Samstag den 8. November 1941
Der Eaztöler
99 Jahrgang Nr. M»
Lm Spiegel -er Zeit
„Schande über jeden Amerikaner..."
Dieses Wort stammt nicht von uns. sondern von Herrn knox, dem derzeitigen Marineminister Rooseoelts- Er prägte es, als die Sowjets 1939 das kleine Finnland überfielen, das sich so tapfer trotz der feindlichen Uebermacht zur Wehr setzte. Damals forderte Herr Knox Schande über jeden Amerikaner, der in seinen Gedanken duldete, daß „eine tyrannische Diktatur mit blutbefleckten Händen" — nämlich die Stalin-Diktatur — die Freiheit des kleinen Finnland ge /ährdete. Die Ansichten des Herrn Knox, ebenso wie des Herrn Roosevelt. haben sich seitdem geändert, die Finnen lind dieselben geblieben. Und auch die Sowjets. Denn trotz des Moskauer Diktat-„Friedens" trafen sie alle Vorbereitungen, um Finnland ebenso wie dir baltischen Staaten ale- selbständigen Staat auszulöschen. Die Sowjets waren es auch, die im Sinne ihrer Eroberungspläne im Sommer dieses Jahres neue Kriegshandlungen gegen Finnland began- nen. Um so überraschender und erregter war nicht nur Finnland. sondern die ganze Welt, als nach voraufgegangenen diplomatischen Pressionen der USA-Staatssekretär Hüll am 3. November auf einer Pressekonferenz erklärte, Finnland sei ausgefordert worden, „seine offensiven militärischen Operationen gegen die Sowjetunion prompt einzustellen und zu diesem Zwecke die finnischen Truppen sofort zurückzuziehen" „Schande über jeden Amerikaner..." Dieses Wort des Herrn Knox von 1939 hat heute noch seine volle Berechtigung. Herr Roosevelt als Verbündeter der „tyrannischen Diktatur mit blutbefleckten Händen" hat die Erregung d>.r Welt über seine Erpresserpolitik gelassen hingenommen — ein deutliches Kennzeichen eines Gangsters. Heute geht er ncch 1000 Schritte weiter und läßt erklären, daß die Sow- ets „Vorkämpfer für die Menschlichkeit" leien. So wandeln ich die Auffassungen der Plutokraten, bestehen aber bleibt Ms Rechtsempfinden der Völker und ihre Sehnsucht nach Freiheit und Frieden. Deshalb „Schande über jene Ameri- 'taner..
Faule Eier gegen Augenkrankheit.
Eine neue Merüchheitsidee hat sich durchgesetzt und die Völker Europas zu neuen Hoffnungen und mit neuem Leben erfüllt. Damit wollen aber die bisherigen demo-pluto- kratischen Machthaber nichts zu tun haben, weil ihre materiellen und politischen Interessen dabei zu kurz kommen. Sie wollen herrschen, die anderen, aber sollen für sie arbeiten für sie kämpfen und für sie sterben. Mit der Tarnparole »Freiheit und Sicherheit der kleinen Nationen" haben die Demo-Plutokraten den jetzigen Krieg entzündet. Was aber mit der Freiheit und Sicherheit gerade der kleinen Nationen gemeint war, das haben die Völker des europäischen Südostens, das haben Norwegen, Belgien und Holland, das hat die Bevölkerung Syriens, des Irak. Irans und Islands so deutlich erfahren, daß sie heute unter den Folgen ihrer Leichtgläubigkeit zu leiden haben. Waren es früher Versprechungen, so ist es heute brutale Gewalt, mit der neue „Verbündete" unter den kleinen Staaten erzwungen werden sollen. In diesen Tagen hat der irische