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Pfennigstücke» in Nickel, 22 oder 27 mm groß, vorgesehen.

Berlin 24.März. Wie bekannt, ist au» Anlaß de« ersten Moltke- Hardenprozesse» ein Strafverfahren gegen Harden und den Justiz­rat Bernstein wegen Beleidigung des Fürsten Philipp zu Eulenburg eingeleitet worden. In de« in dieser Affäre eröffnten Ermittlungs­verfahren finden zurzeit eingehende Vernehmungen statt. Es handelt stch um die Feststellung des Wortlauts einiger Aeußerungen, die Harden und sein Verteidiger während der öffentlichen Gericht». »«Handlung im Okt. v. I. Über die sittliche Qualität des Fürsten zu Eulenburg getan haben soll. Durch diese Worte fühlt stch der Fürst be­leidigt. Es find hierüber schon mehrere Personen vernommen worden, u. a. auch der Vorsitzende jener öffentlichen Gerichtsverhandlung, Amts- gerichtrrat vr. Kern und die ihm betgeordneten Heiden Schöffen. Dem Vernehmen nach sollen die Bekundungen dieser Herren nichts Positives ergeben haben. Gestern ist nun auch der Gerichtr- berichterstatter der Berliner Presse vernommen «orden, und da auch er aus der Erinnerung beweiskräftige Angaben nicht machen konnte, sollen nunmehr auch noch mehrere andere Journalisten, bieder Verhandlung als Berichterstatter anwohnten, vernommen werden. Auch der Stenograph soll ermittelt und vorgeladen werden, der die Ver- Handlung im Austrag einer Zeitung stenographisch ausgenommen hat.

Berlin 24. März. Wie derB. Z." gemeldet wird, erwartet man in Abgeordneten­kreisen, daß der Abgeordnete Gröber heute eine Erklärung abgeben wird, in der er dem Bedauern Ausdruck verleiht, seine beleidigende Aeußerung «tan zu haben. Es stehe allerdings noch nicht fest, ob diese Erklärung zu Beginn oder am Schluß der Sitzung erfolgen wird.

Berlin 24. März. DieGermania" berichtet wieder als einziges Berliner Blatt über die gestrige Reichstags.Sitzung. Das Zen- trums-Organ leitet die Besprechung der Debatte «ie folgt ein. Eine Debatte über die auswärtige Politik wurde bei Gelegenheit der Beratung des Etat« des auswärtigen Amtes im Reichstage er­öffnet. Reichskanzler Fürst Bülow, sowie der Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherr von Schön, wohnten den Verhandlungen bei, ergriffen aber nicht das Wort. Ob darin eine zarte Rücksichtnahme auf den Streik der Journalisten-Tribüne zu erblicken ist oder ob andere Gründe diese« Schweigen veranlaßt haben, «ollen wir dahingestellt sein lassen. Jedenfalls hat der Reichstag au» dem Journalistenstreik keinen Anlaß genommen, die Erörterung über die auswärtige Politik deswegen hinaus zu schieben. Außer den Abgeordneten Freiherr von Hertling und Baffermann sprachen noch Graf Kanitz, Bebel» Wiemer und Skarzynrki. Um 6 Uhr wurde die Beratung aus heute 1 Uhr vertagt. Zu der von

der Germania gestern Abend angekündigten Ge- schäftsordnungsdebatte über den Journalistenstreik ist es also nicht gekommen.

Appenzell 22. März. Zu bisherigen interessanten Funden in der Höhle beim Wild- kirchli haben sich neuere hinzugesellt. Daß der Höhlenbär Hauptbewohner der Höhle war, beweist ein Fund im Hintergrund der oberen Höhle; man fand dort massenhafte Uebsrreste diese» Tieres. Ganz neu aber find die Funde von Ueberreken des prähistorischen Höhlenlöwen und Höhlenpanthers. Diese Funde überraschen deshalb, weil da» Wild- kirchli sehr hoch liegt, die genannten Tierreste bisher aber nur höchstens bis zu 700 m Höhe gefunden wurden. Auch Knochen des Alpenwolfes wurden gefunden, der heute noch im Amurgebiet de« nordöstlichen Asten» vorkommt. Die seit 1895 vom Konservator Bächler in St. Gallen zutage geförderten zahlreichen Funde werden im natur- historischen Museum in St. Gallen ausbswahrt.

