Montag den 12. Mat 194!
99. Jahrgang Nr. 109
Der Caztäler
Der italienische Wehrmachtsbericht
rille Zykladen-Znseln beseht. — Der Angriff aus britischen Alokkenverband im westlichen Mktelmeer.
Rom, 11. Mai. Der Italienische Mehrmachksberichk hat folgenden Wortlaut: »
»Da^ Hauptquartier der Wehrmacht gibt bekannt.- Unsere Bombereinhelten haben einen feindlichen Alokkenver- band im westlichen Mittel meer wiederholt ange griffen; zwei Kreuzer wurden schwer getroffen, ein seind ches Flugzeug wurde ab"-" "m.
Während eines Angriffs von Flugzeugen des deutscher Fliegerkorps auf Malta wurde ein Wasserflugzeug von Muster Sunderland in Brand geschossen.
Eines unserer Flugzeuge, das während der im Wehr machtsbericht vom Freitag erwähnten See. und Luftschlach als abgeschossen gemeldet wurde, ist wieder aufgefunder Korden.
In Rordafrika geht die Aktion der ilalieuisch-öeut schen Einheiten im Gebiet von Solluw erfolgreich weiter.
Im Aegäi schen Meer haben wir auf den Inselr Kea. Seriphos, Syrob und Mykonos Abteilungen gelande und so die Besetzung der Zykladen Gruppe vervollständigt
In Ostasrika bemerkenswerte Arkillerietätigkeit in Abschnitt von Alagi; von den anderen Abschnitten nichtr von Belang.
Feindliche Flugzeuge haben einen Angriff gegen der Flugplatz von Catania durchgesührt; einiger Suaden, einig« Opfer."
Der Angriff auf einen Gsleitzug
Ueber den im italienisch«» Wehrmachtsbericht vom 9. Mai gemeldeten Angriff auf es»e» aus vier großen Dainp- fer» bestehenden stark gesicherten Geleitzug im östlichen Mittelmeer meldet ein Sonderberichterstatter der Stefan! ans Rhodos Einzelheiten. Der Angriff wurde von italienischen Torpedoflugzeugen durchgesührt. Es wurden ein 7000-Ton- nen-Kreuzer und zwei Dampfer von 20 000 bzw. 10000 BRT. schwer getroffen. Sowohl der Kreuzer als auch dis Dampfer blieben mit Schlagseite liegen und sind wahrscheinlich als verloren zu betrachten.
Brauchüsch bei ThermopyLenkämpserri
Von Kriegsberichter Kurt Ne her.
DNB. (PK.). Ein leuchtend blaues Meer, am Ufer sich auflösend zu milchweißer Brandung, die wuchtig auf den schmalen Sandstreifen aufschlägt; dahinter Berge, scheinbar zum Greifen nahe und doch viele Kilometer entfernt; Agaven, mannshohe Kakteen, niedrige Bäume voll mit gelben Zitronenfrüchten, Zypressen und Eukalyptus, darüber ein strahlend blauer Himmel, durch den ein steifer West einzelne Wolken fegt. Das ist der Ruheplatz eines Panzerregimsnts, das im vergangenen Feldzuge im Verlaufe von 30 Marsch- und Kampftagen 2100 km zurücklsgte. Noch niemals in der modernen Kriegsgeschichte hat eins Truppe eine solche Lei- stuiic, vollbracht. Ueber 14 steile Gebirgspässe kletterten die mächtigen Panzertslosss hinauf und hinunter. Staunend blickt die Welt auf die Leistung dieser Männer, dis nur zu erklären ist durch den Wert des deutsche» Soldaten und die Unüber- trefflichkeit des Materials, das ihm dis Heimat anvertraute.
