Freitag den 28. September 1941

Der Enztäler

99. Jahrgang Nr. 226

vi

Ms öen Nachbargauen

Mainz. (ZuchthauI , Darmstadk

, . . für ehrvergessene Frau.)

Das Sondergericht Darmstadk hatte sich auf seiner Mainzer Tagung mit dem schamlosen Verhalten der 21 Jahre alten Margarete Heß aus Elsheim (Kr. Bingen) zu befassen. Die Angeklagte, von Natur aus leicht veranlagt und moralisch haltlos, ließ sich mit einem bei Nachbarslenten arbeitenden polnischen Kriegsgefangenen mehrmals ein. Zu ihrer Ent­schuldigung gab sie an, der Pole sei gefällig gewesen, er habe deutsch gesprochen und ihr erklärt, daß seine Marter eine Deutsche gewesen sei und er auch nicht gegen die Deutschen gekämpft hätte. Außerdem habe er ihr ein Heiratsversvre- chen gegeben. Die leichtgläubige Angeklagte vergaß ihr Deutschtum und ihre frauliche Würde und tra: mit dem Kriegsgefangenen in intimen Verkehr, Das Londergericht verurteilte sie zu einer Strafe von einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus, außerdem zu zwei Fahren Ehrverlust Mainz. (B e t r ü g e r ei e n mit v o r g e t ä u s ch t e n Auto Unfällen.) Der bereits 14mal vorb.strafte, jetzt 31 Jahre alte Kurt Sommer aus Braunschweig hatte sich vor der Strafkammer Mainz wegen verschiedener Betrügereien zu verantworten. Er gab sich als Ferutransportunterneh- mer aus und täuschte Autouufälle vor. Tie dadurch von Versicherungsgesellschaften erworbenen Unterlagen benutzte er zu seinen Betrügereien. In Autoreparaturwerkstätten er­zählte er von seinen angeblichen Autouinällen, erteilte Ab- schlepp- und Reparaturausträge und erschwindelte sich bei dieser Gelegenheit Darlehen in Höhe von 2v bis 170 Mark. Quittungen unterschrieb er mit falschem Namen. In Mainz konnte er dank der Aufmerksamkeit einer Angestellten ver­haftet werden. Der Angeklagte, der unter anderem auch eine Kassette mit Geldinhalt gestohlen und sich bei einer Braun- sihweiger Familie einen Autobus-Unisormmantel erschwin­delte, wurde als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher zu vier ähren Zuchlhaus und 4M Mark Geldstrafe verurteilt.

Seine Ge ihm herum

eine 27 jährige Frau aus Düffeldorf, zog mit

lieber die Herkunft seinerEinkünfte" war sie een. Mit Rücksicht auf ihre mindere Verantwor- sie wegen Hehlerei mit fünf Monaten Gefängnis

tung kam davon.

Darmstabt. (Lehrling vermißt.) Seit dem 1. Sep­tember wird der Buchbinderlehrling Heinrich Wiener, gebo­ren am 1. Juli 1927 in Reinheim i. O zuletzt wohnhaft in Darmstadt, vermißt. Wiemer befindet sich vermutlich in Be­gleitung eines gewissen Anthes aus Groß-Gerau,

Bingen. (Acht Schinken von einem Schwein.) In Manig hatte ein entlassener Arbeiter einen WcmSergs- besitzor bei der Gendarmerie angezeigt, er habe schwarzge­schlachtet. Eine Haussuchung brachte auch acht Schinken zum Vorschein, die an sich recht verdächtig erschienen, denn wie war der gute Mann zu acht Schinken gekommen? Aber schon bald sollte sich diese Frage klären. Der Bezirksbau-'wnsüh- rer und der Obermeister der zuständigen Metzgerinnung unterzogen den Fund einer sachverständigen Prüfung, wobei sie festsiellten, daß sämtliche acht Schinken von einem Schwein herrührten. Und zwar hatte der Weinberasbesitzer im Frühjahr ein Schwein von 5 Zentner schlachten lassen, dessen Hlnterschinken so massig ausfieleu. daß aus ied.m von ihnen je drei Schinken geschnitten worden waren. Mit den acht Schinken und dem einen Schwein hatte cs also durchaus seine Ordnung.

