In Wäldern «nd Moor
Die Kämpfe im mittleren «nd nördlichen Frontabschnitt
DNB. Im mittleren und nördlichen Abschnitt der Ost- pont entwickelten sich nur örtliche Kampfe. Auch bei stschew, wo die Bolschewisten noch in den letzten Tagen mcksichtslos ihre Angriffe vortrugen, blieb die Kamvftätig- !eit gering. Diese Pause zwischen den Schlachten, die vor illem in den schweren Verlusten des Feindes während der ,ergangenen Wochen begründet ist, wurde nach Meldungen res Oberkommandos der Wehrmacht zu zahlreichen Späh- rnd Stoßtruppunternehmungen ausgenützt. Bei rrfolgreichen Vorstößen im mittleren Frontabschnitt dran- ;en Infanteristen und Pioniere in die feindlichen Stellunzen ein, sprengten 25 Kampfstände und kehrten mit zahlreichen Gefangenen in ihre Ausgangsstellungen zurück. Weitere 70 Kampfbunker wurden bei einem Vorstoß im nördlichen Frontabschnitt durch Truppen des Heeres und der Luftwaffe vernichtet. Auch im Jlmensee-Gebiet waren deutsche Stotztruppen erfolgreich. Südlich und südöstlich des Jlmensees führten vereinzelte feindliche Angriffe zu harten Nahkämpfen, bei denen die Bolschewisten überall zu- rückgeschlagen wurden. Die Luftwaffe belegte zur Unterstützung der Heeresverbände feindliche Feldstellungen, Waldlager und Nachschubdepots wirksam mit Bomben. Aus den Nachschubstratzen des Feindes wurden mehrere Panzerkampfwagen und 50 beladene Lastkraftwagen durch Volltreffer vernichtet.
Die Größe des soldatischen Einsatzes, Sen Sie Kümpfe rn den Buschwäldern und Mooren der Jlmensee-Front von den deutschen Truppen verlangen, zeigen die Meldungen eines norddeutschen Infanterie-Bataillons, das innerhalb eines Monats 50 mit zahlenmäßig überlegenen Kräften geführte Angriffe der Bolschewisten in Nahkämpfen und Gegenstößen abwehrte. Bei den ununterbrochenen Kämpfen haben nicht nur Infanteristen und Pioniere, sondern auch die Artilleristen Hervorragendes geleistet. So sprang während eines deutschen Gegenstoßes ein als vorgeschobener Beobachter eingesetzter Unteroffizier auf eine unter schwerstem Feuer liegende Höhe und leitete von hier aus bas Feuer seiner Batterie. Trotz schwerer Verwundung blieb der Beobachter in übermenschlicher Willensanstrengung auf seinem Posten, bis der Angriff der Infanterie das befohlene Ziel erreicht hatte. Nach Erfüllung seiner Aufgabe brach er bewußtlos zusammen.
Auch im Frontabschnitt von Leningrad ist seit dem gemeldeten Äbwehrkampf an der Newa, wo die Bolschewisten am 26. 9. einen Versuch zur Ueberquerung dieses Flusses unternahmen, eine Kampfpause eingetreten. Dieses Unternehmen, Leningrad zu entsetzen, führte trotz Einsatz von Hunderten von Landungsbooten, die durch das Feuer von über 80 Batterien gesichert wurden, zu einem völligen Mißerfolg für die-Bolschewisten, die Uber 800 Gefangene, über 1000 Gefallene, 400 Landungsboote und zahlreiche Schwimmpanzer verloren. Um erneute Uebersetzversuche zu unterbinden, belegte die Luftwaffe den feindlichen Truppen- und Bootsverkehr im Newa-Abschnitt erneut mit Bomben. Auch kroatische Kampfflugzeuge beteiligten sich an diesen erfolg reichen Luftangriffen.
