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LlilM Trüg» monatlich RM. I.« einschließlich 20 Rpsg. Zustell-. gedichr, durch die Post RM. I.7S (einschließlich SS Rpsg. Post- zeiiungsgebiihr-n). Preis der Einzelnummer IO Rpsg. In Fällen höherer Gewalt besteht dein Anspruch aus Lieserung der Zeitung ^>er auf Rückerstattung des Bezugspreises. Gerichtsstand für beide Teile ist Neuenbürg (Württ.) Fernsprecher-404. — Verantwortlich für den gesamten Inhalt Fridolin Biesinger, Neuenbürg (Württ.)
Parteiamtliche nationalsozialistische Tageszeitung
/lmtsblaÄ des Kreises Calw für Neuenbürg un- Umgebung Sirkenfelöer-, Calrnbacher- unö tzerrenalber Tagblatt
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Nr. 306
Neuenbürg, Donnerstag den 31. Dezember 1942
1VV. Jahrgang
Heute, am 31. Dezember 1942, vollendet der „Enztäler" das hundertste Jahr semes Erscheinens. Die erste Nummer erschien am 1. Januar 1843.
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Hundert Jahre „Enztäler"! Vier Menschenalter aufbauender Arbeit, zähen Bürgerfleißes, klarer Erkenntnis des Not- ! wendigen, Umsicht und bedeutungsvolle Verantwortung der - Oeffentlichkeit gegenüber sind in diesen wenigen Worten eingeschlossen. Sie haben den „Enztäler" ans kleinen Anfängen heraus zu einem unentbehrlichen Faktor des wirtschaftlichen, politischen und heimatlichen Lebens im ganzen Enztal und AWtalgebiet werden lassen. Unerschüttert hat der „Enztäler" durch die -wechsel-vollen Zeitläufte der Geschichte hindurch sein eigentliches Ziel und seine Aufgabe erkannt und unbeirrt von aller Gunst und Mißgunst weiterverfolgt: „Diener der Heimat" zu sein. Die Heimat ist die Keimzelle gewesen,, aus der heraus er gewachsen ist, und die Heimat ist der Boden, in dem er noch heute wurzelt und weitevwächst, aus der Heimat hat er die Kräfte gesogen, die ihn erstarkt und befähigt haben, heute über den engen Rahmen seiner Umgebung hinaus ein dienendes Instrument der großdeutschen Staatsführung und ein Hort heimatlicher und vaterländischer Glanbenstrene zu sein. Und so wären die, hundert Jahre lebensvollen Arbeitseinsatzes von fünf Besitzern und Herausgebern Wohl wert, den Weg rückschauend zu betrachten und das Jubiläum festlich zu begehen, aber die Gegenwart ist hart und gibt keinen Raum Und keine Zeit für größere Festgestaltung, noch Muhe genug, seine Gedanken in die Vergangenheit znrückzulenken, vielmehr fordert sie alle Kräfte für die bevorstehenden Entscheidungen der Zukunft zu sammeln und zu wahren. Ans dieser Erkenntnis heraus mutzte sich der Verlag entschließen, von der Ausgabe einer Festschrift Abstand zu nehmen, und nur in einem kleineren Aufsatz die Entwicklung der Zeitung kurz zu umreißen, die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignisse der letzten 100 Jahre aber in einer späteren Folge unter „Unsere Heimat im Wandel der Zeiten" zu behandeln. Damit glaubt der Herausgeber seinem treuen'Leserkreis besser und angenehmer gedient zu haben. ^
Vas Haus am Kiarkt
Schwere Zeiten hatte das mittelalterliche Städtchen gegen Ende des 17. Jahrhunderts erlebt. Feuer und Krieg hatten gleichschwere Ernte gehalten. 1783 hatte eine furchtbare Feners- bvunst den größten Teil des Marktplatzes mit Kirche, Rathaus, Schule, Oberamt und „Bären" zerstört, nur der nördliche Querflügel war erhalten geblieben und mit ihm auch ein Teil des dreistöckigen hochgiebeligen Hauses am Brennpunkt der Bcrkehrsstratze Pforzheim—Wildüad—Freuüenstadt und Pforzheim—Herren-alb—Baden-Baden gelegen. Dieses Haus sollte später der Berlagssitz des heute hundertjährigen „Enztälers" Werden. Schon ein Paar Jahre nach der Katastrophe war der größte Teil der Nachbarschaft wieder auf-gebaut und ein idyllisch schöner Marktplatz war entstanden, Lessen Anblick auch heute noch jedes aufnahmefähige Auge zu entzücken vermag.
