Kameraden des Alltags
Vom Wesen der Höflichkeit.
SüSK. Einmal nahm Max Reger — es kann aber auch Brahms gewesen sein — bei einer Abendiafel den Zucker zum Tee mit den Fingern aus der Schale. Die Lausfrau warf ihm einen mißbilligenden Blick zu und ersetzte die von dem Komponisten auf diese Art „verunreinigte" Schale durch eine andere. Reger nahm diese Höflichkeit gegenüber den anderen Gästen schweigend zur Kenntnis, trank den Tee aus. sing dann mit der Tasse ans Fenster und warf sie kurzerhand n den Garten hinunter. Auf die erboste Frage der Hausherrin, warum er das tue, antwortete er: „Wenn schon meine Finger die Schale beschmutzen so daß man sie wechseln muß, um wieviel mehr müssen dann meine Livpen die Tasse verunreinigen Sie hätten sie vielleicht gar nicht mehr benutzen können. Deshalb habe ich Ihnen die Arbeit abgenommen." Sprach's und verliest die gastliche Stätte, an der man nun genug Zeit hatte, sich über seine Unhöflichkeit zu beklagen. ^ ^
Man sieht also, das; Höflichkeit zuweilen auch eine Beleidigung sein kann. Da glaubt man manchmal, böslich gewesen zu sein — und gerade das Gegenteil ist der Fall. Dann wieder tut man irgend etwas, was einem als Selbstverständlichkeit erscheint, und ist überrascht, wenn einem gesagt wird, daß man höflich gewesen sei. Dieser Zwiespall erklärt sich daraus daß man einmal bewußt, das andere Mal unbewußt gehandelt hat. Höflichkeit ist nämli'L zweierlei: sie kann angeboren, aus dem Herzen kommend, also natürlich sein, sie kann aber auch anerzogen, das beißt nur ein Beweis der Formbeherrschung sein. Höflichkeit, wie sie gefordert wird, ist im Grunde ja nichts anderes als die An- Wendung der Anstandsgesetze „bei Hose". Das jedenfalls ist der ursprüngliche Sinn dieses Wortes. Die andere Höflichkeit — die des Herzens — kann man nicht fordern, sie ist Vorhanden oder nicht. Sie allerdings ist als Wesenszug des charakterfesten, wertvollen Menschen gewiß die schönere. Womit nicht gesagt sein soll, daß nicht auch wertvolle Menschen zuweilen Musterbeispiele der Unhöflichkeit sein können. In dieser Hinsicht sollten sie uns > "wohnlichen Sterblichen aber nicht als Vorbild dienen.) Aber auch die anerzogene Höflichkeit kann so verfeinert werden, daß sie mehr als nur eine gute Sitte wird. Welchen Ursprung die Höflichkeit auch immer haben mag, ihre Stärke schöpft sie allein aus der Achtung vor der Mitwelt. Nur wo sie vorhanden ist wird die Höflichkeit mit Anerkennung und Dankbarkeit entgegengenommen werden. Wer in seinem Nachbarn den Kameraden des Alltags sieht, wer in ihm den Mitkämpfer an einem gemeinsamen Schicksal erblickt, wird ihm auch mit der ihm gebührenden achtungsvollen Höflichkeit begegnen. Und diese Achtung fußt nicht aus dem Willen um Standes- und Ver- mogensveryültntsse, sondern sie entspringt einmal oem natürlichen Zusammengehörigkeitgefühl. Wer das nich» in - trägt, dem wird es schwer fallen, dem anderen höflich zu be. gegnen. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist der Mangel an Höflichkeit auch nicht nur bloß das Zeichen schlechter Erziehung und Selbstsucht, sondern er kann auch der Beweis dafür sein, daß sich der Unhöfliche als außerhalb der schicksalsgebundenen Gemeinschaft stehend betrachtet. Das mag hart klingen, wie aber wollte man es sonst erklären, daß die Ünhöflichkeit oft nicht einmal vor den am meisten vom Leid geprüften Volksgenossen haltmacht?