Ministerpräsident zum soundlovielsten Male erklärt, daß „Eire seine Unabhängigkeit gegen jeden Angriff verteidigen werde" Man wird sich erinnern, daß oar kurzem aus Amerika gemeldet wurde, daß Roosevelt auf Nordirland einen starken nordamerikanischen Stützpunkt errichten wolle. Schon vorher hatte man auf diplomatischem Wege durch die Roosevelt-Presse aus Eire einen Druck ausgeübt, um es zu veranlassen, auch dori Stützpunkte für die amerikanische Handels- und Kriegsmarine und Luftwaffe zur Verfügung zu stellen. Deshalb sagte Ministerpräsident de Valero auf Grund der geschichtlichen Erfahrungen: „Das Ziel eines Fremden, der herzukommen versucht, ist es, uns zu keinem eigenen Vorteil auszubeuten, und jeder, der etwas anderes glaubt, ist ein Narr " Währenddem reist der Sonderbeauftragte des Herrn Churchill. Lord Halifax, in den Vereinigten Staaten herum, um für die Kriegsidee der Plutokraten neue Unterstützung zu erflehen. Dabei ist ihm in verschiedenen Großstädten des mittleren Westens der USA eM heißer Empfang bereitet worden, bei welchem faule Eier und Tomaten eine Hauptrolle spielten. Der Hetzlord muhte eine Augenklinik aufsuchen. Ob er aber durch diese Eierschlacht richtig sehend geworden ist, ist nicht allzu wahrscheinlich. Denn wie sein Chef
Churchill, ist und vletvt auch er politisch kurzsichtig uns geistig engstirnig. Die Völker aber begreifen immer mehr, worum der Krieg geht.
Trost mit Kehrseite
Der Newyorker Rundfunk berichtet aus Ankara, daß ein Marsch über den Kaukasus von Ende November bis Anfang April unmöglich s?i, da die Verkehrswege vollständig verschneiten. Das soll im Augenblick beruhigen, da von Lon- Von ans die Gefahr an die Wand gemalt wurde, die Deutschen könnten von der Krim ans das Tor nach Asten aussto- ßen. Dieser Trost hat allerdings das Mißliche, daß dadurch die britische und amerikanische Hilfeleistung über den Kaukasus im selben Atem als unmöglich bezeichnet wird. Bis Frühjahr müssen sich die Bolschewisten also selbst b-helsw.
politisches Allerlei
Großer Spionageprozeß in Sofia.
Vor dem Sofioter Bezirksgericht beginnt am 1. Dezember der Prozeß in der Spionageangelegenheit des früheren englischen Militärattaches in Sofia, Obe» st Roß. Roß selbst war es gelungen Bulgarien rechtzeitig zu verlassen. Vor Gericht werden sich sieben Personen zu verantworten haben. Oberst Roß hatte eine Organisation für Spionage und für -die Durchführung von Sabotageakten gegen Tankzüge, Brücken usw. gebildet,
Attentat auf englandhörigrn Ministerpräsidenten.
Am Montag wurde — wie aus Bagdad gemeldet wird — auf den irakischen Ministerpräsidenten Nuri es S-'ch ein Attentat verübt. Der Täter konnte nicht feslgestell! werden. Man vermutet ledoch. daß er aus den Kreisen der nationalen irakischen Widerstandsgiuppe kommt, die in Nuri es Said einen Vaterlandsverräter steht. Das Attentat, dessen Bekanntgabe der irakischen Presse untersagt wurde, har in den großen Städten des J>ak neue scharfe Sicherheitsmaßnahmen zur Folge gehabt. Eine Reih? von nationalgejinn- ten Persönlichkeiten ist verhaftet worden.
Abdullah wirbt britisches Kanonenfutter.
