Donnerstag den 13. Juli 1838
Der Enztäler
87. Jahrgang Nr. 161
/Ins Württemberg
— Unterriexingen, Kr. Ludwigsburg. (Schädelbruch — und nichts gemerkt!) Auf tragische Weise kam der 36jährige Arbeiter Jakob Rein zu Tode. Er hatte bei einem Sturz mit dem Motorrad Kopfverletzungen erlitten, ihnen aber keine Bedeutung beigemessen. Nach Tagen spürte er aber doch Schmerzen, ging zum Arzt und mußte zu seiner Ueberraschung erfahren, daß er einen Schädelbruch davongetragen und obendrein sich eine Lungenentzündung zugezogen hatte, worauf die. sofortige Ueberfüh- rung in das Bietigheimer Krankenhaus erfolgte. Dort ist Rein seinen Verletzungen erlegen.
— Reilingen. (Bei Z u j a m m e n ir o y gerorer.) Auf der Reichsautobahn ereignete sich beim Kilometer 138 ein tödlicher Unfall. Bei dem starken Regen bemerkte ein Motorradfahrer einen hart rechts parkenden Lastkraftwagen nicht und fuhr in voller Fahrt gegen ihn. Der Fahrer, der 34 Jahre alte Bauausseher Johann Engelhard aus Unterfahlheim bei Günzburg, war auf der Stelle tot.
— Murrhardt. (Zündelnde Kinder.) In der Scheuer des Bäuern Albert Wurst in Mettelberg brach Feuer aus. das in den Heu- und Strohvorräten reiche Nahrung fand. Obwohl die Backnanger Motorspritze und die Feuerwehr aus Fornsbach lofort zur Bekämpstuw des Brandes zur Stelle waren, brannte die Scheuer in kurzer Zeit nieder. Einige in der Scheuer untergebrachte landwirtschaftliche Maschinen sind mit verbrannt. Zwei schulpflichtige Knaben, die in der Scheuer ein Feuer entfacht hatten, tragen Schuld an dem Brand.
— Aalen. (Tödlich verunglückt). Der 18jährige Lokomotivführer Antvn Schönherr aus Wasseralfingen geriet beim Durchfahren einer Baustelle mit dem Kopf zwischen dis Lokomotive und das Baugerüst. Der Unglückliche, dem der Kopf „zerquetscht wurde, war auf der Stelle tot.
— Geiferkshosen, Kr. Hall. (Tödlicher Verkehrsunfall.) Auf der Rückkehr von einer Fahnenweihe fuhr am Sonntag abend Friedrich Rößler aus Obersontheim auf der Landstraße zwischen Geifertshofen und Kottspiel mit seinem Fahrrad in ein entgegenkommendes Auto. Rößler war zuerst auf der linken Straßenseite gefahren und bog unvermutet kurz bevor das Auto herankam, auf die richtige Straßenseite ein. Dort kam es zu einem Zusammenstoß, da das Auto ebenfalls links ausweichsn wollte. Der Radfahrer war sofort tot.
— Donaustetten, Kr. Ulm. (Beim Baden ertrunken.) Am Sonntag abend wurden am Kanal zwei Fahrräder und die Kleider eines Mannes und einer Frau gefunden. Man vermutet, daß die beiden Personen beim Baden ertrunken sind.
Kraftwagenlenker erhängt sich nach Unfall.
— Donaustetten, Kr. Ulm. Ein junger Mann, der in der Nacht zum Montag einen mit fünf Personen be;etzten Kraftwagen gesteuert hatte, fuhr anscheinend wegen zu hoher Geschwindigkeit in den Straßengraben. Der Lenker, der im Gegensatz zu den übrigen Insassen unverletzt blieb, nahm sich den Unfall so zu Herzen, daß er sich kurz darauf an einem leeren Heinzen erhängte.
Schwere Gewitter mit Hage.
. — Gaildorf. Bei einem Gewitter am Sonntag schlug der Blitz in die Scheune des Bauern Waibel in Vordersteinen- berg. Das Gebäude brannte völlig nieder. In Hägelesburg (Kreis Backnang) legte der Blitz die erst vor fünf Jahren neuaufgebaute Scheune der Witwe Brehm in Schutt und Asche.
— Rördlingen. In den Nachmittagsstunden des Sonntags ging über mehreren Gemeinden des südlichen und östlichen Rieses ein schweres Gewitter nieder. Der Hagelschlag, der damit verbunden war, richtete auf den Feldern beträchtlichen Schaden an.
