Samstag den 6. Juni 1842
Der Enztöler
100. Jahrgang Nr. 180
Eine neue Waffe
Von Kriegsberichter Heinz Schoenen.
DNB... (PK.) Daß das deutsche Volk, Währeno seine geinde reden und sich an phantasievollen Ankündigungen belauschen, M nnd entschlossen arbeitet, um seiner Wehrmacht die Waffen zu geben, mit denen sie ihre geschichtlichen Stege erringt, hat es in diesem Kampf um sein Lebensrecht immer wieder bewiesen. Als vor mehr als Jahresfrist die Briten ihren Triumphgesang über Phantastische Zahlen, Kampskraft und Geschwindigkeiten der USÄ-Wunderflug- zeuge anstimmten, die die deutsche Luftwaffe vom Himmel fegen und die deutschen Städte vom Erdboden vertilgen sollten. da hatten die deutschen Flieger nur ein kurzes Lächeln. ZU offensichtlich erschien hier als Vater des Wunschgedanrens die bittere Notwendigkeit, mit allen Mitteln das Stimmungs. harometer auf der Insel hochzureitzen. Die deutsche Führung ist gewohnt, von neuen Wassm erst dann zu sprechen, wenn unter ihren Schlägen die Gegner selbst ihre Wirksamkeit erfahren mußten.
Do 217 — erst vor wenigen Wochen erschienen Bild und Bezeichnung dieses modernsten Kampf, und Sturzkampfflugzeuges in der deutschen Presse. Aber das war keine prah- erische Ankündigung, sondern die knapp: Feststellung, daß .liefe neue deutsche Waffe zum Einsatz bereit steht, hier in liefern E-Hafen am Kanal, wie in vielen anderen. Haushoch ragen die mächtigen Flächen über uns. denen es immer wieder wie ein Wunder erscheinen mag, daß sich diese großen, viele Tonnen schweren Kampfflugzeuge leicht wie die Vögel in die Luft heben und im Geschoßflug hoch oben ihre Bahn ziehen können. Nach kurzem Anlauf heben uns die starken Motoren von der Erde ab und lassen sie schnell und schneller unter uns versinken. Bald sind wir KM Meter hoch und sehen die im frischen Schmuck des jungen Mai prangende Landschaft wie M buntes Schachbrett unter uns gebreitet. Herrliches, schwer- loses SchwebenI Aus der Versunkenheit des Schavens reißt uns die Stimme des Flugzeugführers, der beginnt, die gewaltige Kraft der Maschine spielen zu lassen. Dem leisesten Steuerdruck gehorchend, zieht sie hoch, stellt sich auf die Flä. chenspitzen und jagt im nächsten Augenblick schon wieder pfeilschnell im Geradeausflua.
„Fertlgmachen zum SturzI — Bomvenktappen auf — ich stürzet" Automatisch, um den Druck des rasenden Sturzes ein Gegengewicht zu bieten, stemmen wir die Ellenbogen in die Spanten der Wanne. Dann stürzt die Maschine wie ein Pfeil in die Tiefe. Die Erde schießt auf uns zu. Der Luftstrom schrillt an den Außenwänden. Sekunden dauert die rasende Fahrt des Flugzeuges, dann reißt es den Flugzeugführer hoch. Für eine Sekunde wirkt ungehemmt die Plötzlich ab- gevremste Fallgeschwindigkeit der Erbe, die uns das Fleisch aus dem Gesicht zu zerren scheint, aus uns ein. Wie ein Schatten löst sich eine schwere Bombe aus dem Rumpf, gleitet Poch eine Weile unter uns her und zischt dann endlich wie ein grauer Blitz in den Erdboden. Neuer Anflug. Sturz folgt auf Sturz und jedesmal sitzen die Bomben haarscharf am Ziel. So folgt die Do 217 dem Steuerdruck, im Hochslug, daß die Erde grau unter uns zerfließt, dann wieder im rasenden Sturz aus der Höhe bis in Bodennähe und schließlich im Tiefslug über die Landschaft huschend, blitzschnell, wendig und vermöge ihrer riesigen Tragkraft in der Lage, viele Tonnen tödlicher Last zu schleppen.