Noch einmal erfolgte in dem gewerblich wieder aufstrebenden Städtchen ein Rückschlag. 1790 war das Städtchen der Schauplatz einer schweren Plünderung durch die Franzosen geworden, aber schon sieben Jahre später siegte schwäbischer Unternehmungsgeist über alle Nöte. Der Holzhandel war zu neuer Blüte gekommen, Gewerbe und Handel fanden wieder Boden, auf dem sie sich betätigen konnten. Selbst die napoleo- nischen Kriege mit dem Durchmarsch fremdep-TruPpen vermochten den gewerblichen Aufstieg des Enztczlss nicht mehr anfzu- halten. Ein großes Hemmnis bildeten jedoch die schlechten Verkehrsverhältnisse, keine fahrbare Straße noch weniger eine Eisenbahn eröffnete den Zugang zu dem nächstgelegenen Verkehrs- und Handelspunkt Pforzheim, ebenso war der völlige Mangel eines geordneten und raschen Nachrichten- und Mitteilungsorganes für Handel u. Gewerbe von größtem Nachteil-- Da entschloß sich der Buchbindermeister C. Moch igr Hans Turmstr. 4 (jetziger Besitzer Fr. Schiele) für das ganze Oberamt Neuenbürg ein geeignetes Nachrichtsnblatt zu schaffen. Die Herausgabe einer Zeitung in jenen Zeiten War durchaus keine so einfache Sache, wie sie vielleicht dem heutigen Leser erscheinen mag. Bis zum Fahre 1807 war es in Württemberg überhaupt verboten, eine Zeitung, und sei es auch nur in bescheidenem Rahmen, herauszugeben. Die Cotta'schen Erben hatten mit der Herausgabe der „Stuttgartischen Anzeigen" das Monopol für das ganze Land erworben. Nur einige freie Reichsstädte, die in der Zwischenzeit an Württemberg nber- gegangcn waren und in denen bereits Nachrichtenblätter vorher bestanden, durften diese mit kurfürstlicher Genehmigung weiterführen, wofür aber hohe' Sporteln und Stempelgebühren zu zahlen waren. Den Verlegern dieser Blätter war es aber aufs strengste untersagt, irgendwelche politische Mitteilungen oder Tagesnachrichten zu veröffentlichen. Alle Druckerzeugnisse unterlagen damals und auch in den langen Fahren darnach einer strengen Zensur der Landvogteien, die über
haupt grundsätzlich nur ein wöchentlich einmaliges Erscheinen Der Blätter erlaubten. Auf der Karlsbader Konferenz 1819 wurden unter Einfluß Metternichs in ganz Deutschland die iZeitungszensuren noch mehr verschärft, und damit mancher neu-gegründeten Zeitung wieder der Garaus gemacht. Eine gewisse Nachgiebigkeit zeigte man nur bei der Gründung von i so genannten Jntelligenzb lättern. Die Veröffentlichung von „Fntelligenzien", d. h. „Nachrichten", beschränkte sich aber auch 'hier völlig auf amtliche Bekanntmachungen und Private Anzeigen, wie Versteigerungen, Kaufgesuche, Verkäufe, Fnhr- unternehmungen und Mitteilungen aus dem Geschäfts- und Gewerbeleben. Den Rest des Blattes durfte man noch mtt Gedichten, Rätseln und dergleichen ausfüllen, aber beileibe keine Politik oder nur eine geringe Andeutung davon; das konnte außer der sofortigen Schließung des Betriebes auch noch Gefängnis für den rebellischen Unternehmer zur Folge haben. Selbst der „Württembergifche Sta-atsanzeiger" war nur
SISWINIWÄ
Amts- und Intelligenz-Blatt
für den VberamtSbeztrr
Neuenbürg.