Jetzt liegt diese Kompanie, die am 24. April auf historischem Boden am Thermopylenpaß gegen überlegene englische Kräfte den Weg freimachte nach dem Peloponnes und auf die Hauptstadt Griechenlands, am Golf von Korinth und gönnt sich einige Tage Ruhe, eine Ruhe allerdings, so wie sie der Soldat versteht. Wenn einstmals die erste Sorge des Kämpfers seinem Pferd galt, so kümmern sich diese modernen Ritter des Schlachtfeldes heute um die Motoren, Pan- zertürme, Raupen und Bolzen, von deren Funktionieren der Erfolg eines jeden Einsatzes abhängt. Man sieht es den Männern nicht an, daß me größte Leistung der Kriegsgeschichte hinter ihnen liegt. Gesund, braungebrannt, mit leuchtenden Augen, sind sie am Strand d«s Golfes von Korinth angetreten zum Besuch des Oberbefehlshabers des Heeres, Eeneralfeldmarschalt von Brauchitsch, der sich auf einer Be- lichtiaunasfakrt durch Griechenland befindet. Auf den schwar
zen und grauen Uniformen sieh! man bei vielen Panzerschützen das neue Band des Eisernen Kreuzes neben manchen verblichenen der Kameraden aus dem Feldzug in Polen, Flandern und Frankreich. Si> sind stolz auf den heutigen Besuch des Generatfsldmarschalls. Sie wissen, daß kein Soldat der Welt sich mit ihnen messen kann und erhalten das auch durch den Mund ihres Oberbefehlshabers bestätigt.
Nachdem der Generalstldmarschall zusammen mit General Stumme und Generalmajor Fehn die Front der Kompanien abgeschritten hat, richtete er das Wort an die tapferen Männer, die, am weiteste» nach Süden oorgedrungen, dem Engländer Schlag auf Schlag versetzten, wie sie es seit bald zwei Jahren in vielen Gefechten gewohnt sind. Die Worte des Oberbefehlshabers sind soldatisch knapp, aber doch erfüllt von anerkennender Dankbarkeit. Jeder einzelne nimmt sie tief in sich auf. „Ihr habt der Geschichte des deutschen Heeres ein neues Ruhmesblatt hinzugefügt ustd habt bewie- sen, daß eine Panzerdivision auch unter schwierigsten Gelände- Verhältnissen seden Gegner zu schlagen imstande ist. Ihr habt den Thermopylenpaß genommen und damit gezeigt, daß nichts Euren Angriffsgeist hemmen kann."
Die Panzerschützen, wie sie dastehen, Offizier und Mann, den Blick auf den Oberbefehlshaber gerichtet, haben das Gefühl, als seien diese Worte für jeden einzelnen von ihnen bestimmt. Als der Generalfeldmarschall sich von ihnen verabschiedet mit den Worten: „Ich bin überzeugt, daß Ihr mit der gleichen EinsatzfreudigMr, demselben Glauben, der gleichen Tapferkeit und selbstlosen Hingabe wie bisher kämpfen werdet, wenn der Befehl es verlangt", da klingt ihm aus Hunderten von Kehlen das „Auf Wiedersehen, Herr General- feldmarschall", entgegen, wi« ein Gruß an die ferne Heimat und ein Versprechen, auf das Deutschland sein ganzes Vertrauen bauen darf.
„Deutsches Theater Lille" eröffnet.
DNB. Brüssel. Der Bereich des Militärbefehlshabers Belgien und Nordfrantreich und in engerem Sinns Lille hatte bei der ersten Wiederkehr des Jahrestages des Feld- zuges lm Westen ein hervorragendes kulturpolitifches Ereig- nis zu verzeichnen. In dem imposanten ehemaligen Öwern- Haus dieser Stadt wurde das „Deutsche Theater Lille" mit der Festaufführung von Goethes „Egmont" feierlich eröffnet. — Die Bedeutung dieses Tages wurde durch ein Geleit- wort des Rsichsministers für Bolksaufklärung und Propaganda Dr. Goebbels unterstrichen. Reichsdramaturg Mini- steriatdirigent Dr. Schlösser brachte zur Eröffnung deZ Deut- schen Theaters die Grüße der Heimat und insbesondere der deutschen Künstlsrschaft an dis Wehrmacht und das nach Lille verpflichtete Ensemble.
Gefecht zwischen Indern und Briten.
Kabul. 11. Mai. Nach einer Meldung des anglo-indi» schen Blattes „Cicil and Military Gazette" kam es Ende April bei Rasmak zu einem Gefecht zwischen einer motorisierten britischen Kolonne und indischen Freiheitskämpfern. Auf englischer Seite wurden ein Offizier und sieben Soldaten verwundet. Auch die Inder hatten Verluste. Weiter verzeichnet? das Blatt eine Meldung, wonach bei Zusammenstößen der englischen Polizei mit indischen Demonstranten in MIram-Schacha ein Inder von den Engländern erschossen wurde.
