l
Größte Erdnähe am 27. Juli - Polkappen und Marskanäle
Von den beiden Nachbarplaneten der Erde yat Mars in höherem Matze die Aufmerksamkeit der Astronomen und Laien erregt als Venus, die sich in einen undurchdringlichen Wolkenschleier hüllt, der jeden Blick ans die Oberfläche dieses Planeten verwehrt.
Anders der Mars. Seine Atmosphäre ist sehr dünn und durchsichtig. Selten trüben Wolken oder Dunstschichten das Bild der Marsoberfläche, deren Grotzformen in Gestalt von Hellen und dunklen Regionen bereits ein kleines Fernrohr zeigt, wenn Mars sich in Erdnähe befindet. Mars ist nur halb so grotz wie die Erde, seine Rotationszeit mit 21 Stunden 37 Minuten nur unwesentlich länger als unser Tag, und seine Achse bildet mit der Bahnebcne fast den gleichen Winkel wie die Erdachse. Daher hat Mars ebenfalls einen Wechsel der Jahreszeiten, nur in langsamerer Folge als bei uns, denn ein Marsjahr dauert ein Jahr 322 Tage. Die Vermutung, datz Mars wie die Erde von intelligenten Wesen bewohnt sein könnte, hat ihm eine besondere Stellung unter den Planeten gegeben, Berufene und Unberufene haben sich mit dem „Mars- Problem" beschäftigt.
Im Gegensatz hierzu spielt das Marsproblem in der modernen Astronomie nur eine untergeordnete Rolle, weil mit den gegenwärtigen optischen Hilfsmitteln gerade die Fragen. die den Laien am meisten beschäftigen, nicht entschieden werden können. Dazu kommt, datz Mars nur alle 15 bis 17 Jahre in eine für die Beobachtung besonders günstige Stellung zur Erde gelangt, während er in der Zwischenzeit meist so weit entfernt ist, datz Untersuchungen seiner Oberfläche sich nicht lohnen.
Als nutzerer Planet, dessen Bahn um die Sonne ungefähr um die Hälfte grösser ist als die Erdbahn, kommt Mars der Erde dann am nächsten, wenn er genau der Sonne gegenüber oder, wie man auch sagt, in Opposition zur Sonne steht. Nun ereignen sich Marsoppositionen in Abständen von zwei Jahren 19 Tagen, sind also kein so seltenes Ereignis. Da aber die Erdbahn und noch mehr die Marsbahn von elliptischer Gestalt sind, so kann der Abstand beider Himmelskörper zur Zeit der Marsopposition sehr verschieden sein; er schwankt zwischen 56 und 100 Millionen Kilometer. Am kleinsten wird die Entfernung sein, wenn Mars an den sonnennächsten Punkt seiner Bahn, das Perihel, gelangt und die Erde sich^ zugleich in Sonnenferne befindet. Solche „Periheloppositionen" finden aber nur alle 15 bis 17 Jahre statt. Die nächste wird am 23. Juli 1939 sein. Berühmt geworden ist die Perihelopposition von 1877, bei der Schiaparclli in Mailand die „Marskanäle" und Hall in Washington die beiden kleinen Marsmonde entdeckte. Viele werden sich noch der eindrucksvollen Opposition vom August 192-1 erinnern. Mars kam uns damals fast bis ans den kleinstmöglichen Abstand von 56 Millionen Kilometer nahe. Nicht ganz so günstig ist die diesjährige Perihelopposition mit einem geringsten Abstand von 58 Millionen Kilometer, der vier Tage nach der Opposition, am 27. Juli, erreicht wird.
Wenn wir berücksichtigen, datz der Planet gewöhnlich in einer Entfernung von 100 bis nahezu 400 Millionen Kilometer seine Bahn zieht, wird die grotze Bedeutung der Periheloppositionen für die Marsforschung sofort klar. Mit der Annäherung ist eine sehr beträchtliche Helligkeitszunahme verbunden. Im Juli werden wir beobachten können, wie Mars vorübergehend sogar den mächtigen Jupiter an Leuchtkraft übertrifft. Wie eine rote Feuerkugel zieht er ziemlich tief am Südhimmel dahin und ist von 22 Uhr bis zur Morgendämmerung sichtbar. Es gilt dann, die kurzen Wochen vor und nach der grössten Erdnähe flir die Beobachtung auszunutzen.
