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fition, die davon zeugt» daß die Abstimmung nicht genau dem durch die späte Nachtstunde (2 Uhr) beeinflußten Abstimmungsresultat entspricht.
Gaildorf 28. Juli. In Anbetracht de« in letzter Zeit fetten« einzelner Händler de« Bezirk« ziemlich stark betriebenen Handel« in neuen, meist waggonweise von auswärt« bezogenen, eichenen Fässern, beschlossen die Küfer- und Küblermeister de« Bezirk«, von heute ab von Händlern bezogene, seiten« ihrer Kundschaft ihnen zur Reparatur oder zum Reinigen übergebene Fässer zwar anzunehmen, hiefür aber den doppelten Prei« in Anrechnung zu bringen.
Frankfurt a. M. 27. Juli. Ueber einigen Gegenden des Taunus und Oberhessen« entlud sich gestern ein gewaltiger Unwetter, dar großen Schaden anrichtete. Der Blitz zündete mehrmals. Auch ein Menschenleben ist zu beklagen. Der in den 40er Jahren stehende Wander-Pholo- graph Isaak Gurewitsch von Frankfurt wurde in Walderrbach im Oberlahnkreis vom Blitze erschlagen.
München 28. Juli. Graf Friedrich Wvlfgang Ballestrem, der Sohn des Rittmeisters a. D. Grafen Konrad Wolfgang Ballestrem, ein Cousin des ehemaligen Reichrtags- präfidenten, ist heute Vormittag, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, den schweren Verletzungen erlegen, die er am Samstag durch einen Sturz vom Pferde erlitten hatte.
Dresden 28. Juli. Ein gefährliches Abenteuer hatte der neue Ballon „Zeppelin" des Sächsischen Vereins für Luftschiffahrt zu bestehen. Er unternahm gestern mittag einen Aufstieg; in der Gondel befanden sich Dr. Erncmann und Prof. Poepel, die für eine zweitägige Fahrt ausgerüstet waren. Am Nachmittag, als der Ballon in einer Höhe von 3000 Meter über Böhmen schwebte, geriet er in ein starkes Gewitter. Der Blitz schlug in die Gondel, deren Insassen aber unversehrt blieben. Da auch die Hülle nicht getroffen wurde, entgingen die Lustschiffer dem Geschick, mit einem brennenden Ballon abzustürzen. Es wurde sofort gelandet, und bereits wenige Minuten nach dem Blitzschlag hatten sich die Luftschiffer in Sicherhett gebracht. (St- Mpst.)
Dre» den 28. Juli. Am Grabe der Grete Beier wurde heute von Arbeitern ein Kranz niedergelegt, der folgende Inschrift trug: Von menschlich denkenden Arbeitern! Die Behörde ließ sofort die Inschrift wieder entfernen. Der Dresdener Schriftsteller Heinrich Apel hat den Fall der Grete Beier dramatisiert. Gegen seine Absicht, das Stück zu veröffentlichen und auf- zuführen, hat jetzt der Rechtsanwalt der Hingerichteten Grete Beier Verwahrung eingelegt.
Berlin 27. Juli. Reichskanzler Fürst Bülow wird sich zum Vortrage beim Kaiser
nach Swinemünde begeben. Von dort tritt der Kaiser seine Reise zum Besuch de« Königs von Schweden in Stockholm an, an der auch die Kaiserin teilnimmt. Am Donnerstag trifft der Reichskanzler in Berlin ein und hält sich hier eine Stunde auf, um Vorträge entgegen zu nehmen. Am Sonnabend wird er wieder in Berlin ein. treffen und wahrscheinlich Sonntag Nacht nach Norderney zurückkehren.
Berlin 28. Juli. Die Uebungsfahrten des Militärluftschtffes wurden heute morgen bei Berlin fortgesetzt. Die eine Fahrt dauerte 1'/- Stunden. Diese Fahrt, die um V-9 Uhr vormittags begann, und wie die anderen Fahrten der Ausbildung der zum Luftschifferbataillon kommandierten Offiziere diente, führte das Luftschiff unter Führung des Mojors Sperling über Spandau und Charlottenburg. Um 10 Uhr vormittags erfolgte dann auf dem Tegeler Schießplätze eine glatte Landung.