Der englandhörige irakische Regent Abdul JUah und der von England gekaufte Emir Abdullah von Transjordamin hielten in Bagdad eine Konferenz ab. zu der die Stammesführer der irakischen Nomadenstämme sowie die maßgebenden Ulemas. die Führer der islamischen Geistlichen des Irak eingelaüen waren. Bei dieser Zusammenkunft sprach Emn Abdullah und versuchte, die Gelad?nn von de» „guten englischen Absichten gegenüber dem Irak" zu überzeugen. Er erklärte, daß der gute Wille Großbritanniens vom irakischen Volke in entsprechender Weise beantwortet werden müsse Eine solche Antwort könne das irakische Volk am besten durch die Entsendung seiner wehrsähigen Söhne in die britische Nahostarmee geben. Als Emir Abdullah das Andenken des ersten irakischen Königs und Staatsgründers Feisal I. be- schwor, kam es zu stürmischen Auseinandersetzungen. Aus der Versammlung ries man dem Emir zu, daß Faisal, wenn er noch lebte, am der Seite der arabischen Nationalen und Freiheitskämpfer stünde
Feindliches Lügenmanover um Liberia.
Nachrichtenagenturen, die im Dienste des Feindes stehen, wußten i» letzter Zeit von deutschen Agenten zu berichten, deren Aufgabe es sei. den afrikanischen Freistaal Liberia für den Nationalsozialismus zu gewinnen. Dies? aus der Luft gegriffene Tendsnzmeldungen wurde jetzt, wie United Preß aus Monrovia in Liberia berichtet, von der Regierung des Freistaates offiziell dementiert Die Behörden betonen, daß sich im ganzen Lande nur 20 Deutsche aufhielten Staatspräsident Barklay sprach vor der gesetzgebenden Versammlung und betonte erneut die Neutralität.
„Was Amerika mit Irland tun will."
Eine Zeitung des mittleren Westens zitiert einen Artikel des nvrdirischen Lords Doiiegall im Londoner „Sunday Dispatch" der die Ueberschrift trägt: „Was Amerika mit Irland tun will." Der Lord sagt darin, daß gewisse Irländer bereits fest davon überzeugt seien, daß die USA Irland übernehmen würden. Von Amerika seien bereits seit fünf Monaten Ing.-nieure. Facharbeiter und Baumaterial nach Nordirland geschickt worden, um große Baumbeite» vorzunehmen. Die Irländer sähen der nordamerikanischen Jrland- invasion mit gemischten Gefühlen zu Es sei jedenfalls lächerlich anzunehmen daß de Valero die Vereinigten Staaten ausforoern würde, Irland zu übernehmen. Lord Done- galt schildert sodann zahlreiche Zwischenfälle, die sich zwischen d-n Nordamerikanern und Irländern ereignet haben.
Kurzmeldungen
Berlin. Zwischen der Reichsregierung und der ttattem- schen Regierung wurde ein Abkommen über die Umsiedlung der deutschen Staatsangehörigen und Volksdeutschen aus der Provinz Laibach unterzeichnet
Kattowitz. Reichsarbeitsiührer Konstantin Hier! stattete wiedereingegliedertkn Teilen des Gaues Oberschlesien «inen Besuch ab. Bei dieser Gelegenheit wohnte der Ädeichsarbeits. tührer der Einweihung des ersten Lagers des weiblichen Arbeitsdienstes in Rudoltowitz bei^
Lissabon. Das britische Jnsormationsmiiiisterium subventioniert. wie die in Newyork erscheinende Zeming „Aufbau" berichtet ein neues jüdisches Organ, das der Förderung jüdischer Interessen in England dienen soll.