Viele glauben auch, sie stünden mit ihren Sorgen und Kümmernissen allein; sie fühlen sich vom Geschick betrogen und von den Mitmenschen belächelt. Das macht sie bitter und ungerecht. Würden sie nur einmal erfahren, was der Nachbar zur Rechten oder Linken erduldet hat. sie würden vielleicht doch anders sprechen und handeln. In dieser großen Zeit, die auch vom letzten von uns den ganzen Einsatz der Persönlichkeit forderi gibt es keinen, der geringer an der Last zu tragen hätte. Aber es steht nicht jedem im Gesicht geschrieben was er schon in diesem Kampf geopfert hat. Und wie viele sind unter ihnen, die den Vaier oder den Sohn für die Zukunft unseres Volkes hingegeben haben. Niemand weiß wer ihm zur Seite geht. Diese Tatsache zwingt uns zur Höflichkeit auch dort, wo sie uns übertrieben erscheint. Geben wir ihr einen Schuß Liebe bei. dann wird sie immer angenehm empfunden werden.
Die Höflichkeit ist wie eine schmerzlindernde Medizin. Sie macht den, dem sie freundlich und unbetont darqeüracht wird, froher und aufgeschlossener, sie ist wie ein kameradschaftlicher Händedruck. Denn das ist ja das Wesen einer gewinnenden Höflichkeit, daß sie aus dem Herzen kommt und zum Herzen "sprechen soll. Auch die anerzogene! Denn sonst bleibt sie am Ende doch nur „Galanterie", die im Grunde kalt läßt. Da spürt man die Absicht — und wird verstimmt. Anstanbsregeln und Höflichkeitsformen kann man erlernen und, sofern man Talent dazu hat. auch damit glänzen. Mit Phrasen allein aber wird keine Freundschaft geschloffen. Die innere Bereitschaft und der gute Wille, sie beide erst geben der Höflichkeit den bereichernden Inhalt. Der Unhöfliche verachtet, der Höfliche achtet. Und wird geachtet! Tim.
Ein bekannter Mediziner des vorigen Jahrhunderts war M seinen Vorlesungen oftmals von Zerstreutheit verfolgt. Mvial leistete er sich diesen Satz: „Meine Herren: Gegen Me Krankheit, die wir eben besprachen, kennt die Wissen- schaft leider nur zwei Mittel! Und das Bedauernswerte ist. «aß keines von ihnen hilft!"
Die amtliche Kaffeetrinker-Liste
Eine Verordnung dom Jahre 1775
Der Lanvgraf Luowig ix. von Denen, oer von rras oio 1757 in den Diensten Friedrich des Großen stand, gab durch eine Verordnung vom 11. Februar 1775 seinem Unmut darüber Ausdruck, daß die Vorschrift seines Vaters vom 12. September 1766 über das Kaffeetrinken kaum beachtet werde ja. daß es statt abzunehmen, noch ungemein zugenommen habe. Es gäbe Familien, die tränken nicht nur morgens ihren Kaffee, sondern sie täten es auch mittags, und daher sei es nicht zu verwundern, wenn sie mit den Steuern im Rückstand wären ...
Ja. der Kaffee, der „liebe, melancholische Kaffee", wie die muntere Franziska in „Minna von Barnhelm" jenem 1767 erschienenen Lustspiel, ausruft, der hatte es damals schon vielen angetan. „Es ist bekannt", heißt es in einem anderen Lustspiel aus jener Zeit <„Der akademische Sckilendrian" von Picander). „daß manche Frau sich so stark in den Kaffee verliebt. sogar auch, -wenn sie wüßte, daß sie noch im Fegefeuer Kaffee zu trinken bekäme, nicht einmal nach dem Paradiese verlangen würde . . ." „Ja", klagt der Ehemann in diesem Lustspiel, „das ist das einzige, was ich an meiner Fran zu tadeln habe. Früh, wenn sie aufsteht, so trinket sie Kaffee: wenn wir vom Tische gehen, so trinket sie Kaffee. Ich werde bald zum armen Mann darüber . . ."
