Donnerstag den 24. November 1938
Der Enztaler
96. Jahrgang Nr. 376
/Ins Württemberg
— Vaihingen a. F. (Vom Ratha u s.) Der ordentliche und außerordentliche Haushaltsplan der Stadtgemeinde Vaihingen ist mit rund 3 Millionen Mark ausgeglichen, wie Bürgermeister Dr. Heller in der letzten Beratung mit den Gemeinderäten bekanntgeben konnte. Die Gemeinde ist weiterhin stark im Wachsen begriffen, so daß eine Reihe von Neubauprojekten durchgeführt werden muß. Schon in den nächsten Tagen ist mit der Fertigstellung des Rohbaus der Volksschule und Turnhalle zu rechnen, desgleichen schreitet auch das HJ-Heim in seinem weiteren Ausbau beachtlich voran.
— Heilbconn. (Tätliche Beleidigung.) Der 28- jährige, bisher unbestrafte E. V. aus Schönenberg, Gde. Oetisheim bei Maulbronn, stand vor der Strafkammer des Hellbrauner Landgerichts unter der Anklage eines an einem 15jährigen Mädchen begangenen Notzuchtoerbrechens. V. wurde in Anbetracht der Tatsache, daß das Vorleben des von ihm mißbrauchten Mädchens nicht einwandfrei war, nur wegen tätlicher Beleidigung zu zehn Monaten Gefängnis abzüglich sechs Wochen Untersuchungshaft verurteilt.
— Heilbronn. (Fahrlässige Tötung.) Wegen fahrlässiger Tötung und Uebertretung der Straßenverkehrsordnung wurde der 47jährige verheiratete Lastkraftwagenfahrer I. W. aus Heilbronn zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte einen 56jährigen Mann, der vor seinem Lastkraftwagen auf dem Fahrrad einherfuhr, mit einer Eisenstange derart gestreift, daß der Radfahrer sich bei dem folgenden Sturz einen doppelten Schädelbruch zugezogen hatte, an dessen Folgen er später starb.
— Schwenningen a. N. (Drei Verletzte bei Zusammenstoß.) Ecke Neckar- und Zimmerstraße stießen ein auswärtiger Personenkraftwagen und ein hiesiger Lieferkraftwagen zusammen. Drei Personen wurden bei diesem Zusammenstoß verletzt, die alle ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Die Fahrzeuge wurden stark beschädigt.
— Gutenberg, Kr. Nürtingen. (Tödlicher Absturz.) Abends geriet der im Hof stehende Lastwagen des Lammwirts Ehm aus ungeklärter Ursache in Brand, wobei die Kabelleitungen verbrannten. Da die Sache zunächst gefährlich aussah. wurde die Feuerwehr alarmiert. Sie brauchte jedoch nicht mehr einzugreifen, da das Feuer durch den Feuerlöscher noch rechtzeitig erstickt werden konnte, bevor größerer Schaden an dem Wagen entstanden war. Leider hatte aber der Vorfall eine andere tragische Folge. Veranlaßt durch den Feueralarm begab sich die 64jährigs Rosine Bauer zu der dem Brandplatz gegenüberliegenden Sandgrube, um von dort aus den Brand zu beobachten. Vermutlich trat sie, um besser sehen zu können, vor die Abschrankung der 12 Meter tiefen Sandgrube hinaus. Sie stürzte dabei ab und erlitt durch den Sturz schwere Verletzungen, denen sie eine Stunde später erlag. Der Vorfall blieb zunächst unbemerkt, erst als dis Verunglückte nicht beim Nachtessen erschien, begab man sich auf die Suche nach ihr. Sie gab nur noch geringe Lebenszeichen von sich und verschied kurz darauf.
— Stödtlen, Kr. Aalen. (Brand beim Brauteinzug.) Ein rätselhafter und bis jetzt noch nicht aufgeklärter Brandfall ereignete sich dieser Tage in Unterbronnen Gemeinde Stödtlen. Bei dem Fuhrunternehmer I. Haas fand an einem der letzten Abende anläßlich des Einzugs seiner Braut die übliche Einzugsfeier statt. Gegen Mitternacht wurde das Fest durch Feueralarm gestört. Aus der Scheuer des Hauses schlugen Stichflammen und Rauch heraus. Trotz des Einsatzes benachbarter Feuerwehren waren Stall, Stadel und Aütohalle bald ein Trümmerhaufen. Das Wohnhaus konnte jedoch gerettet werden. Obwohl der Brand seinen Ausgang vom Heustock genommen, hatte, hält man Selbstentzündung für unwahrscheinlich.
