Mittwoch den 16. November 1938
Der EnztAer
97. Jahrgang Nr. 288
Saöische Chronik
m Osterburken. (Mit dem Fahrrad gestürzt.) Aus der stellen Straße beim Bronnackerhof stürzte der Kanzleiassistent i. R. Wilhelm Beyer so unglücklich von seinem Rad, das; er schwere Verletzungen davontrug.
(!) Karlsruhe. 900 badische Kinder, darunter 30 Karlsruher, verließen mit einem Sonderzug die Eauhauptstadt und fuhren nach Sachsen. Die NSV. nahm sich der kleinen Reisenden an, die reichlich versorgt und erwartungsvoll ihre Fahrt antralen.
(!) Bruchsal. (Dachstuhlbrand.) Hier brach in einem Hause ein Dachstuhlbrand aus. Nachbarsleute, die den Brand bemerkten, alarmierten die Weckerlinie, die in kur- »er Zeit den Brand löschen konnte. Von dem Feuer wurden die Dachwohnungen in Mitleidenschaft gezogen. Die Fahrnisse snd teilweise mitverbrannt.
(!) Oberhausen b. Bruchsal. (Zwei Scheuern abgebrannt.) In der Scheuer des Landwirts Theodor Wör- ner brach Feuer aus. Die Scheuer war mit Futtervorräten angesüllt und brannte vollständig nieder. Auch die Scheuer des Landwirts Julius Schmitt wurde in Mitleidenschaft gezogen und wurde ebenfalls ein Raub der Flammen.
Ursthar/Bd. (Wäsche gestohlen.) Nachts ivurdc zwei hiesigen Familien die im Freien zum Trocknen aufgehängte Wasche gestohlen.
H Lörrach. (Brand in einem Filmvorführungsraum.) In dem Filmvorführungsraum eines Lichtspieltheaters brach während der Vorstellung ein Brand aus. Ein Funken, der sich bei einer Störung des Vorführapparates gebildet hatte, setzte einen Filmstreifen in Brand, und die Flammen erfaßten auch weiteres im Vorführraum gelagertes größeres Filmmaterial, das vernichtet wurde. Der am Apparat beschäftigte Angestellte konnte sich noch rasch in Sicherheit bringen. Die Feuerwehr drang mit Rauchmasken in den völlig verqualmten Vorführungsraum ein und konnte den Brand mit Hilfe des Schaumlöschapparates löschen. Der Zuschauerraum wurde nicht in Milleidenschaft gezogen. Das Publikum, das von dem Brandausbruch nichts gemerkt hatte, verließ auf Aufforderung der Polizei ruhig das Theater.
9 Waldshut. (Schwere Unfälle.) In Schachen iet der 72jähiige Josef (Seng von der Tenne, wobei er so chwere Verletzungen davontrug, daß er bald nach dem Unall im Krankenhaus starb. In Dogern scheuten die Pferde es Landwirts Emil Eckert vor einem Auto. Eckert kam zu Fall und erlitt eine Gehirnerschütterung.
(—) Bad Dürrheim. (Fremdenzahlen.) Unser Echwarzwaldort verzeichnet« im Oktober 468 Neuankünfte von Gästen mit 10 629 Uebernachtungen. Bis 1. November 1939 betrug die Zahl der angekommenen Gäste 14 410 mit 302 8S9 Uebernachtungen.
A»s de« Aachbar-a«en
Lubwigshafen. (Schwindler.) Im nördlichen Stadtteil erschien bei einer Frau ein bis jetzt noch unbekannter Mann, der sich als Angestellter des Erziehungsheimes Landstuhl ausgab. Die Frau hat in diesem Heim zwei Kinder un- iergebracht. Der Mann erklärte, das Heim sei Lazarett geworden. und er müsse aus diesem Grunde die Kinder nach Ludwigshafen bringen. Er verlangte hierfür das Fahrgeld für sich und die Kinder. Da die Frau sich weigerte, das Geld zu bezahlen, ließ er sich das Geld von deren Mutter geben. Wie sich herausstellte. waren die Angaben des Mannes nicht richtig. Er hat sich das Geld erschwindelt.