So dachte auch der Landgraf Ludwig IX. von Hessen. Er wies im ersten Satz seiner Verordnung darauf hin, daß dieses fremde Gewächs, das obendrein noch mit Zucker gesüßt werden müßte, nur der Lüsternheit der Zunge diene, oft der Gesundheit schädlich sei und unnötigerweise Brennholz verschlinge, das man zur Zubereitung des Kaffees brauche. Wenn schon getrunken werden müsse, so rät der Landgraf, der sich meist in der Pfalz aufzuhalten pflegte, so möge man ssöb an den Wein halten.
Die einzelnen Paragraphen seiner Verordnung vessim- men folgendes: Gänzlich verboten ist der Kaffee allen Armen in Stadt und Land, dem Gesinde, den Taglöhnern, ^nd- werkslehrlingen und Gesellen, den Waschfrauen und Büglerinnen. dann all denen, die zu solch lüsternen Ausgaben nicht das nötige Vermögen haben, und zwar bei einer Geldstrafe von zehn Reichstalern oder vierzehn Taaen Gefängnis oder ebensolanger Arbeitsstrase bei Weg- oder Straßenbauten oder anderen herrschaftlichen Arbeiten. Erlaubt ist der Kaffee den Bürgermeistern, Ratschöffen, Schultheißen und Schöffen, angesehenen Bürgern und Kaufleuten, auch
solchen Personen, die die Mittel dazu haben, doch müssen sich die Kaffetrinker auf dem Amte in eine Liste eintraaen. Damit aber der Kanee mäßiger getrunken werde, soll das Pfund mit acht Kreuzern versteuert werden.- Die Händler, die seither Kaffeehandel betrieben haben, behalten die Erlaubnis weiter, sie sind iedoch verpflichtet, unter Eid zu sagen, wo und wieviel sie einkaufen und wieviel sie an Fremde und Einheimische absetzen. Für den Bezug aus dein „Ausland" — das heißt aus dem nichthesfischen Gebiet — ist ein Passieizettel nötig. Die .Ländler sollen nicht mehr als 10 bis 12 Prozent Prosit machen nach Abzug der Gestehungs- und Speditionskosten; sie sollen sich mit verschiedenen Sorten versehen und die Ware unter Vorlage der Belege und Geschäftsbücher durch die Behörde schätzen lassen. Ausländer, die in Hessen kaufen, sind von der Steuerabgabe befreit, es soll dann aber nicht unter einem Pfund gekauft werden. Pflicht der Kafseehändler ist es. jeden Monat mit dem Tranksteuereinnehmer abzurechnen. Händler, die vorgeben mehr an Ausländer abgesetzt zu haben, als es den Tatsachen entspricht, werden, wenn es herauskommt, mit 50 Reichstalern und mit Entziehung der Konzession bestraft. Gehört ein Kafseeverkäuier nicht zur Krämerzunft, so hat er von jedem Pfund das er verkauft, zehn Reichstaler Strafe zu zahlen. Adlige. Offiziere, geistliche und weltliche Bediente. Bürger und Untertanen, die ihren Kaffee lieber von Frankfurt beziehen wollen, können es tun, sind aber verpflichtet, sich mit einem besonderen Passierschein zu versehen und die genaue Pfundzahl anzuaeben In diesem Fall darf der Kaffee nicht vor dem Bezahlen des Zolls ausgepackt werden. Wer Kaffee einschmuggelt. wird mit zehn Reichstalern bestraft und bekommt das ganze Quantum beschlagnahmt.
Kaffeehäuser auf dem Lande sind verboten, doch ist es den Wirten freigestellt, denen, für die ein Kafteeverböt nicht besteht, auf Verlangen Kaffee zu servieren. Den Trank, steuereinnehmern und den Zollbeamten wird in der Verordnung vom 11. Februar 1775 sehr ans Herz aeleat. strengstens darüber zu Wachen, daß alle Paragraphen einaehalten werden. Reisende sollen an den Taren der Städte „examiniert und visitiert" werden, aber nicht nur diese, sondern auch Fuhrleuten, Butter- und Hühnerhändlern soll man auf den Busch klopfen, da bei diesen die Gefahr des Ein- schmuaaelns besonders arok sei.
Strenge Justiz vor Zayryunoerten
Das Skadtwappen auf die „Hinterfront" gebrannt.