Kampf hinter der Front
Gebiet südlich des Jlrnensees von Banden gesäubert
DNB. Der Kampf gegen versprengte bolschewistische Banden, die binter der skront ibr Unwesen treiben und di-
Zivilbevölkerung in den entlegenen Dörfern bedrohen, nimmt mit Unterstützung der Landbewohner seinen plan» mäßigen Fortgang. Meist handelt es sich um kleinere Gruppen versprengter bolschewistischer Soldaten, die sich in den weiten Wäldern und Sümpfen versteckt Hallen und unter Führung von Kommissaren einzelne Fahrzeuakolonnen überfallen sich mit Waffen und Munition versehen und dann ihre bewaffneten Raubzüge gegen die Bauern und Ver- sorgungsdepois durchführen.
Am Raum südlich des Jlmensees wurde dieser Tage die Säuberung eines 2000 gkm großen Gebietes, in dem sich eine stärkere Gruvve von über 1000 Banditen ver» borgen hielt erfolgreich abgeschlossen. Die Banditen hatten ihre Schlupfwinkel in dem undurchdringlichen Wald- und Sumpfgelände, das nur den Landeseinwohnern bekannt ist, zu umfangreichen befestigten Stützpunkten ausaebaut Einheiten des Heeres und der Luftwaffe Ordnung?- und Siche- runastrnppen sowie Kilfsverhände aus Landeseinwohnern schlossen die Banditen ein und vernichteten sie in mehrwöchigen erbitterten Kämpfen. Die Bolschewisten verloren hierbei 905 Tote. 244 Gefangene. 10 Geschütze 90 Granatwerfer und Maschinengewehre sowie 37 Panzerbüchsen imd zahlreiches anderes Kriegsmaterial. Ein weites Gebiet wurde damit von bolschewistischen Banden gesäubert.
Die Panzergrenadiere
Eine neue Ausrede Reuters.
DNB. Reuter bezeichnet die Schlacht um Stalingrad als eine der wütendsten der Geschichte. Besondere Erwähnung findet in den Berichten der Unslandsvresse die ..neue Wakke der Panzergrenadiere" die an der Spitze der Panzerdivision eingesetzt werden und denen ein entscheidender Anteil an den Erfolgen bei der Ueberwindung des mächtigen Verteidigungs. ringes der Stadt zugesprochen wird, weil sie erst die Vor» aussetzungen für den Einsatz der anderen Truppengattungen schaffen.
Stalingrad wird fallen! Darüber scheint selbst bei Reuter keine Unklarheit mehr zu herrschen. Doch eine Entschuldigung für das unaufhaltbare Vordringen unserer tapferen Truppen ist natürlich längst gefunden. Die Deutschen waren diesmal so rücksichtslos, eine „neue Waffe" bei dieser Groß- Schlacht einzusetzen. Gemeint sind unsere Panzergrenadiere! Eigentlich sollte es auch jenseits des Kanals inzwischen bekannt geworden sein, daß unsere Panzergrenadiere ln diesem Kriege keine Greenhörner mehr sind. Bei Dünkirchen und in Afrika in Rommels Panzerdivisionen haben sie ihr gut Teil dazu beigetragen, daß den Tommies die siegreiche Kückzuystheorie höchst „geläufig" wurde. Doch daran denkt man Nicht gern. Und fetzt ist natürlich eine schöne Gelegenheit, die derzeitigen deutschen Erfolge um diese Wolgafeste mit dem Schleier des Geheimnisvollen zu umgeben. Wenn unsere Panzergrenadiere als die Wegbereiter und Träger dieser Erfolge bezeichnet werden, soll es ihnen recht sein, doch sind sie bereit, diesen Ruhm auch mit den Männern der an- deren Waffengattungen zu teilen.
Niederlage Roosevelts auch lm Senat.
Genf, 30. Sept. Der USA-Senat hat den Abänderungsantrag mit 48:46 Stimmen angenommen, meldet Reuter aus Washington. Dieser Antrag steht die Festlegung der Paritätspreise für landwirtschaftliche Produkte unter Berücksichtigung der Gestebunaskosten und Löhne vor.
?->nne fle ihren Soldaten überhaupt nicht genug sanken.