Do 217. Eine neue Waffe, deren Wirksamkeit die Briten bereits spürten, als die deutsche Luftwaffe trotz der verzwei» Men britischen Abwehr ihre letzten Vergeltungsschläge aus- teitte und damit vor aller Welt zeigte, dach den wahnwitzigen Angriffen auf deutsche Kulturstätten die Vergeltung auf dem Fuße folgt. In den Gesprächen der Männer, die, wie bisher schon, die bekannten Do-Typen, nun auch die neue Do gegen den Feind führen, kommen immer wieder Anerkennung und Befriedigung über die glänzenden Eigenschaften des neuen Kampfflugzeuges zum Ausdruck. Diese neue Waffe, von einsatzmutigen und kampferprobten Fliegern gegen den Feind geführt, ist mit ein Garant für den deutschen Endsieg.
Arrf -re Prager Burg ühergeführt
DNB Prag, 8. Juni. Die sterbliche Hülle des stellver- Mtenden ReichsProtMors, des ---Obergruppenführers Heyd. M, wurde vom Krankenhaus Bulowka auf die Prager Mrg übergeführt. Einige Minuten vor 24 Uhr trafen vor dem Krankenhaus ---Oberstgruppenführer und Generaloberst der Polizei Daluege. der ständige Vertreter des Reichspro- Mtors, Staatssekretär ---Gruppenführer Karl Hermann srank, sowie höhere ---Führer ein. Unterführer der Wasfen-
k- trugen hierauf den mit der f--Myne. oem ---Liegen uno I dem Helm bedeckten Sarg unter den Klängen des Präsentier- I Marsches zur Lafette. Während der Trauerzug sich langsam in. Bewegung setzte, Präsentierte eine Ehrenkompanie der Waffen---. Durch ein Fackelspalier im Hof des Krankenhauses nahm der Trauerzug dann weiter seinen Weg zur Prager Burg. Me ganze Strecke säumten ein Spalier von Sollten des Heeres. Männern der Ordnungspolizei und der Waffen--- sowie von Angehörigen der Formationen der Partei. Hinter ihnen hatte die Bevölkerung Aufstellung genommen, um dem toten ---Obergruppenführer Heydrich in stummer Ehrerbietung den letzten Gruß zu erweisen.
Bei dem Attentat am 27. Mai hatte ---Obergruppenführer Heydrich durch ein Sprengstück schwere Verletzungen des Brust- und Bauchraumes links neben der Wirbelsäule erlitten. die aber zunächst noch keine unmittelbare Lebensgefahr mit sich brachten. Nach anfänglich normal erscheinendem Krankheitsverlauf trat dann am siebenten Tage durch eine Infektion eine plötzliche Verschlechterung ein, die am Donnerstagmorgen zum Ableben des Obergruppenführers führt«.
Reinhard Heydrich wurde am 7. März 1904 in Hane/ Saale geboren. Nach bestandenem Abiturientenexamen trat Heydrich Ostern 1922 als Seeoffiziersanwärter in die Reichs- marine ein. Nachdem er sich als Nachrichtenoffizier in der Admiralstabsleituna der Marinestation der Ostsee betätigt hatte, schied Heydrich als Oberleutnant zur See im Jahr« 1931 aus dem Dienst in der Reichsmarine aus. Heydrich trat darauf in die-- ein und wurde in den Stab des Reichsführers -- nach München berufen, wo er am 29. Juli 1932 vom Reichsführer -- zum Chef des Sicherheitsdienstes RF.--- ernannt wurde. Nach der nationalsozialistischen Revolution leitete Heydrich die bayerische politische Polizei und gleichzeitig ab April 1934 die preußische Geheim: Staatspolizei in Berlin. Er wurde dann im Jahre 1936 zum Chef der Sicherheitspolizei und des SD ernannt. ---Obergruppenführer Heydrich, der ferner Mitglied des Reichstages und Mitglied des Preußischen Staatsrats war, hat auch als Soldat in diesem Kriege gegen England und die Bolschewisten gekämpft. Er wurde als Jagdflieger" zunächst in Norwegen, dann in Lolland und Sowjetrußland eingesetzt und erhielt das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse und die bronzene und silberne Frontflugspange.
Sowjekjuden als „Helden der Arbeit"!.