— Pommersweilcr, Kr. Aalen. Zur gleichen Zeit schlug der Blitz in das Anwesen des Bauern Jakob Staiger ein. In kurzer Zeit brannte das Anwesen vollständig nieder. Das Vieh konnte nur mit Mühe gerettet werden.
Hölle unü Himmel eines Verbannten
Von l.uir Zrdublss
tlrhederrechtsschntz Roman-Verlag A. Schwingenstein, München
29. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Das Walten der Sterne hat es gefügt, daß gerade an ihrem achtundzwanzigstcn Geburtstage ein unglücklicher Mensch, und anscheinend kein verdorbener, dem Leben erhalten blieb. Ob das nun durch ihre Leute geschehen war, das blieb sich gleich. Auf ihren Willen hin wurde die Fahrt auf dem Flusse nach Paris unternommen. Ihr Wille war entscheidend über alles das, was ihr unterstellt war.
Jedoch trotz ihrer Machtstellung und ihrer märchenhaften Besitze, ihres ziclbewußten, yankeehasten Geschäftssinns, lebte in dieser Frau die feste Überzeugung, das dennoch alles Geschehen unter dem Obwalten einer höheren Allmacht stand, welche den Weg alles Irdischen lenkte. Vielleicht war dieses Bewußtsein das Geheimnis ihrer ruhigen, selbstsicheren Kraft, die mit einem fast magnetischen Ernst aus den großen, blauen Augen strahlte.
Ein ganz leichtes Lächeln glitt über ihr ernstes, beinahe ein wenig zu strenges Gesicht; denn man sah Mary Stevenson selten lächeln.
„Nun sehen Sie", sagte sie zu Michael, dem cs imnrer noch Mühe machte, die vor sich gehende Situation zu begreifen, „Sie scheuen, — wie ich gehört habe, sollen dies die meisten Männer tun, — das Krankenhaus. Wenn Sie aber nun in diesem kalten Nebelmorgen gehen, womöglich noch mit feuchten Kleidern, so werden Sie totsicher dort wieder zu finden sein! Meine braven Jungens haben sich dann am Ende umsonst angestrengt!"
Michael antwortete nichts mehr, die Schwäche hatte ihn wieder übermannt. Er schloß die Augen. Die Schiffsherrin sah es und sprach mit klarer Bestimmtheit:
Aus der Gauhauptstadt
Berufung in den Kolonialbeirut. Der Bundessührer des Reichskolo,üalbundss, Reichsstatthalter General Ritter v. Epp, hat auf Vorschlag des Eauverbandes Württemberg- Hohenzollern des Reichskolonialbundes und mit Zustimmung von Gauleiter Reichsstatthalter Murr, den Eebietsführer der HZ-, Erich Sundermann, ferner Gaupropagandaleiter Mauer und Präsident Karl Eychmüller, Direktor der Wieland-Werke Ulm, in den Kolonialbeirat des Gauoerbandes berufen. — Gleichzeitig bat der Reichsführer SS. den Eauverbandsleiter des Gaurerbandes Württemberq-Hohenzollern, Dr. Naschold, mrt dem Dienstrang als SS.-Obersturmführer in d'» Schuhstaffel übernommen.
Beim Fenstecpuhen tödlich abgestürzt. Eine Frau putzte un 4. Stock eines Hauses am Kernerplah Fenster. Dabei ist sie ausgerutscht und auf den Gehweg gefallen. Sie war sofort tot.
Die übertragbaren Krankheiken in Württemberg.
In der Woche vom 25. Juni bis 1. Juli 1939 sind in Württemberg folgende Fälle von übertragbaren Krankheiten, einschließlich der erst beim Tode bekanntgewordenen Krankheitsfälle (Todesfälle in Klammern) angezeigt war- den: Diphtherie 30 (4), Scharlach 59 (—), Tuberkulose der Atmungsorgane 101 (18), Tuberkulose der Haut 2 (—), Tuberkulose anderer Organe 9 (5), Genickstarre 7 (4), Kinderlähmung 5 (—-), Unterleibstyphus 1 (—), Paratyphus 4 (1), übertragbare Ruhr 2 (—). Kindbeitfieber 1 (—), Bakt. Lebensmittelvergiftung 28 (—), Keuchhusten 96 (—), Bang- sche Krankheit 1(—).
