Freitag de» 10. Oktober 1941
Der Enztäler
99. Jahrgang Rr. 288
Ver Italienische Wehrmachisberichi
Große Brände durch Bombenangriffe ln Haifa.
DBB Rom. S. Okt. Der llallenlsch« Wehrmachksberichi vom Donnerstag hat folgenden Wortlaut:
»Da« Hauptquartier der Wehrmacht gibt bekannt: Grö- tzere italienische Bo»nberverbände griffen gestern nacht die Raffinerien und Vetroleumbehälter von Haifa an. Trotz heftiger Abwehr oes Feindes gelang es unseren Flugzeuggen die Ziele zu treffen, in denen sich Brände größten Ausmaßes entwickelten. Alle unsere Flugzeuge kehrten an ihr« Stutzpunkte zurück, einige mit Treffern der feindlichen Flak.
In der gleichen Rächt führte der Feind einen Einflug auf einige Ortschaften der Ostküsle Siziliens durch. Bomben- und Riaschinengewchrangriffe verursachten weder Opfer noch Schäden. Die Abwehr von Syrakus fchotz ein Flug- zeug ab. das in der Rahe der Küste ins INeer stürzte. Die gesamte Besatzung wurde gefangengenommen.
In Rordafrika Aufklärungstätigkeit an der Front von Tabruk. Feindliche Einheiten wurden abgewiesen und Netzen Gefangene ln unseren Händen. An der Front von Sollum schossen deutsche Jäger zwei feindliche Flugzeuge ab. Andere deutsche Flugzeuge griffen vorgeschobene feindliche Flugplätze an, trafen Vorratslager und zerstörten ein Flug- zeug am Boden. Ein Luftangriff auf Tripolis hatte lediglich leichte Materialschäden zur Folge.
In Ostafrika griff «ine starke, aus nationalen un- kolonialen Truppen bestehende Kolonne der Stellung von lialag, nordwestlich von Gondar, unter dem Befehl des Oberstleutnants Larmelo Luizzo den Sitz des englischen Kommandos, die wichtige Stellung von Amba Ghiorghis, im kräftigen Vorstotz an. Rach Ueberwindung jedes Widerstandes wurde der Fein- in die Flucht geschlagen und es wurden ihm beträchtliche Verluste beigebracht. Wiederholte Gegenangriffe des Feindes wurden zurückgeschlagen. Unsere Truppen ließen dm Sitz des feindlichen Kommandos in Flammen ausgehen und zerstörten ein Munitionslager sowie Re Radiostakion. Sie kehrlm mit Gesangmen und erbeuteten Waffen und Material an ihren Ausgangsslühpunkk zurück. Alle beteiligten Einheiten und besonders das 28. Ko- lonial-Bakaillon zeichneten sich durch Entschlossenheit und Tapferkeit aus.
Am Nachmittag des 7. Oktober beschotz eines unserer Flugzeuge, das sich auf einem Aufklärungsflug entlang der Straße von Debra,Tabor befand, feindliche krastfahr- 1 «uge mit Maschinengewehren und steckte sie in Brand."
Voller Erfolg der Torpedoslugzeuge.
In Gibraltar sind mehrere britische Kriegsschiffe eingetroffen, die bei dem Angriff italienischer Torpedoflugzeuge auf den britischen Flottenverband am 28. und 29. September im Mittelmeer schwer beschädigt wurden. Die Besatzungen der Schiffe sind froh, daß sie der Vernichtung lebend entkommen sind. Die Besatzungsmitglieder äußerten bei ihrem Landurlaub übereinstimmend, dieser Angriff deb italienischen Torpedoflugzeuge sei der heftigste Angriff gewesen, den britische Kriegsschiffe im Mittelmeer je erlebt hätten. Nach der Ansicht der britischen Matrosen wäre der ganze britische Flottenverband vernichtet worden, wenn er nicht rechtzeitig sich zurückgezogen hätte.
