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der Terrasse der Hotel« die Ovationen der Jugend von Konstanz entgegennohm. In Begleitung de» Grafen war seine Gemahlin, seine Tochter, sein Bruder und Oberingenieur Dürr. Oberprimaner Harzendorf hielt eine Ansprache, in der er die Sympathie der Jugend der Stadt Konstanz für das große Werk des Grasen zum Ausdruck brachte, und Se. Exzellenz bat, diesen Flammengruß als Zeichen der Liebe und Verehrung der Jugend hinzunehmen. Zugleich brachte er ein Hoch aus auf den Grafen, in dar begeistert eingestimmt wurde. Hierauf erwiderte Se. Exzellenz Graf Zeppelin in herzlichen Worten. Er führte au«, daß es jedem von ihnen noch gelingen könne, ein solches Werk, wie er es mit Hilfe Gottes zu Ende geführt habe, zu vollbringen. Wenn es aber nicht jedem beschicken sei, auf diesem Gebiete etwas zu erfinden, so möge doch jeder in seinem Kreise das bestmögliche wirken, damit das ganze deutsche Volk auf ein möglichst hohe» Niveau komme. Sein Hoch galt der deutschen Wissenschaft und der deutschen Treue. Hierauf sangen die Koroner: „Deutschland, Deutschland, über alles," womit die Feier schloß.
Stuttgart 8. Juli. Vom König von Württemberg hat Graf Zeppelin folgendes Telegramm erhalten: Am heutigen Tage drängt es mich, Ihnen ganz besonders warme und innige Glückwünsche darzubringen, indem ich mich ein« weiß mit dem ganzen Vaterlands, das mit gerechtem Stolz auf seinen im Mittelpunkt feines Interesses und seiner Bewunderung stehenden Sohn blickt. Zu einem Zeitpunkt, da viele sich zur Ruhe setzen, ist es Ihnen vergönnt, den wohlverdienten Lohn der Aufopferung und der Arbeit zu ernten und im Zenit des Schaffens zu stehen. Mögen viele glückliche in Genugtuung reiche Jahre folgen. Ich mache mir die Freude, aus dem heutigen Anlaß Ihnen meine große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft am Bande des Kronenordens als äußeres Zeichen meiner Gefühle zu verleihen. Auch habe ich Ihrem kaufmännischen Vertreter» Herrn Uhland, das Ritterkreuz 1. Kl. des Friedrichrorders verliehen und ich hoffe, auch damit Ihnen eine erfreuliche Ehre zu erweisen. Wilhelm.
— Von der Königin von Württemberg traf folgendes Telegramm beim Grafen ein: Meine wärmsten Wünsche für die Zukunft möchte auch ich Ihnen heute aursprechen, wobei ich nicht nur des großen Erfinders in Bewunderung ge- denke, sondern auch in Dankbarkeit der treuen Württembergs» und guten Patrioten. Charlotte.
— Der Großherzog von Baden tele» graphierte: Indem ich Ihnen zum 70. Geburtstag herzlich gratuliere, verbinde ich damit meine aufrichtigsten Glückwünsche zu Ihrem großen Er
folge, dem schönen Lohn ihrer unermüdlichen Nurdauer. Friedrich.
Berlin 8. Juli. Der Reichskanzler Fürst Bülow richtete an den Grafen Zeppelin nachstehende» Telegramm: Eurer Exzellenz sende ich zu Ihrem 70. Geburtstage meine herzlichsten Glückwünsche. Möge Ihnen noch lange die Tatkraft erhalten bleiben, auf derm Erfolg ganz Deutschland mit Stolz blickt.
Pari« 8. Juli. „Mesfidore" veröffentlicht eine Unterredung mit dem bekannten Luftschiffer Graf de la Vaulx über die jüngste Fahrt d.es Zeppelin'schen Luftschiffes. Graf de la Vaulx sagte, daß die Deutschen in derLuft- schiffährl die Franzosen weitaus über» flügelt hätten. Der französische Lenkballon Rkpublique sei gewiß in Bezug auf rasche Ausrüstung und Fahrbereitschaft praktischer, aber da« Zeppelin'sche Luft» schiff sei ein hervorragender Kreuzer. Zeppelin habe alle französischen Rekord» geschlagen und er werde Frankreich noch andere, für seine Eigenliebe peinliche Ueberraschungen bereiten. Man sagt, das Zeppelin'sche Luftschiff habe einen Fehler, die Schwierigkeit der Landung. Aber, sagte de la Vaulx, wenn ich berufenen Persönlichkeiten glauben darf, wie z. B. dem Erzherzog Leopold Salvator, mit dem ich über diesen Punkt sprach, so wird diese Schwierigkeit gewiß gelöst werden. (St. Mpst.)