Paris 24. März. Die Erregung Über die Verhaftung de« Diretorr der Credit- bank Minier erfaßt weite Kreise, sowohl in Paris als auch in den zahlreiche» Provinzstädten, wo sich die Zweigniederlassungen der Bank befanden. In allen Zweiggeschäften ziehen die Personen, welche dort Geld deponiert hatten, ihre Einlagen zurück. Man spricht schon von über 100 Millionen, welche der Direktor Röchelte veruntreut haben soll. Röchelte ist 30 Jahre alt und verheiratet.

Paris 24. März. DerMatin« gibt 150 Millionen als Ziffer de» Nominal- Wertes der Papiere der verhafteten Röchelte an. Röchelte bezahlte glänzende Dividende, sodaß die Zierde der Pariser Börse ihr eigenes Geld bei seinen Unternehmungen plazierte. Bei der Gründung des Lrväits Ninisr war noch Therese Humbert mittätig, die den vom Bahnhofr-Schank- burschen zum Bankier aufgerückten Röchelte als nachahmenswertes Beispiel bezeichnet?.

Rom 24. März. Mehrere Hofwürdenträger haben sich nach Venedig begeben, um dort die tttzte Hand an die Vorbereitungen zu legen zum Empfange Kaiser Wilhelms, der am Freitag in Venedig eintrifft. Die Monarchen-Zusammen« kunft wird einen ausgesprochen offiziellen Cha­rakter tragen. Beim Frühstück im Palast werden Trtnksprüche gewechselt werden. König Viktor Emanuel teilte Kaiser Wilhelm mit, er sei glücklich, ihn im Palast zu begrüßen. König Viktor Emanuel wird nach den neuesten Dis­positionen zwei Tage in Venedig verbleiben.

Venedig 24. März. Die anläßlich de» Kaiserbesuches stattfindenden Empfangsfeierlich­keiten dürsten überaus glänzend werden. Die alten Prtrizier-Geschlechter beschlossen, ein Fest zu veranstalten, welche» die alten Glanztaten Venedig» im Bilde verherrlichen soll. Bei An­kunft des deutschen Kaisers wird eine große An­zahl prächtiger Staatrgondeln den Monarchen durch den großen Kanal bi» zum Schloß geleiten.

PstasrenenlShmilg md KWiche«-vkg.

Vortrog, gebalten von Wanderlehrer Forstass, Hartwann, imHirsch« in Unterreichenbach.

(Leitsätze.)

1) Der Stallmist wird und muß stets der Hauptdünger bleiben, insofern er bei der Diehaltung als wertvolles Nebenprodukt gewonnen wird, das unter allen Umständen so nutzbringend, wie möglich, verwendet werden muß.

2) Der Kunstdünger will den Stallmist nicht verdrängen, sondern nur das Fehlende ersetzen.

3) Im Stallmist find alle Nährstoffe enthalten. Man muß daher auch im Kunstdünger alle Nähr­stoffe reichen, Pho?phorsäme, Kali, Stickstoff.

4) Thomasmehl enthält Phosphorsäure (und Kalk), ebenso Superphosphat. Ehilisalpeter u. schwefel­saures Ammoniak enthalten nur Stickstoff, Kainit und 40°/° Kalisalz enthalten nur Kali. Die ge­nannten find die billigsten Düngerstoffe.

5) Einseitige Düngung ist ein großer Fehler, denn sie ist nutzlos, ja sogar schädlich.

6) Besonders zu merken ist, daß Stickstoff­dünger (Ehilisalpeter) besonders auf die Quantität, Kali auf die Qualität wirkt.

7) Der Düngerbedarf eines GrundstüiK wird am zuverlässigsten durch den praktischen Versuch unter sachverständiger Leitung festgestellt.

8) Erfahrungsgemäß fehlt es allen Böden, bes. in Wirtschaften, wo Kunstdünger noch nicht verwendet wurde, an allen 3 Nährstoffen.

9) Beim Ankauf ist Vorsicht geböte». Der Käufer mvtz genau wissen, was er für einen Nähr­stoff in dem zu kaufenden Dünger erhält. Waggon­weiser Bezug.

10) Firmen: a) für Thomasmehl re.: Die Mitglieder derThomasphosphatfabr. inBerlin, Peiner Walzwerke. Peine,

Maximilianshütte. Rosenberg (Pfalz),

b) für Kainit rc.:

Kalisyndikat Staßfurt, Leopoldshall, c) für Ehilisalpeter rc.:

Delegation der vereinigten Salpeterproduzenten,

Charlottenburg;

letztere treibt selbst keinen Handel mit Stickstoffdünger, besorgt jedoch Aufträge und gibt in allen Fälle« Auskunft.