Oie Lustwaffe am Asowscheri Meer
DNB. Starke Verbände deutscher Kampfflugzeuge unterstützten mit großem Erfolg die Kämpfe des deutschen Heeres an der Nordküste des Asowschen Meeres. Besonders heftigle Angriffe der deutschen Kampfflugzeuge galten Transport- und Handelsschiffen der Bolschewisten. Im Seegebiet von Mariupol wurden ein Handelsschiff von 1800 BRT und ein Frachter von 1500 BRT durch Volltreffer versenkt. Im Hafen von Berdjansk wurden zwei kleinere Schiffe zum Sinken gebracht, ein weiteres sowjetisches Handelsschiff von 2000 BRT wurde schwer beschädigt. Im Rückzugsraum der geschlagenen und ostwärts Mariupol auf Rostow zurückwsichenden Bolschewisten griffen Kampfflugzeuge erfolgreich sowjetische Kolonnen an. Ueber hundert motorisierte und bespannte Fahrzeuge wurden durch Bombenvolltreffer vernichtet. Eine große Anzahl Fahrzeuge erlitt schwere Beschädigung durch die deutschen Bomben.
kurzmelöungen
Berlin. Reichswirtschaftsminister und ReichSLankpräfi- dent Funk wird am kommenden Sonntag die deutsche Ostmesse m Königsberg mit einer Rede über „Ostraumwirtfchast im Rahmen der wirtschaftlichen Neuordnung Europas' er- öffnen.
Stockholm. Die Londoner Börse hat eine unangenehme Ueberraschung erleben müssen. Wider alles Erwarten wurde den Inhabern der Anleihe der größten Stadt Montreal, die im Jahre 1951/53 fällig wird, mitgeteilt, daß die bereits fälligen Abschnitte der Anleihe nicht ausgezahlt werden können. Darüber hinaus mußte auch der Zinfendienst eingestellt werden.
Oslo. Eine Gemeinschastskundgebung der deutschen und norwegischen Presse vereinigte die führenden Journalisten Norwegens mit den in Oslo tätigen Vertretern der deutschen Presse. Im Verlauf der Veranstaltung ergriff Stabsleiter Sündermann das Wort.
Rym. Im Verlauf der Besprechungen des Reichspostmi- msters Ohnesorge mit dem italienischen Verkehrsminister Wurde ein Abkommen zur Erleichterung des Post- und Telegraphenverkehrs zwischen Deutschland und Italien unterzeichnet.
Lissabon. Zwölf Ueberlebende eines britischen Dampfers, der torpediert worden war, wurden bei Kap Saint Vincent an Land gesetzt. Sie wurden von einem spanischen Dampfer ausgenommen, nachdem sie sieben Tage im Atlantik umhergeirrt waren.
Washington. Der Haushaltsausschuß des Abgeordnetenhauses nahm die Bewilligungsvorlage von rund 6 Milliar. den Dollar an. Im Ausschuß wurde betont, daß die Produktion des Kriegsmaterials noch nicht das gewünschte Ergeb- nis erreicht habe.
Lima. In der Kammersitzung wurde ein Antrag angenommen, der den unbeugsamen Willen des Parlaments und des Volkes ausdrückt, geschlossen für die Unantastbarkeit des peruanischen Nationalbesitzes einzustehen. Der Antragsteller lehnte die Vermittlung der Vereinigten Staaten im Konflikt mit Ecuador ab.
politisches Merlei
Schwedischer Ingenieur als Landesverräter.
Bei der vor dem Stockholmer Rathausgericht abgehaltenen Verhandlung gegen den wegen Spionage verhafteten schwedischen Ingenieur, Sven Engström stellte sich heraus, daß Engström gegen Bezahlung von 30 060 Kronen wichtige militärische Geheimnisse an eine fremde Macht verraten hat. Er hat an Bpfestigungsarbeiten in Schweden teilgenommen und Angaben über die Anlagen und ihre örtliche Lage ausgeliefert. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.
demfch-türktfche
»Das Freundschafksabkommen bestätigt".
Ankara, 9. Okt. Die gemeinsame deutsch-türkische Feststellung gegenüber den Lügenmeldungen britisch-bolschewistischer Brunnenvergifter-haben in der türkische» Presse ein lebhaftes Echo gefunden. In der Zeitung „Cumhuryet" meint oer Abgeordnete Uunus Nadi, das gemeinsame deutsch-türkische Kommunique könne man als einen neuen Pakt bezeichnen, der den Pakt vom 18. Juni bestätigt und verstärkt. Die böswilligen Gerüchte, die selbstverständlich in keiner Weise der Wirklichkeit entsprochen hätten, seien bereits durch die zuständigen Stellen dieser beiden "Länder dementiert worden. Die Form des Kommuniques aber/ das von den beiden Mächten gemeinsam veröffentlicht wurde, stelle die wirksamste Maßnahme gegen diese Ausführungen dar. Es erhalte dadurch den Charakter eines wertvollen Dokuments, das zur rechten Zeit gekommen sei. Der Abgeordnete Us betont in der Zeitung „Vakit" ebenfalls, das gemeinsame Kommunique habe das Freundschaftsabkommen vom 18. Juli erneut bestätigt.