München 8. Juli. Erpresser Im hoff, welcher durch Briefe an den Kommerzienrat Ludowici und durch ein Attentat auf seine Söhne Geld zu erpressen versuchte, wurde zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Jmhoff suchte in der ganzen Verhandlung fein Vorgehen als einen „Scherz" hinzu stellen. Er habe nur dem „Geizhals" Ludowici einen Schrecken einjagen wollen. Jmhoff ist der Sohn des verstorbenen Rittergutsbesitzer« Jmhoff aus Marolds- weisach (Beyern) Nach Absolvierung, der Untersekunda in Kvburg trat er als Aspirant bei der Postexpedilion Haßfurth ein» diente später in Bamberg als Einjährig-Freiwilliger, wurde dann aber entlassen, da sein Vater starb und die Mutter in Sorgen war und setzte dann seine Postlaufbahn fort. In Ochsenfurt unterschlug er nach 12tägigem Dienst 35000 floh nach Italien, hielt sich vier Jahre lang im Auslands auf und wurde schließlich völlig mittellos im Dezember 1901 verhaftet. Er wurde zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. Da er sich aber gut Whrte, wurde ihm ein Teil der Strafe erlassen. Jmhoff arbeitete dann in Maroldswetsach in einem Büro als Schreiber und wurde schließlich Steinbruch, arbeiter und Bediensteter de« Aufzugs beider
gemacht hat und in welcher darum gebeten wurde, die abgehenden Soldaten möchten zum Eintritt aufgemuntert werden, da sie dann immer in der Uebung bleiben könnten, hat da« Generalkommando geantwortet, es komme diesem Wunsch gerne entgegen, weil er den Beitritt als ein Mittel ansehe, um die Schießfertigkeit zu pflegen und zu erhalten; es sei gerne bereit, die von der Schützengesellschaft verfaßten Merkblätter unter die abgehenden Soldaten zu verbreiten und so die Sache zu fördern.
Lützenhardt O.-A. Freudenstadt 7. Juli. Nach kurzem Wortwechsel schoß heute mittag ein zwanzigjähriger hiesiger Bursche die Wirtin zur „Germania" in den Leib. Dann schoß er nach dem anwesenden Schultheißen von Cresbach, traf ihn aber nicht. Darauf floh er in den Wald.
Tuttlingen 8. Juni. Die rom Gustav Adolf-Verein anberaumte Versammlung begann gestern mtttag mit geschäftlichen Beratungen im Vereinshause. Von den zur Verfügung stehenden 72000 ^ sollen 49000 der württembergtschen und hohenzollernschen Diaspora, der Rest dem Lutlande zugewendet werden. Für die große Liebesgabe wurden Söflingen, Spraitbach und Waldsee vorgeschlagen. ''Die Hauptversammlung eröffnet« Prälat von Frohnmeyer. Ansprachen hielten Präsident v. Zeller, Dekan Fischer, Bürgerausschußobmann Dold, Stadtpfarrcr Traub u. a. Die große Liebergabe wurde der Gemeinde Spraitbach OA. Gaildorf zugesprochen. Die nächstjährige Tagung wird in Hall erfolgen.
Ulm 7. Juli. Bei der Häute- und Fellversteigerung im hiesigen Schlachthaus« wurden erlöst für Kuhhäute 43— 55 -H, Rindshäute 47—58 -g, Kalbelhäute 55—57 -H, Ochsenhäute 38*/-—49*/- -H, Stierhäute 31*/-—48 Farren- häute 35—48 -H, Kalbfelle unter 12 Psd. 100 bi« 102 H über 12 Pfd. 88 -Z.
Friedrichrhafen 8. Juli. Da das überschüssige Gas des Zeppelin'schen Ballons noch nicht erschöpft ist, wird heute Prof. Hergesell au« Stroßburg mit seiner Frau in dem Ballon „Hergesell" eine Ausfahrt unternehmen. Vermutlich wird auch noch der Augsburger Ballon „Augusts" sine Füllung erhalten.
Leutkirch 8. Juli. Der Ballon des Münchner Automobilklub«, der unter Führung der Prinzen Georg von Bayern am Dienrtag nachmittag in Manzell aufgestiegen war, ist am gleichen Abend bei Haselburg glatt gelandet.
Bom Grafen Zeppelin.