Fürth. (Schußwaffe in Kinderhand.) Die Schuß­waffe in unbefugter Hand hat schon oft großes Unheit ge­bracht und forderte nun auch in unserem Ort ein junges Menschenleben. Zwei Jungen hantierten mit einem Revol­ver, der scharf geladen war. Plötzlich löste sich ein Schuß und drang dem 15 jährigen Bernhard Roth von hier in den Unterleib. Trotz sofortiger ärztlicher Behandlung ist der Junge an den Folgen der schweren Schußverletzung ver­storben.

Schluß ö«r Straßburger Ausstellung

Straßburg. Nach einem beispiellosen Erfolg schloß die große Straßburger AusstellungMutsche Wirtschaftskraft Aufbau am Oberrhein", die am 29. August eröffnet wurde, ihre Pforten. An dir 400 000 Volksgenossen aus allen Gauen des Großdeutschru Reiches, unterrichteten sich durch eigene Anschauung von der Kraft, aber auch von dem Aufbauwilleu der deutschen Wirtschaft, die mitten im Kriege in überzeugen­der Weise ihr Können und Leistungsvermögen dokumentierte. Darüber hinaus brachte dis Ausstellung aber auch wieder den Namen der alten deutschen Reichsstadt am Oberrhein voll zum Klingen. Straßburg legte mit dieser gewaltigen Schau symbolhaft die Grundlage für seine zukünftige Stellung nicht nur in der Südwestecke des Reiches, sondern in der Welt schlechthin.

Neues aus aller Welt

** Pech eines Gänseöiebes. In einer der letzten Nächte wurde einem Bewohner der Lrtichaft Mittel-Itter (Rhein­land) aus einem eingsfriedigteii Grundstück eine Gans ge­stohlen, Der Täter hinterließ am Tatort seine Visitenkarte, da er die Kartoffelkarte verlor, die seinen Namen trug. Die Ermittlung war daher ziemlich schnell vollzogen. Gs han­delt sich um einen 44jcchrigen Mann, der mit den örtlichen Verhältnissen vertraut war. Der Dieb hatte die von ihm getötete Gans seinem Vermieter zur Aufbewahrung überge­hen. Das Tier wurde hinter dem Spiegel persteckt ausgefun- den.

** Radfahrer rast in Schaufenster. Auf der Fahrt durch die abschüssige Karl-Leverkus-Straße in Wermelskirchen löste sich Plötzlich die Kette des Fahrrades eines igiährigen Radfahrers. Dadurch verlor der Junge die Gewalt über das Rad und fuhr in sausender Fahrt in das Schaufenster eines Haushaltungswarerigeschäftes. Der Radfahrer, erlitt schwere Verletzungen, auch ein großer Tttl der ausgestellten Glaswaren wurde zertrümmert,

** Mutter und Kind im Tode vereint. Die neunjährige Maria Taferner von Zeltschach bei Neumarkt (Bayern) - wurde beim Spielen in einem Sägewerk von der Transmis­sion erfaßt. Das Kind erlitt einen tödlichen Schädelbruch. In­folge der Aufregung darüber starb die Mutter zwei Tage darauf an Herzschlag.

** Neun Brüder bei der Wehrmacht. Die neun Brüder der Familie des Schriftleiters Dr. Hanna in Altötting ha­ben bis heute zusammen 26 Jahre mit der Waffe dem Va­terland gedient. Im Weltkrieg 1914/18 standen vier Brüder im Felde, gegenwärtig leisten seit Kriegsbeginn wieder fünf Brüder Dienst an allen Fronten.