Stürmische Zustimmung beweist, daß die Heimat sich lassen bewußt ist. Das gelte auch für alle Soldaten der verbündeten Nationen, die an unserer Seite kämpfen. Daß unsere Waffenbrüderschaft eine andere ist als die der Briten werde bewiesen durch di« Tatsache, daß wir selbst nicht ander« dorthin schicken, wo es besonders gefährlich ist, sondern es als unsere Pflicht und Ebre ansehen. unsere Blutlast selbst zu tragen; als treue, absolut ehrenhafte Bundesgenossen llrmpfen wir an der Sette unserer Verbündeten. Aus diesem vielleicht schwersten Kampf unserer Geschichte werde daS große Reich einer in Leid und Freud verbundenen engen Volksgemeinschaft hervorgehen. Als eine Lichtseite dieses Krieges bezeichnet der Führer die große Kameradschaft aller Deutschen aus allen Stämmen und prägt de-- inhaltsschweren Satz:
„Das GroßLeutsche Reichs ist eine mit dem Blut aller deutschen Stämme Unterzeichnete ewige Urkunde, eine Urkunde, die niemand mehr auslöschen kann."
Wie der Geist der neuen Gemeinschaft sich bereits auch aus die jungen Offiziere auswirkt, erwähnt der Führer sodann. Es gebe da keine Auswahl nach Herkunft, Name, Bildung und dergleichen mehr, sondern diejenigen werden ernannt, die brave, treue, tapfere, fähige Männer und geeignet seien. Führer der Soldaten zu sein. Dieser Krieg habe erwiesen, wie richtig unsere ganze nationalsozialistische Einstellung war. Der neugewonnene Raum müsst mir einem starken deutschen Volk erfüllt werden. — Schließlich würdigt der Führer der Front gegenüber auch die Leistungen der Heimat,
Mt dem deutschen Arbeiter, der, wenn es gelte, nicht nur zehn und elf Stunden, sondern auch Sonntag für Sonntag arbeite, um der Front die Waffen zu geben, besondere Anerkennung. Die deutsche Arbeiterschaft stehe treu zu ihrem Staat und vor allem zu ihren Soldäten. Auch das Landvolk erfülle seine Pflicht. Millionen deutscher Frauen seien in den Arbeitsprozeß eingegliedert, und auch die Berufe, die eine geistige Tätigkeit ausüben, seien unermüdlich im Ersinnen und im Arbeiten, um die Nation zu rüsten. Wenn er der Heimat sagen könne, sie könne vollkommen beruhigt sein, die Front unserer Soldaten stehe unerschütterlich,
so könne er der Front sage«, daß hinter dem deutschen
Soldaten die Heimat stehe, die sie niemals im Stich
lassen wird. Tosender Beifall bekräftigt dieses Versprechen.
Die Saboteure dieser Gemeinschaft aber werden unbarmherzig vernichtet. Das ganze deutsche Volk wird dem Führer verpflichten, daß in einer Zeit, in der die Besten unseres Volkes mit ihrem Leben sich einsetzen, kein Platz ist für Verbrecher. Wer sich an dem bereichere, was für unsere Soldaten bestimmt ist, werde unbarmherzig beseitigt. Dank und Anerkennung zollt der Führer den Heldentaten, die in den von Fliegerangriffen heimgesrrchten Städten geleistet werden.
Zum Schluß richtet er einen mitreißenden Appell an das ganze deutsche Volk, auch im Namen aller Soldaten «nd aller derjenigen, die sich aufopfern, die treue Volksgemeinschaft auch in diesem Winkerhilfswerk 1942/43 zu beweisen, z« zeigen, daß wir eine verschworene, unlösbare Gemeinschaft find. Dieses Kriegswinterhilfswerk müsse erneut zu einem Votum für die ganze Welk werden, durch das das ganze deutsche Volk erklärt, daß es hinter seinen Soldaten stehe, wie seine Soldaten hinter ihm stehen.
Der Führer schließt seine Rede mit der Versicherung, daß wir unter keinen Umständen jemals kapitulieren werden und daß es unmöglich ist. daß uns unser« Gegner jemals schlagen können. Das nationalsozialistische Deutschland werde mit den anderen jungen Nationen zusammen aus diesem Krieg mit einem glorreichen Sieg her- ausgehen.