Paul Lmckes IS. Geburtstag
Berlin, 7. Nov. Am Vorabend seines 75. Geburtstages stand Berlins bekamt.ester und volkstümlichster Komponist, Paul Lincke. im Mittelpunkt einer besonder?» Ehrung: Der festlichen Aufführung seiner berühmten Operette „Frau Luna" im Theater des Volkes. Die Veranstal una erhi-lt dadurch ihre Note, daß sie Verwundeten aus Berliner La, zaretten und Riistungsarbcitern Vorbehalten war. In ihrer Mitte nahm Reichsorganisationsleiter Dr. Lch an der Huldigung für Paul Lincke teil. Das bis auf den letzten Platz besetzte Haus berei ete dem 75-Jährigen der in iua?ndlicher Frische selbst die Ouvertüre dirigierte, begeisterte Kundgebungen. Das Finale klang in einer Huldigung durch Frau Luna aus, die dem Komponisten im Auftrag des Reichsorganisationsleiters Dr. Ley eine Ehrengabe überreich.e. In das auf Altmeister Lincke ausaebrachte Hoch stimmten di» Besucher begeistert ein, und die Stürme des Beifalls wollten kein Ende nehmon. als die Darsteller und alle Mitwirkenden Lorbeerkränze und Blumenangebinde in schier endloser Fülle überreichten.
Uebcrreichung der Goethe-Medaille
In einem Festakt im Berliner Ra Haus gedachte die Reichshanptstadt ihres weltberühmten Bürgers Paul Lincke. Der Gauleiter von Berlin, Reichsminister Dr. Goebbels, war erschienen, um in einer herzlichen Ansprache im Namen und Aufträge des Führers dem Komponisten die höchste Auszeichnung zu verleihen, die das neue Deutschland sür Verdienste im deulschen Kulturleben zu übertragen weiß. Er überbracht? mit den herzlichsten Wünschen des Führers die Goethe-Medaille.
„Sendbote des deutschen Gemüts"
Paul Lincke Ehrenbürger von Berlin'.
Der Altmeister der Berliner Operette, Paul Lincke, der volkstümlichste Komponist der Reichshanptstadt, stand am Freitag anläßlich seines 75. Geburtstages im Mittelpunkt eines Festaktes im Berliner Rathaus. Dr. Goebbels er. griff das Wort und überbrachte Paul Lincke die Glückwünsch« des ganzen deutschen Volkes und insbesondere seiner Vaterstadt Berlin. Ungezählte Millionen, so führte Dr. Goebbels in seiner kurzen Ansprache aus, v: .einigten heute ihr?» Dank und ihre Glückwünsche für den Komponisten, der so vielen Menschen im Laufe seiner tan n und fruchtbaren Schasfenszeit so viel an Lebensfreude, Unterhaltung, Erhe. bung und Entspannung geschenkt Hab? Seine ewig jungen Melodien seien über den ganzen Erd .ll gewandert, und so könne man den Altmeister, den man bester den Ewigjungmeister der Berliner Operette nenne, mit Recht als einen Sendboten des dentsäb'-n Gemüts in ^-r Welt bezeichnen.
Volksschädling hingerichtet.
DNB Berlin, 7. Nov. Heute ist der am 13. August 1893 in Schötmar (Lippe) geborene Hugo Schulz hingerichtet worden. den das Sondergericht in Nürnberg als Volksschädling zum Tode verurteilt hatte. Schulz, ein schwer vorbestrafter Gewohnheitsverbrecher, hatte schon im Weltkriege gegenüber Angehörigen von Soldaten als Kri?gsschwindler sich betätigt. Er ist damals mit Zuchthaus bestraft worden. Hetzt hat er wieder die Kriegsverhältniste zu seinem verbrecherischen Treiben ausgenutzt. Er log Volksgenosten vor. daß er Spinnstoffe ohne Bezugschein besorgen könne und erschwindelte so An- zahlungen.
Betriebssaboteur hingerichtet.
DNB Berlin, 7. Nov. Heute wurde der am 7. Dezember 1920 in Bednarka, Kreis Gvrlice, geborene Peter Piernak hingerichtet, den das Sondergericht in Nürnberg wegen versuchter Betriebssabotage und versuchten Kriegswirtschaft?. Verbrechens zum Tode verurteilt hatte. Piernak ein in der Landwirtschaft beschäftigter Pole, versuchte in Saboiageaü- sicht dem Betrieb seines Arbeitgebers Schaden zuzufügen.
