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Im 141. Glück Ser Leipziger Zeitung 1781 konnte man folgenden Aufruf lesen:

Cs ist am 28. oder 30. Juni d. I. ein Stu­dent aus Leipzig verreiset und zur Zeit nicht zurückgekommen. Er war 18 bis 19 Jahre alt, mittlerer Statur, trug fein schwarzbraun Haar, welches ein wenig tief in die Stirn ge­wachsen, in einem steifen Zopfe und hat sehr starke Augenbrauen. Bei seiner Abreise trug er ein braunes Kleid von feinem Tuche mit Stahlknöpfen, eine grüne gewirkte Weste, schwarze Beinkleider und Stiefel. Seine Degen, scheide war mit Schlangenhaut überzogen und seine Wäsche mit I. G. S. bezeichnet. Man be­fürchtet, daß diesem jungen Menschen ein Un­glück begegnet sein möchte und ersucht diejeni­gen, welche eine zuverlässige Nachricht von ihm erteilen können, dieselbe gütigst in die Zei- tungsexpedition zu Leipzig zu geben. Die des­halb anfgewendeten Kosten sollen mit er­gebenstem Danke bezahlt werden."

Der Aufruf blieb ohne Erfolg. Die Befürch­tung, den jungen Menschen möchte ein Unglück begegnet sein, bewahrheitete sich um so mehr: Er war hessisch, Werbern in die Hände gefal­len und nach der Festung Zieaenhain gebracht worden. Hier sammelte der Landgraf Fried­rich II. von Hessen-Kassel, einer jener verruch­ten deutsche» Fürsten, welche Landeskinder und andere gewaltsam Aufgegriffene als Kanonen­futter an ausländische Regierungen verhandel­ten, ein Heer von zwanzigtausend Mann. Die­ses Heer war ausersehen, im nächsten Früh­jahr im Dienste Alt-Englands den glorreichen Freiheitskampf der nordamerikanischen Kolo­nien gegen das Mutterland niederwerfen zu helfen. Der landgräfliclre Schurke erhielt da­für einundzwanzig Millionen Taler.

Nach einem fehlgeschlagenen Befrciungsver- such wurde die Arniee, unter der sich naturge­mäß auch viel Abenteurer befanden, die Weser hinabtransportiert und in Bremerhaven ein­geschifft. Die englischen Segler, die den Trans­port nach Nordamerika übernommen hatten, mußten den unerwünschten Nordweg an den Orkney-Inseln vorbei einschlagen, da im Ka­nal und in den spanischen Gewässern feindliche Flotten vermutet wurden. Mangelhafte Unter­kunft, schlechte Verpflegung, Grönlandfrost und schwere Schncestürme machten die Ueberfahrt zu einer viermvnatigen Oual. Man glaubt zu spüren, daß es Seume, als er im vorletzten Jahr seines ErdenwandelnS anfing, sein Leben selbst zu beschreiben, bei der Aufzeich­nung dieses Kapitels innerlich noch schauderte, obwohl sich sein stoischer Geist bei der Nieder- schrift ebenso wie einst auf den zitternden Planken des Schiffes bemühte, äußerste Ge­lassenheit zur Schau zu tragen:

In den englischen Transportschiffen wur­den wir gedrückt, geschichtet und gepökelt wie die Heringe. Den Platz zu sparen, hatte man keine Hängematten, sondern Verschlage im Verdeck, das schon niedrig genug war; und nun lagen noch zwei Schichten übereinander. Im Verdeck konnte ein ausgewachsener Mann nicht geradestehen und im Bettverschlage nicht ge- radesitzeu. Die Bettkasten waren für sechs und sechs Mann; man denke die Menage. Wenn viere darin lagen, waren sie voll, und die bei­den letzten mußten hineingezwängt werden. DaS war bei warmem Wetter nicht kalt; es war für einen einzelnen gänzlich unmöglich, sich umzuwenden, und ebenso unmöglich, auf dem Rücken zu liegen. Die geradeste Richtung mit der schärfsten Kante war nötig. Wenn wir so auf einer Seite gehörig geschwitzt und gebra­ten hatten, rief der rechte Flügelmann:Um­gewendet!" und es wurde umoeschichtet; hatten wir nun auf der anderen Seite guantum satis (genug) ausgehalten, rief das nämliche der linke Flügelmann, und wir zwängten uns wie­der in die vorherige Quetsche.

