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einem Reingewinn von 219 Kronen. — Die dem Liederkranz Bregenz seinerzeit gestohlenen Sänger- vokale find wieder beigebracht worden. Der Täter wurde verhaftet.
Bruchsal 14. Febr. Es gehört wohl zu den Seltenheiten, daß ein Stadtrat in corpore in Anklagezustand versetzt wird. Das ist dieser Tage hier vorgekommen. In der „Köln. Ztg." ist zu lesen: Da» Amtsgericht hat auf besondere Veranlassung des Ministeriums de« Innern und nach Antrag der Staatsanwaltschaft gegen sämtliche Mitglieder des Stadtrats, sowie gegen den Mannheimer Stadtbaurat Uhl mann und besten Bauführer da» Hauptverfahren vor dem hiesigen Schöffengericht eröffnet, da sie hin- reichend verdächtig erschienen, daß sie den Schlacht. Hof in Angriff nahmen und bis zum Rohbau fertig stellen ließen, ohne dazu die Gewerbe- und polizeiliche Genehmigung erhalten zu haben.
München 17. Febr. In furchtbarer Weise hat ein Irrsinniger in der psychiatrischen Klinik gegen sich selbst gewütet. Ein Friseur war infolge von Brandwunden, die er bei einer Spiritus-Explosion erlitt, wahnsinnig geworden. In der psychiatrischen Klinik, wohin er gebracht wurde, biß er sich während eines Tobsuchtanfalles drei Finger ab.
Frankfurt a. M. 17. Febr. Heute Vormittag verhaftete die Kriminalpolizei drei Anarchisten, darunter den Schneider Emil Busch, der nach seiner Rede in der Arbeitslosen- Versammlung verhaftet, aber wieder entlasten worden war, und zwei Ausländer.
Berlin 17. Febr. Der Kaiser wird vor Antritt seiner Mittelmeerfahrt der Insel Helgoland einen Besuch abstatten» um die Ufer- Befestigungen, die in letzter Zeit an der Nord- westfeite der Insel in Angriff genommen werden und rüstig fortschreiten, zu besichtigen.
Berlin 17. Febr. (Reichstag.) Die Beratung deS PostetatS wird fortgesetzt. Abg. Wiedeberg (Ztr.) konstatiert mit Genugtuung, daß die Arbeitszeit der Telegraphenarbeiter in den letzten Jahren eine Verkürzung erfahren habe. Mit der Zeit müsse es aber dahin kommen, daß ihre Arbeitszeit im Maximum eine 9stü»dige sei. Auch die Lohnverhältniffe müßten gleichmäßiger geregelt und höher sein. Die gelernten Arbeiter müßten höher gelohnt werden als die ungelernten. Weiter müßten die Zehrgeldzuschläge (für Arbeiten auf entfernteren Strecken) erhöht werden, ebenso die Sonn- tagSlöhne. Ueber die Erfahrungen mit den Arbeiter- ausschüffcn möge der Staatssekretär dem Hause eine Denkschrift vorlegen. Daraus,daß seine bayrischen Parteigenossen auf der bayrischen Postmarke beständen, sei ihnen kein Vorwurf zu machen. Der Fall Schellenberg sei nicht mit dem Falle Grandinger zu vergleichen. Pfarrer Grandinger dagegen sei durch seine Amtspflicht als Geistlicher verpflichtet.
bei der Erziehung des Volkes im Sinne der Arche zu wirken. Diese Pflicht habe er verletzt. Abg. Eichhorn (soz) bemerkt, die künstliche Entrüstung deS Staatssekretärs über die Aeußerungen des Abg. Singer wegen Verletzung des Briefgeheimnisses sei überflüssig gewesen. Solche Dinge seien vorgekommen. Redner kommt dann nochmals auf den Fall des Briefträgers Schalski, der wegen sozial- demokratischerStimmabgabe entlassen resp. pensioniert worden sei, zurück und auf den Fall Schellenberg. Die Art, wie der Staatssekretär in einer seiner Bemerkungen über den Fall Schellenberg eine ganze große Partei als mit einem Makel behaftet, hin- gestellt habe, sei eine Unverschämtheit. (Unmhe rechts.) Graf Stolberg ruft den Redner erregt zur Ordnung. Redner schließt, es sei bedauerlich, daß der Staatssekretär hier so kurzsichtige und partei- gehässige Aeußerungen getan habe. Der Redner erhält einen zweiten Ordnungsruf Staatssekretär Krätke weist nochmals den Vorwurf zurück, als ob durch Postbeamte das Briefgeheimnis verletzt werde. Man solle ihm doch Namen nennen. Abg. Camp (Rp.) weist ebenfalls die Beschuldigung wegen Verletzung des Briefgeheimnisses zurück. Zur Personalreform sich wendend, bittet Redner den Staatssekretär, das System der gehobenen Stellen für Unterbeamte noch weiter auszubauen und auch auf die Postämter 2. und 3. Klasse zu erstrecken. Der Verwendung von Frauen im Postdienst