— Dewangen, Kr. Aalen. (Brand.) Nachmittags brach in eurem landwirtschaftlichen Anwesen aus unbekannter Ursache ein Brand aus, der das Gebäude bald in Helle Flammen hüllte. Da die meisten Feuerwehrleute der Ortschaft zu Drainagearbeiten außerhalb des Dorfes weilten, war die Gefahr auch für die Nachbargebäude sehr groß. Dem raschen Eingreifen der Motorspritze aus Aalen ist es zu verdanken, wenn der Brand trotzdem auf seinen Herd beschränkt werden konnte.
Scheuer und Dachstuhl des Wohnhauses brannten vollständig nieder.
— Kappel, Kr. Ravensburg. (Baumstamm kam ins« Rutschen.) In einem Sägewerk kam, als der Arbeiter Richard Klöck von hier beim Abladsn von Langholz beschäftigt war, ein schwerer Fichtenstamm ins Rutschen und klemmte Klöck ein, sodaß er schwere Verletzungen am Kopf und am Rücken davontrug.
Aus -er Gauksuptstadt
— Stuttgart, 23. November.
Wieder mehrere Verletzt« bei Vertehrsunfällen. In der Schloßstraße unterhalb der Seidenstraße wurde eine Frau beim Ueberschreiten der Fahrbahn von einem Personenkraftwagen angefahren und verletzt. Der Fahrzeuglenker, welcher nach dem Unfall weitergefahren ist, sowie Augenzeugen werden ersucht, sich zur Klärung des Sachverhalts bei der Staatlichen Kriminalpolizei, Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart, Wüchsenstratze 37 b, Zimmer 130, oder bei der nächsten .Polizeidienststelle zu melden. — Nachmittags kam in der Heilbronnerstratze eine 73jährige Frau, als sie einen bereits angefahrenen Straßenbahnwagen der Linie 15 besteigen wollte, zu Fall. Sie zog sich dabei Verletzungen zu, die ihre Einlieserung in ein Krankenhaus notwendig machten. — Auf der Kreuzung Wagenburg- und Klingenstraße in Gablenberg ereignete sich abends ein Zusammenstoß zwischen einem Personenkraftwagen und einem Motorrad. Dabei wurde der 34jährige Motorradfahrer verletzt. Er ist in das Karl-Olga- Krankenhaus verbracht worden. — Beim Ueberschreiten der Fahrbahn wurde in der Neckarstraße eine 60jährige Frau von einem Personenkraftwagen angefahren und so schwer verletzt, daß sie in ein Krankenhaus verbracht werden mußte.
Württembergifche Chronik
Zwei bemerkenswerke Freisprüche
— Heilbronn. Vor Heilbronner Gerichten kam es zu zwei bemerkenswerten Freisprüchen. Im ersten Falle wurde der 28jährige verheiratete E. Pf. aus Grotzglattbach (Kr. Vai- Hingen-Enz) der fahrlässigen Brandstiftung beschuldigt. Pf. hatte bei Ausführung von Reparaturarbeiten an dem Wasserzuleitungsrohr einer Großglattbacher Gastwirtschaft eine Feldschmiede mittels Holzfeuers in Betrieb gesetzt, wobei durch Funkenflug ein an der Hausmauer lehnendes Motorrad in Brand geraten war. Die sofortigen Löschveriuchs des Pf. waren von Erfolg begleitet gewesen. Später war dann aber auch eine in der Nähe gelegene Scheuer in Brand geraten und vollständig eingeäschert worden, wobei Gebäude- und Mobiliarschaden von insgesamt rund 6000 Mark entstanden war Man neigte dazu, auch diesen Brand- fall als durch Funkenflug der Feldschmiede des Pf verursacht anzusehen, mußte aber den Angeklagte» aus Mangel an Beweisen sreisprechen. — Der zweite Fall erfolgte in einer sehr merkwürdigen Angelegenheit, bei der es sich um eine „Erpressung" handelte. Der verheiratete, bereits vorbestrafte R. H aus Bietigheim hatte im Juli dieses Jahres mit zwei Bekannten und einer „Freundin" nach Besuch einiger Wirtschaften eine Bierreise nach Stuttgart und Vaihingen gemach». Tags daraus stellte H. das Fehlen eines Betrags von 600 Mark fest, den er in seiner Werk- ö^^G/iste aufgehoben hatte. Auf eine entsprechende Ver- dachtsaußerung des H hin kam es zu einer Aussprache zwi- Uen ihm und einem seiner Zechgenossen. von dem er 50 Mark als „Betriebsunkosten" für die weitere Verfolgung des Falles verlangte, widrigenfalls er Anzeige erstatten wurde Das Amtsgericht hatte daraufhin den H. wegen Erpressung zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. H. hatte Berufung eingelegt mit dem Bemerken, daß er an eine Erpressung nicht gedacht habe. Die Kleine Strafkammer Heil- bronn schloß sich dem Standpunkt des Angeklagten H. an und kam zu einem Freispruch.
