Originelles Auskuustsmi
Der Ende der dreißiger Jahre zu Mannheim verstorbene Oberhofrichter Freiherr b. Drais- Lxxg verband mit hohem Edelmut und außer- Mvöhnlichem Verstand eine entsetzliche Menge V^N Narreteien. So hatte er unter seinen unzähligen Eigenschaften auch die seltsame Idee, dchrch keine andere als durch eine Flügeltür in einen Saal oder ein Zimmer, in welchem er Äsnitsgefchäfte zu erledigen hatte, treten zu wollen, wobei jedeSmal zwei Bediente in groß- herzoglicher Hsflivree — ein Vorrecht seiner Stellung — die beiden Flügel öffneten und schlossen. Als er nun einstmals in Freibnrg ein wichtiges Amtsgeschäft zn verrichten hatte, zeigte man ihm an, daß in dem dazu bestimmtest Saal keine Flügeltüren wären. Seine r?stnktion, die er hier zn verrichten hatte, war Wichtig. Der Oberhofrichter sah deshelb eine Wigeltür für doppelt notwendig an und bahnte sich einen drolligen Answeg. Auf seinen Befehl wurde ein alter, ungeheuer großer Kleiderschrank geliefert, dessen Hinterwand Mn herausnahm und ihn dann im Sitzungssaal« dergestalt vor die Tür des anstoßenden ZimmerS des Hofrichters stellte, daß er bequem in den Schrank treten konnte. Der wichtige Ttzg brach an. Man erwartete nur noch den Hofrichtcr und zerbrach sich die Köpfe darüber, weshalb seine Diener vor einem Klciderschrank Wache hielten. Da ertönte plötzlich ein Schlag und gleichzeitig öffneten sich beide Flügeltüren des Kleiderschrankes und der Oberhofrichter trat schnell, aber mit Würde in den Saal durch den Kleiderschrank, dessen Türen die Bediente.« sogleich wieder schlossen, um davor bis zn seinem Austritt stehenzubleiben.
5« 6W Mark kostete ein Emvfang
Amerikas Erwerbslose werden zweifellos mit größtem Interesse die spaltenlangen Berichte von Ni iß Bernda Traziers „SParsamkeitS- Empfang" lesen, die die amerikanischen Zeitungen in größter Aufmachung bringen. Miß Brenda hatte zunächst, um als „Debütantin" in die „Gesellschaft" eingeführt zu werden, einen Empfang geben wollen, der alles in allem 120 000 Mark kosten sollte. Die Ban! aber, die das ihr von einer Großmutter vermachte Vermögen als Treuhänderin verwaltete, erhob Einspruch und verlangte eine radikale Kürzung dieses Etats. Die 17jährige Miß Brenda veranstaltete daraufhin eine Abendgesellschaft „in bescheidenem Rahmen". Ans der Rechnung: zerbrochenes Geschirr 2100 Mk., »W« Orchester 6000 Mark, 15 Privatdetektive („einschließlich Miete von Fräcken") 810 Mark, Än Abendkleid 2100 Mark . . . Insgesamt kostete diese bescheidene Abendgesellschaft noch Mcht einmal 50 000 Mark.
MilkjsisWlige und Boxhiebe
Ein ungewöhnlicher Prozeß, heiter mit ernstem Hintergrund, spielte sich vor den Schranke deS Polizeigerichts in San Franzisko ab. Gegenüber standen sich zwei Männer, die auf der nächtlichen Straße von einer Polizeipatrouille anfgegriffen worden waren, als sie sich gerade ein erbittertes Boxmatch lieferten, das trotz der späten Stunde zahlreiche Zuschauer angelockt und eine erhebliche Ruhestörung verursacht hatte. Ungewöhnlich an der Prügelei war das Motiv. Die beiden Männer hatten sich auf dem Nachhauseweg in ein Ge- fforäch über den Wert oder den Unwert von Versicherungen verstrickt. Das Gespräch ar- kete in einen Streit aus, als der eine dem anderen erklärte, es sei von ihm als Familienvater verantwortungslos und pflichtvergessen, seine Familie nicht durch eine Lebensversicherung geschützt zu haben. Diese sehr richtige Bemerkung faßte der andere als eine Beleidigung auf und erwiderte sie mit einem Faust
schlage, der der Beginn einer großen Prügelei war. Der Angreifer, der übrigens von seinem Gegner recht übel zugerichtet worden war. war sehr erstaunt, als der Richter ihm sagte, er habe kein Recht gehabt, eine vernünftige und gutgemeinte Belehrung mit Faustschlägen zu beantworten. Er solle im Gegenteil die Ermahnung seiner Gegners beherzigen und die ihm zudikticrte Freiheitsstrafe von 18 Stunden dazu benutzen, über seine Pflichten als Familienvater nachzudenkeu. „Schicksalsschläge begegnet man nicht mit Boxhieben, sondern mit kluger Vorsorge", meinte der Richter zum Schluß und hat damit ein lebenswahres Schlagwort geprägt.
