Indien wartet

Monsun und Hungersnot

Ter Regengott hat in diesem Jahre nur spärlich seine Gaben gespendet, und der be­sonders von der indischen Landbevölkerung stets mit großer Sehnsucht erwartete Monsun hat diesmal recht schwach eingesetzt. Die nor­malerweise von Mitte Juni bis Ende Sep­tember andauernden Regenfälle sind von un­geheurer Bedeutung für die ländliche Be­völkerung. Wenn sie in ihrer normalen Hef­tigkeit auftreten. verwandeln sie das von der indischen Tropensonne ansgedörrte Land ge­radezu über Nacht in paradiesisches Grün. Man sagt hier spaßhalber. daß, wenn man während solchen Monsnnregens einen Spa­zierstock in die Erde stecke, er am nächsten Morgen grüne Sprossen treibe. Dies ist zwar nicht ganz wörtlich zu nehmen, aber die plötz­liche Umstellung in der Natur geht mit einer überraschenden Geschwindigkeit vor sich. Wir, die wir in der Stadt leben, machen meistens nur mit der unangenehmen Seite des Mon­suns Bekanntschaft. Wenn am Morgen die IPilze aus den Schuhen schießen, alle Kleider feinen schimmeligen Geruch annehmen und die Zigarre oder die Zigarette nicht mehr brennt, -weil man aus ihr das Wasser herausdrücken muß, wenn wir uns den ganzen Tag über feucht und klamm fühlen und eine stickige, feuchte Atmosphäre sich uns auf die Lungen legt, dann wissen wir, daß der Monsun ein- getroffen ist. Allerdings finden wir einen Ausgleich in dem herrlichen Aufblühen der Natur und in der unbeschreiblichen Schönheit, besonders, wenn die sinkende Sonne den Abendhimmel mit seinen phantastischen Wol­lengebilden mit feinen Pastellfarben malt, die /der Pinsel eines Künstlers wiederzugeben Jaum imstande ist.

Wenn der Monsun eintritt, dann atmet der Landmann nach den heißen und trockenen Monaten, während welcher die Tropensonne seine Felder verbrannt hat, wieder erleichtert »Uf. Die Ernte schießt in die Höhe, die trocke­nen Brunnen füllen sich wieder mit Wasser, und das bis aus die Knochen abgemagerte Vieh nimmt sichtbar rundliche Formen an. Wenn der Monsun aber so spärlich ist wie in diesem Jahre, dann besteht eine schwere Ge­fahr für die Ernte, dann beginnt das große Wiehsterben und die Bauernflucht aus den ge­fährdeten Gebieten, dann droht die Hungers­not. Schon jetzt treffen aus den verschiedensten Teilen Indiens beunruhigende Nachrichten ein, aus Sind, Jodhpur, Travancore. aus Gujerat und Bhopal sowie aus den nördlichen Teilen Zentralindiens. In den Kathiawar- Staaten sind bereits an 40 000 Rinder ein- aegangen, und das tägliche Viehsterben beträgt dort nicht weniger als etwa 2000 Stück. Die Regierungen von Jndore und Jodhpur haben /bereits die Landtaxen und die staatlichen Forderungen an die ländliche Bevölkerung aufgehoben, um deren Lasten etwas zu erleich­tern. Sie haben ferner die Ausfuhr von Ge­treide aller Art, Baumwollsaat und Futter­mitteln in andere Staaten oder Provinzen verboten. In Hissar ist bereits die junge Saat infolge Ausbleibens des Monsuns vertrocknet. Aus dem ländlichen Distrikt von Nagpur wird berichtet, daß eine fünfköpfige Familie Selbst­mord begangen habe, weil sie drei Tage lang nichts zu essen hatte. Die Dorfbewohner hun­gern, da sie weder Lebensmittel noch Geld be­sitzen, Massengebete um Regen werden in allen betroffenen Landesteilen veranstaltet, und es ist zu verstehen, daß die abergläubische und ungebildete Landbevölkerung in ihrer Ver­

zweiflung manchmal zu verhängnisvollen Maßnahmen, wie Menschenopfer für den Regengott, Zuflucht nimmt. Noch sind sechs Wochen der offiziellen Monsun-Zeit übrig, hoffen wir, daß der Regengott sich der armen geplagten Landbevölkerung gnädig erweisen möge. Zwar versuchen die offiziellen Stellen in den betroffenen Gebieten mit allen Mit­teln die Ausbreitung von Hungersnöten in größerem Maßstabe zu verhindern, und der Kongreß, der sich seinerzeit so heiß für die Nöte der Bolschewisten in Spanien und der hungernden Bevölkerung in China eingesetzt hat und noch einsetzt, hätte hier die beste Ge­legenheit. sich zu betätigen, statt sich mit weniger wichtigen Problemen herumzuschla­gen. Es ist auch schon häufig genug aus in­dischen Kreisen darauf hingeweisen worden, daß Wohltätigkeit zu Hause beginnt.