Acht Personen verhaftet — Vor der Aufklärung einer Reihe von Brandstiftungen?
— Memmingen. Neben der Gemeinde Markt Wald, die m den vergangenen zwei Jahren von einer Reihe von Brandstiftungen ^eimgesucht wurde, ist es im Landge-
rlchisveztrk Memmingen noch die Gemeinde Ubereichmgen. in der eine ähnliche Brandseuche festzustellen ist. lieber mehrere Verhaftungen, die in dieser Sache nunmehr erfolgt sind, gibt der Pressedezernent des Landgerichts Memmingen folgenden Bericht heraus: Seit dem Jahre 1836 sind in dem Ort Oberelchingen bei Ulm wiederholt Brände ausgebrochen, die zweifellos aus Brandstiftungen zurückzuführen sind. Es handelt sich um insgesamt acht Brände. Im Zusammenhang mit dem letzten Brand in der Nacht vom 4. zum 5. September 1938, durch den Stadel und Stall des Anwesens der Glöckle'schen Erben vernichtet und durch den große Erntevorräte zerstört wurden, sind nunmehr achi verdächtige Personen aus Oberelchingen verhaftet worden Die Erhebungen werden fortgeführt.
Von der Maul- und Klauenseuche.
Von der Maul- und Klauenseuche werden weitere Ausbrüche gemeldet aus Steinkirchen, Tüngentai und einein Teilort der Gemeinde Gailenkirchen (Kr. Schw.-Hall), Mutlangen, Straßdorf und einem Teilort der Gemeinde Lein- zell (Kr. Schw.-Gmünd), je einem Teilort der Gemeinden Boms und Geigelbach (Kr. Saulgau), Abstatt, Hölzern (Kr. Heilbronn), Unterftsingen (Kr. Tübingen), Hohengehren (Kr. Eßlingen). — Erloschen ist die Seuche in je einem Teil- ort der Gemeinden Braunsbach und Gailenkirchen (Kr. Schw.- Hall), Hegnach (Kr. Waiblingen), einem Teilort der Gemeinde Oberrimbach fKr. Mergentheim), Jagstheim, Waldtann, Schrozberg und je einem Teilort der Gemeinden Lautenbach und Stimpfach (Kr. Crailsheim), W-tz-au (Kr. Schw.-Gmünd).
Aus den Aachbargauen
Tender entgleist. — Unterbrechung des Zugverkehrs.
(!) Karlsruhe. Die Reichsbahndirektion Karlsruhe teilt mit, daß Dienstag vormittag gegen 11.15 Uhr auf der zurzeit eingleisig betriebenen Strecke zwischen Jstein und Klein- kems der Tender der Lokomotive des D-Zuges 260 Basel —Köln mit drei Achsen entgleiste. Dadurch wurde der Zugverkehr unterbrochen und konnte erst gegen 14.30 Uhr wieder aufgenommen werden. Mehrere Züge erhielten zum Teil beträchtliche Verspätungen. Personen wurden nicht verletzt.
Wassergasvergiftung ln einer Hanauer Fabrik.