Nach einer Meldung des Moskauer Nachrichtendienstes wurden mehrere Sowjetjuden durch die Verleihung des Ti- tels „Held der sozialistischen Arbeit^ unter gleichzeitiger Verleihung des Leninordens und der Goldenen Medaille „Sichel und Hammer" ausgezeichnet. — Juden als Helden der Arbeit zu bezeichnen, ist bei der sprichwörtlichen „Arbeitsliebe" der Angehörigen dieser Raffe mehr als Paradox.
Oer Rundfunk «m Gsnniag
Reichsprogramm: Das „Schatzkästlein" bringt von 9—10 Uhr sommerliche Dichtungen, Ouvertüren, Walzer und weitere volkstümliche Tonstücke von Strauß, d'Alberh Kienzl u. a. bietet das Unterhaltungsorchester des Reichssenders Wien von 11.30—12.3g Uhr. Maria Pierenkämper, Heinrich George, Horst Caspar, Paul Wegener, Claus Clausen sind die Darsteller der Kleist-Szenen aus „Prinz Friedrich von Homburg", die in eigener Rundfunkbearbeitung von 14.20—
15 Uhr gesendet werden. Als Aufnahme aus den Kunstwochen hören wir von 18.10—19 Uhr im Reichsprogramm Schuberts D-Dur-Sinfonie, dirigiert von Wilhelm Furt- wängler.^ Dem bekannten Film- und. Unterhaltungs- komponisten Harald Böhmelt gilt die Sendung von 18.45—19 Uhr. Den ersten Querschnitt durch die Berliner Kunstwochen bietet die Sendung von 20.15—22 Uhr. Das Mikrophon besucht u. a. das Theater am Nollendorsplatz („Boc- cacio"), das Metropol-Theater („Graf von Luxemburg"), das Theater des Volkes („Frau Luna"). „Bunte Bilder und Geschichten" vermittelt die Sendung von 22.30—24 Uhr.
Deukschlandsender: Gigli, den Regensburger Domchor und Erna Sack hören wir m einer unterhaltsamen Sendung von 14.20—15 Uhr. Spanische Musik zeitgenössischer Komponisten erklingt in dem Solistenkonzert von 15.15—18.58 Uhr. Aus Stadt und Land erklingen Tonbilder im Unterhaltungskonzert von 17.15—18 Uhr mit dem Orchester Königsberg. Als Aufnahme aus der Kunstwoche hören wir von 18.10— 19.30 Uhr Schuberts d-Dur-Sinfonie, dirigiert von Wilhelm Fu'.-twängler. Anschließend spielt das Strub-Quartett als Rundfunk-Erstaufführung Pfitzners Streichquartett c-Moll. „Bachscher Familientag" nennt sich die Sendung von 20.15—
21 Uhr.
Neues aus aller Welt
** Die Steuergtose der Rayen, einer neinen iryweo« schen Stadt muß in Zukunft jede Katze ein Halsband mit einer daran befestigten Glocke tragen, wenn sie noch weiterhin ihres Daseins sich erfreuen will. Der Stadtrat bat nämlich beschlossen, eine Katzensteuer einzuführen. Zum Zeichen, daß di« Steuer entrichtet wurde, erhalt jede Katze ein Halsband mit einer Glocke, deren Klang dem städtischen Katzenfänger anzeigt, daß es sich hier um eine ordnungsgemäß angemeldete und versteuerte Katze handelt. Di« Glocken müssen nur zwei Monate m jedem Steueriahr getragen werben.
** Aus Bergnot gerettet. Zwei Oberstdorfer Bergsteiger bestiegen Ende vergangener Woche den Kleinen Wilden durch den Blenkkamin. Nach dem Ausstieg aus dem Kamin versuchten sie den Westgrat zu erreichen, was ihnen jedoch nicht gelang. Vor Einbruch der Nacht kehrten ste zurück in den Kamin, wobei einer von ihnen fünf Meter tief abstürzte. Die Nacht verbrachten ste in dem Kamin und überstanden ste ohne ernstliche Schädigungen trotz widriger Wetterverhältnisse. Am anderen Tag konnten die Beiden von Mannschaften der Bergwacht gerettet werden.