Aus »em Gerichtssaal

AllsgMM bis auf den Zopf

Der 30jährige Friedrich Treiber aus Möh­ringen a. F. und seine 27jährige Ehefrau Else wurden von der Strafkammer des Land­gerichts Stuttgart wegen eines Verbrechens der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Körperverletzung so­wie wegen erschwerter Unterschlagung je zu zehn Monaten Gefängnis und zu drei Jahren Ehrverlust verurteilt. Die beiden veranlaßten ein leicht schwachsinniges Mädchen, das meh­rere Jahre lang als Hausgehilfin in einem Stuttgarter Krankenhaus beschäftigt war. unter dem Vorgeben, für sie sorgen zu wollen, ihre bisherige Stellung anfzugeben, Fabrik­arbeiterin zu werden und als Untermieterin zu ihnen in die Wohnung zu ziehen. In der Zeit von fünfzig Tagen hatten sie dem Mäd­chen sämtliche Ersparnisse in Höhe von 465 Mark abgenommen und zum größten Teil für sich verbraucht. Bezeichnend für ihre Habgier

Goethe und die Frauen. Im Jahre 1801 hatte Franz Krims, der treue Mitarbeiter Goethes in Theaterdingen, ein scherzhaftes Rundschreiben an die Junggesellen Weimars ergehen lassen mit der Aufforderung, sich durch eine Beisteuer von einer ihnen drohenden Karikatur loszukanfen. auf der sie porträt­ähnlich als Mietsgäule dargestellt werden soll­ten, die in der Unterwelt von alten Jungfern regiert würden. Goethe sandte darauf folgen­den Vierzeiler:

Ich wüßte nicht, daß ich ein Grauen spürte, von jenen Alten in der Unterwelt, wenn nur nicht jede, die mir wohlgcfällt, hier oben mich nach ihrem Wunsch regierte." Als Zacharias Werner im Winter 1807/08 in Weimar weilte, sagte er einmal in Goethes Gesellschaft, er wolle nicht wieder heiraten, weil man im Anfang des Ehestandes miserable Suppen zu essen bekäme. Goethe erwiderte ihm. dies treffe nur dann zu, wenn die Ehe kinder­los sei. Sobald sich Kinder einfänden, würden drei bis vier Pfund Fleisch gekocht. Für ein Paar Leute koche man nur ein halbes Pfund Fleisch. Das könne dann freilich nur eine magere Suppe abgeben. Das beste Mittel zur Amelioration der Suppe bestel-e darin, viel Kinder zu haben. In dem Maße, wie die Kin­der kämen, würde auch die Suppe besser.

Die Fische fangen an zu schwitzen..." Be­kanntlich beschäftigte sich Schiller auf der Karlsschule schon mit der Poesie, und seine Ge­dichte. die er Freunden vorzulesen pflegte, reg­ten auch einzelne von diesen zu dichterischen Versuchen an. Einer seiner Mitschüler nahm sich vor, auch so schöne Gedichte zu machen, ob­schon es ihm an jedem Talent dazu gebrach. Ohne überhaupt zu wissen, was er besingen wolle, nahm er am nächsten Abend Papier und Feder zur Hand und wollte nunein Gedicht machen". War es nun eine im Zimmer be­findliche Statuette des Sonnengottes Apollo oder war es die durch das Fenster scheinende Abendsonne selbst, die ihn inspirierte, kurz, er schrieb nach einer Pause:

Die Sonne Eine Ode.

Die Sonne dringt mit ihrer Pfeile Spitzen Bis auf des Meeres tiefsten Grund;..." Hier stockte er schon.Oh. die Ode wird süperb werden!" rief er.Ich bin in der herrlichsten Stimmung, und die Verse fließen ja förmlichl" Leider aber fand er keinen passenden Reim auf das WortSpitzen", und diese Schwierigkeit,

wollte sich nicht überwinden lassen, sosehr er auch seinen Kopf anstrengte. Die so oft schon eingetauchte Feder ward anfangs etwas grim­mig zerbissen, dann aber erbarmte sich Mor­pheus des Armen: der Dichter senkte sein Haupt tiefer und tiefer und sank in Schlum­mer. vielleicht von den noch zu erringenden Lorbeeren träumend. Zufällig wollte Schil­ler jenes Gemach durchschreiten, sah den beim Schreiben cingeschlummerten Freund und trat, als er ein beschriebenes Blatt vor dem Schläfer erblickte, leise hinzu.Ei, geschehen denn Wunder, daß der Verse macht?" dachte er und las mit großem Ergötzen den vielver­sprechenden Anfang:

Die Sonne dringt mit ihrer Pfeile Spitzen

Bis auf des Meeres tiefsten Grund;.. Schnell ergriff der Dichter derRäuber" die Feder und setzte hinzu:

Die Fische fangen an zu schwitzen,

O Sonne, mach' es nicht zu bunt!"