Der minutenlange jubelnde Beifall bildete das Gelöbnis nicht nur der im Sportpalast versammelten Zehntausende, sondern des ganzen deutschen Volkes, alle Kräfte einzusetzen, um den Endsieg, das hohe Ziel. Freiheit und Zukunft unseres Volkes zu sichern, zu erreichen.
(Ausführlicher Bericht Wer die Führer-Rede folgt in der morgigen Ausgabe)
Bewährter Maltaflieger.
DNB Berlin. 30. Sept. Der Führer verlieh das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes an Oberleutnant Goetz, Staffelkapitän in einem Jagdgeschwader. Oberleutnant Franz Goetz, am 28. 1. 1913 zu Obertsrot geboren, hat sich als Jagdflieger und als Begleitschutz für Kampfverbände hervorgetan. Besonders bewährte er sich während der Nieder- haltung der Jnselfestung Malta. In harten Lustkämpsen schoß er 40 femdliche Flugzeuge, darunter 13 britische ab. Seine Staffel errang- unter seiner Führung 229 Luftsiege und zerstörte in kühnen Angriffen auf Flugplätzen zahlreiche Flugzeuge am Boden.
VIsuvr in Xürr«
In Ausübung seines Dienstes verunglückte am 15. September 1942 Ritterkreuzträger Oberfeldwebel Josef Leopoldsberger tödlich an der Ostfront.
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Der Führer verlieh das Ritterkreuz des Eisernen Kren zes an Major d. R. Bernhard Hofmann, Bataillonskom- mandenr in einem Infanterie-Regiment, Major d. R. Lud ger Glettenverg, Bataillonskommandeur in einem Infanterie-Regiment, Hauptmann Siegfried Meißner, Bataillons- kommandeur in einem Infanterie-Regiment, Oberleutnant d. R. Walter Tank, Kompaniechef in einem Panzergrenadier-Regiment, Oberleutnant Heinrich Vonhoff, Kompaniechef in einem Infanterie-Regiment, Oberleutnant Goetz, Staffelkapitän in einem Jagdgeschwader.
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Di« französischen Streitkräfte auf Madagaskar haben sich nach der Besetzung der Hauptstadt durch den Feind weiter im Süden neu formiert und leisten den Engländern trotz ihrer erheblichen Unterlegenheit an Menschen und Material hartnäckigen Widerstand.
Wie Reuter meldet, wurde im englischen Unterhaus am Mittwoch ein Gesetz angenommen, das die Amtsdauer dek jetzigen Parlaments um ein weiteres Jahr verlängert.
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Die Bediensteten der Deutschen Reichsbahn haben außer den laufenden Spenden, die durch Abzug bon Lohn oder Gehalt einbchalten werden, dem Kriegswinterhilfswerk 1942/43 wie in den Vorjahren eine Sonderspende in Höhe von 1099 ovo RM. zur Verfügung gestellt.
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Einer Reuter-Meldung aus Washington zufolge hat der USA-Senat das Jnflationskontrollgesetz Mt 82 gegen o Stimmen angenommen.
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Domei nimmt zu den Behauptungen eines angebliche» offiziellen Berichts der Associated Preß Stellung, wonach die Vereinigten Staaten seit Ausbruch des grotzostafiatische« Krieges nur 49 Kriegsschiffe verloren hätten. Demgegenüber veröffentlicht Domes eine Aufstellung, aus der klar ersichtlich ist, daß die Marine Ser Vereinigten Staaten infolge der japanischen See- und Luftangriffe im Verlauf der Feindseligkeiten mindestens 72 Kriegsschiffe verloren hat.
NWklles MW!«Wie«
Roman von Hugo M. Kritz
Verlag Knorr L Hirlh, Kommanditgesellschaft, München 194Z
33. Fortsetzung
„O bitte, bitte", wies Martina ihn kühl zurück, „ich maße mir durchaus kein Urteil an über Ihre Verdienste. Zudem verstehe ich weder von Export hell etwas noch von Export dunkel. Aber ich denke, daß für Verdienste, wie von Ihnen geschildert, gewöhnlich der Titel eines Kommerzialrats verlieben wird?"