Ludwigshafen. (Durch einen Schuß verletzt). Auf dem Rheindamm zwischen Kaiserwörth und Altriper- straße in Mundenheim wurde ein verheirateter Mann durch einen Schuß, vermutlich aus einem Flobertgewehr, unterhalb des Knies erheblich verletzt. Der Täter ist unbekannt.
Ludwigshafon. (Von der Straßenbahn tödlich angefahren). Der 60jährige Franz Rhende wurde nachts durch eine Straßenbahn angefahren und schwer verletzt. Auf dem Weg ins Krankenhaus ist er gestorben.
Bad Dürkheim. (Tod aufden Schienen). Als der 21jährige Friseur Fritz Kronenberger aus Kirchheimbolanden
am Bahnhof Marnheim die Gleise überschreiten wollte, wurde er von einem Zug überfahren und derart verletzt, daß er bald darauf gestorben ist.
Neustadl an der Weinstraße. (Verkehrs Unfall durch Kühe). In der Lachner Straße scheuten plötzlich zwei aus einem Fuhrwerk ausgespannte Kühe und rannten die Straße entlang. Ein Lastwagen, dessen Lenker den Tieren ausweichen wollte, fuhr in den Straßengraben und uberschlug sich. Der Fahrer wurde verletzt. Das Lastauto mußte 'chwer beschädigt abtransportiert werden.
Kirchheimbolanden. (Auto gegen Baum). In der Nähe des Bahnhofes Morschheim fuhr ein Personenwagen gegen einen Baum. Zwei Insassell des Wagens mußten mit erheblichen Verletzungen ins Krankenhaus geschafft werden. Das Auto wurde abgeschleppt.
^ Bensheim. (Auf der Flucht a n g e sch o s s e n.) Ein Jagdaufseher horte auf seinem Reviergang Schüsse fallen. ^ knng dem Knall nach und entdeckte einen jungen Mann, der fluchtete. Auf des Jagdaufsehers Anruf reagierte er jucht sondern suchte unerkannt zu entkommen. Daraufhin >chosj der Jagdaufseher eine Schrotladung nach: als das rsichrs nutzte, schoß er ihn mit einer Kugel durch Sen Arm. Rach Anlegung eines Notverbandes wurde der Verletzte in Ms .Krankenhaus gebracht. Die Polizei wird nch noch mit dieser Angelegenheit zu befassen baken.
Darmstadt. (Von einem Radfahrer tödlich nie- d er g e s ch l a g e n.) Am Sonntag zwischen 19.80 und 20 Uhr wurde ans der Alten Bergstraße in Älsbach a. d. B. der 57 Jahre alte Georg Rebenich aus Alsbach von einem unbekannten Radfahrer nach einem kurzen Wortwechsel so auf den Boden geworfen daß Rebenich an der hierbei erlittenen Kopfverletzung bald darauf gestorben ist. Der Wortwechsel entstand dadurch, daß Rebenich den Radfahrer wegen falschen Fahrens zurechtwies. Der Radfahrer war in Bereitung eines zweiten Radfahrers. Beide Radfahrer, deren Räder beleuchtet waren, kamen wahrscheinlich aus dem sogenannten Viehweg aus Richtung Hähnlein und bogen an dessen Einmündung in die Alte Bergstraße in nördlicher Richtung (Richtung Alsbach-Jugenheim) ab. Beschreibung der Radfahrer: Beide zwischen 20 und 30 Jahre alt. der eine etwa 1,80 m, der andere etwa 1,65 m groß, beide ohne Kopsbedek- kung. Der Größere hat zurückgekämmtes dunkelblondes Haar und trug grünlichen, der Kleinere dunklen Anzug (Knickerbocker?). Der Kleinere führte auf dem Gepäckträger einen Rucksack mit. Während des Wortwechsels passierten mehrere Radfahrer den Tatort in Richtung Alsbach—Jugenheim— Darmstadt. Diese sowie andere Personen, die zu dem Vorfall, insbesondere über die beiden beschriebenen Radfahrer, Angaben machen können, werden gebeten, sich bei der zuständigen Polizeistatiou oder bei der Kriminalpolizeistelle Darm- stadt. Hiigelstraße 81/33. Zimmer 13. umgebend zu melden.