seien viel zu enge Grenze gezogen. Der Resolution auf Verbilligung des Ortsportos könne er nicht beipfltchten schon aus finanziellen Rücksichten. Aus dem gleichen Grunde halte er die geplante Reform der Fernsprechgebühren für berechtigt. Der Landmann'schen Anregung, Einkilo-Pakete zu niedrigem Portosatz zu befördern, bitte er nicht Folge zu geben. Was das Pettüonsrecht der Beamten anlange, so werde doch dieses nicht verkürzt, wenn der Staatssekretär stets bereit sei, Beamte zu empfangen und ihre Wünsche zu hören. Ein Koalitionsrecht in dem Umfange, wie eS die Arbeiter hätten, könnte den Beamten auch nicht zuerkannt werden, am allerwenigsten den Verkehrsbeamten. Seine Freunde hätten jedenfalls zum Staatssekretär das Vertrauen, daß er die Disziplin aufrecht zu erhalten bestrebt sein werde. Abg. Hug (Ztr.) tritt für Postscheckverkehr ein und wünscht bessere Briefpost- und Pakeipost-Verbindungen zwischen Nord- und Süddeutschland, speziell im Verkehr Berlin-Bodensee. Abg. Dr. Böhme (w. Vg.) dankt dem Staatssekretär für die Einrichtung der Arbeiter-Ausschüsse und bringt im Einzelnen eine Reihe von Wünschen vor. Abg. von Oertzen (Rp.) befürwortet eine Petition von Militäran- wärtern auf weitere Anrechnung ihrer Dienstzeit. Abg. Duffner (Ztr.) bittet, auch bet Gastwirten Markenverkaufsstellen einzurichten. Der Redner fordert weiter Portovergünstigung für die Versendung von Schriften für Blinde. Abg. Lehmann- Wiesbaden (Soz.) geht nochmals auf den Fall Schellenberg ein. Seine Freunde würden das Gehalt des Staatssekretärs ablehnen. Hierauf schließt die Debatte. Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, deren Sitzenbleiben mit Heiterkeit ausgenommen wird, wird der Gehaltstitel Staatssekretär genehmigt. Die Abstimmung über die Resolutionen wird bis zur dritten Lesung aufgeschoben. Eine
Reihe weiterer Titel wird genehmigt. Abg. Erzberger (Ztr.) tritt dann nochmals für die Wünsche der Postdirektoren ein und nimmt diejenigen, die im Vorjahre eine Audienz nachgesucht und sich dann an einzelne Abgeordnete gewendet hätten, gegen den Vorwurf illoyaler Handlung in Schutz. Staatssekretär K rätke erklärt, meine Austastung über das Vorgehen der Herren die bei mir die Audienz nachsuchten und sich gleichzeitig an Abgeordnete wandten, bleibt dieselbe wie bisher. Nach unwesentlicher weiterer Aussprache beim Titel Postdirektoren erfolgt Vertagung. Morgen 1 Uhr Fortsetzung.
Berlin 17. Febr. Im Zirkus Busch trat heute Mittag der Bund der Landwirte zu seiner diesjährigen Generalversammlung zusammen. Ueber 8000 Landwirte aus allen Teilen des Reiches nahmen an der Versammlung teil. Pünktlich um 1V- Uhr eröffnete der 2. Bundervorsitzende vr. Rösicke - Kaiserslautern die Versammlung. Dann führte er aus: Die wichtigste Frage des gegen, wärtigen Zeitpunkts ist ohne Zweifel die Blockpolitik. Der Bund der Landwirts hat sich von vornherein der Blockpolitik des Fürsten Bülow gegenüber nicht ablehnend verhalten. Er hat bisher auch keinen Anlaß gehabt, seinen Standpunkt zu ändern. Anders steht die Sache in Bezug auf die Wirtschaftrfragen. Hier wird es schwer sein, die Linke zu aktiver Betätigung heranzuziehen in einer Weise, wie wir diese Politik auffassen. Wir müssen auf der Hut sein, daß wir von unserem Wege nicht abgedrängt werden und wir hoffen, daß auch Fürst Bülow sich nicht abdrängen lassen wird von der Bahn der traditionellen Wirtschaftspolitik. Hierauf nahm der erste Bundervorsitzende Freiherr v. Wangenheimdas Wort und führte aus: Große Ereignisse hat das Jahr uns nicht gebracht. Wir stehen wirtschaftrpolitisch auf demselben Standpunkt wie im vorigen Jahre. Wir sind gern bereit, mitzuarbeiten an einer RZchs- sinanzrcform, wir protestieren aber gegen eine Flickarbeit, die schon im nächsten Jahre das gleiche klägliche Resultat ergeben würde. Wir verlangen eine planmäßige organische Reform. Dann ergriff Dr. Dietrich Hahn das Wort zur Erstattung des Geschäftsberichtes, an welchen er einige politische Betrachtungen knüpfte. Nachdem Arendt-Stuttgart eine Resolution beantragt hatte» welche die Blockpolitik billigt, soweit die bisherigen