Hanau a. M. In der Aluminium-Abteilung der Platinschmelze Heraeus in Hanau sind durch ausströmendes Wassergas 20 Gefolgschaftsmitglieder von einer Gasvergiftung. betroffen worden. Sie wurden sämtlich dem Dr.- Robert-Ley-Krankenhaus zugeführt. Wie wir erfahren, besteht bei keinem der Verunglückten Lebensgefahr.
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Alsfeld. (Blutgieriger Fuchs.) In Burg-Gemün- den richtete ein Fuchs unter dem Hühnerbestand großen Schaden an Der reudige Rotpelz biß in manchen Höfen amtliches Federvieh tot und ließ es dann liegen. Am nächten Tag veranstalteten die Einwohner eine Treibjagd auf len Fuchs, der schließlich gefangen und erschossen wurde. Der mordgierige Bursche hatte stark die Reude.
Lampertheim. (Man hat ihn erwischt.) Wir berichteten vor wenigen Wochen, daß ein neunjähriger Junge bei Sandtorf durch einen Radfahrer, der ihn als Dieb be- zeichnete, nach Entkleidung des Oberkörpers in einem Schäserkarren wie öm Indianer am Gesicht und am Körper bemalt und gefesselt wurde. Mit den Haaren, die er dem Jungen aus dem Nacken schnitt, klebte er ihm einen Bari an und verschwand in Richtung Lampertheim. Den Bemühungen der Kriminalpolizei ist es setzt gelungen, den Räuber in einem 15jährigen Jungen aus Lampertheim zu ermitteln- Trotz seiner Jugend hat er ein umfangreiches Strafregister aufzuweisen, und zwar stahl er des öfteren, steckte eine Feldscheuer in Brand. Bei seiner Tante stibizte er sich 150 Mark, die er mit einem Freunde und einem Mädchen verjubeln wollte. Dabei hat man ihn Worms ertappt. Als Motiv seiner Wildwesthandlungen gab er an, er wollte einmal Richter über jemanden sein, da er selbst schon oft vernommen wurde.
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llrheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Manz.München
58. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Fernes Wetterleuchten hellte flatternd das Gewölk auf. Änderinatt griff nach Mareis Händen. Er mußte erwachen aus dem Taumel, der ihn von neuem zu umklammern drohte, er mußte handeln, es ging um Sein oder Nichtsein.
„Marei, wir muffen fort, wir müssen heute noch fliehen," sagte er so laut, daß sie zusammenzuckte.
„Still! Sprich nicht! Ich will nichts hören! Ich bin ja so glücklich!" flüsterte sie.
„Du mußt mich anhören, Marei! Es geht um dich und mich, um unsere Liebe, verstehst du denn nicht?"
„Still, Liebster! Nicht so laut! Das tut mir weh. Was redest du denn solchen Unsinn? Hab ich dich nicht lieb? Fliehen? Warum denn fliehen?"
Er rüttelte sie, als gelte es, eine Nachtwandlerin zu wecken. Sie lachte verhalten, biß ihn in die Hand. Verzweifelt suchte er nach einem Wort, das sie zur Besinnung bringen mußte.
„Ich war heute den ganzen Tag über mit Inge und Eeertje auf der Kimmlingerhütte." sagte er. „Ich habe dich vorhin beobachtet. Das war nicht sehr vornehm von mir, ober es geschah ganz zufällig."
„So!"
Marei wand sich wie eine Katze aus seinen Armen.
„So," wiederholte sie. „Und warum sagst du mir das? In welchem Zusammenhang soll ich das verstehen?" Ihre Stimme klang kalt, hochmütig, höhnisch.
„Aufrichtig, Marei! Weshalb betest du — weinst du, bevor du dich hier mit mir triffst?"
Sie lachte.
„Ja, aufrichtig, Konrad! Weshalb spürst du hinter mir her? Haben etwa die süßen kleinen Mädchen zuviel geplau
dert für dein zartes Gewissen? Willst du mir jetzt die Rechnung vorlegen — für das Opfer, das ich dir gebracht habe? Du glaubst wohl, ich fürchte mich noch vor ihm, wie? Nein, du, nein! Gott hat mir alles verziehen, Gott weiß, daß... Aber du, du bist hart. Du kennst kein Mitleid. Du willst mit mir brechen, weil du meiner überdrüssig bist, nicht wahr?"
