976

befugt, zur Beseitigung erheblicher, die Sittlichkeit gefährdender Mißstände im Wege der Verfügung für einzelne Gast- oder Schankwirtschaften die Beschäftigung von Kindern weiter einzuschränken oder zu untersagen.

V. Strafbestimmungen.

Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Gesetzes werden teils als Uebertretungen, und zwar mit Geld bis zu zwanzig, dreißig oder hundert­fünfzig Mark, teils als Vergehen, und zwar mit Geld bis zu sechshundert oder zweitausend Mark bestraft.

Die Ortspolizeibehörden haben auf die genaue Durchführung der Bestimmungen des Kinder- schutzgesetzes nachdrücklich hinzuwirken (siehe den Erloß des K. Minist, des Innern vom 10. Mai 1907 Nr. 7169, M.A.Bl. S. 233).

Calw, 5. Dezember 1907.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

ragesuerrigkeiterr»

(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Se. Mäj. der König haben allergnädigst geruht, dem Eisenbahnbetriebsinspektor Hindennach in Calw den Titel und Rang eines Finanzrats zu verleihen,

den Eisenbahnpraktikanten I. Kl. Schmitt zum Oberbahnassistenten in Calw zu ernennen.

X Gechingen 11. Dez. Dis letzten diesjährigen Hopfen kamen heute zum Versand und wurden für den Zentner 52 ^ bezahlt, ein Preis, der nicht befriedigt und den Anbau des Hopfens nicht mehr lohnt.

Neuenbürg12. Dez. Auf den sogsnannten Beschwichtigungsvortrag vom 30. November ds. I». in Neuenbürg, betr. Wasserversorgung von Stuttgart aus dem Enztal, kommt derEnztäler" zu sprechen. Der Vorgang habe das vorhandene Mißtrauen der Enztäler gegen das Projekt nicht sehr zerstreut, sondern vielseitig noch mehr vergrößert, da er das dem Enzgebiete zu entziehende Waffe: quantum möglichst klein darzustellen versucht habe. Für Grvß-Stutt- gart würden alle nur irgendwie aufzutreibenden Quellen des Groß- und Kleinenztales, sowie des Eyachtales kaum ausreichen. Was soll aber, fährt der Artikel fort, aus unserem Bezirk werden, wenn ihm der ganze Lebensnerv abgeschnitten würde. In dem heurigen, abnorm trockenen Jahre konnte man sich einigermaßen ein Bild machen von dem künftigen Zustande unserer lieblichen Täler, welchen nach Ableitung der Quellen alles Belebende genommen wäre und die geradezu veröden würden. Wenn in dem Vertrage auf die Gefahr des Aus­bruchs einer Seuche in der Landeshauptstadt infolge schlechten Trinkwaffers hingewiesen werde, so sei dem zu erwidern, daß das Enztal keinerlei Schuld trifft, wenn Stuttgart nicht schon längst für ein gutes Wasser gesorgt habe. (!!) Der eigentliche Zweck dieses Hinweises aber dürfte leicht zu erraten sein und wohl nur darin bestehen, das Ministerium des Innern und das Finanz­ministerium zu bewegen, der Hauptstadt möglichst bald zu einer billigen Wasserversorgung auf Kosten unseres Bezirks zu verhelfen. Der Artikel schließt: Wir vertrauen aber auf die Einsicht der beiden Ministerien, daß diese einer Anlage, die einen großen blühenden Bezirk ganz enorm schädigen und fortwährenden Anlaß zu Prozessen und Er­bitterungen geben würde-, nicht zustimmen werden, umsomehr, als es keineswegs aus geschloffen ist, daß die Stadt Stuttgart in der Lage wäre, eine anderweitige, jederzeit ausdehnungsfähige Wasser- Versorgung, wenn auch mit etwas Mehraufwand zu erstellen, wenn sie nur ernstlich wolle.

Wildbad 11. Dez. Auf Antrag des Stadtschultheißen Bätzner haben die bürgerlichen Kollegien in ihrer letzten Sitzung den Ankauf der Weberffchen Wiese, unterhalb des alten Fried- Hofs, um 9000 behufs Erbauung eines neuen Realschulgebäudes beschlossen. Man hofft, daß mit dem Neubau auch die Erweiterung der Realschule zu einer siebenklassigen Anstalt zur Verwirklichung gelangt, die von weiten Kreisen unserer Einwohnerschaft längst als ein Bedürfnis empfunden wird. Der Bergbahnbau geht in wenigen Wochen seiner Vollendung entgegen. Oben aus der Höhe des Sommerbergs find bereits Wege und Anlagen mit prächtiger Aussicht ins

Tal geschaffen. In der mittleren Ausfichtsplatte sind allerdings in geringer Ausdehnung die Berge der schwäbischen Alb sichtbar.