11) Zu wählende Düngermenge für Aecker in normalem Kulturzustand:

/ Thomasmehl pro Morgen 2'/«5 Ztr.,

^ ( Superphosphat 2-4

b ( Kainit 2'/-5

° i 40°/° Kalisalz 1-2

c. Chilisalpeter 23

12) Oft müssen die Düngergaben noch höher sein, um sich zu rentieren. Nicht der Preis der Dünger, sondern der Reinertrag ist maßgebend.

13) Zeit der Ausstreu: Kainit und Kalisatz möglichst frühzeitig, ebenso Thomasmehl; Lhilisal- peter in 3 Raten, ebenso Svpcrphosphat und schwe­felsaures Ammoniak.

Vermischtes.

Postausträge nach dem Ausland. Zu solchen ist seit dem 1. Okt. v. I. ein neues, aus zwei

mich sehr gefreut?! Nein, so ist der alte Beiert nicht. Das mag modern sein ich bin von der alten Schule. Wenn er Ihnen recht ist, bleiben Sie. Nur eine Bedingung: Wenn der verdammte Bengel heimkommt» «it seinen Raupen im Kopf und Rosinen im Sack Sie halten es mit »ir und nicht mit ihm, verstanden?«

. . Aber Herr Beiert!«

Ich meine dar nicht so, sondern so. Also auf gutes Einvernehmen.«

Ich schlug ein.

Im Nu wurde er ganz Geschäftsmann, und wir ordneten die materielle Seite der Seche. Ich selbst verstehe von Geschäften absolut gar nichts, er mußte mir den ziemlich hohen Gehalt ordentlich auforängen.

Dann kam die Wohnungsfrage, und als er meine Hilflosigkeit sah, erbarmte er sich meiner und berichtete, daß da»frühere Fräulein" bei seinem verheirateten Retoucheur ein schöner, großes Zimmer innegehabt habe. Nur da» wollte er mir nicht verschweigen mit dem Zimmer habe es einen Haken.

Welchen? Ja, es hieße nur die blaue Stube, ich könne ja einmal darin Probe schlafen, dann würde ich schon sehen.

Tor genügte r alürlich, um mich erst recht für die blaue Stube einzu- nehmen, ich machte es wie Hänschen, der das Gruseln lernen wcllre, und erklärte meine Bereitwilligkeit, in dem märchenhaften Raume einen Versuch zu machen.

Kommen Tie nur mit,« sagte Herr Beiert,wir wollen den Mann iei seiner Arbeit überraschen, den muß man in seinem Milieu sehen» um ihn würdigen zu können.«

Wieder ging's durch Flure, über Stiegen und Galerien, und wir betraten ein lichtes Gemach, von dem penetranten Geruch verschiedener

Säuren erfüllt. Dort saß Herr Michael Kornhas ich nenne Dir gleich seinen Namen, er konnte nicht anders heißen ein echter Michel Kornhas! Sehr unzufrieden über die Störung, wandte er sich unwillig um.

Ne, Herr Beiert, wie oft Hab' ich Ihnen schon gesagt .... nicht stören nicht erschrecken ... nu ist er mir wieder aurgerutscht und Frau von Tolling zankt. Sie wissen ja, wie schwer die zu befriedigen ist rein alles muß man ihr wegnehmen«.

Er schob die Brille auf die Stirn und musterte mich wie ein böser, kleiner, verwöhnter Hund.

Habe ich noch nicht gehabt," sagte er bissig,keine Kopie mir vor Augen gekommen."

Er machte eine entlassende Handbewegung ich biß mir die Lippen wund und gab mir olle Mühe, dem kleinen drolligen Wüterich nicht ins Gesicht zu lachen. Mein neuer Chef tätschelte ihm die Schulter.

Lassen Sie dm Pinsel nur ruhig ausrutschen, ich bringe Ihnen eine Mieterin für die blaue Stube, mein lieber Kornhas unsere neu» Empfangsdame."

Für die blaue", stotterte Michael Kornhas und schob die Brille noch höher bis an die Haarwurzeln.So so freut mich sehr na, da sollte ich wohl meine Frau aber es ist noch nicht zwölf.«

Ich beurlaube Sie", nickte Herr Beiert ihm freundlich zu.

Kornhas verschwand, um in Straßentoilette zurückzukehren. Wie er ha stand, war er der Typus eines biederen Bürgers, eines deutschen Familien­vaters mit dem ruhigen Eelbstbewnß'sein des Mannes, der sich sein Brot verdient und den Gelddurst der Vermögenden nicht kennt. Ich beobachtete ihn unv bin überzeugt, daß er jeden Tag zu derselben Zeit mit derselben Handbewegung seinen Hut vom Nagel nimmt. (Fortsetzung folgt.)