Prag 28. Juli. Der 21jährigs Prinz Heinrich von Sachsen-Weimar-Eisenach, Leutnant im 11. Manen.Regiment, über dessen Vermögen kürzlich Konkurs eröffnet wurde, hat die Prager Genossensschastskasss um einen Betrag von 80000 Kronen geschädigt. Der Prinz wußte durch die Vermittelung des verarmten Sprossen eines böhmischen Grafengeschlechtes und durch einen in der Genossenschaft angestellten Verwalter ein Darlehen in der bezeichneten Höhe aufzunehmen. Den größten Teil des Verlustes erleidet ein Postkassen-Verwalter der Gesellschaft, der mit seiner Einlage den Wechsel giriert hatte. Die Mutter des Prinzen, die Prinzessin Berta von Sachsen Weimar.Eisenach hat erklärt, daß sie keinen Pfennig der Schulden ihres Sohnes bezahlen werde.
Pari» 27. Juli. Nach einer sehr unwahrscheinlich klingenden Meldung des „Journal" steht ein ernster diplomatischer Konflikt zwischen Deutschland und Portugal bevor wegen der Grenzberichtigung zwischen Kamerun und Angola. Deutschland begehrt bekanntlich dar portugiesische Gebiet von Cuanhama, dessen Häuptlinge Deutschlands Schutz gegen die Cuneno- Stämme anriefen, weil Portugal ihnen diesen Schutz nicht gewähren konnte. England soll Portu- gal Beistand gegen die deutschen Ansprüche versprochen haben. Augenblicklich seien lebhafte Verhandlungen zwischen Berlin und Lissabon im Gange.
London 27. Juli. Aus New.Dark wird gemeldet, daß ein Gefängnis-Skandal im Staate Georgia aufgedcckt worden ist. In verschiedenen Fällen wurden Gefangene, die Strafen für geringfügige Vergehen verbüßten, zu Tode gepeitscht, in anderen Fällen wurden die Gefangenen verkauft ähnlich wie Sklaven früher in diesen Gegenden verkauft wurden. In Georgia besteht
nämlich da« System, Gefangene an die verschiedensten Unternehmer als Arbeiter zu vermieten. Die Leiden dieser vermieteten Gefangenen find unbeschreiblich.
Reval 28. Juli. Bei der Abendfesttafel auf der Kaiserjacht Standard brachte Kaiser Nikolaus einen Trinkspruch aus, worin er dem Präsidenten für seinen Besuch dankte, der von ganz Rußland al« sin neues Zeugnis für die aufrichtige, unveränderliche Freundschaft angesehen werde, die Rußland und Frankreich verbinde. Der Aufenthalt des Präsidenten werde bewirken, dieser Freundschaftsband noch enger zu knüpfen und den festen Willen der beiden Länder, bei der Erhaltung und Festigung des Weltfriedens zu wetteifern, neuerdings ins Licht zu rücken. Der Kaiser trank auf die Gesundheit des Prä- fidenten und den Ruhm und dar Gedeihen Frankreichs. Fallt er es antwortete, er sei glücklich, hier mit Kaiser Nikolaus die Gefühle beständiger, treuer Freundschaft zu bekräftigen, die die beiden Völker vereinige. Der für die Wahrung des ge- meinsamen Interesses so glücklich abgeschlossene Bund empfange die Weihe der Zeit und sei in Europa eine Bürgschaft des Gleichgewichts. Er werde fortdauern zum größten Wohls Frankreich« und Rußlands. Auch er sei überzeugt, daß der Besuch den festen Friedenswillen der beiden Völker bestätigen werde. Der Präsident trank auf den Kaiser, die Kaiserin, die kaiserliche Familie und die Größe und das Glück Rußlands, des Freundes und Bundesgenossen Frankreichs.
Konstantinopel. Vorgestern gegen Mitternacht zeigte sich der Sultan der vor dem Mdizpalais versammelten Menge. Er öffnete selbst das Fenster und fragte die Erschienenen, warum sie gekommen seien. Aus der Mitte wurde die Antwort laut: Wir wünschen nichts andere« als die Gesundheit Ew. Majestät. Seit 32 Jahren haben uns einige Verräter das Antlitz Ew. Majestät nicht gezeigt. Wir haben uns lebhaft nach Ew. Majestät gesehnt. Tausend Dank! Jetzt haben wir Ew. Majestät gesehen. Lang lebe der Padischah! Hierauf hielt der Sultan folgende Ansprache: „Meine Kinder! Seid ruhig! Seit meiner Thronbesteigung habe ich für da» Gedeihen unseres allgemeinen Vaterlandes gearbeitet. Mein innigster Wunsch ist das Wohl- ergehen meiner Untertanen, die mir so nahe stehen wie meine eigenen Kinder. Gott ist medr Zeuge! Von jetzt an ist eure Zukunft gesichert. Ich werde mit euch arbeiten. Lebt nur, Brüder, in eurer Freiheit Ich bin befriedigt von der Treue und der Dankbarkeit, die ihr mir zeigt. Geht nach Hause und ruht euch aus!" — Unter lebhaften Akklamationen zog die Volksmenge sich zurück.