Konstanz 8. Juli. Gestern obend nach 9 Uhr veranstalteten die Schüler des Gymnasiums und der Oberreakschule einen Fackelzug. Der Zug bewegte sich durch die Straßen der Stadt nach dem Jnselhotel, wo Graf Zeppelin auf
habt wie einfältige Kinder Kartenhäuser gebaut, die der erste Windhauch umblasen mußte. Guido ist nicht in der Lage, ein armer Mädchen heim- zuführen."
„Bin ich wirklich so arm — so ganz arm?"
„Mein Sohn muß eine reiche, vornehme Partie machen, denn ich habe, wie Dir nicht unbekannt ist, grrße Verluste erlitten. Dessenungeachtet stehe ich nicht vor dem Ruin und Du darfst überzeugt sein, daß ich Deine Zukunft sichersten«."
„Ich will nicht«, nicht« ol« Guido! Er ist meine Liebe, mein alle»! Lasse ihn mir und ich knie zu Deinen Füßen. Wer seine Stimme wider Dich erhebt, den betrachte auch ich als meinen Todfeind, wer Dir zu schaden sucht, dem werfe ich mich entgegen, wer Dich anklagt, dem schreie ich ins Gesicht: „Du lügst!" und wäre ich überzeugt, damit die ärgste Unwahrheit zu sagen. Lasse mir Guido, und Du sollst keine treu ergebenere Seele auf dieser Erde wissen! '
„Sei nicht so exaltiert! Ich verstehe Dich gar nicht. Du bist weder die erste, noch wirst Lu die letzte sein, die einen Lieblingrwunsch begräbt. Die Mehrzahl der Menschen sieht sich vor diese Notwendigkeit gestellt."
„Glaubst Du denn, daß mir Dein Sohn so leicht entsagen würde?"
„Leicht oder schwer, ihm bleibt keine Wahl."
,Lcs Geldes wegen also soll er mich beiseite werfen? — Da« Geld spielte wohl immer eine große Rolle in Deinem Leben."
„Dir gestehe ich das Recht nicht zu, meine Ansichten und meine Handlungsweise zu kritisieren."
„Aber ich nehme es mir! Du möchtest Komtesse Juliane Deine Schwiegertochter nennen? Ich jedoch sage: Nein und tausendmal nein!"
„Dar ist töricht gesprochen ! War geschieht, vermagst Du nicht zu hindern."
„Wer weiß? Vielleicht habe ich die Mittel in den Händen, mein und Guido« Glück zu retten."
„Was für Mittel?"
„Erspare mir, Gebrauch mit ihnen zu machen."
„Nein! Ich will erfahren, was dieser herausfordernden Bemerkung zugrunde liegt."
„Nun gut, dann seilst Du et! Sieh her! Dos emxfirg ich von Madeleine Frarcoir, in deren Hände er Baron de Noiseul legte."
Der Kommerzienrat starrte auf da« Flakon und da» Schriftstück, welchet sie entfaltete und ihm rorhielt.
„Was soll da« bedeuten und war will es sagen?" stammelte er. „Jobst Frärkel war allerdings bei mir bedienstet. Ich mußte ihn aber endlich in« Armenhau« schaffen, denn er trank und wurde unfähig zu jeder Arbeit. Die Behar plungen eines solchen Menschen find hinfällig."
„Werden aber doch seltsamerweise durch den Umstand bekräftigt, daß dieser Armband in Deinem Sekretär verborgen lag."
Huber sprang auf. Seine Knie wankten, ober seine Hände streckten sich nach dem Mädchen au«, da« erschrocken zurückwich. «Du — Du hast in meinem Schreibtisch gewühlt?" preßte er mit heiserer Stimme hervor.
„Nicht doch! Aber gelegentlich des von Franz verübten Einbruchs nahm ich dieses Geschmeide an mich, che ein fremder Blick darauf fiel. Und jetzt sage ich Dir, laut dieser Beweise: „Du hast die Hand erhoben wider den eigenen Bruder. Und jetzt stehe ich, sein Kind, vor Dir und fordere Rechenschaft!"
Die hünenhafte Gestalt de« Kommerzienrats wankte, wie von wütendem Sturme gepackt und hin und her geschüttelt und gurgelndes Stöhnen drang au« seiner Kehle, an welche er griff, als werde sie zugeschnürt. Sekundenlang schien er, als würde er zu Boden stürzen, doch feine Kraft überwand den Anfall. Mit unsicheren Schritten ging er zur Türe, wandte sich ober nochmal« um und sagte:
„Du forderst Rechenschaft — sie soll Dir werden!"
(Fortsetzung folgt.)