Aber auch in Erdnähe ist Mars noch 150mal so weit entfernt wie der Mond. Ein Fernrohr mit 150facher Vergrötzerung zeigt uns den Planeten annähernd so deutlich, wie wir den Mond mit freiem Auge sehen. In unserem Klima gestatten die Luftverhältnisse sehr selten die Anwendung einer mehr als 500fachen Vergrötzerung, die vom Mars etwa ein Bild liefert wie ein Feldstecher vom Monde. Eine tausendfache Vergrötzerung holt den Mars auf rund 60 000 Kilometer heran. Unsere Kenntnis der Marsoberfläche beruht also im wesentlichen auf dem, was das freie Auge aus einer Entfernung von 60 000 bis 100 000 Kilometer noch unterscheiden kann! Daraus folgt, datz die kleinsten erkennbaren Gebilde auf dem Mars einen Durchmesser von wenigstens 30 Kilometer besitzen, also etwa die Grütze des Riesengebirges oder des Kurischen Haffs aufweisen. Man mutz sich diese Tatsachen ver
gegenwärtigen, um die Ergebnisse der Marsforschung richtig beurteilen zu können.
Die Marsscheibe zeigt drei Hanptarten von Flecken. Die auffallendsten Gebilde sind die glänzend Weitzen Polkappen, deren Ansdeh- ung mit den Jahreszeiten stark wechselt. Der uns gegenwärtig zngewendete Südpolarfleck ist im Spätwinter der Südhalbkugel am größten und schrumpft im Sommer stark zusammen. und zwar so schnell, datz es sich dabei nicht um mächtige Eismassen, sondern nur um Reif, Bodennebel und hochschwebende weitze Wolken handeln kann. Außerdem bemerken wir Helle Regionen von gelber bis ziegelroter Farbe und dunkle, blangrane bis schwärzliche Regionen, die namentlich grotze Teile der Süd- halbkugel eiuuehmen. Dazwischen gibt es ausgedehnte Gebiete, die einen Uebergang zwischen den Hellen und dunklen Flächen darstellen und mit den Jahreszeiten ihre Farbe wechseln. Schon vor 100 Jahren hat mau die Hellen Regionen „Länder", die dunklen „Meere" genannt, ohne damit sagen zu wollen, datz es sich um wirkliche Meere handelt. Die dunklen Flächen sind sicher keine „Meere" sondern Niederungen, deren Temperatur nach l den von Coblentz und Lampland in Flagstaff ' (Arizona) ansgeführten Strahlungsmessungen bei Sonnenaufgang tief unter dem Gefrierpunkt liegt, mittags jedoch 20 Grad über Null und darüber ansteigt, um sich abends wieder dem Nullpunkt zu nähern. Es handelt sich also um ein extrem kontinentales Klima. Die gelbroten „Länder" erheben sich etwa 1000 bis 2000 Meter über die Niederungen und sind
. -
Na, Vati, wird es denn auch alleine gehen? Weltbild cM ). Wenn der Vater sich am Rande der Strandburg künstlerisch produziert, dann mutz er sich von seinem Sprößling manche harte Kritik gefallen lassen. Ein Schnappschuß vom Ostseestrand, wo in diesen heißen Sommertagen wieder Hochbetrieb herrscht.
!!
im Mittel 20 bis 30 Grad kälter; sie stelle» wahrscheinlich Hochwüsten dar. deren Geste!»!' durch die Aufnahme von Sauerstoff aus der ß Luft oxydiert uud rötlich gefärbt ist. Damit ^ Wäre zugleich der äußerst geringe Sauerstoff- ) gehalt der Marsatmosphäre erklärt. 1
Zwischen den dunklen Gebieten werden nu» , zuweilen jene feinen, meist geraden Linie» sichtbar, die Schiaparelli zuerst beobachtet und s „Kanüle" genannt hat. Dieses Wort hat in Laienkreisen zu phantastischen Ansichten über die Natur der Linien geführt. Viele halte» die ..Kanäle" für künstliche Bewässerungssysteme der Marsbewohner. Aber schon Schiaparelli verwahrte sich dagegen, die zarten Linien als wirkliche Kanäle anzusehen. DK Lage der Marskanäle, die scheinbar zu Hunderten die Hellen Regionen durchziehen, ist sehr veränderlich. Sie werden auch nur lm Anwendung bestimmter Vergrößerungen sichtbar und verschwinden wieder, wenn man stärkere optische Mittel benutzt. Wollte mau die Linie» für wirkliche Gebilde der Marsoberfläche ansehen, so müßten sie geradezu riesenhafte Ausmaße besitzen. Ihre Breite würde 30 bis 300 Kilometer, ihre Länge mehrere tausend Kilometer betragen; sie wären also von der Grütze der Ostsee, der Adria oder des Roten MeereS, was aber mit der veränderlichen Lage nicht vereinbar ist. Alle diese Schwierigkeiten beseitigt die Erklärung von A. Kühl, wonach es sich beim Sehen von „Kanälen" um einen optisch-physiologischen Vorgang handelt. Wir müssen uns vorstellen, daß die Marsoberfläche mit zahllosen feinen, scharf umrissenen Einzelheiten übersät ist, die das Fernrohr nicht mehr erkennen läßt. Die Einzelheiten sind verschieden dicht über die Marsoberfläche verteilt. An der Grenze zweier Gebiete mit verschiedener Dichte entstehen „Grenzkontrastlinien". die über die Empfin- dnngsschwelle des menschlichen Auges gehoben und als „Kanäle" sichtbar werden. Wenn wir solche Kontrastiinien nur auf dem Mars beobachten, so liegt dies daran, daß das Helligkeitsverhältnis und die Verteilung der Helle» und dunklen Gebiete auf der Marsvbersläche hierfür besonders geeignet sind. Bei den übrigen Planeten, mit Ausnahme von Merkur, sehen wir überhaupt nicht auf die feste Oberfläche, sondern auf eine geschlossene Wolkendecke.