Wirtschaft», politischen Ziele nicht beiseite gedrängt würden, nahm, von tosendem Beifall begrüßt, der frühere Landwirtschaftsminister PodbielSki das Wort, der u. a. ausführte: Der Bund hat eine gesunde Wirtschaftspolitik vertreten und er hat auch manches erreicht. Er hat erreicht, daß da» Streben, da» um die Mitte des vorigen Jahrhunderts allein der Förderung von Handel und Industrie galt, nun auch der Landwirtschaft zugewendet wurde. Wir dürfen uns dem nicht verschließen, daß der Kampf ums Dasein heute rücksichtsloser geführt wird als je. Da sind es gerade die Landwirte, die es wissen, daß nur stete Arbeit Lohn und
„Keinen, Herr Doktor, gar keinen! Ich sage es voll Stolz, ich hatte gar kein Interesse an der Sache. Ich handle durchaus nur aus Pflicht- gefühl zum allgemeinen Besten. Ich zweifle zum Beispiel nicht, daß die Leute von Fernworthy mich heute abend in etsixis verbrennen werden. Al« sie'« da» letztem«! taten, sagte ich der Polizei, sie müßte derartige anstößige Austritte verhindern. Die Grafschaftspolizei ist in einem skanda- lösen Zustande, Herr Doktor, und hat mir nicht den Schutz gewährt, auf den ich Anspruch habe. Der Prozeß Frankland gegen Reginam wird die Sache vor die Oeffentlichkeit bringen. Ich sagte ihnen, e» würde ihnen schon noch mal leid tun, mich so behandelt zu haben, und meine Worte haben sich denn auch bereit« bewahrheitet I"
„Wieso?"
Der alle Mann machte ein sehr geheimnisvolle» Gesicht und flüsterte:
„Weil ich ihnen wa» sagen könnte, wonach sie sich die Beine abge. laufen haben; aber nichts soll mich dazu bringen, diesen Schuften in irgend einer Weise beizustehen."
Ich hatte bereit» nach einem Vorwand gesucht, um mich seinem Geschwätz zu entziehen; die letzten Worte erregten jedoch in mir den Wunsch, mehr zu hören. Ich hatte von dem Widerspruchsgeist des alten Sünders genug gehört» um zu begreifen, daß er seine Herzensergüsse sofort einstellen würde, wenn ich mich irgendwie neugierig zeigte. Ich sagte daher mit möglichst gleichgültiger Miene:
„Jedenfalls handelt sich'» um irgend 'ne Wilddieberei."
„Haha, mein Junge! Nein um etwas viel, viel Wichtigeres! Wa« meinen Sie wohl? Es betrifft den Sträfling auf dem Moor!"
Ich fuhr in die Höhe und rief:
„Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß Sie wissen» wo der Mann ist?"
„Ich weiß vielleicht nicht ganz genau wo er ist, aber ich bin vollkommen sicher, daß ich der Polizei helfm könnte, ihn festzunehmen! Ist e«
Ihnen niemals eingefallen, daß es kein bessere» Mittel gibt, den Mann zu fangen, ol» indem man ausfindig macht, von wem er seine Nahrungsmittel erhält? Man braucht nur die Spur zu verfolgen und man hat ihn!"
Der alte Herr schien in der Tat in sehr unbequemer Weise dicht bei der Wahrheit zu sein.
„Ohne Zweifel haben Sie recht," antwortete ich, „aber wie wissen Sie überhaupt, daß er irgendwo auf dem Moor ist?"
„Das weiß ich, weil ich mit eigenen Augen, den Boten gesehen habe der ihm sein Essen bringt."
Ich bekam Angst um Barrymore. Er war keine Kleinigkeit, in der Gewalt diese» boshaften alten Krakehlers zu sein. Aber als er weiter sprach, fiel mir ein Stein vom Herzen."
„Es wird Sie überraschen, wenn ich Ihnen sage, daß sein Essen ihm von einem Knaben gebracht wird. Ich sehe ihn jeden Tag durch mein Fernrohr, das oben auf meinem Dache steht. Er geht immer um dieselbe Stunde denselben Weg entlang, und zu wem sollte er gehen als zu dem Sträfling?"
Da« war allerdings wirklich Glück! Doch trotz meiner inneren Freude unterdrückte ich jede, Anzeichen von Neugier. Ein Knabe! Barrymore hatte gesagt, unser Unbekannter würde von einem Knaben bedient. Auf dessen Spur und nicht auf die des Sträfling, war Frankland geraten I Wenn ich ihn dazu bringen konnte, mir alle« zu sagen, was er wußte, so ersparte mir dar vielleicht eine lange und mühsame Jagd. Aber da« beste Mittel, um diesen Zweck zu erreichen, waren offenbar zur Schau getragene
Ungläubigkeit und Gleichgültigkeit. ^ ^ .
„Meiner Meinung nach dürfte es wahrscheinlicher sein, daß des Junge der Schn irgend eine» Moorschäfer« ist und seinem Vater dar Mittagessen bringt."
(Fortsetzung folgt.)