Die Zeitung „Tasviri Efkiar" schreibt, die deutsch-türkische Erklärung sei geeignet, sowohl im Inland wie im Ausland einen sehr guten Eindruck zu machen. Das Blatl betont, daß man weder in Deutschland noch in der Türkei an die ausgestreuten Gerüchte geglaubt habe. Das Kommunique habe den Kreisen, die es sich zur Aufgabe gemacht hätten, die Welt zu beunruhigen, kräftig den Munt gestopft.
Organisator -es Arbeitseinsatzes
Staatssekretär Dr. Shrup k« Jahre alt.
, DNB Berlin. 9. Okt. Heute vollenden der Staatssekretär mi Reichsarbeitsministerium Lr. Shrup sein 60. Lebensjahr. Staatssekretär Dr. Friedrich Shrup ist ckm 9. Oktober 1881 'N-Luchow bei Hannover geboren. Er stammt väterlicher- und müttttlicherseits aus niedersächsischen Bauernfamilien. Nach Besuch des Realgymnasiums in Hannover studierte er Ma- ichmenbau und nach bestandenem Examen als Diplomingenieur anschließend Rechts- und Staatswissenschaften. Seinen inneren Neigungen folgend, entschloß sich Dr. Shrup, die Gewerbeaufsichtslaufbahn einzuschlagen, die ihn in langjähriger Arbeit als Gewerüeassessor und Regierungs- und Ge. werberat frühzeitig mit der arbeitenden Bevölkerung in allen Teilen des Reiches in Verbindung brachte. 1918 wurde Dr. Shrup als Vortragender Rat ins preußische Ministerium für Handel und Gewerbe berufen, von dort bis Kriegsende als sozialpolitischer Referent zum Demobilmachungsministerium beurlaubt. Hrer war Dr. Shrup zum ersten Male vor die Aufgabe gestellt, arbeitseinsatzpolitische Maßnahmen im großen durchzufuhren, galt es doch, das große Heer der Kriegsteilnehmer wieder in das Wirt,'ckiaits!i>6r>i eini""- Mit wenigen, aber wirksamen Bestimmungen ist diese Aufgabe trotz aller Politischen Wirrnisse der damaligen Zeit gelost worden. » ^ »
Der Aufbau der deutschen Arbeitseinsatzorganisation nach d«m Kriege ist das persönliche Werk Dr. Shrups. Bereits 1920 kam es zur Bildung des Reichsamtes für Arbeitsvermittlung, dessen Präsident Dr. Shrup wurde. Kurze Zeit darauf übernahm er die Leitung der gesamten Reichsarbeitsverwaltung Das Jahr 1922 schuf zum ersten Male eine um- >ansnde Arbeitsnachweisorganisation für das gesamte Reichs- gebiet. Wahrend des Ruhrkampfes leitete Dr. Shrup im be- setzten Gebiet die sozialpolitischen Maßnahmen des passiven Widerstandes. Durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und ^^ltslosenversicherung vom 16. Juli 1927 wurde die Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung geschaffen und Dr. Sy- rup zum Präsidenten der Reichsanstalt ernannt. Zwei Grundgedanken haben in diesem Gesetz ihre Verwirklichung gefunden. Zunächst die Erkenntnis, dgß der Staat ein einfaches. aber schlagkräftiges Instrument zur Regelung des Arbeitseinsatzes braucht. Zum anderen der Gedanke, daß die von der Reichsanstalt durchgeführten vielfachen Aufgaben wesentliche Bestandteile einer größeren einheitlichen Aufgabe sind, die in einer sinnvollen Rangordnung zueinander stehen.