Vor 700 Jahren pflegte man den Diebstahl recht streng, d. h. mit dem Galgen, zu bestrafen später geschah das nur in besonders schweren oder Wiederholungsfällen, wahrend man die übrigen Diebstahlsvergehen mit einer „ausgiebigen Züchtigung am Pranger oder dem Verlust der Na;e oder eines Ohres oder Fingers ahndete und „dem Verbrecher außerdem das Stadtwafsen mit einem glühenden Stempel in die „Hinterfront" einbrannte, um auf diese Weise die Rückfälligkeit leichter feststellen zu können. Wie man allerdings den also Gezeichneten durch diese für gewöhnlich unsichtbare Entstellung sofort von ehrlichen Menschen glaubte unterscheiden zu können, spricht für den außerordentlichen Scharfblick der damaligen Zeitgenossen.
Bemerkenswert ist ein aus dem Jahre 1658 aus Danzig überlieferter Fall, wonach ein Dieb für die Entwendung der Hose eines bereits Gehenkten nun gleichfalls dem Galgen verfiel. Ebenso abschreckend dürfte die öffentliche Züchtigung gewirkt haben, die an einem lebenslänglich zum Stockturm verurteilten Dieb seit 1666 an jeden: Samstag in der Früh auf dem sog. „Kaak" vorgenommen wurde. Es war dies ein am Rathaus befindlicher und durch eine noch heure erhaltene schön geschnitzte Tür vom Stoäturm aus erreichbarer Vorbau, auf dem der Missetäter mit gebundenen Händen und nackter Kehrseite am Pranger hochgezogen, über einen Bock gespannt und mit dem „Trgel" nich: gerad; sanft bedacht peurde. In leichteren Fällen jpanute man oen Täter nur in das Prangerholz mit einer Tafel um den Hais, aut der die Vergehen verzeichnet waren, und gab ihn io aer Verachtung der Vorübergehenden Peers, ode- man entzog'-hm siir eine bestimmte Zeit das Bürgerrecht oder die Aufenthaltsgenehmigung im Stadtgebiet. Die Prangerstrafe wurde vornehmlich für Fclddiebstahl ausgesprochen.
Landesverräter wurden in jedem Falle mit dem Tode bestraft. Hexen wurden, wie es >a allgemein geschah, auch in Danzig „geschmökert", d. h. verbrannt. Doch ist diese Strafe nur siebenmal, zuletzt im Jahre 1659 vollstreckt worden, ein Zeichen für die Aufgeklärtheit der Hansestadt. Oft hat die Schönheit und Jugend dieser armen Opfer einer vom Aberglauben befangenen Zeit sogar den harten Henker gerührt, denn nach Berichten hat er manchmal aus Mitleid der Todgeweihten einen Beutel mit Schießpulver auf das Herz gelegt.
Die angeführten Beispiele lassen erkennen, daß man auch tn alten Tagen bereits wenig Umstände mit dem verbreche
rischen Gesinoei machte, um Oronung uns Sicherheit zum Wohl und Nutzen der Bürgerschaft zu gewährleisten.
klrdeutsche Namen unserer Monate
Wenn der deutsche Bauer im Mittelalter vom „Wunnig- monath" sprach und dabei den Mai meinte, so dachte er dabei nicht an einen „wonnigen" Monat, sondern nur an seine Pflicht, seine „wunnen" d. h. Wiesen zu mähen und hernach das Weidevieh aufs Grünland zu treiben. Auch Älüten- monat. Laubmonat und Vogelmonat hieß man den Mai. und in manchen Orten auch Svielhahnmonat wegen der beginnenden Spielhahnbalz. In ihren alten Namen kennzeichnen Juni und Juli dre Landarbeit. Der Juni ist der Brachmonat, weit bei der in alter Zeit üblichen Dreifelderwirtschaft im Juni die brachliegenden Felder bearbeitet wurden. Der Juli war der Schnittmonat, Heumonat oder Erntemonat. Man nannte ihn auch Sonnenmonat oder Jakobimonat, weil er den Tag „Jakobi im Schnitt" bringt. Den August nannte man schon in frühester Zeit Ernte- oder Obstmonat. im Altbayerischen auch Sichelmonat. Der Sepie m b e r ist der alte Herbstmonat, der Scheiüing oder Ueberherbst. wegen der ausgehenden Jagd aber auch der „Feldjagd-Monat". Vielfach wurde der September auch wegen des ehemaligen Bauernfeiertages Michaeli der Michelsmonat genannt. Der Oktober ist der Weinmonat, auch Gilbhart wegen des sich verfärbenden Laubes.