Konstantinopel 28. Juli. Der Wiederherstellung der Konstitution soll zunächst jetzt eine
Zweck, daß sich zwei erwischen ließen, wenn cs an einem genug ist? Das würde nur die größte Dummheit sein. Ich würde schon eine Gelegenheit gefunden haben, später davonzukommen. Außerdem hatten wir ja den Brief, und da« war die Hauptsache. Selbst wenn ich eingelocht werde, so wird unser alter Schärfer, Pöre Lünette, mir meinen Anteil sicher aufheben, bi« ich wieder herauskomme. Niemand mit einer so anständigen Summe ln der Sparkasse kümmert sich groß darum, wenn er auch ein paar Jahre obzumachen hat, meinen Sie nicht auch?
Wieviel sollten Sie für den Brief bekommen? fragte Sterling, auf die Frage de» Burschen eingehend.
Fünfhundert Francs jeder.
Und hier liegen sechshundert Francs, bemerkte Sterling, indem er sich bückte und da« kleine Päckchen Banknoten, das auf dem Boden lag, aufhob und durchzählte.
Es ist ein schauderhafter Pech, dies zu verlieren, nur weil man sechs Zoll zu klein ist, entgegn ete der Dieb mit komisch schmerzlichem Lächeln.
La« macht im ganzen sechszehnhundert Francs, fuhr Sterling fort. Nun paffen Sie auf, lieber Freund. Verschaffen Sie mir jenes Kuvert mit unverletzten Siegeln wieder, und Sie und Ihr Gefährte sollen zweitausend Francs bekommen, die sie dann untereinander teilen können.
Zweitausend Francs, Herr General! rief der Kleine aus.
Zweitausend Franc«, Sterling! wiederholte ich erstaunt. Ueberlege doch, da« ist doch zu vorschnell.
Ich wußte, mein Freund war reich, aber da« schien mir doch da« Geld zum Fenster hinausgeworfen.
Laß mich nur, alter Junge, erwiderte er und legte seine Hand auf meine Schulter. Die Dame muß ihre Briefe unbedingt wiederhaben. Ich bin ohne Zweifel verantwortlich dafür, daß sie sie wiederbekommt.
Und wie willst du die« anstellen?
Ich habe mir einen Plan ausgedacht. Ueberlaß diesen Burschen jetzt mir.
Paffen Sie auf, Freundchen, glauben Sie. daß Ihr Gefährte für zwei Tausendfran erscheine zwischen Sie und die Polizei treten und dabei zugleich seine eigene Haut retten würde?
Ganz gewiß, Herr Gouverneur. Wir sollten nur tausend Franc» für den Brief bekommen. Er wird mit Freuden zweitausend dafür nehmen, ganz abgesehen davon, daß ich dadurch freikomme.
Auf welche Weise kann ihr Gefährte Nachricht erhalten?
O, ich würde sie ihm sofort bringen, rief der Dieb eifrig.
Nein, so ist das nicht gemeint, versetzte Sterling mit grimmigem Lächeln. Ich wünsche zu wissen, wo ein Brief ihn antreffen könnte?
Ein Brief?
Ja; sofort — noch diese Nacht.
Nun, meine Herren, werden Sie auch nichts verraten, wenn ich e« Jhngn offen sage? ^ ,
Sie müssen uns schon vertrauen, wenn Sie aus diesem Hause heraus«
rollen.
Nun, mein Gespan wohnt im Hotel de la Reine Blanche, erwiderte er Bursche nach kurzem Zaudern.
Eine andere berüchtigte Diebrherberge, Sterling, flüsterte ich meinem
freunde, vorfichtigdzu^ ^ ^mt schon. Nun, mein schöner Herr,
önnen Sie schreiben?
Jawohl, ich kann schreiben.
Gut, dann setzen Sie sich hin und schreiben ein paar Zeilen an Hren Gefährten. Schreiben Sie ganz auf Ihre Weise, aber machen Sie hm unsere Verabredung recht klar.
sFortsetzuna folat.s