Erst nach der ... diese Gedanken zur Auswirkung staatlichen Organisation so umfassende und weittragende Befugnisse übertragen worden wie damals der Reichsanstalt. Sie hat nach der Machtübernahme im Kamps gegen die Arbeitslosigkeit ihren Mann gestanden und keine Mühe gescheut, um die für den deutschen Wiederaufbau benötigten Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Nach Verkündung des Vierjahresplanes wurde Dr. Shrup mit der Leitung der Geschäftsgruppe Arbeitseinsatz der Organisation des Beauftragten für den Vierjahresplan betreut. Durch den Erlatz des Führers vom 21. Dezember 1938 gingen die Aufgaben und Befugnisse des Präsidenten der Reichsanstalt auf den Ar- bntsminister über. Der Führer hat die Hohen Verdienste Dr. Shrups durch die Ernennung zum Staatssekretär im Reichs- arbeitsministerium anerkannt. Der Krieg brachte der Arbeits- einsatzverwaltung sowie dem sozialpolitischen Ressort des Reiches überhaupt neue große Aufgaben. Daß diese alle in einer Weise gemeistert wurden, die uns den militärischen und wirtschaftlichen Vorsprung vor unseren Feinden sichern halfen, ist in erster Linie der Initiative und der rastlosen Tätigkeit Dr. Shrups zu verdanken.
nationalsozialistischen Revolution konnten ar Auswirkung kommen. Selten sind einer
Keine britische „Flugzeugwoche" für die Sow>e.s.
Wie der britische Minister für die Flugzeugproduktion, Mooro-Brabazon, im Unterhaus bekanntgab, soll keine symbolische britische „Flugzeugwoche" für die Sowjetunion ab- gehalten werden. Was man nach dem Gelächter, das die „Panzerwoche" für die Bolschewiken in der Welt ausgelöst hat, Wohl verstehen kann.
Roosevell gibt Brief an Stalin zu
DNB. Berlin, 9. Okt. Durch die Veröffentlichung des Roosevelt-Briefes an Stalin, der die ganze Skrupellosigkeit und den Zynismus offenbart, mit dem der Präsident der Vereinigten Staaten entschlossen ist, den gesamten europäischen Kontinent dem Bolschewismus zu überantworten, sah sich Roosevelt genötigt, die Existenz und di« Echtheit dieses Briefes zuzugeben.
Oopxrlgkt t >5 Karl Köhler L Co» Berlin-Schmargendorf.
11 (Nachdruck verboten.)
Ludwig sah völlig verwirrt in ihr emporgehobenes bleiches Gecht, aus dem der hellrote Mund fast krankhaft ausfallend leuchtete. Sie hatte den Kopf weit zurückgebogen, so daß ihr Antlitz wie eine blasse, leere Schale vor seinen Blicken lag. Kleinen erkalteten Kohlen glichen die Augen, die wimpernlos aus der Weiße der unbewegten Fläche hervortraten.
„Lydia", erkannte Ludwig, und es war ihm nie ein Mensch so fremd gewesen wie dieses Mädchen, das seine Kusine hieß, und das er höchstens vier Jahre nicht gesehen hatte. Damals war sie ein ebenso blasses, unbedeutendes Mädchen gewesen, heute aber glimmte hinter der unbewegten Oberfläche dieses Gesichts etwas vorerst für Ludwig noch Undenkbares. Man fühlte eine unsichtbare Glut, eine katzenhafte Weichheit und Anschmiegsamkeit, einen unbeugsamen, echt Hochkemperschen Willen.
„Woher wußtest du denn, baß ich hier war?"
Er hielt jetzt ihre Hand, und sie umspannte mit ihren Fingern die seinen, daß er sich aus der Umklammerung nicht zu lösen vermochte. Sie lachte ihn an, und er erstaunte über die Schönheit dieses großen Mundes.
„Kunststück! Dein Vater telegrafierte uns deine Ankunft. Da du dich aber nicht blicken ließest, nahm ich an, du hättest Gründe, zuerst ein Hotel aufzusuchen. Da habe ich damit begonnen, Hotels anzurufen und gleich der erste Versuch führte zum Erfolg. .Jawohl, Herr Ludwig Hochkemper sei im Hause.' Und da bin ich eben hierhergefahren."
„Du allein, Lydia? Weiß dein Vater nichts davon?"
„Wohin denkst du, Ludi", sie gebrauchte die Abkürzung, die man in seiner Knabenzeit aus seinem Namen gemacht, „ich werbe dich doch nicht verraten." Sie'sah ihn immerfort an, während sie Ivrach: sie standen sich immer gegenüber. c-c-ne Platz zu nehmen.
„Wieso verraten? Wenn Onkel Hugo weiß, daß ich in Dresden bin, so gab es wohl nicht viel zu verheimlichen."
Sie lachte mit überlegenen, dunklen Tönen auf.