Von der Aid 12. Dez. Ein Tübinger Hopfenhaus kaufte in Aidlingen, Deufringen und Gechingen mehrere Partien Hopfen zum Preis von 4050 ^ per 50 Kilo.

Stuttgart 11. Dez. Der heutigen Ledermesse in der Gewerbehalle waren etwa 750 Ztr. zugeführt. Die Preise stellten sich per Pfund für Sohlleder 1,30 bis 1,40 für Wildvacheleder 1 ^ bi« 1,20 Wildoberleder I s, 2 bis 2,20 Wildoberleder II a 1,50 bis 1.90 Schmalleder 1,90 bis 2,10 Kalbleder 2,70 ^ bis 3 50 Zaum-, Zeug- und Roßleder 1,50 ^ bis 1.60 Schafleder 15 bis 20 ^ per 10 Felle. Das Geschäft nahm einen schleppenden Verlauf. Der Umsatz be­trägt etwa 90000

Stuttgart 12. Dez. Dem Kartoffel­großmarkt auf dem Leonhardsplatz wurden in der Z-sit vom 13. Juli bis 30. November rund 30000 Ztr. zugesührt gegen 21000 Ztr. im Vorjahr. Die Preise betrugen im Juli 3.10 ^ bis 5 im August 2 50 bis 3 50 im September 2.20 bis 4 20 im Oktober 2.40 bis 4.20 im November 2 80 bis 4.30 ^ für 50 Kilo Dem Filderkrautmarkt auf dem Marktplatz wurden rund 45000 Stück zugeführt, gegen 70000 Stück im Vorjahr. Preise im August 20 bis 40 September 15 bis 23 ^2, Oktober 10 bis 18 November 8 bis 14 ^ für 100 Stück.

Vorort Wangen 11. Dez. Infolge Ge­schäftsstockung inderDaimler'schen Motoren­fabrik in Üntertürkheim wurde am vergangenen Samstag wiederum 400 Arbeitern gekündigt. Weitere Entlassungen stehen noch bevor. In einer von den Gießern daselbst für heute anberaumten Versammlung wird die Frage erörtert werden, ob eine sisbenstündige Arbeitszeit eingeführt werden soll, um dadurch Entlassungen zu verhüten, da bis jetzt sich die Kündigung noch nicht aus Arbeiter aus der Gießerei sich erstreckt. Viele von den entlassenen Arbeitern suchen in Eßlingen, Stutt­gart, Cannstatt u. s. w. Arbeit.

Zuffenhausen 12. Dez. In der Nacht zum Mittwoch suchte im Beznkrkrankenhaus zu Ludwigsburg der 20 Jahre alte, ledige Schreiner Leo Bilick von Galizien Aufnahme, der eine Schußwunde im Hals hatte. Nach den angestellten Erhebungen stand der Verletzte in einer hiesigen Fabrik in Arbeit, er hatte sich vor­gestern vormittag aus seinem Logis hier entfernt, in der Absicht nach Schlesien zu wandern, ist aber gestern abend in Ludwigsburg, soviel bekannt, mit dortigen Ziegeleiarbeitern in Streit geraten und hiebei durch einen Schuß schwer verletzt worden.

Nürtingen 11. Dez. Ein aus dem Gefängnis entlassener Bettler hat in Oberen­singen einiges Geld zusammengebracht und sich dann so sehr betrunken, daß er im Haus des Polizeidieners die Treppe hinunterstürzte und tot liegen blieb. Eine andere Darstellung des Vorfalls geht dahin, daß der Handwerksbursche nach dem Lesen des Türschildes an der Wohnung des Amtrdieners sich jählings zur Flucht gewandt und beim Absturz in dem Treppenhaus das Genick gebrochen habe.

Tübingen 11. Dez. Im nahen Unter- jesingen hatte der Metzgermeister Reichert und sein Knecht vor etwa 10 Tagen eine an Milz­brand erkrankte Kuh auf Gut Roseck zu schlachten gehabt. Obwohl die beiden keinerlei Verletzung erlitten haben, so schwoll doch einige Tage nachher beiden der linke Arm an und begann zu eitern, so daß sie in die Klinik gebracht werden mußten.