Burma-Straße für Kriegsmaterial unbenutzbar.
DNB. Washington, 11. Mai. „Washimton Evening Star" bringt einen Bericht seines Korrespondenten Gunnison, der die von den Japanern in letzter Zeit mehrfach bombardierte Burma-Straße befahren hat und interessante Angaben über das Ausmaß der angerichteten Zerstörungen macht. Die Straße befinde sich in einem io schlechten Zustand, sagt der amerikanische Berichterstatter, daß es unmöglich sei, Kriegsmaterial nach China zu transportieren. Die Hoffnungen auf Wiederherstellung seien fast aussichtslos. Tausende von Ar. beitern seien für Reparaturen erforderlich. Da die einfachsten Vorsichtsmaßnahmen außer acht gelassen und die Wagen überladen würden, lägen jetzt Hunderte amerikanischer Lastzüge im Straßengraben.
Weltanschauung gegen Geloanschauung
Baldur v. Schirach vor den Buchhändlern.
DNB Leipzig, 11. Mai. Die zweite Kriegs-Kaniate- Tagung der deutschen Buchhändler fand ihren festlichen Höhepunkt In einer Kundgebung des deutschen Buchhandels in dem im Blumenschmuck prangende» Neuen Theater zu Leipzig, die durch eine Ansprache des Reichsleiters Baldur von Schwach besondere Bedeutung erhielt.
„In Deutschland," so sagte er u. a.. „erhebt sich das Ge- nium der Menschheit gegen ein ödes, unerträgliches Händ- lertum. An dieser großen Mobilisierung des Geistes, in der die Weltanschauung gegen die Geldanschauung gesetzt wird, ist jeder deutsche Mensch, jeder Soldat, jeder Junge, jeder Arbeiter, jeder Bauer, jede Hausfrau bewußt oder unbewußt beteiligt."
Zum Schluß seiner Ausführungen richtete der Reichsleiter einen Appell an die Buchhändler, den jungen unbekannten Autor zu verlegen, denn es sei mehr Ehre für einen Verleger, einen jungen Dichter beim ersten Aufsitzen aufs Pferd den Steigbügel gehalten zu haben, als einem ollen zum 150. Tausend das 160. hinzuzufügen.
„Sind die Engländer noch nicht wieder in Frankreich gelandet?"
Barcelona, 12. Mai. Der Korrespondent der Zeitung „Diario de Barcelona", Penella, berichtet ausführlich über seine Eindrücke in Griechenland, das er vor einigen Tagen bereiste Beim Besuch eines Gefangenenlagers wurde Penella von d«i gefangenen neuseeländischen Offizieren gefragt, ob denn dir englische Nachricht wirklich nicht zutreffe, daß die Engländer bereits wieder auf französischem Boden kämpften. Der spanische Korrespondent schreibt hierzu, es sei ihm als ein starkes Stück erschienen, daß diese Männer glaubten, die Engländer seien in Frankreich gelandet und durcheilten schon Europa, um sie befreien zu können. Man braucht dieser London« Verdummungslattit, mit der die Neuseeländer und Australier in den KLmpt gehetzt wurden, nichts hinzuzufügen.
Neues aus aller Welt
** Ein lebensstarkes Geschlecht. Zeugen eines lebensstarken, gesunden Geschlechtes sind die vier Geschwister Löffler in Velden (Bayern), die im Alter von 74 bis 84 Lebensjahren stehen und dabei noch recht rüstig sind und ihrer täglichen Arbeit nachgehen können. Die vier Geschwister — zwei Männer und zwei Frauen — haben daS bcackstliche Ge< samtalter von zusammen 820 Jahren.
** Tödlicher Skiunfall. Der tüchtige Nachwuchssportler Heinz Pflaum in Landshut war vor kurzem im Bayerischen Wald beim Skifahren schwer verunglückt. An den Folgen des Unfalls ist der noch nicht 18-Jährige nunmehr gestorben
** Mit dem Fahrrad in die Kiesgrube gestürzt. In einer Kiesgrube in der Nähe von Gelting bei Wolsratshausen wurde der 64 jähriger Arbeiter Matthias Eisner aus Kal- tcnstein im Bayer. Wald kot aufgefundcn. Eisner ist anscheinend auf der nächtlichen Heimkehr mit seinem Fahrrad vom Weg aogekommen und In die Grube gestürzt.