Neues au« aller Welt
H Kind in einen Kessel gestürzt. Das 4^ Jahre alte Töchterchen des Bahnarbeiters Göppel in Memmingen stürzte, während die Mutter mit Waschen beschäftigt war, in einen Kessel mit heißem Wasser und erlitt dabei so schwere Verbrennungen, daß es ihnen bald darauf erlag.
tz Omnibus überschlägt sich. In Schweinfurt geriet an einer Straßenkreuzung ein mit Arbeitern besetzter Kissinger Omnibus ins Rutschen und stürzte einen Hang hinab, wobei er sich überschlug. Insgesamt wurden SO Personen mehr oder weniger schwer verletzt
4b Lastauto gegen das Rathaus gerannt. In Landsberg a. I. rannte ein Lastauto gegen das Rathaus, riß eine vor dem Rathaus stechende Steinsäule um und fiel in die Auslage eines im Rathausbau befindlichen Friseurgeschäftes Von der Eierladuug des Autos gingen rund 15 000 Eier zu Bruch. Drei Männer und zwei Mädchen wurden teils schwer verletzt. Die beiden Fahrer trugen leichtere Verleitungen davon.
4b Ohne Licht in den Tod. Auf der Straße von Passau nach Salzweg fuhr ein Personenauto den 45 Jahre alten Wagnermeister Stellungen der mit seinem Fahrrad nach Hause fahren wollte und kein Licht an seinem Fahrzeug hatte, an. Steininger wurde getötet.
4b Abstürzender Felsblock zertümmmert Bürogebäude. In einer der letzten Nächte löste sich vom oberen Montikelhang bei Bludenz (Vorarlberg) ein durch Regen gelockerter Felsblock von zwei Kubikmeter Inhalt ab und stürzte mit gewaltiger Wucht in das Bürogebäude eines Kalkwerkes. Die Front des zu ebener Erde gelegenen Hauses wurde durchschlagen und zerstört. Zum Glück befand sich gerade in dieser Nacht niemand in der Gebäude.
Hatte dich gesund!
Gilt die Pflicht, sich nach Möglichkeit gesund und somit leistungsfähig zu erhalten, schon in normalen Zeiten, um wieviel mehr in solchen, die besondere Anforderungen an die Arbeitskraft stellen, wie es jetzt für das deutsche Volk in seiner Gesamtheit der Fall ist.
Gerade im Uebergang von der warmen in die kalte Jahreszeit erleidet mancher eine gesundheitliche Störung, die bei einiger Achtsamkeit hätte vermieden werden können. Zu den ersten Unpäßlichkeiten, die sich um diese Jahreszeit emzustellen pflegen, gehört der Schnupfen aller Grade. Auch gegen ihn, der scheinbar seine Opfer aus dem Hinterhalt überfällt, können wir uns durch geeignetes Verhalten wappnen. Es ist verkehrt, sich beim ersten Sinken des ?.?^Eometers gleich in seine dickste Unterkleidung zu Hullen. Im Laufe des Tages erhitzt sie den Körper bis zur Schweißbildung, und wenn wir uns in dieser Verfassung aus einem geschlossenen Raum in die frische Luft begeben, ist die Gefahr der Erkältung da. In Wohn- und Arbeitsräumen bringe man die Heizung auch nicht gleich auf Hochtouren — abgesehen davon, daß wir auch mit Heizmaterial sparsam umgehen sollten —, sondern erwärme nur soweit, daß beim Sitzen kein Frösteln verspürt wird. Der Kontrast zwischen zu warmer Innen- und kühler oder kalter Außentemperatur trägt uns nur zu leicht einen Schnupfen ein. Eines der wichtigsten Gebote zur Vermeidung von Schnupfen und Erkältung heißt: halte die Füße warm. Auch Zugluft, die auf eine Körpergegend trifft — z. B. der feine Luftstrahl, den die Fensterrahmen durchlassen —, verursacht Erkältungen. Das Blut, das aus den Füßen weicht, staut sich am ehesten in den Schleimhäuten der Nase, diese schwellen an, entzünden sich schließlich und der Schnupfen ist da. Ein gewisses Prickeln in der Nase ist meist das erste Anzeichen, daß das Unheil im Anzug ist. Achtet man rechtzeitig auf diesen Vorboten des Schnupfens Hilst das Rezept von Prof. Bier, einen Tropfen Jod in einem Glas Wasser zu trinken, oftmals, den Ansbruch zu verhindern. Ist es aber schon zu spät und der Schnupfen da, muß man ihm gleich anfangs energisch zu Leibe geben. Heiße und Wechselfußbäder kräftigen die Füße gegen das Kaltwerden, das einer längeren Dauer der Erkältung so günstig ist. Aber auch durch unsere Ernährungsweise können wir den Zustand beeinflussen. Alkohol, Fleisch, Käse, Fett vermeide man und halte sich an Obst, Gemüse. Haferflocken, Kartoffelbrei u. ä. Durch Enthaltsamkeit im Trinken bilkt man den Schnupfen „austrockncn".