Reutlingen 10. Nov. Auf dem Vieh­markt waren zugeführt: 300 Ochsen, Preis für fette 9501160 *6, für magere (Zugochsen) 650-850^; 205 Kühe, Preis 230400 41 Kälber, Preis60110^; Jungvieh273Stück, Preis für Kalbeln 310450 für Rinder 160250 Schweine waren zugeführt 3540

Paar, Läuferschweine, Preis 60120 140

150 Paar Saugschweine, Preis 2535 Der Handel war trotz des schlechten Wetters lebhaft.

Pforzheim 10. Dez. Im Hofe einer Bijouteriefabrik wurde von einem Unbekannten dem Dienstmädchen eines Fabrikanten ein Paket mit 6070 halbfertigen Anhängern im Werte von 200 ^ und 27 ^ Bargeld abgenommen. Das Dienstmädchen sollte einer Poltffeuse da« Paket überbringen. Aus dem Hofe begegnete dem Dienstmädchen ein mit Arbeitsbluse bekleideter Mann, erkundigte sich, wohin das Mädchen wolle, und erklärte sich bereit, das Paket der Poltffeuse zu übergeben. Da das Mädchen annahm, daß der Mann in derselben Fabrik beschäftigt sei, über­ließ es ihm das Paket. Der Fremde aber hatte die Anhänger nicht abgeliefert und die Nach­forschungen danach hatten bisher keinen Erfolg.

Karlsruhe 12.Dez. Der Großherzog hat aus Anlaß seiner Regierungsantrittes sieben, undsechzig zu Freiheitsstrafen Verurteilten, teils durch völligen oder teilweisen Nachlaß, teils durch die Anordnung der vorzeitigen, vorläufigen Ent­lassung oder der vorzeitigen Beurlaubung auf Wohlverhalten nach Verbüßung eines Teils ihrer Strafen, Gnade erwiesen. Unter den Begnadigten befindet sich auch derKarlsr. Ztg " zufolge, eine s. Zt, wegen Mords zum Tode verurteilte, sodann zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigte Per­son, dis nunmehr auf Wohlverhalten in dis Frei­heit entlassen wird. Außerdem hat das Justiz. Ministerium in hundertsiebenundzwanzig Fällen Gnadenokte verfügt.

Erzingen OA. Waldthut 12, Dez. Zwei hier beschäftigte italienische Fabrikmädchen lauerten einem Landsmann aus, der sie um Liebe und Geld betrogen hat, griffen ihn mit Messern an und übergossen den nun um Hilfe Rufenden mit Spiritus, den sie anzuzünden versuchten. Der Mißhandelte liegt krank darnieder, die beiden Mädchen wurden verhaftet.

Münch en12.Dez, Die Frage, ob Kaiser Wilhelm von dem Rücktritt des Prinzen Rupp- recht vom Protektorat des bayrischen Landes­verbandes des Flottenvereins Kenntnis nehmen wird, wird von autoritativer Seite bejaht. Eine Aeußerung des Kaisers, in der er, wenn auch nicht offiziell, für das Präsidium des Flotten­vereins Stellung nimmt, wird in hiesigen Hof­kreisen nächster Tage bestimmt erwartet. Durch die Berliner Versammlung, die mit einer Ver­trauens-Kundgebung für General Keim schloß, hat sich die Stimmung in offiziellen Kreisen ver­schärft. Die Haltung des Flottenvereins und seiner Leitung hat entschieden dazu beigetragen, den im Einschlafen begriffenen alten Gegensatz Süddeutschlands, vor allem Bayern, gegen Preußen wieder stärker hsrvortreten zu lassen.

Berlin 12. Dez. Der längere Besuch, welchen der Kronprinz dem Reichskanzler Fürsten Bülow abgestattet hat, wird in politi­schen Kreisen vielfach besprochen. Man geht nach der Post wohl nicht fehl in der Annahme, daß den Hauptgegenstand der Unterredung die Krisis im Flottenverein gewesen ist. Dis herzlichen Be­ziehungen des Kronprinzen zum Herzog Karl Theodor zu Bayern, des Schwiegervaters des Prinzen Rupprecht, find ja bekannt.

Tokio 12. Dez. Die Arbeiten für die Weltausstellung im Jahre 1912 werden eifrig betrieben. Bis jetzt haben 4 ausländische Mächte, darunter Deutschland, ihre Beteiligung zugesagt. Den fremden Ausstellern sind 5 Sek- tionen zugewiesen worden. Die japanische Re­gierung plant im Anschluß an die Ausstellung die Veranstaltung einer internationalen Konferenz für medizinische Wissenschaften in Tokio.

Berlin 12. Dez. Kriegsminister von Einem ist von der heftigen Erkältung, die ihn bis in die letzte Zeit hinein plagte, nunmehr völlig hergesttllt. Von Berlin wird gemeldet, Aufsehen erregt das auffällige Vorgehen eines englischen Kriegsschiffs im persischen Golf gegen die Niederlage einer deutschen Firma auf der Insel Abu Massa im persischen Golf. Es handelt sich darum, daß der Komman- dant des englischen Schiffs die Niederlage unter dem Vorgehen konfiszierte, daß sie Kriegskontre-