** Heiratsschwindler verurteilt. Vor der Essener S:ra:- kammer hatte sich ein gewissenloser Heiratsschwindler der 80 Jahre alte Joseph Dabrowski der einer Essener Hausangestellten den größten Teil ihrer Ersparnisse in Höbe von 8100 Mark abgenommen hat. zn verantworten. Ueber zwei Jahre lang wartete das Mädchen auf die Heirai mit diesem mehrfach vorbestraften Burschen der in dieser ganzen Zeit ausschließlich von den Geldern lebte die ihm die vertrau ns- selige Hausangestellte immer wieder aushändiate. Das Gericht bemaß die Strafe auf zwei Jahre sechs Monate Zncku- haus.
** Das eigene Anwesen angezündet. Die Grobe Snaf- kammer beim Landgericht Kemvten erkannte gegen die Angeklagte Josefa Eichele wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrugs auf l'/r Jahre" Zuchthaus und IlM Mark Geldstrafe. Die Frau hatte einen Heustock angezündet und dadurch das Anwesen ihres Mannes bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Sie hatte die Tat begannen, um mit der zu erwartenden Versicherungssumme einen Neubau auszufühlen.
Gefängnis für Beleidigung der Tochter. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit verhandelte das Amtsgericht in Solingen-OhligS den nicht alltäglichen Fall, daß sich ein Barer gegenüber seiner I6iährigen Tochter eine Beleidigung zuschulden kommen ließ. Der Angeklagte wurde zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat verurteilt.
joli rin uv v«» Ui'ttllon
üaman von ülarlv lomas
Urheberrechtsschuh Roman-Verlag A. Schwingenstein, München
12. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Wie erstarrt blickte er in die gewaltig aufstrebenden Flammen. Scheu beobachteten ihn die Neugierigen. Doch nichts verriet in dem unbewegten Gesichte, was in der Seele Fenins vorging. Langsam verließ er den Drandplatz.
Betäubt, unfähig zu denken, wanderte Ulrich Fenin durch die Straßen der Stadt. Plötzlich fiel die Benommenheit von ihm ab. Er hatte unbewußt einen Namen gesprochene „HendrichS." Mit diesem Worte war der Bann gebrochen. Energisch schritt er zum Hause seines ersten Chemikers. Neue Hoffnung kam über Ulrich. Vielleicht, sicher, hatte HendrichS die Aufzeichnungen aus dem Laboratorium gerettet. Jetzt stand er dem Chemiker gegenüber „Zier sind sie", sagte der einfach und wies auf ein Bündel Papiere, das auf einem Tische lag.
„Danke", sprach Ulrich und die beiden Männer reichten sich die Hände. Erschöpft setzten sie sich. Die Aufregung der letzten Stunden lag schwer auf ihnen.
„Wie geschah es?" fragte Ulrich.
„Ich war in Ihrem Laboratorium, wollte noch einmal genau die Vorschriften für die Probe durchsetzen. Die Arbeiter hatten die Fabrik schon verlassen. Nur der Aufseher Kozak ging im Hofe umher. Ganz zufällig fiel mir der Mann auf. Ich öffnete nämlich das Fenster, um die kühle Abendluft einzulassen, da be- meerkte ich ihn. Er rauchte seine Pfeife. Als ich ins -Zimmer zurücktreten wollte, gewahrte ich. daß er die Nichtung nach den Magazinen zu nahm. Unwillkürlich erinnerte ich mich, daß man mir erzählt hatte, der
Mann hole öfters heimlich Benzin für seinen Sohn, der Chauffeur ist. Ich sah nochmals hinaus, denn die brennende Pfeife beunruhigte mich, doch Kozak war schon beim Ausgange des Hofes. Eine halbe Stunde später hörte ich den Knall, sah die Flammen aufsteigen. Ich zog sogleich die Alarmglocke, raffte unsere Papiere zusammen, entnahm dem großen Kassenschrank die Bündel und eilte hinaus.