Wie erstaunte der unglückliche Nebenbuhler Schillers, als er beim Erwachen sein Opus in dieser Weise ergänzt sah. Errötend blickte er sich um, steckte seine Ode rasch in die Tasche und nahm sich vor, daS Bersemachen künftig bleiben zu lassen.

Der alte Dcffauer. Fürst Leopold von An­halt-Dessau. der Sieger von Kesselsdorf, kehrte sich wenig an das, was im bürgerlichen Leben Sitte und Brauch war; um so strenger war er in allem Militärischen. Im Winter stand er manchmal, nur mit dem Hemd bekleidet, am Ofen, um die Wärme um desto behaglicher zu genießen. So traf ihn einmal ein junger Offizier, der ihm eine Meldung zu machen hatte. Der Offizier war so überrascht, daß er in der Verwirrung die Mütze abnahm, was natürlich ganz gegen das Reglement war. Der alte Dessaner" schickte ihm einen vernichten­den Blick zu. Der andere aber, seinen Fehler erkennend, machte eilig kehrt, verließ das Zim­mer und schrie draußen so laut, als er nur konnte:Was ist das für eine Art? Ihr habt mir gesagt, da drinnen wäre der Fürst! Aber da steht nur ein alter Mann im Hemd am Ofen." Demalten Dessauer" gefiel das sehr. Er warf sich schnell in seine Uniform, gürtete die Schärpe um, steckte den Degen an, stellte sich wieder an den Ofen und rief:Herein!" Der Offizier kam zurück, salutierte vorschrifts­mäßig und erstattete seinen Rapport. Der Fürst war ungewöhnlich freundlich zu ihm und blieb dem geistesgegenwärtigen Mann stets sehr gewogen.

war, daß sie der Ausgebeuteten sogar dm abschnitten, da ein solcher unmodern sei »m ihn dann für 5 Mark zu verkaufen. Dm,!, wiesen sie dem Mädchen die Tür. Als die!- schamlos Uebertölpelte nun endlich Rechen- schaft für den Verbrauch ihres Geldes langte, legten ihr die Eheleute eine gefiilM Aufstellung vor, in der sie alle möglichen an­geblich für sie gemachten Ausgaben verzeich­net standen. Dann erzwangen sie von der Wehrlosen durch vierstündiges Zureden, Dre­hungen und sogar Tätlichkeiten die Unterschrift unter die Aufstellung als Anerkenntnis ihrer Richtigkeit. Erst dann durfte das Mndäm, di? Wohnung verlassen.

Gr stahl sogar im Gefängnis

Ein Häftling, der im Gefängnis zu Osterode wegen Eigentumvergehens eine Haftstrafe ab­zusitzen hatte und mit dem Kleben von Tüte,; beschäftigt wurde, konnte es nicht unterlassen sich von dem ihm hierzu übergebenen Tiiten- papier einen größeren Posten anzueignen. Hierfür und wegen späterer Wäschediebstähle hatte er sich jetzt erneut vor dem Schöffen­gericht zu verantworten. Neun Monate Ge­fängnis waren die Strafe für diesen Unver­besserlichen.

Slrumpssammler aus Leidenschaft

Ein ganz eigenartiges Museum befindet sich in Mailand. Der Besitzer, ein Privatgelehrter, hat sein Leben lang mit Fleiß und Eifer Strümpfe aus allen Zeitaltern und aus allen Zonen gesammelt. Mit Stolz zeigt er da! erste Paar Seidenstrümpfe, das in Europi getragen wurde. Es gehörte dem französischen König Heinrich II., der es bei der Hochzeit seiner Schwester mit Emanucl Philiberto von Savoyen anlegte. Die historische Abteilung de» Strumpfmufeums enthält weiter StrüM verschiedener Päpste und Fürsten, aber auch solche, die aus dem Besitz von Marie Antoinette, der Dubarry. Adelina Patti und Eleonara Düse stammen. Neben den zarten Damenstrümpfen fallen ein paar große Socken auf. Sie wurden von Marat. dem Bluthund der französischen Revolution, getragen. Der weitgereiste Sammler behauptet, auch die teuersten Strümpfe der Neuzeit zu besitzen. Es sind Seidenstrümpfe aus Nordamerika mit Handmalerei, die von einem hochbezahlten Künstler ausgeführt ist.