250g schwäbische Studenten fahren zur Erntehilfe nach Ostpreußen.
— Stuttgart, 12. Juli. Der Aufruf des Reichsstudentenführers zur studentischen Erntedienstpflicht hat in den Reihen des NSD-Studentenbundes, Gau Württemberg- Hohenzollern, sowie bei der gesamten schwäbischen Studentenschaft begeisterten Widerhall gefunden. Ueber 2500 Studenten der Hoch- und Fachschulen des Gaues fahren am Donnerstag, 13. Juli, in zwei Sonderzügen noch Ostpreußen, wo sie hauptsächlich im Kreis Allenstem zur Einbringung der bevorstehenden Ernte eingesetzt werden. In Anbetracht des bedeutenden politischen und volkswirtschaftlichen Dienstes, den sie damit für die Grenz- und Volkstumsarbeit des deutschen Volkes leisten, wird den Studenten eine feierliche Verabschiedung durch führende Männer von Partei und Staat zuteil. Anschließend hieran setzen sich die beiden Sonderzüge, deren erster mit den Studenten der Hoch- und Fachschulen von Groß-Stuttgart und Reutlingen besetzt ist, während in einem zweiten Sonderzug die Studenten aus Tübingen und Eßlingen folgen werden, in Fahrt. Die besten Wünsche des gesamten schwäbischen Volkes begleiten die Männer, die mit heißem Herzen und starker Hand bereit sind, mit ihren mehr als 30 000 Kameraden aus dem Reich ihr Teil zur Sicherung des deutschen Ostraums beftutraaew
Die Ladenzcitordnung in Württemberg.
— Stuttgart, 12. Juli. Die Wirtschaftsgruppe Einzelhandel Württemberg-Hohenzollern legt ihren Mitgliedern nahe, soweit sie in der Zeit nach dem 1. Januar 1938 zur gemeinsamen Durchführung von Ladenzeitverkürzungen geschritten sind, diese mit sofortiger Wirkung wieder rückgängig zu machen, da andernfalls deren Aufhebung Lurch die höhere Verwaltungsbehörde drohe. In Verhandlungen mit dem württembergischen Wirtschaftsministerium konnte erreicht werden, daß auf Grund der Anordnung zur Verhinderung der Ladenzeitverkürzungen erstmalig am Samstag, den 17. Juli, die Durchführung dieser Anordnung überwacht wurde. Von dieser Anordnung werden in Groß-Stutt- gart eine Reihe von Einzelhandelszweigen u. a. die Radio-, Papier- und Haushaltungsgerätegefchäfte betroffen, die in den letzten Monaten Vereinbarungen über die gemeinsame Durchführung von Ladenzeitverkürzungen getroffen haben. Im Textil- und Vekleidungseinzelhandel von Groß-Stutt- gart wären bis zum Erlaß der Anordnung keine Vereinbarungen über gemeinsame Ladenzeitverkürzungen getroffen worden.
Gü-west-GA fertig für Berlin
— Stuttgart. Seit Monaten führt die SA.-Gruppe Südwest nach einem bestimmten System ihre Ausscheidungs- kämpfe für die Reichswettkämpfe der SA. in Berlin (21. bis 23. Juli) durch. Mit den am Sonntag in Stuttgart auf dem SA.-Sportplatz im Feuerbacher Tal durchgeführ- ten Entscheidungen im Mannschafts-Fünfkampf, 400 m Hindernislaus und in der 20mal eine halbe Runde Hindernisstaffel sind nunmehr die letzten Wettkämpfer und Mannschaften bestimmt, die für die Gruppe Südwest an den Berliner Wettkämpfen im Olympia-Stadion und im Erunewald teilnehmen.
SA.-Obergruppenführer Ludin und Stabsführer Brigadeführer Kraft wohnten diesen Wettkämpfen in Stuttgart bei, deren Leitung Sturmbannführer Strobek als Sportreferent der Gruppe hatte. SA.-Oberführer Himpel-Stuttgart und Standartenführer Frank-Karlsruhe weilten ebenfalls bei ihren Wettkämpfern. Eine ganze Reihe württem- bergischer und badischer SA.-Standarten hatte wiederum ihre bewährtesten Männer zu diesen Endkämpfen geschickt.