** Zwei Kühe zerreißen eine Ziege. Als ein 11 jähriger Hüterbub in Neuburg a, D. zwei Kühe und eine an dm Kü­hen mittels Strickes befestigte Ziege von der Weide heim­wärts trieb, wie er dies schon seit längerer Zeit tat. wurden die Kühe Plötzlich wild und rannten dem Dorf Bergen zu. Die Ziege, die das Tempo nicht lange mithalten konnte, brach zusammen lind wurde von den dahmstürmenden Kuben mit- gezcrrt, bis ihr schließlich der Kopf vom Rumpf aerissen war,

** Fast 8üvaa Mark für eine Briefmarke. Vor kurzem fand in Berlin eine Zwangsversteigerung seltener Briefmar­ken statt. Das Glanzstück war die rote Mauritius Nr. 1 von 1847, von der auf der ganzen Welt nur elf, meist nicht erst­klassige Stücke bekannt sind. Der Taxwert dieser Seltenheit bei der Berliner Auktion betrug I5 000 Mark, der erzielte Preis lag aber fast doppelt so hoch. Der neue Besitzer der sel­tenen Marke ist ein Berliner Vrivatiammler.

Mit dem gestohlenen Auto verunglückt. Im Or Steil Konzerbrück der Gemeinde Können (Mosel) geriet ein Per­sonenauto, das in schneller Fahrt daherkam. in einer Kurve ins Schleudern und rannte schließlich gegen einen Prellstein, wo es wegen der Beschädigung nicht wcitersahren konnte. Der Kraftfahrer entstieg dem Wagen und rannte unerkannt davon. Es stellte sich heraus, daß er unterwegs, als eine Po­lizeistreife ihn auhalten wollte, in rasender Fahrt davonge­fahren war. Die Polizei nahm die Verfolgung auf, konnte den Flüchtling aber nicht erwischen. Der Unbekannte hatte das Auto in Saarbrücken gestohlen.

-- DerUnterstand" in der Sandgrube Zwei Knaben verschüttet. An der Alten Poststraße in Siegburg spielten zwei Knaben in einer zurzeit snlliegmücn kleinen Sand­grube. Sie hatten sich einen Unterstand gebaut. der plötzlich einstürzle und die beiden Kinder unter sich begrub. In der Nähe weilende Personen eilten schnell herbei, aber alle Wie- derb.-lebungSversuche waren vergeblich. Der Tod war bereits durch Ersticken ei»getreten. ' .

Srltiamcr Unfall. Von einem seltsamen Uniall wur­den zwei Radfahrerinnen betroffen, als sie aus der Strecke von Aprath nach Wülfrath fuhren. Bein, Vorbeimhren an einem großen Werk löste sich plötzlich von einem Schornstein ein schwerer eiserner Ring und-slürzte aus großer Höhe Nie­der. Er traf eine der Radfahrerinnen im Rücken schwer. Die Frau blieb bewußtlos liegen und mußte dem Krankenhaus zugesührt werden, wo eine schwere Gehirnerschütterung und mehrere Nippenbrnche scstgestellt wurden. Die zweite wurde nur leichter verletzt. .. ^

Bon einem wütenden Bullen getötet. In der Nahe von Bamenohl (Sieg) wurde ein Manu, der über die Weide ging, von einem wütenden Bulle» angefallen und dabei so schwer verletzt, daß er kurz darauf im Krankenhaus verstarb.

»» Bei Napoli ons Gefangennahme rnit dabei gewesen. Der älteste Veteran des Niederbergischeu Landes, der die Feldzüge 186g und ltz70/71 mttgemacht hat. der Landwirt August Karrenberg, beging seinen 95. Geburtstag. Abgese­hen von einigen Alterserschelnungen erfreut sich Auguit Karrenberg noch guter Gesundheit. Beim Genuß eines Pfeifchens erinnert sich der Ältvcteran gerne seiner Erleb­

nisse' m den beiden Feldzügen, und mit besonderem Stolz erzählt er von der Schlacht bei Sedan, die mit der Gefangen­nahme des französischen Kaisers Napoleon III. den Krieg entschied. Karrenberg war Zeuge dieses historischen Er- eianiffes.