BnekSoren
In einer Schlacht des Siebenjährigen Krieges verfolgte ein preußischer Husar einen französischen Offizier, der in einer golostrotzenden Uniform steckte. Ter Franzose schoß wiederholt auf seinen Gegner, ohne ihn jedoch zu treifen. Er mußte sich schließlich gefangengeben und fragte den Husaren, warum er nich: auch auf ihn geschossen habe. „Wo werde ich denn?" lachte der Preuße. „Ich wollte doch gern Euren Rock haben, und da werde ich doch nicht vorher'Löcher hineinschießen."
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Fritz Reuter traf nach Jahren einen Jugendfreund wieder. Dieser war inzwischen zu etwas Geld gekommen und verfehlte nicht, auf jede Weise mit seinem Besitz zu protzen. Das gefiel nun dem einfachen Reuter gar nicht, und als der Freund wieder einmal nachdrücklich auf seine Reichtümer hinwies, drehte Reuter sich um und ging seines Weges, indem er sagte: „Ick will nu goon, sünst platzt di Li soveel Geld noch bin Büx. min Jung!"
Krokv kvrUuvr KiM8l3ii88!6lIung 1942
Lebendiges Kulturschaffen der deutschen bildenden Künstler
Im Rahmen der Berliner Kunstwochen wurde die „Große Berliner Kunstausstellung 1942" in der National-Galerie eröffnet. Die umfangreiche Scham, die im Mittelpunkt der Berliner Veranstaltungen steht, zeigt bedeutende Werke der Malerei, Graphik und Plastik der deutschen bildenden Künstler Hkr Gegenwart. Allein 640 ausgestellte Werke zeugen für das Endige Kulturschaffen unserer Zeit. Sie zeigen, wie sehr die vttomden Künstler der Gegenwart bestrebt sind, dem Ernst üno der Größe unserer Zeit in ihrem Schaffen Ausdruck zu verleihen.
,, S°vwhl in der Landschaft wie im Bildnis, im Blumen- Mck und Stilleben spiegelt sich der hohe Stand der deutschen Malerei der Gegenwart. Stadt und Land mit ihren charakteristischen Menschentypen, mit ihren gegensätzlichen Lebens- peomgungen verschmelzen in der Kunst zu einem innig bereiten Ganzen. Die Kunst wird hier zu einem wahrhaften Teuter deutscher Seelenwandlung.
Im Großen Lichtsaal der Nationalgalerie gibt ein ge- waltiges Denkmal der Arbeit, das Relief „Tiegelstahlguß" on Artur Hoffmann, Berlin, einen Packenden Eindruck von em harten Schaffen der Werk- und Rüstungsarbeiter. Ein brotzes Symbol unserer Zeit. Daneben zeigen große Wand- oer aus dem Festsaal des Neuen Tanncnbergkruges (Tan- niberg-Denkmal) von Harold Beugen Szenen aus demWerk- 8 deutscher Bauern, Fischer und Handwerker.
Die großen bereits geschichtlichen Persönlichkeiten der L^wart sind im Bildnis und in der Plastik festgehalten. „«!> E Bildnismaler Triebsch, Nößner, Franz Eichhorst von Kursell unter anderen mit reifen Werken ihrer sieeiten Kunst vertreten. Auffallend sind die ländlichen Bild- W von Thomas Baumgartner. Von den Landschaften sind "nihard Holst, Hans Frank. Willy ter Hell. Hans Adolf Buh
ler und Will Lehmann-Earwyg zu nennen. Städtebilder von eigenem Gepräge verleiht Fritz Heidingsfeld, Berlin, Leben. Themen aus dem bäuerlichen Leben behandelt Karl Mahr, Berlin, Ria Picco-Rückert skizziert gigantische Hüttenwerke in Oel. Szenen aus Alt-Berlin läßt Gerhard Ulrich neu erstehen. Blumenstücke, die durch ihre innere Leuchtkraft hervorstechen, stellen Wilhelm Schmidthild, Darmstadt, und Herbert Seemann, Karlsbad, aus. Liselotte Schramm-Heckmann zeigt ein treffliches Bildnis in Oel-Tempera und Paul Schier, Potsdam, gibt in Pastell und Oel seinem künstlerischen Schaffen eine besondere Note. Beseelt ist die Bildnismalkunst von Karl Weise, Berlin, zartfarbig die Bilder in Oel von Franz Xaver Wolf, Wien.