Die Kost war nicht sehr fein, so Wie sie nicht sehr reichlich war. Heute Speck und Erbsen und morgen Erbsen und Speck; übermorgen pease and pork und sodann pork and pease: das war säst die ganze Runde. Zuweilen Grütze und Graupen und zum Schmause Pudding, den wir aus muffigem Mehl halb mit Seewas- er, halb mit süßem Wasser und altem Schöp- enfett mache:: mußten. Der Speck mochte wohl vier oder fünf Jahre alt sein, war von beiden Seiten am Rande schwarztriefig, weiterhinein gelb und hatte nur in der Mitte noch einen kleinen weißen Gang. Ebenso war es mit dem gesalzenen Rindfleische, das wir in beliebter Kürze oft roh ,ls Schinken aßen. In dem Schiffsbrote waren viele Würmer, die wir als Schmalz mitessen mußten, wenn wir nicht die schon kleine Portion noch mehr verkleinern wollten; dabei mar es so hart, daß wir nicht selten Kanonenkugeln brauchten, es nur aus dem Gröbsten zu zerbrechen; und doch erlaubte uns der Hunger selten, es einzuweichen; auch fehlte es oft an Wasser.

Man sagte uns, und nicht Fanz unwahr- jcheinlich, der Zwieback sei französisch; die Eng­länder hätten ihn im SiebenjährtgenKrieg den Franzosen abgenommen, seit der Zeit habe er in Portsmouth im Magazine gelegen und nun füttere man die Deutschen damit, um wieder

die Franzosen, so Gott wolle, totzuschlagen. Das schwergeschwefelte Wasser lag in tiefer Verderbnis. Wenn ein Faß heraufgeschroten oder aufgeschlagen wurde, roch es auf dem Verdeck wie Styx, Phlegethor- und Kokytus zu­sammen: große fingerlange Fasern machten es dickflüssig; ohne es durch ein Tuch zu seihen, war es nicht wohl trinkbar, und dann mußte man immer noch die Nase zuhalten, und doch schlug man sich, um nur die Jauche zu bekom­men. An Filtrieren war für die Menge nicht zu denken.

Stürme hatten wir oft und . inmal so stark, daß uns der Aufsatz des Vordermastes und die große Raa zerbrach. Die Türmung der Wogen, das Heulen der Winde durch die Segel, das Schlagen und Klirren der Taue, das Donnern

der Wellen an die Borde, das Geschrei und Lärmen des Schiffsvolks, der ganze furchtbar empörte Ozean, alles ist dem Neuling schreck­lich; aber bald wird man es gewohnt und schläft ruhig unter dem Kampf der Elemente. Wenn ich nicht mit den Matrosen arbeitete, lag ich bei schönem Wetter mit dem Virgil oben im Mastkorbe und verglich unseren überstande­nen Sturm mit dem seinigen und fand ihn nie so lebendig wahr als eben jetzt, wo ich an den vorigen dachte und den kommenden erwartete."

So erzählt der sächsischeWanderer, Soldat und Patriot" I. G. Seume von seinem an Abenteuern, schweren Schicksalsschlägen und wertvollen Erkenntnissen, gerade auch national­politischen Kenntnissen, reichen Leben.

Der sächsische Dichter Kurt Arnold Find- eisen hat ihm in der SchriftenreiheGroße Sachsen Diener des Reichs" (Verlag Hei- matwerk Sachsen) ein liebevolles und würdiges Denkmal gesetzt.