Im Mannschaftsfünfkampf waren die Standarten 109 Karlsruhe und 119 Stuttgart am Start. Schon im vergangenen Jahr haben die Karlsruher die Eruppen-Mannschaft für Berlin gestellt. Durch ihre ausgezeichneten und überzeugenden Leistu zen haben sie sich diese Ehre erneut erkämpft. Obwohl sich die Stuttgarter gleichfalls gut geschlagen haben, ist es ihnen doch nicht gelungen, gegen die kampfstarke Karlsruher Mannschaft aufzulommen. Schon nach den ersten Kämpfen im Schwimmen und Schießen, die am Vormittag erledigt wurden, hatte die badische Mannschaft einen eindeutigen Punktvorsprung, den die Stuttgarter jedoch auch im 3000-m-Lauf, im 400-m-Hindernislauf und Handgranatenweitwurf nicht mehr auszugleichen vermochten. Karlsruhe wird also in Berlin starten!
Ein spannendes Rennen, das immer wieder begeisterte Zuschauer findet, ist die 20mal eine halbe Runde-Hindernis- staffel. Nach den gezeigten Leistungen haben sich für die Sieger-Mannschaft der Gruppe Südwest Wettkämpfer aus den Standarten 120 Ulm. 121 Schwäb.-Gmünd, 119 und 413 Stuttgart, 113 Freiburg und 142 Säckingen qualifiziert. Die erreichte Laufzeit stellt der Mannschaft wohl berechtigte Siegesaussichten für die Berliner Reichswettkämpfe. Ms letz- ter Wettbewerb wurde der 400-m-Hindernislauf ausgetragen. In der Siegermannschaft sind vertreten die Standarten 121 Schwäb.-Gmünd, 247 Eßlingen, 1.19 und 413 Stuttgart.
SA.-Obergruppenführer Ludin nahm zum Schluß der Wettkämpfe die Gelegenheit wahr, den Wettkämpfern seine Anerkennung für ikren hervorragenden Einsatz zum Ausdruck zu bringen. „Auf Wiedersehen in Berlin" — mit diesen Worten verabschiedeten sich die Wettkämpfer in Stuttgart. Mit den übrigen, an den vorhergehenden Sonntagen bereits festgestellten Mannschaften, werden sie am Mittwoch, 19. Juli, die Reise nach Berlin antreten.
— Me und was — darauf kommts an! Die Auffassung, was schmeckt ist gesund, ist, wenn man die Erkenntnisse über die richtige Ernährung beachtet, sehr wohl anzufechten. Wir sind nämlich aus allen möglichen Gründen in der Ernährungsweise verzogen worden. Man könnte heute in einem gewissen Sinne von einer Verwirklichung auch im Nahrungsgenuß sprechen. Deshalb ist es wichtig, wenn der Reichssender Stuttgart am Freitag, 14. 7., in einer Hörfolge „Wie und was — darauf kommts an!" auseinanderseht, ist welcher Weise sich auch heute noch eine gesündere Ernährungsweise ermöglichen läßt.
— Der Ortsbaiternführer meint dazu . . . Heiner und Jörg aus der bekannten Hörfolge „Der Ortsbauernführer meint dazu . . die der Reichssender Stuttgart jeden Samstag im Bauernkalender sendet, unterhalten sich am Samstag, 15. 7., um 11.30 Uhr, über eine besonders wichtige Frage der Landwirtschaft. Die Zuschriften aus dem, Hörerkreis zeigen, daß diese Hörfolgen nicht nur dem Bauern, sondern vielen Volksgenossen, die eine Freude daran haben, ihr Gärtchen immer in Ordnung zu halten und auf beschränktem Raum für die Küche Vorräte herauszuholen, viel Lehr-l reiches geben. Wir hören also auch am nächsten Samstags wieder dis Sendung „Der Ortsbauernführer meint dazu..
„Geschehen muß nun etwas! — Steuermann, Jim, tragen Sie den Mann in meine Kajüte! Jim holt dann den nächsten Arzt und bleibt hier auf dem Boote. Sie, Tom, besorgen mir eine Taxe und begleiten mich ins Hotel Bristol, ich werde mich dort auf die Konferenz vorbereiten. Jim wird mir im Laufe des Tages Bericht erstatten."