^op,rmdt d, Katt Köhler L Lo.. Bettin-Scdmaigenvorj. Zg> 'Nachdruck oerbatrn.)
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Armin vergaß die Antwort, denn er mußte über den tieferen Sinn von Agelins harmlos hingeworsencn Worten Nachdenken. Ja, stand sie nicht auch ihm näher als mancher andere Mensch? Als irgend ein anderer Mensch? Ein banger Verdacht kam ihm, ein Verdacht, unter dem sein Stolz schon wieder zu zucken begann. Sollte sie an dieser Berufung irgendwie schuld sein? Sie war die Tochter Hochkempvs, der in allen Sachen, welche die Stadt betrafen, sehr viel mitzureden hatte.
Als der Vater für eine Weile hinausgegangen war, äußerte er seine Bedenken gegen Agelin. Aber er stieß aus völlige Verständnislosigkeit und Ablehnung.
„Es ist ganz unmöglich, daß Barbara ihren Vater günstig sür dich beeinflussen kann. Hochkemper senior liebt Geld und er hat mit seinen Kindern seine festen Pläne. Zu sehr würde er in dir eine Gefahr für Barbara sehen, wenn sie für dich bäte. Und dann: die gesamten Ratsherren und die Sachverständigen müssen sich einig sein, wenn man dich beruft. Die Stimme eines einzelnen gilt nicht viel."
Armin mußte sich zufrieden geben. Agelins Auslegung war auch absolut einleuchtend. Und dann tut dieser eine Satz weh: ,er hat mit seinen Kindern seine sesten Pläne'. Barbara unerreichbar? Für immer? Barbara?! Aber wollte er sie denn? Wollte er wirklich eine Hochkemper, eine Tochter dieses hochmütigen Mannes, die man ihm niemals gutwillig geben würde? Er war ein Mann; wenn es sein mußte, würde er um sie kämpfen, dis zum endlichen Siege. Barbara! Wie sie es verlangte von dem Manne, den sie lieben konnte! Er mußte lächeln, verstohlen und zärtlich in einem nahen, vertrauten Gedanken an sie. Der Abend in Bcnn mit ihr hatte ihm viele aufschlußreiche Stunden geschenkt. Sie war ein ernster und tiefer Mensch, ohne jede Flatterhaftigkeit, ohne Vergnügungssucht, eine Frau, di« Opfer bringen konnte, die rechte und echte Arztfrau-— —
„llnd du dürstest letzl mchl". juhr Agelin jorl, in seine Träume hinein, die ihn weit weggesührl hatten, ,,um kleinlicher Bedenken willen dem Vater diese erste, große Freude seines! Lebens nehmen. Nein, Armin, allein das dürftest du nicht!"
stm Anschluß an diese Worte sah Armin seine Schwester groß an und er stellte eine Frage, die in diesem Zusammenhang unerklärlich und unberechtigt sein konnte, er sagte: „Sage, Agelin, weißt du eigentlich, was im Leben unseres Vaters belastend war, das ihn so oft in Grübeleien verfallen ließ, was ihn auch unserer Mutter so überstark nachtrauern ließ?"
Diese Rede begriff Agelin nicht, sie kam ihr überraschend, aber nicht ungelegen. Hatte nicht auch sie sich in stillen und bedrückten Stunden mit dieser Frage auseinanderzusetzen versucht?! Und doch fand sie in diesem Augenblick nur die einfache, hilflose interesselos scheinende Erwiderung:
„stch? was soll ich wissen? stch weiß gar nichts Was soll es aust> sein? Er ist doch glücklick,-"
„sta, jetzt, seit er erkennt, daß wir einen guten Weg gehen. Aber vorher?"
Und Agelin wiederholte: „Vorher?" Und sie wußte keine noch so kleine Antwort darauf.