Wie schwer die Deutung der einzelnen Erscheinungen auf der Marsoberfläche ist, geht wohl am besten ans den Worten des Wiener Astropysikers K. Graff. eines eifrigen Marsforschers, hervor: „Wer will in diesem Chaos von Weißen, gelben und ziegelroten Flecken und Flächen sicher entscheiden, was davon als Land und Wasser, Wolken, Nebel und etwaige Vegetation anzusprechen wäre? Alle bisherigen Marstheorien sind am Schreibtisch entstanden; die Beobachter werden um so zurück- , haltender mit ihrem Urteil sein, je besser die k optischen Hilfsmittel sind, über die sie vcr- 1 fügen." z
Nur eines läßt sich mit Bestimmtheit sagen, - datz nämlich Mars nicht der uferlose Eisozean ist, für den ihn die Vertreter der Welteidlehre halten. Nach ihrer Ansicht strotzen die Planeten nur so von Eis. Hätten sie recht, dann würden allerdings schwerlich Temperaturen ^ von 20 Grad über Null auf dem Mars vor- j kommen, die ganze Marsscheibe würde bleu- , dend weiß sein wie die Polkappen. Mars / gliche einem Schneeball. Aber Mars ist be- ^ kanntlich kein weißer, sondern ein auffallend ' roter Stern; diese Färbung hat ihm schon im ! Altertum den Beinamen „Der Feurige" ein- !' getragen. ^
Dr. E. Kossinua. s
Deutschland feiert Gutenbera
Vle Srmkenoerkstatt im Museum
Genialer Erfinder lampst mit der verständnislosen Amwelt
Deutschland und mit ihm die ganze Welt begehen im nächsten Jahr die 500- Jahr-Feier der Erfindung der Buchdruckerkunst. Es sind aus diesem Anlatz u. a. eine Erlveiterung des Gutenberg- Museums iil Mainz und eine Gutenberg-Reichsausstellung in Leipzig geplant. die mit zahlreichen internationalen Kongressen und nationalen Tagungen verbunden wird.
Es ist ein typisches Erfinderschicksal, das uns im Leben und Streben Johann Gutenbergs entgegeutritt. Ewige Geldnöte, Rückschläge aller Art und die Verständnislosigkeit der Umwelt ließen den „Vater der Buch- druckerkunst" oft genug am Dasein verzweifeln. Gntenberg, der der Mainzer Patrizicr- samilie Gensfleisch entstammte, ist dort vermutlich vor 1100 geboren. Seine Jugend verlebte er in Stratzbnrg, wo er noch 1111 ansässig war. Wie Gutenberg zur Buchdruckerkunst gekommen ist, welche Einflüsse ihn zum Erfinder werden ließen, wissen wir nicht. Von den ihm zugeschriebenen Druckwerken, die allerdings nur in Bruchstücken erhalten sind, gilt als frühestes das Mainzer Fragment vom Weltgericht aus dem deutschen „Sibyllenbnch" von etwa 1115. Es folgten drei Ausgaben des lateinischen Elementarbuches von dem Grammatiker Aelius Donatus und der Astronomische Kalender für das Jahr 1118. Im Oktober 1118 wurde Gntenberg mit dem Mainzer Bür
gern Fust bekannt, der ihm gegen Verpfändung des Druckgeräts und hohe Verzinsung eine grotze Summe vorstreckte. Während dieser Verbindung mit Fust soll der geniale Erfinder die berühmte 12zeilige Gutenberg-Bibel geschaffen haben, deren Vollendung in das Jahr 1155 fällt. Bald darauf kam es zum Bruch mit Fust, dem Gutenberg als Sicherheit für das gewährte Darlehn vermutlich sein Drnckgerät abtreten mutzte. Der weitere Schicksalsweg des unermüdlichen Kultur- Pioniers ist zum großen Teil in Dunkel gehüllt. Im Jahre 1157 war Gntenberg jedenfalls in Mainz Druckereileiter bei dem Syndikus Konrad Humery. Der Erzbischof von Mainz. Adolf II. von Nassau, nahm mit Urkunde vom 11. Januar 1165 den Erfinder unter seine Hofleute auf und gewährte ihm laufende Zuwendungen, wodurch dieser wenigstens in seinen letzten Lebensjahren vor äußerster Not geschützt war. Ende 1167 oder Allfang 1168 hat dann Gntenberg diese undankbare Welt verlassen. Seine letzte Ruhestätte erhielt er in der Franziskanerkirche zu Mainz, die im Jahre 1712 niedergerissen wurde.