** Beim Böllerschietzen verletzt. Beim Böllerschießen anläßlich einer Feier in der Ortschaft Sobwimmbach (Bayern) ereignete sich ein schwerer Unfall. Der 17 jährige Ernst Wellner wurde durch einen Schuß, der nach hinten losging, im Gesicht, an der Hand und an einem Arm so schwer verletzt, daß er ins Straubin ger Krankenhaus gebracht werdenmußte.
** Die Dorfglocke läutet Mutter und Kind. Aus den Zinsen einer Stiftung wird in Möllenbergen (Kr. Minden) in Zukunft ein schöner Brauch geübt werden. Wenn ein junger Erdenbürger der Gemeinde geboren .wurde, wird abends die Dorfglocke zu Ehren des Neugeborenen und seiner Mutter läuten. Die Jugendgruppe der NS-Fraucn- schaft singt vor dem Haus, dem neues Leben geschenkt ist. das alte Lied „Ein Kind ist uns geboren in dieses Haus hinein" Mid befestigt vor der Haustür einen Kranz.
** Das Haar der Jungfrau Von Orleans. Im Museum von Riom bewahrt man einen Brief der Johanna von Are auf, der am 9. November 1429 aus Moulins datiert ist, das heißt vom Tage nach der Einnahme von St. Pierre de Montier. Die Botschaft war an die Geistlichen und Bürger der Stadt Riom gerichtet und stellte einen Hilferuf dar. Sie trägt die Unterschrift „Jeanne" von der Hand der „Jungfrau von Orleans", während der Text von einer anderen Person geschrieben worden ist. Ursprünglich befand sich auf diesem Brief ein roies Siegel, in welchem ein Haar der Johanna von Are angesicgelt war wie es damals Brauch war. Dieses.Haar zeigte, daß die „Pucelle" braunes Haar gehabt hat, und war die einzige Reliquie, die man von ihr kannte. Das Siegel und das Haar befanden sich bis vor etwa 10 Fahren auf dem Brief, danm verschwanden ste auf geheimnisvolle Weise. Bis heute ist es den Behörden von Riom nicht gelungen, dieses Rätsel zu lösen.
Bergsteigertragödie im Wild«» Kaiser
DNB. München. 5. Juni. Ein Aufnahmestab der Kul- fnrsilm-Abteilung ^ Wien-Film war dieser Taae damit beschäftigt, das Totenkirchl im Wilden Kaiser und dessen Gefahren im Film einzusangen unh damit alle Bergsteiger und Felskundigen vor einem unüberlegten Einstieg in die Felswände des Totenkirchls zu warnen. Während der Schlußausnahmen sah der am Film m::wirk:nd« Bergsteiger Toni Fankhauser in einer Drehpause eine fremde Seilschaft hoch droben unterm Gipfel des Toienkirchls. Die Seilschaft befand sich in Bergnot. Fankhauser eilte ihr zu Hilfe und fand einen bewußtlosen halberfrorenen Mann und eine zu Tode erschöpfte Frau. Gleichzeitig sah er noch eine zweite Seilschaft an der Wand, die sich ebenfalls in hchster Not befand. Fankhauser schaffte die erschöpfte Frau zu Tal, holte seine Kameraden sowie die Bergwacht herbei und stieg mit ihnen wieder in die Wand ein. Nach zweistündigem Ausstieg erreichten ste die zweite Seil,"Lass, die aus drei völlig erschöpften Bergsteigern bestand. Die Rettungsmannschaft begann sofort mit dem Abtransvort. Einer der drei Bergsteiger starb iedoch infolge der allzugroßen Strapazen noch im Fels, ein zweiter knapp vor der Hisste und kurz darauf auch der dritte Mann der Seilschaft. <W konnten somit von den fünf Personen der beiden Seilschaften nur die zwei der ersten Seilschaft gerettet werden.