„Kommerzialrat? Was ist schon ein Kommerzialrat!"
„heutzutag kriegt sich was noch vor ein paar ^ . _ den Titel Kommerzial
rat. Was soll mir ein Kommerzialrat? Dafür zahl' ich !eme zehn Kreuzer."
Martina zuckte die Achseln. „Wie Sie meinen. Vielleicht »ersuchen Sie auf direktem Weg ein Gesuch an Seine Naiestat —"
Dieser Einwand schien ihn ganz besonders zu erbittern. "Ieschisch Maria! wehrte er sich händeringend, „auf direktem Wegl Frau Baronin dürfen mich nicht für blöd halten. Auf direktem Weg möchte Seine Majestät mich einfach in den Papierkorb werfen. Hab' ich vielleicht der Frau Baronin zehntausend Gulden gegeben, damit ich mir auf direktem Weg ein Gesuch mach? Frau Baronin sollen sich nicht mit mir spaßen! Wo ich seit zwei Jahren nichts als Hohn und Spott in der Familie Hab'; .Guten Morgen, Herr "Baron', .Hab' die Ehre, Herr Grast — wie steh' ich da? Besonders mein Sohn, der Frantifchek, was so gern als Einjähriger bei die Dragoner hätt' gedient, muß sich jetzt die Haxen ablaufen, der arme Bursch', bei der Infanterie. Und warum, warum? Nur weil Frau Baronin sich einen guten Tag g'macht haben mit meine zehntausend Gulden und nicht .Muh' g'saqt zum Herrn Erzherzog und sich überhaupt nicht gekümmert haben um die ganze Sache! Ich frag' zum letztenmal: Wollen Frau Baronin die zehntausend. Gulden auf der Stell' zurückgeben — ja oder nein?"
„Aber, mein Bester", entgegnete Martina lächelnd, „ich bin gar nicht —"
Er unterbrach sie kategorisch: ^Ia oder nein?"
„Wenn Sie so fragen", sagte Martina, in der plötzlich -'ine finstere Wut aufstieg, „dann nehmen Sie bitte zur ' .daß ich Ihre Bslässtg'.mg satt habe! Verlassen
Sie mrcy, ooer ich rufe den erstvejten Schutzmann, der mich von Ihrer Gegenwart befreien wird."
Der Kommerzialrat Wondruschek indes lachte bei dem Wort .Schutzmann' kurz und grimmig auf. „Das ist zuviel — das ist zuviell" Dabei eilten seine Äugen hurtig über die Ringstraße, schweiften hierhin und dahin und blieben schließlich, indem sie ein klein wenig hervortraten, auf einem bestimmten Punkt ruhen.
Martina folgte der Richtung seines Blicks, und da stand in der Tat ein gähnender Schutzmann, kaum fünfzig Schritte entfernt, und betrachtete stirnrunzelnd ein kleines Mädchen, das Steinchen sammelte und auf die Schienen der Straßenbahn legte.
Daraufhin wurde Martina zum erstenmal in ihrem Leben verhaftet.
Der Kommerzialrat nämjich, durch Martinas Haltung zum Äußersten getrieben, warf ihr einen erzürnten und lauernden Blick zu, dann schob er das reichlich verfettete Kmn m die Luft und zischte: „Wir werden ja sehen!" Und schon eilte er, auf kurzen Beinen trampelnd, auf den Schutzmann zu.
Martina drehte sich um, nach den beiden steifen Hüten auszuschauen, aber sie konnte keinen entdecken.
Da kam auch schon der Schutzmann, behutsam äugend mus ste zu. „Kuss' die Hand", sagte er, „haben Gnädigste leicht em Ausweispapier bei sich?"
Martina blickte in das arglose Apfelgesicht des Polizei- mannes und sagte: „Nein. Warum?'^
„Nämlich der Herr da", sagte der Schutzmann, wobei er mit dem Daumen aus den Komr '
. -M den Kommerzialrat zeigte, „erheben gewissermaßen eine Beschuldigung gegen Gnädigste."