»» Die Kopfhaut abgerissen. Ein eigenartiger Unfall er­eignete sich in Gladenbach beim Grummetabladen. Eine Frau, die zur Fallsucht neigt, befand sich auf dem Heuboden und nahm das Grummet ab. Plötzlich stürzte sie kopfüber ab, schlug mit der Stirn auf den Wagen, die langen Haare verfingen sich am Wagen und rissen die gesamte Kopfhaut von der Stirn bis zum Hinterkopf ab. Ein Arzt nähte die gesamte Kopfhaut wieder an. Nach neun Tagen war die Kopfhaut vollständig wieder angeheilt.

** Leiche in der Trettachrinne aufacfunöen. Beim Abstieg vom Trettachgiv-A (Allgäu) durch oie Hochtrettach wurde vor einigen Tagen von einem Oberstdorfer an der Nordseite der Schwarzen Milz in der Trettachrinne eine Leiche ge­sichtet. Als eine Bergungsgruvpe an den Fundort kam, war die Leiche Mmgeschwemmt und unter ein großes Schncefeld geraten. Infolge der Unzugänglichkeit des Geländes ist eine Bergung der Leiche bis auf weiteres ausgeschlossen. Nach Lage der Umstände und des Fundortes dürfte es sich um den seit dem 26. August 1940 vermißten Professor Malier auS Mannheim handeln.

«» 4 g Stunden hilflos in Bergnot. Ein Münckiener Ehe­paar, das bermsteigerisch ausgerüstet und erfahren war, kam im Aufstieg über das RauheckKreuzeck zum Märzle ans dem Wege zur Kemptener Hütte infolge ungünstiger Ver­hältnisse in eine schwierige Situation. Das Ehepaar ver­suchte wieder umzukehren, fand aber den Weg nicht mehr, verirrte sich und mußte zwei Tage und zwei Nächte am Berg ausharren. Beider Hilferufe wurden nicht gehört. Mit Auf­bietung ihrer letzten Kräfte konnten sie schließlich den Rück­weg antreten und kamen in völlig erschöpftem Zustand ins Trauchbachtn!.

** Großfeucr bei römischer Filmgesellschaft. In den An­lagen der Filmgesellschaft Scalera in Rom brach ein Groß­feuer aus, das Montagehallen. Aufnahmeapparaturen und zahlreiche Filme vernichtete.

Italienische Universität durch Feuer zerstört. Durch einen heftigen Brand wurde in der Nacht das Gebäude der theologischen Universität bei Catanzaro in der Provinz Ka­labrien fast vollkommen zerstört. Der Schadcn wird ans 6 Millionen Lire geschätzt. ^

** Ueberfall durch eine Riesenkrake. Ein aufregendes Abenteuer hatte kürzlich ein Taucher zu bestehen, der in der Nähe von Tarragona das Wrack eines gesunkenen Fisch­dampfers untersuchte. Er wurde plötzlich durch einen ge­waltigen Oktopus, eine achtarmige Riesenkrake, angefalleii. der seine Schlangen gleichenden Arme mit großer Lotigkeit um den Mann schlang. Das Tier hatte eine Größe von nahezu 2 Metern, und hätte der Taucher in letzter Sekunde nicht noch verzweifelte Hilferufe nach oben signalisieren kön­nen. wäre er bei dieser Begegnung mit dem Ungeheuer nicht mit dem Leben davongekommen. Man zog den Taucher aus seine Notsignale hin sofort an die Oberfläche und brachte mir dem Bewußtlosen zusammen das riesige Tier nach oben, das sich mit allen acht Armen fest an sein Opfer geklammert hatte.

^ Heftiges Erdbeben in Anatolien. Die Istanbuler Erd­bebenwarte hat um Mitternacht ein starkes Erdbeben in 740 Kilometer Entfernung von Jstanbu' berzeichner, dessen Mit­telpunkt sich vermutlich im östlichen Anatolien befindet.