Aus der Fülle der Plastiken sind Heinrich Faltermeier's „Jüngling", Arno Breker's „Mjölnir", Hermann Zettlitzer's „Mädchen", Albert Krämer's „Banernkops" und Hans Schwe- gerle's „Der Führer" zu nennen.
Versucht man einen Gesamtüberblick über die große Berliner Kunstschau zu bekommen, so kann man mit Bewunderung die schlichte Beseeltheit feststellen, die den Großteil der Bildwerke auszeichnet. Mensch und Tier, Blume und Gerät, Natur und Kunst, das innige Leben im Kleinen und die formale Kraft großer Schöpfungen spiegeln aufs trefflichste die deutsche Volksseele, ihren kulturellen Stand und ihre nie versiegende Kraft. Die große Zahl aller ausstellcnden Künstler zu nennen, ist hier kein Platz Das künstlerische Streben des Einzelnen findet den schönsten Ausdruck in der hervorragenden Gemeinschaftsleistung aller, die^ihr reifes Kunstschaffen in den Dienst für das deutsche Volk stellen.
Heinrich Schmidt.
Gerhart Hauptmann liest in den Berliner Kunstwochen. Aus Anlaß der unter dem Leitwort „Die Kunst dem Volke" stehenden Berliner Kunftwochcn wird Gerhart Hanptmann im Rahmen der geplanten Dichterlesungen am 9. Juni in der Philharmonie aus eigenen Werken lesen.
Ferner werden während der Berliner Kwnstwochen zwei Aufführungen von Gerhart Hauptmanns Tragödie ,Lphigeni« in Delphi" stattfinden. Dieses Werk des Dichters wurde be». kannlich in dieser Spielzeit urausgeführt.
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60. Geburtstag des Dichters Heinrich Delfter s. In diesen Tagen vollendete der bekannte niederdeutsch« Dichter und Schriftsteller Heinrich Deiters das 60. Lebensjahr. Die meisten seiner Werke entsprießen der Hamburger Umwelt. Am bekanntesten ist sein friesländischer Roman „Das Meex- wief" geworden. Besonders hat sich Heinrich Deiters auch für die Pflege und Entwicklung des plattdeutschen Volksstückcs wi« der niederdeutschen Bühnenkunst überhaupt eingesetzt. Sein« nach dieser Richtung hin geschaffenen Werke haben in vieler Beziehung vorbildlich gewirkt.
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Eduard Kupferschmied gestorben. Nach kurzem schweren Leiden verschied der Ehrengauchormeister des Sängergaues Sachsen-Anhalt Eduard Kupferschmied. Als Dirigent des Elbe-Havel-Sängerbündes hat er viel zur Entwicklung und zu den Erfolgen des Chorgesanges Leigetragen. Eduard Kupferschmied, der aus Tangermünde stammte, hat sich auch durch zahlreiche von ihm geschaffene Lieder und Ehöre einen Sekannten und geachteten Namen gemacht. Das Harzwander- lieü, das „Erbrause deutscher Chorgesaug" und „Die Heide blüht" sind die bekanntesten Werke seines kompositorischen Schaffens.
Schriftsteller Horst Schöttler gestorben. In seiner Vaterstadt Leipzig verstarb, kurz nach Vollendung des 68. Lebensjahres der- in weiten Leserkreisen sehr beliebte und bekannte Schriftsteller Horst Schöttler. Mit flüssiger Feder schrieb er zahlreiche heitere Geschichten und nachdenkliche Betrachtungen, die vielen Menschen Entspannung und Frohsinn brachten.