Wie der neue Bader vom Krieg erzählt hat

Von b. Sedrkngliamerlleioicisl

Beim untern Wirt sitzt eine ganz nette Gesellschaft beisammen: Der Wirt selber, der Vötterlkrämer. der Schmied-Alois, der Bachl- bauer, der Brunnhuber, der Metzger Simandl, der Schulgehilse und der neue Bader. Die sitzen alle am Tisch beim Ofen. Grad haben sie 's Tarocken aufgehört. Da hat der Bachl- bauer gemeint:Bader, erzähl uns wieder was vom Siebziger Krieg!"

Ja. vom Siebziger Krieg", stimmt der Bötterlkramer zu.In dem hat sich mein Bruder die Tapferkeitsmedaille erobert."

Ja. Bader, saug an!" ruft der ganze Stammtisch.

Ich bitte, keine Störung, meine HerrenI Also jetzt kommt die Schlacht bei Sedan! Grad so, wie ich's selber erlebt Hab."

In der Pause öffnet sich unbemerkt die Tür. ein Fremder, der Hüter Schafhäutl von Zipfling, des neuen Baders Todfeind von Zipfling. dem früheren Wirkungskreis des Baders, tritt ein und nimmt am hin­tersten Tische Platz.

Der Bader nimmt seinen Maßkrug und stellt ihn mitten auf den Tisch.Also, meine Herren, mein Maßkrug ist jetzt Sedan." Der Hüter von Zipfling grinst jetzt hämisch vor sich hin.Dem Bachlbauer sein Maß­krug ist der Napolium. Der ist in Sedan drin gewesen."

Der Bader stellt den Maßkrug des Vachl- bauern neben den seinen in die Tischmitte. Dann hebt er die andern Maßkrüge und stellt sie auf.

Dem Brunnkuber sein Maßkrug ist die französische Kavallerie. Dem Schulgehilfen feiner ist die feindliche Infanterie und dem Wirt der seine ist die Artillerie. Das ist also der Feind gewesen.

Jetzt kommen wir dran, die deutsche Ar­mee. wie wir vor Sedan gelegen sind. Dem Metzger Simandl sein Maßkrug ist die preu­ßische Artillerie. Und weiter drüben, wo ich dem Schmied-Alois sein Maßkrug hinstelle, ist die Preußische Infanterie gestanden.

Jetzt, zuletzt, kommt die Hauptsache, die bayrische Armee. Das ist dem Vötterlkrämer sein Maßkrug, den ich da zu mir herstelle. Das sind wir gewesen und wir haben die Schlacht gewonnen, wie Ihr gleich sehen werdet. Also, so sind wir aufgestellt gewesen, wie die Operationen angegangen sind.

Wer hat zuerst angegriffen? Das ist ganz klar: das bayerische Armeekorps, wo ich dabei gewesen bin." Eine Prise.

Wie sie gesehen haben, daß die Franzosen einenAusfall machen, hat's geheißen: die Bay­rischen angreifen!" Des Vötterlkramers Maß­krug fliegt auf Sedan zu.So sind wir auf die Franzosen einaerückt, die preußische Artille-

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IHolzschnItt von K. SreUag:

Sommernacht

Nachtfalter taumelnd sich im Kreise Hetzen, Bio sie am Wegrand niedersinken:

Oer Abendtan beginnt das Feld zu netzen And bleich von Gras und Zweig zu blinken.

Aus dunkler Bäume Krone,, bin und wieder Sich prall genährte Früchte lösen And fallen durch erschreckte Zweige ni«der Alit unbarmherzig harten Stößen - - -

(kin sunges Paar bleibt l»-'tt «-"tonnen stehen- Oie Hände fest in Eins gebunden,

Oer Reife selbstveraessenes Oergehen Hat schweigend ln ihr Glück gefunden.

Oen Aland bedecken fahle Wolkenschleler,

Oie Nacht ist bang und düftetrunken,

And heimlich löschen fern im Weiher Oie Sterne ihre blassen Funken.

tt»N8 Müller

rie hat über unsere Köpfe weggeschossen, und in ein paar Minuten sind die Franzosen wie­der in Sedan drin gewesen."

So erzählt der neue Bader die Schlacht von Sedan, wie zum Schluß der Napolium gefan­gen worden ist mit seiner ganzen Armee. So sind zuletzt alle Maßkrüg beisammen gestanden. Die Schlacht ist zu Ende gewesen.