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Hvchkemper senior erlebte eine Ueberraschung nach der ande- ren. Seine kleine, schwächliche und seit stahren gepflegte Frau äußerte den plötzlichen Wunsch, ihre fast vergessenen und vernachlässigten Freunde in Köln einmal wieder aufzusuchen. Hvchkemper erstaunte, aber er mißbilligte es nicht. Warum sollte sie nicht einmal reisen? Blanke konnte sie mit dem Wagen hinfahren, aber sie lehnte das ab. '
„Laßt mich doch mit der Eisenbahn fahren!" bat sie. „Ich habe so lange nicht mehr im Zuge gesessen: ich möchte noch mal sehen, wie das ist."
„Aber nicht ohne eines der Kinder", bestimmte Theodor Emanuel.
„Was sollen die "Kinder stch dabei langweiten, zwischen uns alten Leuten?" Frau Sophie Therese wurde fast schalkhaft. „Dann fahre lieber du mit, Theodor Emanuell" So versuchte sie ihn gründlich.
Er streckt« beide Hände von sich.
„Verschone mich gnädigst. Thea", sagte er.
Sie buchte diese Anrede mit großer Freud«. ,Thea' hatte er sie in ihren besten Zeiten genannt, in vertrauten Stunden,
dann, wenn er nicht herrschte und sie nicht repräsentierte. Er bemerkte ihre Freude und seine Stirn färbte stch dunkelrot. Auch das sah sie mit Wonne. Aber gleichgültig sagte sie:
„Nun, so wird mich eben meine gute Ebern begleiten!" Die Ebern war im voraus genehmigt: seit zwei Jahrzehnten war sie zu Sophie Thereses Gesellschaft und besonderer Bedienung im Hause.
Mamas Reise war keine unbeachtliche Angelegenheit im Hause Hochkemper. Sie fuhr nur bis Köln und doch brachten sämtliche engeren Familienmitglieder sie zur Bahn. Sie war ganz berührt von den '^heimlich vielen guten Ratschlägen, die sie mitbekam. Und als oer Zug einlief, Hochkemper senior selbst ein« Abteiltür sür seine Gattin öffnete und Ludwig sich anschickie, Mama in den Wagen zu helfen, da-zeigte es sich, daß man erst einen Fahrgast aussteigen lassen mußte, der von Bonn her kam, einen kleinen Reisekosfer für eine Uebernachtung in der Hand. Und er sah Barbara mitten in die Augen. Und Ludwig rief mit einem Male, vielleicht etwas übertrieben laut, als müsse er vor den anderen leine antp B»kanntfck,akt mit dem Ankommenden beweisen:
„Hallo, Armin Bruuns, alter Junge! Auch wieder mal im Lande?" Und dachte: stelle ich mich nun dumm oder gescheit, ahnungslos oder wissend? Aber schließlich muß ich wissen, ich, der älteste Hochkemper, daß ein Bruuns Chefarzt an unseren Krankenanstalten wird
Armin Bruuns schlug in die dargebotene Hand ein, dann grüßte er auch die ganze Familie Hochkemper. Barbara Mar!« eingeschlossen, und sie kein bißchen mehr oder näher, das aller aber mit einer vorbildlichen Haltung, kühl und zurückhaltend. Aber die Frau Sophie Therese rief erfreut aus ihrem Abteilfenster:
„Mein Gott, der Junge Armin-wie lange habe ich ihn nicht
mehr gesehen-!"
Auch Theodor Emanuel sah diesen Bruuns-an, unentschlossen und fiebrig, vorurteilig und ablehnend, und fand keinen Tadel, keine Lücke, keine Handhabe. Er gefiel ihm wider Willen, dieser Bruuns.
Armin aber grüßte Frau Sophie Therese in ihrer ungekünstelten Herzlichkeit noch einmal besonders und ging dan« seines Weges, mit langen, geraden Schritten, so vollkommen und liebenswert, und Barbara Marie sah ihm so liebend nach, baß sie von ihrem Bruder ein heimlich verwarnenden Rippenstoß bekam
Fortsetzung folg« t