„Aber, Ludijunge, ein Mann kommt in eine andere Stadt, wo er Verwandte hat, die ein großes Haus besitzen, mit mehreren Fremdenzimmern, wo er sich zuhause fühlen und doch tun und lassen kann, was er will, und er zieht es vor, in ein Hotel zu gehen, dann ist er eben nicht — allein auf Reisen gegangen."
„Nicht allein?" Ludwig wußte noch immer nicht, was sie wollte.
„Setzen wir uns ein wenig", lächelte die Kusine, „du bist anstrengend, und ich möchte einen Tee trinken."
„Entschuldige, Lydia, aber dein unerwarteter Besuch hat mich ein wenig aus der Form gebracht." Er war ihr behilflich und ries auch die Bedienung herbei. Sie saßen sich nun gegenüber, und Ludwig fuhr fort: „Nun erkläre dich aber deutlicher: Was meintest du mit deiner Anspielung?"
„Ich meinte ganz einfach", entgegnete sie, die Blicke grade- aus auf sein Gesicht gerichtet, „du habest eine — Freundin mit- gebracht."
„Oh Lydia-"
„Du brauchst gar nicht so überrascht zu sein. Es tut sich bei uns so allerhand. Man wundert sich über nichts mehr. Und dann: Wenn Männer wissen, daß sie bald heiraten werden, stehlen sie sich immer schnell noch was vom Leben-"
Diese Kusine trat in Ludwigs einförmig dahinfließendes Leben wie ein seltenes, buntes und schillerndes Tier aus einer anderen Welt. Er begriff sie nicht.
„Wer hat dir nur soviel Unsinn erzählt? Gewiß wird es immer solche Männer geben, aber du kannst von ihnen doch nicht im allgemeinen sprechen."
„Aber ziemlich!" sagte sie überlegen. „Fred hat eine Freundin, die er nie zu heiraten beabsichtigt. Und Papa-ja",
sie lachte, „er hat sich in hohen Jahren ebenfalls eine zugelegt, ein ordentliches Mädchen übrigens, und die Gefahr für uns ist, haß er sie — heiraten will. Weil es besser aussieht. Die Leute reden doch immer — das Geschwätz verstummt nie ganz. Aber", und hier besann sie sich wieder auf den Zweck ihres Hierseins, „ich freue mich, daß ich dich gefunden habe. Und die Freundin, die schicken wir jetzt heim!"
Ludwig lachte respektlos laut auf. Es klang sonderbar in diesen ganz auf Dämpfung eingestellten Räumen.
- „Wir können uns diese Arbeit sparen, Lydia! Ich habe keine Freundin."
„Keine Freundin?"
„Nein!" Cr sagte das mit gutem Gewissen. Denn Agelin, ach, Agelin war so ganz etwas anderes, als man gemeinhin unter einer Freundin verstand.
Wie kindlich dieses Mädchengesicht sein konnte, es rundete sich förmlich in einem fiesen Erstaunen.
„Warum bist du denn dann — nicht sofort-zu uns
gekommen. Ludi?" fragte sie.
Er zögerte eine Weile mit der Antwort, dann meinte er, sie ernst anblickend: „Kann es keine anderen Gründe geben?"
Auch sie wartete kurze Zeit mit ihrer Entgegnung, erwiderte dann:
„Ich wüßte keine, außer — du möchtest uns nicht leiden. Und das wäre doch Unsinn?"
„Natürlich, das ist Unsinn", bestätigte er, „nur — ich habe soviel mit dir zu besprechen, Lydia, und es ist schwer, die richtigen Worte-"
Sie siel unbekümmert in seine Rede em: „Ich weiß, ich weiß, das hat alles noch Zeit. Erst bist du jetzt einmal da und es ist Frühling und die Sonne strahlt wie im Sommer. Ich freue mich ja so — — eigentlich haben wir uns immer ein wenig liebgehabt, nicht wahr, Ludi, schon als Kinder. Man benachteiligte dich so leicht und ich trat dann als kuragierles, kleines Mädchen, heißend und kratzbürstig wie ich nun einmal war, für dich ein. Hinterher beschenktest du mich fürstlich. Mit Heften, Bildern und Bändern. Gott mochte wissen, wo du das alles immer herholtest."
Es machte ihn weich, daß sie sich so erinnerte und gleichsam jede Szene ausgeschrieben zu haben schien. Dieses Mädchen würde ihn doch nicht etwa lieben? Das würde seine Aussprache seine Verhandlung mit ihr ganz erheblich erschweren. Ein Schatten legte sich auf sein Gesicht. Sie sah es sofort.
tFortletzung folgt'