeit." — Das Blatt untersucht dann eingehend den Grund für diese ablehnende Haltung und sieht ihn in der früheren mißliebigen und oppositionellen — weil nationalen — Haltung der deutschen Turnerschaft. Die Mißstimmung darüber scheine als Tradition bewahrt zu werden. „Andere sind wohlgelitten, denn wo man singt, da läßt sich auch die Huld ruhig nieder, auch alle Sportveranstaltungen, von den Lawn-Tennis-Mat- chen und den Schülerregatten bis zum Gordon- Bennet> Rennen und der Kieler Woche find der Segens von oben sicher." — Er ist ja zweifellos bedauerlich, so bemerkt hiezu die „Augsb. Abdztg.",
daß man am Kaiserhofe und in der Kaiserfamilie kein Verständnis dafür hat, welch hohe Bedeutung den Turnvereinen für unser nationales Leben innewohnt. Freilich, ganz so ist es nicht mehr, wie in den Fünfziger und Sechziger Jahren des vorigen Jahrhundert«, wo das Herz der um ihre Einigung mühsam ringenden Nation in den Turnvereinen schlug und die Turnfeste große politische Aktionen waren, in welchen die Stimmung vorbereitet wurde, in der wir 1870/71 siegten. Daß aber auch heute noch die Sympathien eines sehr großen Teiles des deutschen Volkes den Turnern zugewendet und daß diese die Träger rationaler Gesinnung sind, das hat wohl der Verlauf des Frankfurter Turnfestes aufs neue glänzend bewiesen. Und ein solche« Element zurückzuweisen, damit viele Tausende von treuen Patriotenherzen zu kränken, dazu sollte man sich an allerhöchster Stelle nicht leichten Herzens entschließen in einer Zeit, in der die reichsfeindliche Sozialdemokratie dreieinviertel Millionen Stimmen in die Wahlurnen wirft. Aber die Sache hat auch eine andere Seite! Wozu brauchen denn die deutschen Turner überhaupt einen Protektor? Wir wissen wohl, daß diese Protektorate zu den Krankheiten unserer Zeit gehören. Keine Kaninchenausstellung, keine Wohl- tätigkeitr-, Sports- oder sonstige Veranstaltung kann mehr stattfinden ohne einen Protektor und wenn Monarchen und Prinzen nicht zu haben sind, so begnügt man sich mit Grafen, Baronen, höheren Beamten oder Bürgermeistern. Die hier in Betracht kommenden Bevölkerung«schichten find von einem Unterordnungsbedürfnir befallen, da« schlechterdings nicht mehr zu befriedigen ist und unter dem die für Protektorate in Betracht kommenden Persönlichkeiten erheblich zu leidm haben, wenngleich ein solche« Ehrenamt nicht sehr strapaziös ist. Aber wozu müssen denn die Turner diese Modekrankheit mitmachen, die gerade ihnen so schlecht zu Gesicht steht?! Die großen historischen Turnfeste hatten auch keine Protektoren, sie standen unter dem Protektorate der Nation! An diese glorreichen Traditionen knüpfe man wieder an, dann wird die Turnerschaft nicht wieder Demütigungen aurgesctzt sein, wie er anläßlich des Frankfurter Turnfestes der Fall war!
- BorauSfichtliche Witterung:
Wechselnde Bewölkung, stellenweise noch Niederschläge, etwas wärmer.
Reklametett.
Im Sommer bedarf die Ernährung der Säuglinge besonderer Sorgfalt, weil die Darm- katarrhe in dieser Zeit durch die Gärung der Nahrung im Darme leichter verursacht werden. Durch die Ernährung mit „Kufeke"-Kindermehl und Milch beugt man in wirksamster Weise den gefürchteten Darmerkrankungen vor.