Die Erinnerung an den Erfinder der Buchdruckerkunst, durch die die ganze menschliche Kultur auf neue Grundlagen gestellt wurde, wird in dem Mainzer Gutenberg-Museum wachgehalten. Es soll nunmehr ausgebaut und
beträchtlich erweitert werden. Die Stadt Mainz wird zu diesem Zweck die beiden wegen ihrer baugeschichtlichen und kunsthistorischen Bedeutung bekannten, bald nach dem Dreißigjährigen Krieg errichteten palastartigen Bürgerhäuser am Dom, den „Römischen Kaiser" und den „Hof zum König von England", durch Umbau vou benachbarten Anwesen zu einem einzigen Gebäudekomplex vereinigen. Diese Arbeiten sollen bis nächstes Jahr beendet sein. Neben den bisherigen Gerätschaften sollen in dem neuen Museum auch die Frühdrucke Gutenbergs, die ältesten Schreib- und Verviel- fältigungsmittel sowie andere Zeugen der Erfindung der Buchdruckerknnst auf daS geistige Schaffen der Welt veranschaulicht werden. Ferner werden in dem Museum die rekonstruierte Gutenberg-Werkstatt und eine Papiermühle in Betrieb zu sehen sein. Eine Forschungsstelle für Papiergeschichte und Wasser- zeicheukunde ist bereits begründet. Schließlich soll in dem Milseumsnenbau auch eine Ausstellung der Mainzer Presse Platz finden.
Neben Mainz hat sich von jeher Leipzig, die altberühmte Stadt der Drnckkunst und deS BuchverlagS, für die Erfindung GutenbergS eingesetzt. Man hat dort bereits in den Jahren 1610, 1710 und 1810 den großen deutschen Kulturpionier gebührend gefeiert. Darum ist auch Leipzig wie Wohl keine andere Stadt dazu berufen, die anläßlich der 500-Jahr-Feicr der Buchdruckerkunst geplante Reichsausstellung aufzunehmen. In sieben großen Hallen und vier Gruppen werden dort die Entwicklung der Buchdruckerkunst und ihre Vorgeschichte veranschaulicht werden. Die Ausstellung wird nicht, wie ursprünglich vorgesehen, im Gelände des Palmengartens und der
Radrennbahn, sondern im Rahmen der Tech- j nischen Messe aufgebant. Die vier Abteilnn- l gen betiteln sich „Die Zeit vor Gntenberg", r „Gntenberg und seine Zeit", „Der Weg der ! Vuchdruckkunst" und „Die Bnchdruckkunst der t Gegenwart". Die der Reichsausstellung ange- ! gliederte internationale Schau zeigt die deut- k schc Buchdruckkunst der Gegenwart, die des I Auslandes, das politische Buch, den Bnchhan- f del und das Verlagswesen, die Tagespreise ^ und Zeitschriften, die Drncktechnik, die Lei- - stungen des graphischen Gewerbes, die buch- l gewerblichen Schulen und den schaffenden L Menschen im Druck- und Papiergewerbe, s Gegenüber der Halle 7 der Reichsausstelluug k wird eine schöne, neue Ausstellungsgaststätte L entstehen, die zu einer Dauereinrichtnng wer- k den soll. Doch auch in anderer Hinsicht wird x durch die Gnteuberg-Ansstellnng die geplante 1 Umstellung des Geländes der Technischen s Messe in Angriff genommen Im Denkmals- k Hain jenseits der Eisenbahnlinie wird ein Vcr- k gnügungspark angelegt, der den Besuchern der L RcichSausstellnng Abwechslung, Unterhaltung 8 und Zerstreuung bieten soll. Für die Dauer * der grotzangelegten Schau vom 15. Juni bis '> 20. Oktober 1910 sind bereits jetzt zahlreiche i internationale Kongresse und nationale Ta- k gungcn angemcldet. Johann Gntenberg ; wird also au seinem Wirkungsort Mainz wie ! in Leipzig in einer Weise geehrt und gefeiert ! werden, wie dies bisher Wohl noch keinem deutschen Erfinder beschieden war.
-H.-
Nachdenken. Newton wurde einst gefragt, wie er das Gravitationsgesetz gefunden habe. „Indem ich unaufhörlich darüber nachdachtcl" war seine Antwort.