Und der Wirt hat irisch eingeschenkt und hat ein Licht gemacht, weil's schon finster worden ist und der neue Bader hat weiter erzählt und die Maßkrüg hin- und hergeschoben. Das hat noch eine Weile gedauert und wie der Bader bezahlt hat und ^ 'mgegangen ist, hat's grad elf Uhr geschlagen.

Der Bader hat grad eine Maß Bier gehabt, wie es der Wirt aufgeschrieben hat. Wie aber der Bader bei der Tür hinausgeht, sieht er den Schafhäutlhüter von Zipfling am Handwerks­burschentisch; da hat'S ihm einen Riß gegeben. Und der Schafhäutl sagt:Gute Nacht, Herr Flinserl. Das Erzählen können Sie noch gut und so wenig Bier trinken Sie alleweil noch wie in Zipfling. Hihihi!"

Der Bader haut die Tür zu und rennt davon und der Schafhäutl lacht recht schlecht. ,

Der Wirt und die Gesellschaft am Ofentisch schauen, weil sie sich nicht auskennen, auf den am Handwerksburschentisch und sein Lachen und kennen tut ihn auch keiner.

Kennst leicht du unfern neuen Bader?" fragt ihn der Wirt.

Und das wie! Hihihi!"

Geh her zu der Gesellschaft!" ladet ihn der Vötterlkrämer ein,und erzähl uns etwas von dem neuen Bader!"

Der Schafhäutl setzt sich mit Verlaub zu den Bürgern am Ofentisch.

Einen tüchtigen Bader haben wir gekriegt," meint der Schmied-Alois. ..Und ein feiner Ge- ellschafter ist er."

Das glaub ich, hihihi!"

Was lachst denn so saudumm?" fragt ihn der Metzger Simedl.

Weißt vielleicht was von unserm neuen Bader?"

Wenn's sein muß, schon."

Jetzt red!"

Also, ich sag's euch, aber ich will nicht schuld sein, wenn's eine Feindschaft gibt. In, euer neuer Bader das ist ein seiner! Wie er die Maßkrüge umeinanderschiebt! Habt ihr nichts gemerkt? Und ihr habt ihn schon sechs Wochen da."

Die Maßkrüg?" sagt der Schmied-Alois, Wieviel Maß Hab denn ich. Wirt?"

Sieben!"

Sieben? Mit sieben Maß Hab ich sonst schon ein Räufchl, das gibt es ja gar nicht!"

Und ich?" fragt der Vötterlkrämer.

Auch sieben!"

Das kann's nicht geben. Sieben Maß Hab ich meiner Lebtag nicht gehabt."

Freilich," sagt der Wirt, dem ein Licht anf- geht, .freilich, seit der neue Bader da ist. hast schon öfter sieben Maß gehabt. Ein jeder hat allemal um ein paar Maß mehr, wenn der neue Bader vom Siebziger Krieg erzählt."

Habt ihr's jetzt?" fragt der Schafhäutl.

Und wieviel hat denn der Bader, Wirt?"

Der Schafhäutl trinkt aus und sagt der Ge- sellschaft gute Nacht.

Ich Hab' noch zwei Stunden heim bis Zipf-

^Nachher zahlt ein jeder sein Bier und geht.

Der Letzte ist der Bachweber, der so viel aus den neuen Bader gehalten hat.

Gute Nacht Wirt," sagt der Bachweber. Ich mein, morgen früh braucht der Bader den Glaser."

Nicht doch!

Der römische Schriftsteller Valerius Ma> ximus, zur Zeit des Kaisers Tiberius. er­zählt folgende Geschichte: Als Diogenes einst sein Gemüse am Brunnen wusch, trat der Philosoph Aristippus zu ihm und sagte: Wolltest du dem Dionysius gute Worte geben, so brauchtest du dieses nicht zu essen! ..Nicht doch!" erwiderte der Weise. .Woll­test du dieses essen so brauchtest du dem Dionysius keine guten Worte geben."

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