kkomaa von LsrI Duselt
Vsriax -it,, icymmLvciitAssöiisoirkUt, Kiilnvdsv 1940
83. Fortsetzung
Er trat plötzlich dicht an ste heran, legte den Arm um 'vre Schultern und sagte leise: „Ich habe dich aber wirklich l?Iwbt, Carola. Leider merkte ich erst, wie sehr, als du «licht mehr da warst. Ich habe in der letzten Zeit viel aver mich und dich nachgedacht. Du kamst aus einer ganz Anderen Welt als ich. Du warst gebildet, hattest eine sondere Art zu sprechen, ich möchte beinahe sagen, gewählt stj.wrechen, du warst klug und von einer vornehmen Zurück- lauung Du warst, mit einem Wort, ganz anders als die i(°Madchen, hw ich bw dahin kannte. Das alles gab Ä^nem Ehrgeiz neue Nahrung, es schmeichelte mir, aber cs Q^rare lewer auch Minderwertigkeitsgefühle in mir. Du van mir nie etwas von deiner Familie erzählt, nie hast W wir gesagt, woher du kamst und was du den ganzen MMtest, 2 ,^ manche Nacht brannte mir der Kopf vcklam, weil ich mir einredete: Du bist für dieses "Eetzme Mädchen ja doch nur ein Spielzeug, ein Zeit- m'n und wenn du es fragst, ob es deine Frau werden wiu, dann sieht es dich von oben bis unten an und lacht wallend auf. Dieser Gedanke hat mich oft rasend gemacht, M. utt an dieser Vorstellung, sie verfolgte mich bis in den yvNaai. Und einmal sah ich dich von weitem mit einem Ä/oanten Herrn, und ihr trugt beide Tennisschläger in Händen und spracht lebhaft und angeregt aufein- am Ein Tennisschläger, mußt du wissen, und weiße, sMte Schuhe, das waren für den Dorfjungen von damals -'Ubegriff des Vornehmen. Und nun gehörtest du auch su dreien vornehmen Menschen, und plötzlich ahnte ich die 8-otze und tiefe Kluft, die zwischen dir und mir bestand, ^egreisst du nun, Carola, daß ich es nicht wagte, dich zu fragen, ob du meine Frau werden wolltest, daß ich es erst m meiner allerhöchsten Not tat?"
c- Earola schwieg. Erst nach einer langen Weile sagte pv: „Ja, tch hätte sicherlich offener sein sollen. Aber ich ycitte gewissermaßen die umgekehrte Angst. Ich fürchtete, oicy kopfscheu zu machen, und ich wollte auch nicht, daß N Kr mir die Tochter eines wohlhabenden Vaters sähest, -uas hatte möglicherweise in unser Verhältnis einen Wveren Ton gebracht. Aber sprechen wir nicht mehr uoer die Vergangenheit, sprechen wir überhaupt nicht mehr von uns. Es hat wenig Sinn. Denken wir nur au unseren
Zungen. Ich möchte ihn ja so qern endlich einmal wieder- >enen.
„Komm mit", bat Hollborn mit warmerr Stimme. „Unten wartet der Wagen. In zwei Stunden stehst du Roland gegenüber."
Sie schüttelte ablehnend den Kopf. „Nein, das kann ich nicht. Er muß den ersten Schritt tun. Ich muß es als Mutter verlangen. Er soll selbst einsehen, daß ich nicht anders handeln konnte, als ich ihm den Namen seines Vaters verschwieg." ^ ^ .
Hollborn erschrak. „Ist das die Ursache seines Hasses?"
„Ja. Ich verstehe ihn, es war für ihn furchtbar, nicht zu wissen, woher er stammte. Hätte ich ihm damals den Namen genannt, er hätte dich gesucht, und wenn er dich gefunden hätte, wärest du keine Sekunde mehr deines Lebens sicher gewesen, in einer solch verzweifelten Verfassung war er. Er hat mir furchtbar leid getan, aber ich konnte ihm nicht helfen. Er hätte uns beide für das ganze Leben unglücklich gemacht."
„Dann muß ich diesen Haß so schnell wie möglich aus der Welt schaffen. Ich werde noch heute mit ihm
sprechen."
„Tu das bitte. Aber sei vorsichtig und behutsam. Er ist sehr empfindlich. Vielleicht ist er durch Katrin Braake etwas weicher und nachgiebiger geworden. Es war mir eine große Freude, als sie mir'schrieb. daß sie sich gefunden hätten." .