Schon war die Feuerwache der Fabrik an der Arbeit. Auch aus der Stadt kainen die ersten Löschwagen. Doch die Flammen griffen mit unheimlicher Schnelligkeit um sich, denn das Benzin brannte und ein Behälter nach dem anderen explodierte. Meine Anwesenheit auf der Unglücksstslle war zwecklos und ich brachte die Sachen in Sicherheit."
Schweigen folgte dieser Darstellung. Endlich sprach Fenin „Selbstentzündung oder Unvorsichtigkeit." Energisch erhob sich Ulrich. „Das Kostbarste haben Sie gerettet. ich werde es Ihnen nicht vergessen. Morgen besichtigen wir gemeinsam die Brandstätte. Wir werden von neuem beginnen inüssen. HendrichS I"
Zeitlich früh schon erschienen Ulrich Fenin und sein erster Cheiniker auf dein Brandplatze. Noch war der Zutritt für jedermann gesperrt. Denn Nauch. kleine Flämmchen stiegen hier und dort aus dem Schutte empor. Es war ein niederschmetternder Anblick, der sich den Blicken der beiden Männern bot. Nichts, gar nichts war erhalten geblieben von dem großen Gewerke. Nur verbogene Eisenschienen ließen den Platz erkennen, aus dem die weiten Hallen gestanden. Wortlos wandten sich Fenin und HendrichS von der Lrüm- merstätte ab. Doch in Ulrichs Seele fand Hoffnungslosigkeit kein Heim. Mochte auch alles verloren scheinen, ihm blieb die gesunde Kraft und der eiserne Wille zum Wiederaufbau. Des deutschen Mannes Fleiß und festes Wollen würden ein neues Werk erstehen lassen, tzend- richs schien Ulrichs Gedanken zu erraten, denn unver- mitteli sagte er: „Wir werden d->nnoch Sieger bleiben I"
Johanne war zum ersten Maie amgestaiwen. Willst und schwach fühlte sie sich noch, aber es war jene Mai- tigke'' die beginnende Genesung, volle Gesundheit verhieß. Und Johanne war frohbewegt. Heute sollte ein Brief Ulrichs kommen, sie würde ihn selbst dem Boten abnehmen. Ganz nahe der Gartemüre setzte sie sich nieder. Gestern mußte die große Probe stattgefunden haben. Ulrich hatte ihr versprochen, sofort von dem Verlaufe des wichtigen Unternehmens Mitteilung zu machen und Johanne zweifelte keinen Auaenblick eine glückliche Nachricht zu erhalten.
Der Briefträger trat ein. Mit einem höflichen Glückwunsch kür die junge Mutter überreichte er ihr die Post. Hastig las Johanne die Anschriften. Ungeduldig sah sie die Umschläge noch einmal durch. Sie konnte Ulis Brief nicht finden. Er hatte nicht geschrieben! Hane wohl vergessen, keine Zeit gefunden. Traurig legie die junge Frau die Post beiseite. So sehnlich hatte sie gewartet. sich mit ihrem Manne freuen zu dürfen!
D: ka« plötzlich Angst über sie. Am Ende war der Versuch mißlungen und Ulrich wollte ihr die Erregung übe: diese Mitteilung ersparen. Unruhig wändenen ihre Gedanken immer wieder zu ihrem Gatten. Um sich gewaltsam zu zwingen, an anderes zu denken nahm sie die Briefe neuerlich zur Hand. Ein Schreiben ihrer Mutterl Das halte sie gar nicht bemerkt. Wie dick der Brief der alten Dame diesmal war> Johanne öffnete den Umschlag. „Mein armes Kindl Dieses entsetzliche Unglück muß dich jetzt treffen, wo du erst genießen solltest. Es war grauenhaft ..." Fieberhaft las Johanne. nur einzelne Worte, kurze Sätze erfaßte sie.
die Flammen bis zum Himmel ... alles vernichtet ... Ulrich zum Bettler geworden ... Du wirst ein armseliges Leben führen ... ich bin so unglücklich ... doch Du wolltest ja diesen Emporkömmling heiraten ..." Johanne warf den Brief von sich. „Schwester" rief sie heiser, „holen Sie mir dis Zeitungen der letzten Tage, schnell, schnell!"
(Fortsetzung folgt.)