L8W.
Erster Jahrgang.
Kehiglrl, gedruckt m>d verlegt vor» C. Weeh m Sreunidurg,
Titelblatt des ersten „Enztäler"-Zahrgangs
Photo: Enztkller-Archiv
als eine solche Jntellig-enzzeitung' zngelassen, und führte bis 1871 den Titel „Jnteüigenzblatt".' Damit dürfte dem Leser nunmehr ein Verständnis für den Unternehmungsgeist unseres strebsamen Gründers C. Meeh'gegeben sein.
Die erste Kummer
Nach langen Verhandlungen hatte C. Meeh die staatliche Erlaubnis erhalten zur Herausgabe des „Amts- und Intelligenz-Blatt" für den Oberamtsbezirk Neuenbürg.
So erschien denn genau heute vor hundert Jahren am 1. Januar 1843 die erste Nummer. Die Herausgabe Erfolgte in Quartformat, vier Seiten stark, auf gutem Papier mit schönem Druck und wurde wöchentlich zweimal, und zwar E jeweils Mittwochs und Samstags ausgegeben. Die erste Nummer brachte an erster Stelle Bekanntmachungen des Oberamts, des König!. Forstamtes, des Stadtschulthcißen, zwei Privatanzeigen und am Schlüsse ein Rätsel. Bereits in den folgenden Nummern nahmen die Privatanzeigen zu, das Holzgewerbe brachte Preis-Regulative für Holländerholz, Nadelholz und Flößerstan-gen, die Landwirtschaft veröffentlichte Mehl- und Kernenpreise, die Metzgerinnung eine regelmäßige Notierung der Fleisch-Taxe und für den Zahlungsverkehr erschienen Kursnotizen für Goldmünzen. Damit war in dem -Jntelligenz-blatt dem Handel und Gewerbe im ganzen Enztal ein feit langem schmerzlich vermißter Zentralpun-kt geschaffen. Ein Jahr darauf veröffentlichte auch das Oberamt Calw seine Bekanntmachungen in dem Blatte. Trotz des schönen Anfanges hatte der Herausgeber jedoch manche finanziellen Opfer zu tragen. Der Bezugspreis für das Jahr betrug zwei Gulden, die Anzeigezeile 2 Kreuzer, die Abnehmerzahl war zunächst ! noch sehr gering; in manches Dorf kam vorerst nur ein ! Exemplar, das von amtswegen vom Schultheißen und dem > Pfarver gelesen werden mußte. Eine weitere Verbreitung des
Blattes erfolgt durch die Aufnahme der Badelisten von Wi-ld- -bad, ein eigentliches Badsblatt gab es damals noch nicht und so schlossen sich bald darauf auch Lisbenzell, Teinach und selbst Baden-Baden mit ihren Fremdenlisten an, wobei die Baden- Badener Fremdenlisten völlig in Französisch abgefaßt waren. Die Ausgabe des „Enztäler" erfolgte lediglich durch Privatboten, die die Zeitung von Neuenbürg in ihre Gemeinden Mitnahmen. Am 1. Juli 1844 erlangte daun C. Meeh von der Post die für damalige Verhältnisse außerordentliche Vergünstigung, sein Blatt mit der Post verschicken zu dürfen; der halbjährliche Bezugspreis durch die Post war auf 6 Kreuzer festgesetzt. Damit war der Bestand des Blattes endgültig sichergestellt. 1847 mit dem Neujahrstage konnte der „Enztäler" seinen Abnehmern Mitteilen, daß die Zeitung nunmehr mit dem Omnibus, das war der neu errichtete " Werdekutschen- verkehr nach Gernsbach und Baden-Baden-miü 'eme Linie hinüber ins Nagoldtal befördert werde; diet'Straße nach Pforzheim wurde erst 1864 erbaut. Für den Anfang standen dem Herausgeber in Neuenbürg zwei tüchtige Mitarbeiter zur Seite, die namentlich Len Unterhaltungsteil durch Veröffentlichung von Gedichten und Rätseln als Originalbeiträge bestritten: Dekan lVl- Eisenbach und der spätere Oberamtsrichter W. Ganzhorn, dessen heute weltbekanntes Gedicht „Fm schönsten Wiesengrunde" neben vielen andern bekannten Gedichten zum ersten Male im „Enztäler" seinen Zlbdrnck fand.