-^-

Wenn die Fische freiwillig ans Ufer Hüpfen.

An der Küste von Venezuela, besonderst» der Bucht von Carupano. wird um diese Jah­reszeit der Strand sehr sorgsam beobachtet, Denn veranlaßt durch die Umstände, die bi» vor kurzem keineswegs klar waren, werden die Fische veranlaßt, eine Art Selbstmord zil begehen. Sie Hüpfen hoch auf das Ufer hin­auf und bleiben dort zusammen. Die Nach­prüfung der Wasserverhältnisse ergab, daß vom Boden aus immer im August und Sep­tember Schwefelemanationen aufsteigen, die von den Fischen als Gift empfunden werden. Sie fliehen lieber an das tödliche Festland, statt im Wasser ersticken zu wollen. Die in der genannten Bucht gemachten Beobachtun­gen weisen vermutlich auch einen Weg zur Er­klärung anderer, ähnlicher Vorgänge an der südafrikanischen Küste, wo mitunter sogar ganze Scharen von Walen auftauchen und aus die geschilderte Art und Weise Selbstmord be­gehen.

Kalkliauslialt im menschlichen Körper

Naturwissenschaftliche Rundschau

Wasser gehört wegen seines Reichtums an Kalk und anderen Mineralsalzen zu den wich­tigen Nahrungsmitteln. Die bei den Kultur­völkern übliche Ernährungsweise hat anderer­seits dazu geführt, daß oft der Kalkbedarf des Körpers nicht gedeckt wird und hin und wie­der durch stoßweise Zuführung von Kalkprä­paraten ausgeglichen werden muß. Wie wich­tig die ständige Zuführung von Kalk für den menschlichen Gesundheitszustand ist, weiß nicht nur jede Mutter von der Ernährung ihrer Kinder, sondern statistische Erhebungen weisen eindeutig darauf hin, daß Gegenden mit kalk­armem Wasser einen geringeren Prozentsatz wehrfähiger junger Leute stellen als die Be­zirke, uc denen hartes, also kalkhaltiges Wasser genossen wird. Wenn trotz des reichlichen Ge­nusses von mit Wasser bereiteten Getränken wie Kaffee und Tee der Kalkgehalt im Körper nicht auf der notwendigen Höhe gehalten wird, so liegt die Ursache hierfür darin, daß der im Wasser gebundene Kalk durch das Kochen in unlösliche Form übergeführt wird und sich bei­spielsweise als Kesselstein in den Kochgefäßen niederschlägt.

Die moderne Ernährungswirtschaft hat dar­über Untersuchungen angestellt, wie unter Bei­behaltung der eingeführten Kochmethoden der Kalk im Wasser physiologisch wirksam erhalten werden kann. Es kommt darauf an, den Kalk auch in abgekochtem Wasser in Lösung zu Hal­len und so feine Aufnahme durch den Orga- jnismus zu ermöglichen. Chemisch gesehen muß iverhütet werden, daß der im frischen Wasser

an Kohlensäure gebundene Kalk durch das Kochen in unlösliches Calciumkarbonat über­geht. Dieses Ziel ist insofern erreicht, als die Zugabe eines Nährschutzmittels in der hand­lichen Form kleiner Tabletten die gewünschte Einwirkung auf das zum Kochen benutzte Ge­nußwasser besitzt. Im Hauptamt für Volks­gesundheit und im Hygienischen Institut der Universität Berlin sind mit diesem Mittel seit einigen Jahren Untersuchungen angestellt worden, die zu einer Anwendung des Nähr­schutzmittels bei Masienverpflegungen im Heer, im Arbeitsdienst, in Werkkantincn und Gaststättenbetrieben geführt haben.