Neben der Verhütung akuter Krankheiten sollte man heute der Fußpflege besondere Beachtung schenken. Hausfrauen wie Geschäftsfrauen sind heute im Gehen und Stehen vielfach angestrengter. Die hauptsächlichsten Be- schwerden rühren von Senk-, Knick- oder Spreizfüßen her. Schon die ersten Anzeichen von Beschwerden: ziehende Schmerzen, die sich an Ferse und Wade entlang ost bis in die Hüften ausdehnen, dürften nicht so lange unbeachtet blei- ben, bis der Fuß überhaupt den Dienst versagt Fuß- bäder, mit Zusatz von Staßfurtcr Salz, allabendlich vor dem Schlafengehen genommen, das Einmassiercn eines guten Fußkrems stärken die Fußmuskelir Das Knochen- gerüst bedarf außerdem einer Stütze, wie sie die Einlagen darstellen. Es ist aber verkehrt, sich iraendwelchc Einlagen anzuschaffen, sondern bei heftigen Beschwerden und sich«, baren Veränderungen der Fnßform sollte man den Arzt fragen, welche Art der Stützuna uöiia ist. Als Vor- beugungsmittel oder bei leichten Beschwerden ist das Um- Wickeln des Fußes um Knöchel und Sohle mit einer elastischen Binde sehr von Nutzen. Durch sie wird, was vor allem bei längerem Stehen wohltuend empfunden wird, der Fuß gehalten und gestützt, ohim an Beweglichkeit einzubüßen.
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„Und mochtest du auch den Mann leiden?"
„O ja!" Wieder ein kräftiges Nicken. „Er hat mich auf oen Arm genommen und mich liebgehabt."
„Möchtest du wohl immer bei ihm sein und bei den schönen Pferdchen? Er hat noch mehr Pferde und kleine Fohlen und viele Kühe und Kälbchen und zwei schöne Hunde und — und einen Kutschwagen —"
Lena sprach ganz ruhig, aber in ihren Augen, die in die Ferne blickten und nichts zu sehen schienen, stand das abgrundtiefe Weh, das sie empfand, als sie ihrem Liebling diese Vorzüge aufzählte, die ihn von ihr fortlocken sollten.
„Wenn du mitgehst, Mammi", erklärte Hermann sich bereit.
„Das wird nicht gehen, lieber Junge. Aber du wirst dann einen Vater haben."
„Einen Vater?" strahlte Hermann auf. „Einen richtigen Vater? Aber dann mußt du doch mit dabei sein. Andere Kinder haben doch auch Vater und Mutter zusammen."
»Du wirst dann eine andere Mutter haben, und ich — ich bleibe deine Mammi —"
Da trat Kremer rasch näher. Er konnte es einfach nicht mehr mit ansehen; es zerriß ihm das Herz. Frau Bormann war still wieder hinausgegangen.
Hermann sprang vom Schoße seiner Mutter und um- saßte seine Knie. Kremer holte einige schöne frühe Äpfel aus seiner Tasche und schob ihn damit zur Tür hinaus.
Dann faßte er Lenas Hände.
. »v Kind! Kind! Was ist das für eine Welt! Muß denn wirklich der eine sein Herzblut geben, damit andere glücklich werden?"
»Ja, Onkel Kremer, eine muß sich opfern, entweder Hille
Eickhoff oder ich. Ihr Opfer würde mich aber nicht glücklich machen, sondern nur noch elender. Sieh, also muß ich es sein."
„Kannst du es denn, armes Kind? Wird es nicht über deine Kraft gehen?" fragte er ergriffen.
„An uns selbst dürfen wir dabei nicht denken, hat der alte Eickhoff gesagt, und er hat recht. Es geht hier um mehr als um das Herzweh eines einzelnen."