** Zwei Schwestern überwältige» einen Einbrecher. Ein gefährlicher Verbrecher, der nächtlicherweile in ein ansehn­liches Haus in Pakrac (Serbien) cindrang, sah sich in seiner Hoffnung aus reiche Beute schwer getäuscht. Er batte aus- gekuudschafret. daß augenblicklich nur die beiden Schwestern Justa und Berta mit ihren weiblichen Angestellten im Hause weilten. Für alle Fälle nahm der Einbrecher außer dem geladenen Revolver noch einen Schlagring mit. Vor­sichtig erkletterte er den Balkon und schwang sich durch ein offenstehenües Fenster in ein Zimmer. Die im Nebenzimmer schlafenden Schwestern erivachien; sie lugten durch einen Türspalt, und als sic den Einbrecher gewahrten, stürzten sich Justa und Berta unvermittelt auf den Schurken. Ehe dieser üch zur Wehr setzen konnte, hatten ihn Mädchensäuste nieder­geschlagen. Auf dem Boden liegend begann er zu feuern, doch kniete sich ungeachtet der Schüsse eine der Schwestern ihm aus die Brust und die andere entwand ihm geschickt die Waffe. In dieser keineswegs angenehmen Umklammerung mußte er so lang« verweilen, bis auf die Rufe der Mädchen Nachbarn herbeieilten, worauf mit vereinten Kräften der Einbrecher gefesselt wurde.

** Lokomotive rast auf Expreßzug. Eine schwere Güter­zugslokomotive stieß, wie Aßociated Preß meldet, in voller Fahrt mit dem Western-Pacific-Expreßzua 40 Meilen von San Francisco entfernt zusammen. Drei Eisenbahnange­stellte wurden getötet, zehn andere Personen erlitten Ver­letzungen.

Ilrheberrechtsschutz Noman-Verlag A. Schwingenstein, München

69. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Endlich war cs soweit. Aber als er von der Klinik heim- kommend, seine Wohnung bettat, stutzte er. Im Wohnzimmer saß eine Frau mit vollständig weißem Haar. Er kannte sie auf den ersten Augenblick gar nicht gleich, weil das Licht von den hohen Fenstern ein wenig blendete. Erst als sie auf- stand und die Arme nach ihm streckte, warf er mit cinem Schwung seinen Hut in die Ecke und taumelte in diese gebrei­teten Anne hinein.

Mutter ..."

Zwischen weinen und lachen, stammelte er immer wieder dieses eine:

Daß du jetzt zu mir kommst, Mutter, das vergesse ich dir nie."

Immer wieder streichelte er über ihren weißen Scheitel. Aber weiß bist du geworden, Mutter."

Bin ja auch nicht mehr jung", lächelte sie. Er aber dachte: meine Schuld. Jawohl, ich bin schuld. Ich habe ihr soviel Kummer bereitet. Aber er war entschlossen, alles tausendfach, wiedergutzumachm. Und schon sprudelte aus ihm heraus:

Nun wird es schön werden, Mutter. Du bleibst bei mir. Sieh, es ist keine Frau im Haus, die nach dein Rechten sieht. Ich inuß mich nur auf die Dienstboten verlassen. Und du sollst es schön haben bei mir, Mutter. Gleich morgen iverdr ich dir die Stadt zeigen."

Frau Rodenstock aber schüttelte den Kopf.

Das geht nicht, Albert. Ich muß heute noch zurück. Und du mußt mit"

» »Ja, aber-" *

ch »Kein aber, Albert. Du mußt helfen. Du warst meine

einzige- Hoffnung noch und ich habe mich nicht halten lassen, obwohl Heinrich und der Vater cs nicht wollten."

Aber warum, was ist denn los?"

Mariele, unseres Heinrichs^ Älteste ist schwer erkrankt. Der Arzt hat schon jede Hoffnung aufgegeben. Ich bitte dich, Albert, versuch doch du es. Ich kann nicht glauben, daß sie sterben soll. Heinrich hängt sehr an ihr, wir alle."

Za, dann komm", sagte Albert und blätterte schon im Fahrplan. Dann schüttelte er den Kopf.Es ist kciue Aussicht, mit dem Zug vor morgen mittag nach Kirchzell zu kommen. Wir fahren rnit dem Auto die Nacht durch, dann sind wir spätestens um vicr Uhr früh in Kirchzell. Du brauchst tvirklich keine Angst zu habe», Mutter-."