In der Praxis haben sich die wissenschaftlich ermittelten Einwirkungen des Schutzverfah­rens bestätigt. Der Kalkgehalt des Wassers ist beispielsweise für die Löslichkeit der Röstpro- dnkte der Kaffeebohnen verantwortlich zu machen. Besonders bei billigen Kaffeesorten hat sich eine Verbesserung des Geschmacks er­geben, die auf eine bessere Auslösung der Ge­schmacksstoffe aus dem Kaffeemehl zurück­zuführen ist. Daraus ergibt sich die Möglich­keit, mit einer geringeren Gewichtsmenge Kaf­fee dieselbe Güte zu erzielen als bei einer Kaffcebereitung mit Wasser, das ohne Zusatz von Nährschutzmitteln durch Kochen seinen Kalkgehalt verliert. So sind auch die Auslau­gungsverhältnisse bei Gemüsen festgestellt wor­den. Aeußerlich ist die Wirkung des Nähr­schutzes an der Farbe des Kochwassers erkenn­bar. Bei gewöhnlichem Wasser wird das Ge­müsewasser stark gefärbt, dagegen erhält das

Nährschutzwasser dem Gemüse die Farbstoffe und verhütet auch die Verfärbung fertiger Speisen. Nicht nur für Rotkohl. Spinat und andere Gemüse, auch für die Bereitung von Kartoffeln ist dieses für Großverpflegungs­stätten von Bedeutung. Die Wirkung des Nährschutzes erstreckt sich nicht nur auf die Er­haltung der Kalkmengen im Kochwasser, son­dern beeinflußt die Erhaltung von anderen Mineralsalzen ebenfalls in günstiger Weise. Während man also im gewöhnlichen Kochwas­ser eine Reihe Nährstoffe aus dem Kochgut herauszieht und die Möglichkeit einer weiteren Verwendung des Kochwassers für Tunken und Suppen hat, laugt das mit Nährschutz behan­delte Kochwasser das Kochgnt so wenig aus. daß das nach dem Garkochen übrigbleibende Kochwasser für die Ernährung wertlos ist. Diese durch Wissenschaft und Praxis festgelegte Tatsache führt zu der Erkenntnis, daß das von vielen Küchen empfohlene Dämpfen von Ge­müsen unzweckmäßig ist und den Auslaugungs­prozeß verstärkt, wenn kein Nährschutzmittel dem Kochwasser zugesetzt wird.

Der Vorgang, der sich bei der Umwandlung der schwindenden Wasserhärte in eine blei­bende Härte durch den Zusatz von Nährschutz­mitteln abspielt, erklärt sich daraus, daß jedes Lösungsmittel, hier also das Wasser, um so weniger Mineralsalze anfzunehmen und zu lösen vermag, je mehr bereits in ihm gelöst sind. Ein Kochwasser, das Kalk als bleibende Härte enthält, wird auch aus den Nahrungs­mitteln wenig oder gar keinen Kalk auslaugen können. Im Gegensatz hierzu wird der aus dem Wasser ausgeschiedene Kalk aus den Nah­rungsmitteln beim Kochen wieder im Wasser ergänzt werden und beim Fortgießen des Brühwassers verlorengehen. Im Verlauf der

weiteren Untersuchungen hat sich heraus­gestellt. daß das Wasser mit bleibender Härle auch den Vitamingehalt der Speisen günstig beeinflußt und günstig auf die Funktion be­stimmter Drüsen wirkt. So haben Personen, denen der Genuß von Kaffee oder Tee bei Ver­wendung enthärteter Wässer nicht möglich war, die mit dem Nährschutzmittel bereiteten Getränke ohne Beschwerden vertragen. Das gilt auch für den Genuß von Hülsenfrüchteu oder Kohlarten, die bei geringfügigen Sp­rüngen tm Organismus als schwer verdaulich verzeichnet werden.

Diese Erkenntnisse lassen vermuten, daß es zweckmäßig wäre, die heute in den meisten Wasserwerken mit großen Kosten vorgenom- mene Enthärtung des Genußwassers auszu­geben und den Haushaltungen aus gesund­heitlichen Gründen möglichst hartes Wasser zu- zuführcn. Andererseits ist bekannt, daß die großen Wasserverbraucher nicht die Haushal­tungen, sondern die industriellen und chenm sehen Betriebe sind. Diese können aber nur mit möglichst kalkfreiem Wasser arbeiten- Da die Haushaltungen nur etwa ein Prozent der von den Wasserwerken geförderten Wasser­mengen verbrauchen, müßten alle Großver­braucher sich eigene kostspielige Enthärtung»- anlagcn einrichten, um das Leitungstvassec verwenden zu können. Es ist daher richtiger, dem Kleinverbraucherhaushalt das Genußwal­ser in der bisherigen Form zuzuführen uuo ihm durch Verwendung des Nährschutzes eine Möglichkeit zu geben, den Kalkgehalt im Wal' ser und damit den Nährwert des Wassers z» erhalten und nutzbar zu machen. Hierzu U jedem Haushalt durch die Einführung Nährschutzmittels im Kleinhandel Gelegenh» gegeben. , Joachim Boehmer.