weiterer
Bereits nach Ablauf des ersten Jahres konnte der Herausgeber das Format vergrößern und durch Zugabe einer landwirtschaftlichen Beilage mit laufenden Berichten, belehrenden Aufsätzen und Besprechungen aus dem gesamten Arbeits- und Handelsgebiet des Tales den Nutzen des Blattes für den Leser erheblich steigern. Viel Interesse fanden in den folgenden Fahren auch die Veröffentlichungen von Streitfragen des öffentlichen Löbens, so kamen Fürsprecher und Gegner zur Errichtung von einer zeitgemäßen Straßenbeleuchtung durch Brennöl-Lampen in Neuenbürg zu Worte. 184h begannen dann auch die monatlichen Veröffentlichungen der „Vermutlichen Witterungsberichte", heransgsgeben von dem Karlsruher Zeus.'Einen gewaltigen Umschwung für das gesamte Zeitungswesen und damit auch für unser Jntelligenz-blatt brachte das Fahr 1848. Durch ein königl. Dekret wurde am 1. März die Presse-Zensur für Württemberg aufgehoben. Eine tiefe Gärung war allenthalben durch die deutschen Lande gegangen. Hungersnöte, Arbeitslosigkeit, Unfähigkeit der Regierungen Abhilfe zu schaffen, aber dafür Verstärkung des Widerstandes gegen jeden Fortschritt auf geistigem und wirtschaftlichem Gebiete, absichtliche Hintertreibung der vom ganzen Volke sehnlichst erwünschten und herbeigesehnten Einigung des Deutschen Reiches, alles das hatte den Glauben an die Regierungen erschüttert und Auflehnung und Revolution des Volkes in allen Teilen der Bevölkerung zur Folge gehabt. Die Presse wurde noch mehr geknebelt, jedes freie Wort war verbannt, sogar unserem vorsichtigen und bedachtsamen Herausgeber C. Meeh hatte der Zensor harmlose Stellen einer lokalen Besprechung gestrichen. So ist begreiflich, welch große Freude und Hoffnung gerade die Verkündung der Pressefreiheit im württembergischen Lande im Volke anslöste. Der Herausgeber brachte die Verordnung am darauffolgenden Tage in seinem Blatte auf rotem Papier mit Golddruck zur Kenntnis 'seiner Leser. Nunmehr war das letzte Hemmnis zum Ausbau der Zeitung gefallen. Bereits 14 Tage später teilte der Herausgeber seinen Lesern mit, daß das seitherige Intelligenz-? blatt nunmehr durch Aufnahme von Tagesnachrichten und Politik seinen Inhalt wesentlich erweitere, und demgemäß seinen Titel vom 22. März alb ändere in:
4 >
Der Enzthäler Anzeiger und Unterhaltnngs-Blatt
für das
ganze Enzthal und dessen Umgebung.
Wie sehr den Herausgeber die Presseknebelnng bedrückt -hatte und jeden aufstrebenden Fluß der Entwicklung seines Blattes gehemmt hatte, dürfen -wir Wohl aus dem Umstande ermessen, daß er nicht einmal mehr den Monatsablauf zur Erneuerung des Titels und der Umgestaltung des Blattes abwartete. Einen treuen Helfer in der nun erschwerten und vermehrten Arbeit fand er in seinem unterdessen von der fremden Lehre in Frankfurt a. M. zurückgekehrten Sohn Jakob. Jakob Meeh hatte seine Lehrzeit in der Kreb'schen Druckerei, wo auch die Bnndestagsprotokolle gedruckt wurden, beendet und stand nun seinem Vater in der Gestaltung der neuen Zeitung trefflich zur Seite. Neben gründlichen technischen Kenntnissen über das gesamte Druckwesen, betätigte er sich auch als erfolgreicher poetischer Dichter und führte in der Folgezeit nach 1848 eine sehr geschliffene Feder, die ihn als Nachfolger seines 1851 verstorbenen Vaters der Aufgabe -des Redakteurs völlig gewachsen zeigte.