Und so fuhr Rodenstock anstatt nach Italien nach Kirchzell in seine Heimat.

Tage des Harrens und Bangcns. Der Tod schlich ständig um das Schrcincrhaus. Nur Albert Rodenstock glaubte nicht daran, daß er dieses junge, blühende Leben abberufcn könnte. Er hatte das Letzte versucht und wich nun keinen Augenblick von: Bett der Kleinen.

Endlich hatte er Gewißheit, daß sein operativer Eingriff von Erfolg gekrönt war. Otach drei weiteren Tagen war schon eine merkliche Besserung im Zustand der Kleinen cingettcten und »uu lächelte sie schon zu dem großen Onkel Doktor auf, der sich so rührend um sie bemühte.

Dann ivar cs so weit, daß Albert Rodenstock vor seinen Bruder .Heinrich hintteten und sagen konnte:

Nun ivird sie leben, .Heinrich. Ich bin glücklich, daß ich dir diesen Dienst erweisen konnte."

Statt aller Antwort umklammerte Heinrich des Bruders .Hände. Er sagte dann nur ganz schlicht:

Irene hast du mir einst genommen, aber dafür hast du mir dieses Leben meines Kindes wieder geschenkt. Ich glaube, das ist mehr."

Auch Vater Rodrnstock war längst ausgesöhnt. Er hielt es ihm zivar noch ein paarmal vor, daß er sich einmal seines Vaters geschämt habe, aber das war schon mehr im Spaß ge­sagt. Er freute sich schon auf den ersten Abend, an dem er

den berühmten Sohn in den Gesellschaftöabend mitnehmen konnte. Lange wollte Albert nichts davon wissen. Aber schließ­lich tat er es dem Vater zuliebe.

Bevor sie die Gaststube betraten, zupfte Meister Rodenstock seinen großen Sohn am Rockärmel.

Du, Albert, tu mir den einen Gefallen und verspott mir den Ruland nicht. Das war doch immer dein Steckenpferd."

Nein, Vater du kannst beruhigt sein."

Albert Rodenstock war ein ernster und reifer Mensch gewor­den. Herr Ruland begrüßte ihn mit einem tiefest Bückling und auch die andern Herren wollten nicht zurückstehen. Uno jedesmal wenn sich Albert Rodenstock vor jemand leicht ver­beugte, verbeugte sich auch der Schreinermeister Rodenstock. So schr war seine Seele mit Stolz erfüllt.

Nur einer war sich gleich geblieben. Der alte Oberförster. Der tat gleich Prost mit dem Chirurgen und nannte ihn du.

Weißt du das noch, und das, und jenes?" fragte er schnell durcheinander und jede Frage begleitete er mit einem dröhnenden Lachen.

O ja, Albert wußte allcs noch. Er hatte nichts vergessen und dachte lächelnd an die tollen Tage seiner Jugend.

Und so blieb Albert Rodcnstock vier Wochen in der Heimat. ivar Ende des Sommers, als er zurückfuhr in die Stadt, in den Kreis seiner Pflichten. Er mußte aber allen versprechen, nun öfters zu kommen, zumindestens, daß er seinen Urlaub alljährlich in Kirchzell bei den Eltern verlebte.

Albert versprach cs von Herzen gerne, war er doch selber froh, daß ihm das Elternhairs nicht mehr verschlossen war.

Als Albert Rodcnstock in die Stadt zurück kam, fand er einen Haufen Post auf seinem Schreibtisch liegend vor. Größ­tenteils waren es Dankschreiben von Patienten, Geschäftssch rei­be» und dergleichen. Ein Brief aber war auch darunter, der nach, Flieder duftete. Ein Brief ohne Absender und auch der Post­stempel war nicht recht leserlich. Albert kannte diese Schrift nicht und wog den Brief eine Weile in der .Hand bis er ihn aufschmtt. .

.Schluß folgt.)