Kremer drängte sich die bittere Frage auf, warum denn gerade Lena, die doch am unschuldigsten an dieser ganzen jammervollen Geschichte war, die Opfernde sein müsse. Aber er sprach sie nicht aus. Er fühlte, daß er es nicht mehr durfte. Denn wenn er abriet oder gar seine Zustimmung verweigerte, so würden Lenas Tage eine endlose Reihe bitterer Qual werden in dem Bewußtsein, selbstsüchtig ihres Kindes Zukunft untergraben zu haben. Vielleicht — nein, sicher hatte sie darin auch recht, denn Unehelichkeit ist im Leben eines Menschen immer ein schwerer Hemmschuh.
Er nahm Lenas Gesicht zwischen seine Hände, so wie er es oft getan hatte, als sie noch ein Kind war.
„Wenn du es dann meinst, Lena —l Ich werde dann in den nächsten Tagen einmal zum Eickhofe gehen."
Wie erschreckend elend sie aussah! Sie wird daran verbluten, schoß es ihm durch den Kopf. Arme, arme Lena!
*
Am nächsten Sonntag ging Schwiethardt Eickhoff einen Weg, den er fünf Jahre lang nicht mehr gegangen war. Zum letzten Male an jenem Abend vor seiner Trennung von Lena, als er sie von ihrem Elternhause abholte. Alles war an diesem Wege noch wie früher. Bäume und Sträucher weckten Erinnerungen; Worte, die damals gesprochen wurden, kamen ihm in den Sinn. Kurzer, seliger Traum ihrer jungen Liebe! Wie grausam war das Erwachen gewesen!
Es war ein' ernstes Wiedersehen. Sie sahen sich lange stumm an, und Schwiethardt erschrak bis ins Innerste. War das das blühende, liebreizende Geschöpf, dessen Süße ihn einst unwiderstehlich in den Bann gezogen hatte? Diese Frau mit dem schmalen, blassen, verhärmten Gesicht?/
Und auch Lena sah ein ganz verändertes Gesicht. Ein Gesicht, in das die letzten Jahre tiefe strenge Linien gegraben hatten. Sie sah und fühlte, auch er hatte gelitten, und das Leid hatte aus dem schwachen, unfertigen Jungen einen Mann gemacht.
Da hob sie die Rechte, die bisher schlaff niederhing und reichte sie ihm, und er nahm sie dankbar und ehrfürchtig in die seine.
Dann begann er zu sprechen und breitete noch einmal die Geschehnisse der vergangenen Jahre vor ihr aus, wie es damals zu seinem Treubruch gekommen war, seine Heirat mit Hille, den Fehlschlag ihrer Hoffnungen, den Plan des Vaters. Er verschwieg auch nicht, daß er dagegen war, weil er ihr nicht auch noch das Letzte nehmen wollte. Und wenn sie nun wirklich dieses ungeheure Opfer bringen wolle, so würde er dafür sorgen, daß sie weiter mit dem Jungen in Verbindung bliebe. Sie solle ihn nicht ganz verlieren. Dieser Ansicht seien auch die Eltern und Hille. Und zum Schluß fragte er leise:
„Ist es nicht möglich, Lena, daß du vergißt, was einmal ein Mann dir angetan hat und daß du einmal an der Seit» eines anderen —?"
Er dachte dabei an den Mann, den er damals bei der Beerdigung an Lenas Seite gesehen hatte.
Aber Lena schüttelte den Kopf. Sie dachte wohl einmal flüchtig an Ernst Bruckner, aber das alles war so fern.
Da sprach er weiter von dem Besuch Kremers auf dem Eickhofe und von den Abmachungen, die zwischen ihnen getroffen waren.
„Bist du damit einverstanden, Lena?"
Sie neigte bejahend den Kopf. Bisher hatte sie nur wenig gesprochen. Schwiethardt sah sie bittend an.
„Ist es denn nun klar zwischen uns?"
„Ja. Schwiethardt. Und diese Klarheit mußte sein, bevor ich dir unseren Jungen anvertraute. Deshalb ließ ich dich zu mir kommen. Nun versprich mir noch in die Hand, daß er dir immer das Teuerste auf Erden sein wird. Er hat gute Anlagen, fördert sie und macht einen tüchtigen Menschen aus ihm.
'Schluß tolat.)