ZollisüLiM Sund beißt 9 Personen
Aus der nordostiranischen Stadt Semnan wird gemeldet, daß in einem der Stadt benachbarten Dorf ein tollwütiger Hund in ungewöhnlicher Raserei durch die Straßen tobte und schwere Schäden anrichtete. Bevor es gelang, das kranke Tier unschädlich zu machen, wurden neun Personen gebissen und trugen schwere Wunden davon. Da sich in Semnan kein Pasteurinstitut befindet, wurden die Betroffenen zwecks nachträglicher Schutzimpfung nach Teheran gebracht. Obwohl die schweren Schneefälle der letzten Zeit die Straßen zwischen Semnan und Teheran für den Motorverkehr schwer passierbar machten, hofft man doch, daß es gelingt, das Leben der Infizierten noch rechtzeitig zu retten.
Ner Ermordete soll seinen Mörder verraten
Die Londoner Kriminalpolizei hat eine tatkräftige Unterstützung bei der Aufklärung eines Kapitalverbrechens bekommen, das seit längerer Zeit die englische Oeffentlichkeit beschäftigt. 15 Geisterseher wollten die Ermordung eines Juweliers auf eine Weise aufklären, die sie der einfachste und zugleich doch sicherste Weg dünkt: sie wollten den Ermordeten selbst danach fragen, von wem er getötet worden ist. Er muß cs ja schließlich am besten wissen, sagen sie. So trafen sich denn die 15 „Spiritualisten" — 13 Frauen und zwei Männer — in einer Okknl- tistenkirchs Londons, beteten und sangen und
^^"-'.42-r.
Spitzenkönner der französische» Dresinrreiterei beim Berliner Reitturnier Bei dem Berliner Reitturnier vom 27. Januar bis 5. Februar wird das weltberühmte „Cadre Noir" der französischen Kavallerieschule Saumur sein erstes Gastspiel in Berlin geV en. Die besten Reiter Frankreichs, die in Sau- mur als Reitlehrer und Ausbildner zusam mengezogen sind, tragen schwarzen Uniform- rock, goldverziert mit goldenen Knöpfen, Dr eimaster und Weiße Reithose. Unser Bild: Vor-führnngen des „Cadre Noir". (Weltb. — M)
warteten darauf, daß der Geist des Ermordeten erscheinen werde. Aus seinen: Munde würde dann, hofften sie, die gewünschte Aufklärung kommen. Die Polizei wird allerdings ihre eigenen Nachforschungen vorläufig noch fortsetzen müssen, da es bisher noch nicht gelungen ist, auf übersinnliche Weise den Namen des Mörders festzustcllen. Der Geist des Juweliers zeigte nämlich keinerlei Neigung, sich in der Okkultisten-Kirche zu „materialisieren" und seinen Mörder zu verraten. Die Sprecherin der 15 Geisterseher fand allerdings eine sehr einleuchtende Erklärung für dieses wenig entgegenkommende Verhalten deS Juweliers, das um so weniger zu verstehen ist, als der Ermordete zu Lebzeiten selbst ein begeisterter Okkultist gewesen ist und daher allen Anlaß gehabt hätte, die Geisterseher bevorzugt zn behandeln. „Der Ermordete muß sich erst von
* "2"
" ^ ^
7'. ...
WHMAWKKß
Vom Bormarsch der nationale« Truppe« in Katalonien Ein sowjetrussischer Tank, der bei der Flucht der Bolschewisten aus Castelldans, südwestlich von Borias Bianca, aufgegeben wurde. Weltbild — M.l
seinem Schrecken erholen, den er durch die ver« ruchte Tat erlitten hat", verkündete die Okkultistin und vertagte die „Seaueee" auf cinm späteren Termin.