Nein ich fuhr nach dem Bahnhof St. Lazare, bezahlte meinen Droschkenkutscher und trieb mich ein bißchen in der dichten Menschenmenge umher, dis aus dem Bahnhof strömte und begab mich dann zu Fuß nach dem Orte meines Stelldicheins, für den Fall, daß mein neuer Bekannter. Monsieur Maugras, es sich in den Kopf gesetzt haben sollte, sich an meine Fersen zu heften.
Meiner Seel', Sterling, murmelte ich in aufrichtiger Bewunderung, ich hatte keine Ahnung davon, daß du ein so durchtriebener Schlaukopf bist.
Nun, du siehst, böse Gesellschaften und so weiter. Man kann nicht jahrelang täglich mit einem Menschen wie du verkehrt haben, ohne einige der kleinen Diplomatenkünsten des Lebens zu erlernen.
Du verstehst es ausgezeichnet, diese Künste in der Praxis anzuwenden, erwiderte ich.
So ist es, versetzte er lachend, ich denke, ich habe mir den Meistergrad in dem Großorden der Augenverblender erworben. Doch zurück zu meiner Geschichte! Im Cafö de Paris bestellte ich mir, sowohl um meinen Eintritt zu rechtfertigen wie um meinen Appetit zu stillen, Kaffee und Semmeln. Ich hatte mein Frühstück kaum verzehrt, als mein geheimnisvoller Freund erschien. In ihrem neuen Kostüm sah ich einfach — —
Sie! Noch eine Frau ist an der Sache beteiligt? rief ich in maß- loser Verblüffung aus.
Ja, erwiderte Sterling mit weicher Stimme. Eine Frau, Hylton, ein zartes Mädchen, aber eines der schönsten, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Bei Gott, sie ist reizend.
Und der Zeitungsjunge? Was ist mit dem?
Na, merkst du denn nicht, daß der Zeitungsjunge natürlich mit dem Mädchen identisch ist?
Ich konnte kein Wort hervorbringen, so groß war meine Ueberraschung; er änderte mit einem Male seinen Ton.
Du kannst wohl ein erstauntes Gesicht machen, sagte er aufspringend und im Zimmer auf- und abgehend; alle Heiterkeit, die ihn wenige Minuten vorher beseelt hatte, war verflogen, und selbst die Begeisterung, mit der er da« Mädchen geschildert hatte, machte nüchterner Ueberlegung Platz. Er ist ein Roman — nichts mehr und nichts weniger, als ein niederschmetternder Roman, und ich kenne bi« jetzt nur den kleinsten Teil davon. Mit der jungen Dame war ein feiner alter Herr gekommen, ein Rechtsbeifiand der Familie oder etwa« dergleichen. Sieh, hier ist seine Karte: Georges Guichard, Dr. jur, Rechtsanwalt.
Ich sah auf da« Stück weißen Kartons, den er mir in die Hand gedrückt hattte. Ein Rechtsanwalt, ein Rechtsanwalt, ein Doktor der Rechte! murmelte ich.
Ja, und einer der prächtigsten, die ich je in Frankreich kennen zu lernen dar Vergnügen hatte. Gegenwärtig ist er der Vormund des Mädchen».
Und gestattet seinem Mündel, in den Straßen von Paris in dem verrufendsten und gefährlichsten Stadtteil um sieben Uhr früh als Zeitungsjunge maskiert umherzulaufen. Es ist unglaublich!
Mein lieber Hylton, erwiderte Sterling, seine beiden Hände auf meine Schultern legend und mir gerade in die Augen sehend, du hast nicht nötig gehabt, den ganzen Weg bis nach Omdurman zurückzulegen, um tapfere Männer und Helden zu finden. Er gibt furchtbarere Tragödien im Leben als die Tragödien der Schlachtfeldes.
In deren eine diese junge Dame eine Rolle spielt?
Ja, Estelle Berhault — dies ist der Name — ist die Heldin eines wirklichen Lebenrdramas, da» dein Herz mit Mileid, aber zugleich auch mit Bewunderung erfüllen wird.
(Fortsetzung folgt.)