„Marei!"
„Schweig! Ich weiß ja, woher dir dieser traurige Mut kommt. Mein süßes Schwesterlein hat dich behext, und aus der neuen Liebe, aus dieser reinen Liebe zu einem Engel schöpfst du die Kraft, mir eine Tat vorzuwerfen, die ich um deinetwillen begangen habe. Warum willst du fliehen?"
„Weil — du gesund werden mußt, Marei!"
„Gesund? Ich? Ich bin ja gesund. Ich habe alles gebüßt, alles. Nein, das ist nicht der Grund, Konrad. Du willst fort, weil sie dich eingefangen hat und weil du fürchtest, mir das sagen zu müssen."
„Das ist nicht wahr," wehrte er sich verzweifelt. „Komm mit mir und du sollst sehen, daß es nicht wahr ist! Wir fahren weit fort, ich muß wieder das Meer sehen, die grenzenlose Ferne. Da fällt alles von uns ab, alles Böse und Dunkle und Verworrene..."
„Oh du kindischer Schwärmer, du kleiner, dummer Esel! Weit fort? Und uns küssen? Und brennen in ewiger Liebe? Und wenn wir uns küssen, denkst du an — sie. Und wenn wir aneinander verbrennen, verbrennst du an ihr. Es gibt keine Ferne, das ist alles Unsinn! Ich kenne das. Darum mutzte jener sterben. Darum..."
„Marei!"
Mit einer blitzschnellen Bewegung griff er nach ihrer Rechten, fühlte kaltes Metall, drückte ihr Handgelenk nieder.
„Laß los!"
Sie zischte vor Wut, stieß mit dem Fuß nach ihm, beugte sich vor, suchte mit den Zähnen seine klammernde Faust. Da hatte er ihr die Pistole entrissen und stand nun keuchend vor dem plötzlich still gewordenen Bündel Mensch, das da, einen Arm über den Augen, keinen Widerstand mehr leistete. Andermatt tastete die Waffe in seiner Hand ab. Es
war seine Pistole; er erkannte sie an zwei^Kerben im Griff, die er einmal gefeilt hatte.
„Das wäre nun wieder ein netter Selbstmord gewesen, wie?" meinte er.
Marei gab keine Antwort. Nur ein leises, wehes Stöhnen kam von ihren Lippen.
„Ich hätte nie gedacht, daß du so heimtückisch sein kannst. Du trägst also die Waffen anderer Leute herum, weil du zu feig bist, für deine Taten einzustehen? Das Ding ist graviert. Und morgen hätten sie mich hier gefunden. Tot. Selbstmord. Gar nicht übel ausgedacht. Alle Männer um Marei Kammlacher freut das Leben nicht. Wie merkwürdig!"
Marei erhob sich langsam, wollte gehen. Der Baron packte sie am Handgelenk, daß sie leise aufschrie.
„Halt!" sagte er. „So einfach ist das nicht. Ich werde dich begleiten. Wesen wie dich muß man überwachen, so lange sie ihre Eistzähne besitzen. Komm!"
Sie wollte sich losreißen, aber seine Rechte hielt sie unerbittlich fest.
„Komm!" wiederholte er. „In einer Stunde haben wir alles bereinigt."
„Was willst du noch von mir? Ich möchte allein gehen." In ihrer Stimme zitterte. Angst.
„Du gehst mit mir!"
Marei fügte sich. Stolpernd und gleitend, mehr als einmal daran, zu stürzen, erreichten sie die Straße. Hier blieb Marei plötzlich stehen, tastete mit der freien Hand nach Andermatts Gesicht.
„Laß mich bitte los!" flüsterte sie. „Du hast mich hart genug bestraft durch den Verdacht, ich hätte dir etwas tun wollen. Gib mich frei, Konrad, ich will nie mehr deine WsW kreuzen! Was geschehen ist, ist eben geschehen, aber ich bin nun ganz bei Sinnen, ich weiß, daß es unrecht von mir war, abscheulich... Wir hatten uns doch lieb! Im Namen dieser Liebe bitte ich dich um Verzeihung. Ich will das allein mit mir ausmachen. Nur die Schande sollst du mir ersparen."
(Fortsetzung folgt.)