Der Steuermann Tom Cawlay und Jini Brack salutierten. Man sah es ihnen an, daß sie über diese Lösung zufrieden waren. Wie alle braven Seeleute hatten sie für das Opfer, daö sic dem Wasser entrissen, eine augenblickliche Sympathie und in diesen Gefühlsregungen kamen sie ihrer Herrin nahe, wenn sie das als glückbringend betrachteten. Die See und das Wasser war ihr Lebenselcment, aber in fortgesetzt kämpferischer Form. Denn das Element war im Grunde feindlich und verlangte von den Männern der See seinen zahlreichen, unersättlichen Tribut. Es war deshalb eine ganz besondere, genießerische Freude, wenn sie ihm ein Opfer entreißen konnten. Daß im vorliegenden Fall der gerettete Michael mit seinem gewollten Freitod ein freiwilliges Opfer war, hatten sic schon vergessen oder kam nicht in Betracht.
Die Empfindung einer wohligen Geborgenheit war plötzlich über Michael gekommen. Er protestierte nicht, als ihn die beiden Männer in den Decken aufhoben. In der eleganten Dainenka- binc der Patronin legten sie ihn auf das weiche Sofabett und Michael glaubte noch die Wärme zu spüren, die der Körper der schönen Frau mit den Goldhaaren in den Kissen zurückgelassen hatte. Sein Blick erfaßte noch einmal den Engelskopf mit den großen blauen Augen und dann versank er wiederum in einen tiefen Schlaf.
„Jim, sorgen Sie gut für den Kranken und lassen Sie niemand auf das Boot. Namentlich keine Zeitungsleute!"
Darauf verließ sie die Motorjacht,gefolgt von dem Steuermann, der die Koffer seiner Herrin in den Riesenfäusten trug, wie kleine Geschenkpaketchen.
Es ist sicherlich ohne Vorbehalt anzunehmen, daß dieser Morgen auf der Seine im Herzen von Paris einen Wendepunkt in dem gewissermaßen neuen Leben des Fürsten Michael Semikoff bedeutete. Jedoch erst am dritten Tage, nachdem Miß Mary Stevenson sich ins Hotel begeben hatte, erinnerte
sie sich seiner. Ihre Konferenz mit dem kolonialen Ministerium nahm ihre ganze Zeit in Anspruch. Es handelte sich um die Besitzübertragung mehrerer Inseln im polynesischen Jnsel- archipel, die im französischen Besitz waren und die der Stevcnson- konzern für Kautschukplantagen erwerben wollte. Der geschäftsführende Sekretär der Miß Mary Stevenson war mit dem Expreß von Le Havre gekommen, um die Chefin bei den Verhandlungen zu unterstützen. Aber trotz aller entgegenkommender Galanterie und Liebenswürdigkeit der schönen Amerikanerin gegenüber, war es eine zähe Arbeit. Doch die Waagschale des Erfolges neigte am Ende sich wiederum der schönen Miß Stevenson zu. Ihrem persönlichen Zauber, der durch das kühle, gleichmäßige, etwas überlegene Temperament eine eigenartige Note erhielt, konnten sich die quecksilbrigen Franzosen nur schwer entziehen. Nach dreitägigem zähem Verhandeln aber konnte Mister John Hawkins, der Sekretär die Besitzüberschrei- bungen und mehrere Spezialkonzessionen in seine Aktentasche versenken. Ein großer, lebenswichtiger Erfolg konnte wiederum durch die energische Tatkraft der Miß Mary für das Stcvcn- son'sche Unternehmen verbucht werden; oder, wie Jini der Steward sagte, in das mit Blümlein verzierte Album hincin- gcschncbcn werden.
„Wenn Sie nicht gerade Miß Stevenson wären", sagte lächelnd der Kolonialminister, „würden wir nicht zögern, Ihnen sofort eine Regierungsstelle anzutragen!"
„Sie sind sehr liebenswürdig, Herr Minister", erwiderte schalkhaft Mary Stevenson, „aber ich fürchte ein zu schnelles Avancement, und wer weiß, was ich als Präsidentin von Frankreich noch alles anstellcn würde!"
Am Tage nach dem Abschluß der Verträge gab der Minister einen großen Empfangsabend zu Ehren der Amerikanerin. Alle prominenten Persönlichkeiten der Pariser Metropole, aus den Regierungskreisen und der amerikanischen Botschaft waren geladen. Die schöne Kautschukkönigin stierte ihre gewohnten Triumphe und die Weltkonkurrenz war wieder einmal nah« am Zerplatzen. Einmütig war das gefällte Urteil, daß es mit einem schönen Weibergesicht, namentlich bei den Franzmännern, kein großes Kunststück wäre, überall daö Rennen zu machen.
(Fortsetzung folgt.)