MMicher Mer emss gGchlMW
In Florenz hat ein Fall von Kindesraub vor allem wegen seiner seltsamen Begleitumstände großes Aussehen erregt. Eine 22jährige Frau hatte cs unter Vorspiegelung eines spitzfindig ersonnenen Planes verstanden, einer jungen Mutter ihr drei Wochen altes Kind zu entführen. Den sofort aufgenommenen Nachforschungen der Polizei gelang es, festznstellen, daß die Täterin den Säugling entführt und an sich genommen hatte, um ihrem Gatten, mit dem sie seit zwei Jahren verheiratet ist, glaubhaft zu machen, daß sie das Kind zur Welt gebracht hätte. Die hysterische junge Frau hatte ihre Rolle so gut zu spielen verstanden, daß der Ehegatte die vorgetäuschte Schwangerschaft und die Geburt „seines" Söhnchens für bare Münze nahm. Aber nicht alle waren so leichtgläubig und unwissend wie dieser. Die Hebamme, die die „eingebildete Mutter" nach dem angeblichen freudigen Ereignis zu sich kommen ließ, stellte fest, daß die junge Frau gar kein Kind zur Welt gebracht hatte und daß der neben ihr liegende Säugling kein neugeborenes Kind sein konnte, sondern bereits mehrere Wochen alt sein mußte. So kam der Schwindel sehr schnell auf und der verloren gegangene kleine Peter konnte seiner wirklichen Mutter gesund und heil wiedergegeben werden. Die Phautasievolle falsche Wöchnerin aber wurde in Haft genommen und ivird sich vor Gericht wegen Kiirdes- entfuhrung und Versuchs der Glaubhaftmachung einer nicht erfolgten Geburt ru verantworten haben.
Meines Msiaik des Willens
Goethe hat einmal allen Ernstes den aussichtslosen Versuch unternommen, das natürliche Schlafbedürfnis durch übermäßigen Genuß starken Kaffees auf ein Minimum herabzudrücken.
Der Lachs nimmt in der Laichzeit keine Nahrung zu sich.
klotzt Palmenstämme, aber kein Palmen-
Das braune Sold
Bon .Hermann Ulbrich-Hannibal
Die schlanken Schlote der Brikettfabriken schreiben mit dichten Wasserdampfschwadcn über den riesigen Abraumhalden der Braunkohlengruben ein Lied der deutschen Arbeit m den Himmel. Denn in keinem anderen Lande hat sich der Braunkohlenbergbau zu solcher wirtschaftlichen Bedeutung und zu solcher technischen Vollkommenheit entwickelt wie in Deutschland, wo drei Viertel der gesamten Fördermenge von Braunkohle auf der Erde gewonnen werden.
Es sind hauptsächlich drei große Reviere, wo in der deutschen Erde das „braune Gold" in zehn bis hundert Meter dicken Flözen anfge- schichtet liegt. Das eine befindet sich zu beiden Seiten der Oder um Senftenberg in Niederschlesien, das andere im sächsisch-thüringischen Herzen Deutschlands westlich der Elbe zwischen den Städten Leipzig, Weißenfels. Eislcben, Magdeburg und Bitterfeld, und das dritts westlich von Köln im Rheinland. In der Zeit, in der die Braunkohle entstand, sah die Landkarte von Deutschland allerdings anders aus als heute. Da bildeten diese Gegenden die Buchten eines seichten Meeres, das große Teile Europas bedeckte. Obwohl seither Millionen von Jahre vergangen sind und in der damaligen Zeit, die von den Geologen als Tertiär bezeichnet ivird, noch keine Menschen auf der Erde lebten, wissen wir, wie es in diesen mitteldeutschen Meeresbuchten aussah. Denn die Braunkohle gibt uns darüber Auskunft.
Sie ist ein aus pflanzlichen Stoffen hervorgegangenes „Gestein". Ihre schwarzerdige, leicht bröckelige Masse sind die Bäume und Strauche:, die Blätter und Blüten, die das warme subtropische Klima, das vor der Eiszeit an diesen Meeresbuchten herrschte, dort
hervorzauberte. Hauptsächlich waren es Sumpfzypressen. Sumpfeichen, Magnolien, Pappeln, Kiefern und später Patmen, Ulmen, Birken, Buchen und Kastanien, die den sumpfigen Boden beschatteten. Sie alle haben ihre Spuren in der Braunkohle zurückgelaffen. Die Wissenschaft nennt die Braunkohlenstücke, in denen die Pflanzen erkenntlich sind, Lignitte. Sie haben uns verraten, daß mehrere hundert Pflanzenarten an der Entstehung der Braunkohle beteiligt waren, und geben uns getreuer, als es ein Chronist berichten könnte, davon Zeugnis, daß dieser Bodenschatz den Rest untergegangener, sumpfiger üppiger Urwälder darstellt.
Der Erdboden, der diese Bäume trug, senkte sich im Laufe der Zeit und versumpfte immer mehr. Die Bäume versanken im Sumpf, und dann spülten große Ueberflntungen Schlamin und Sand an und deckten sie damit zu. Schließlich begann ein Vertorfungsvorgang, der die von der Luft abgeschlossenen und mit den Ablagerungen der Eiszeit überdeckten Bäume und Sträucher in unausdenkbaren Zeiträumen in Braunkohle verwandelte. Bei dieser Umgestaltung, die als Inkohlung bezeichnet ivird. gab der aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff bestehende Zellstoff der Bäume Sauerstoff und Wasserstoff ab und ging in immer kohlenstoffhaltigere Verbindungen über. Weitere Jahrmillionei: dieses Vorganges würden die Braunkohle zu Steinkohle erhärten.