„Der Herr irrt sich", versetzte Martina lächelnd, „der
H^),,. verwechselt mich mit einer gewissen Baronin Lubo- mirskl. Aber ich bin keine Baronin Lubomirski. Ich heiße —", MEma stockte einen kurzen Augenblick, dann fuhr sie fort: „Ich heiße Martina Isenflamm?
. ... "Hohö, Martina Jsenflamm!" rief der Kommerzialrat drohnend, „Frau Baronin Lubomirski haben sich viele Namen! Ich bestehe darauf —"
„Bitte um Ruhe", sagte der Schutzmann und rückte von Um Kommerzialrat in augenfälliger Weise ab, „wenn Gnädigste absolut keinerlei Dokument nicht bei sich haben, dann muß ich Gnädigste allerdings bitten, mit auf das Kommissariat zu kommen. Und Sie", wandte er sich in verändertem Ton an den Kommerzialrat, „Sie kommen auch mit."
Dc>zu zeigte sich der Kommerzialrat nur zu gern bereit. , meinte er mit einer einladenden Bewegung, „mein Wagen steht bereit."
So siilir Martina in Bealsituna eines Schutzmanns und
eines dicken Kommerzialrats auf die Wache. So merkwürdig diese Situation auch war, Martina fühlte sich nicht sehr beunruhigt. Sie saß elegant zurückgelehnt und blickte in freundlicher Versonnenheit auf die Straße. Gut, daß ihr im richtigen Augenblick eingefallen war, ihren wahren Namen zu nennen.
Der Polizist betrachtete sie wohlgefällig, wandte hin und wieder den Kopf und warf dem Kommerzialrat einen mißbilligenden Blick zu. Dann begann er ein Gespräch mit Martina über Girardi, der im Theater an der Wien auftrat, und erklärte, daß er selbst auch Grazer sei,, was Martina verbindlich zur Kenntnis nahm. Kommerzialrat Wondruschek, auf seinen Elfenbeinstock gestützt, blickte grollend und mürrisch vor sich hin ...
Der Polizeikommissär Barfüßer, obwohl geheime Akten ihm nicht zugänglich waren, hatte dennoch rm Laufe der Zeit dies und jenes über eine Baronin Lubomirski, me angeblich ein Diadem des Erzherzogs Johann Sylvester gestohlen haben sollte, munkeln hören. Er selbst freilich, Barfüßer, nur ein kleiner Beamter, wagte es nicht entfernt, sich auch nur verstohlene Gedanken über Vorgänge in der kaiserlichen Familie zu machen. Sein Blick, so sehr er ihn auch in die Höhe richtete, reichte niemals weiter als bis zur Person des Polizeipräsidenten Habrda, der hoch in den Wolken thronte wie ein lieber Gott. Alsdann verlor sich der Blick des Kommissärs Barfüßer im Nichts.
Zwar war es ihm bekannt — so wie es ihm zum Beispiel auch bekannt war, daß es Sterne gab, die, nur ein winziges Pünktchen am Himmel, in Wirklichkeit ganze Welten mit Sonnen und Monden sein sollten daß es oberhalb des Polizeipräsidenten noch einen Innenminister, und oberhalb des Innenministers noch einen Ministerpräsidenten gab, ganz oben jedoch — dies aber schon m einer Entfernung von Millionen von Lichtjahren — die geheiligte Person der Apostolischen Majestät. Ereignisse, me sich in dieser Stratosphäre abspielten, da, wo die Luft dünn und es gefährlich wurde für gewöhnliche Sterbliche, nef zu atmen, besonders aber, wenn es dunkle und geheimnisvolle Ereignisse waren — schon daran zu denken, wie gesagt, mußte einem braven Polizeikommissär als eine Art Hochverrat erscheinen, und gar verwickelt zu werden in eine Sache, die etwa k. und k. Familienangehörige Seiner Maie- stat betraf, wo ein kleiner Beamter stets im Ungewissen melden mußte, ob es höheren Orts erwünscht war, schwarz als schwarz und weiß als weiß erscheinen zu lassen oder umgekehrt — so etwas gar war dem Herrn Barfüßer schlimmer als der greulichste Nachtmahr, er wünschte, lieber auf der Stelle tot umzufallen...
(Fortletziina folatl