„Ich kann mir auch keine liebere Schwiegertochter wünschen als sie", sagte Hollborn und fügte lächelnd hinzu: „An den Gedanken, daß ich auch gleich noch eine Tochter bekomme, muß ich mich erst gewöhnen. Ein bißchen viel auf einmal." ^ ,
„Wie steht es denn mit ihrem Vater?" fragte Carola, besorgt zu ihm aufsehend. ^ ^ .... ,
Er berichtete von dem Telephongesprach mit Braake und meinte zum Schluß: „Wir müssen dann eben alle versuchen, ihm die schwere Zeit io leicht wie möglich zu machen." ^ ^ ......
Carola erhob sich. „Du mußt weg. Ich habe keine Ruhe mehr. Ich werde jetzt ungeduldig und kann den Augenblick kaum noch abwarten, wo Roland in die Tur tritt. Gibst du mir gleich Bescheid, wie eure Aussprache verlaufen ist?" ^ . . . - . ^
Er versprach es ihr und schrieb m sein Taschenbuch hinter Carolas Adresse die Telephonnummer ihrer Pension. ^ ^ ^
Dann gab er ihr zögernd die Hand. „Und was wird
nun mit uns?" . . ^ .........
Um ihre Lippen schlich sich das wissende Lächeln, das er so oft mißverstanden hatte. „Dreißig Jahre sind eine lange Zeit Sie find nicht spurlos an uns vorübergegangen. Wir haben uns geändert, ohne daß wir es selbst wissen, und wir müssen uns nun wieder non neuem kennenlernen. Wie
wenig wir früher voneinander wußten, das haben wir ja eben gegenseitig festgestellt." ....... , . ,,
„Dann will ich hoffen, daß wir uns recht häufig sehen . sagte Hollborn und hob ihre Hand an seine Lippen.
„Ich hoffe es auch", erwiderte sie leise. „Grüß Roland von mir uno denk daran, daß ich deinen Anruf mit Ungeduld erwarte."
Er nickte und verließ das Zimmer.
Außer dem Jungen existiert für sie im Augenblick nichts mehr aus der Welt, dachte er. als er langsam die dunkle Treppe Hinabstieg. Er sah mit einem leisen Gefühl der Bitterkeit ein, daß -er selbst sich bescheiden mußte, bis Mutter und Sohn sich gefunden hatten. Dafür zu sorgen war nun feine Aufgabe. Er ahnte, daß ste nicht ganz leicht sein würde. — ^
Der Wagen schoß durch dre Dämmerung. Die Tünne von Potsdam standen schon dunkel im grauen Licht. Em leiser Wind kräuselte das Wasser der Havel Auf dem Schwielowsee, der sich links von der langen Brücke aus- breitrte, schwamm ein einsames Segel, es leuchtete in einem gespenstischen Weiß. - .
Als sie hinter Werder auf der Autobahn fuhren,, meinte der Chauffeur: „Ich will doch mal sehen, ob wir noch etwas Benzin bekommen. Er hielt an der Tankstelle, die an der Auffahrt lag. . ^ „
Der Tankwart prüfte die Benzinuhr. „Zehn Liter. Mehr darf ich Ihnen nicht geben. BiszurGrube Anna kommen Sie aber noch gut. Da brauchen Sw sich keme Sorge zu machen. Ich rate Ihnen, scharf rechts zu fahren und vorsichtig zu sein." »
„Wieso?" fraqte Hollborn aus dem Wagen.
Der Tankwart lächelte. „Das werden Sie schon
Und ste sahen es. Hinter der Abzweigung der Bahn nach dem Osten begegneten sie einer endlosen Schlange grauer Wagen, die die ganze Breite der Fahrbahn ein nahmen. So weit das Äuge sehen, konnte, wand sich diese Schlange durch die Wälder und Wiesen. Gesang kam aus den verhangenen Wagen, dann wurde es wieder still, und es tauchten die Schatten verhüllter Geschütze auf. Ihre verdämmernden Konturen batten etwas unheimlich
^^^Wanß werden sie reden?" rief Hollborn laut in die brummende Stille etwas saaen. Aber da
erhob sich pK-'ch ein klirrender und. rasselnder Lärm, der
Hollborn beugte sich vor und lab die Unkten, vorweltlichen Unqetüme schwerer Panzerwagen. Weiß schimmerte über jedem geöffneten Turm ein junges Gesicht, das einz Helle in der schwarzen Masse von Stab,
(Foctletnma wlatt