Wenngleich die Braunkohlenförderung auch nur in der einfacher: Arbeitsverrichtung besteht, die über den Flözen liegenden Sandschichten abzutragen und die Kohlenlager: dann auszu- beutcn, so gehört ihre neuzeitliche Ausführung doch zu den eindrucksvollsten technischen Leistungen. Da in Deutschland die Sanddecke, mit der die Eiszeit die Flöze überzogen hat, durchschnittlich nur ungefähr 30 Meter dick ist, wird
die Braunkohle fast ausschließlich im Tagebau gewonnen. Gigantische Bagger räumen die über der Braunkohle liegenden Erdschichten, die der Bergmann als das „Hangende" bezeichnet, als „Abraum" hinweg. Denn fressen sich die Kohlenbagger mit ihren Stahlschaufeln gierig in das braune Gold, bis die Grubensohle erreicht ist und das unter dem Flöz liegende Erdreich, das das „Liegende" genannt wird, zutage tritt. Nach den, Abbau wird die Grube mit Abraum zugeschiittet.
Die Braunkohlentagebaue Wauden: über die Landschaft, sie machen vor keinem Wald, vor keinem Feld, ja nicht einmal vor einem Dorfe Halt und bemühen sich, eine möglichst unsichtbare Spur von ihrer Förderung zurückzu- laffen. Sie schichten das Hangende, das sie vor sich von den Flözen abheben, hinter sich auf das Liegende, als hätte sich zwischen ihnen nie eine Kohlenlage befunden. Dazu bedienen sie sich seit einiger Zeit der Abraumförderbrük- ken. An dem einen Ende eines solchen technischen Wunderwerkes wirft ein Bagger den zu: Freilegung der Flöze aufgehobenen Abraumsand auf ein laufendes Band, welches ihn einige hundert Meter weit bis ans andere Ende der Brücke führt und ihn dort über einen Ausleger in den Grubenteil schüttet, der bereits ausgebeutet ist. Jedes dieser technischen Ungeheuer, die über die Erde kriechen, ersetzt einen Abraumbetrieb von zwölf Fördcrzügen mit 250 Wagen und versetzt innerhalb eines Tages ungefähr 15 000 Kubikmeter Erde. Die Förderung der Braunkohle ist so weit fortgeschritten, daß sie wundersamer wirkt als ihre Entstehung.
Der deutsche Braunkohlenbergbau hätte sich nie zu dieser Bedeutung entwicklet, wem: e-'> in den siebziger Jahres des vergangenen Jahrhunderts nicht gelungen wäre, die Weiche cr- jdige Braunkohle zu festigen und zn formen sie
zu brikettieren. Dieses Verfahren, das eiw umfangreiche, mit der Brannkohlenförderun» zusammenarbeitende Jndustie in Deutschland begründete, nimmt der Braunkohle den hohe« Wassergehalt und behebt ihre mangelnde Stük- kigkeit. Es gilt für eine deutsche Großleistung, um die uns andere Völker beneiden, und wiri in keinem anderen Lande in solcher Vollkommenheit ausgeführt wie in Deutschland. Durch dre Brikettierung ist die Braunkohle das wichtigste Haushaltbrennmaterial geworden, da? mit 38 b. H. an der Spitze der häusliche« Wärmespender steht, während die Stcinkohl« mit nahezu 32 v. H. an zweiter und das Holz mit etwas 11 v. H. an vierter Stelle kommt.
Aber waS ist diese nüchterne statistische Berechnung! Allein aus dem Senftenberger Revier in Niederschlesien rollen täglich etwa OOS Äsenbahnwagen Brikett nach Berliir. Di« lesamte Brikcttherstellung ist im Jahre 1933 in Deutschland zu rund zwei Millionen Zentner angewachscn, während sie zu Beginn dieses Jahrhunderts täglich nur ungefähr 0,6 Millio- :en Zentner betrug. Man hat ausgerechnet, wß die jetzt täglich in Deutschland in Verbrauch gehende Brikettmenge, Stück für Stück memandergereiht, die Erde am Aequator um» Pannen würde.
Und doch verliert diese technische Gigantik .vicder ihre Anschannngskraft, wenn wir uns oorstellen, daß die Wärme, die das Braunkohlenbrikett im Ofen ansstrahlt, nichts anderes ist als die Sonnenwärme, die in der Tertiärzeit, als es noch keinen Menschen gab, ruf der Erde brütete: nichts anderes ist, als das Jahrmiliivnen lang in der Erde anfge- speichertc Sonnenlicht, das Zypressen und Magnolien, Palmen und Pappeln an einem europäischen Meer zur Entsaltuna brachte, da? seit endlosen Zeiten verronnen ist.