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da die Eigner großer Preirconceffionen nicht zu- gaben, somit gestaltete sich kein großer Umsatz und war daher der Verkauf ein schleppender. Auch die Milchschweine und Läufer fanden nicht alle Nehmer; erstere galten 16—19 letztere in schwerer Raffe 60—68 ^ pro Paar.
)( Unterreichenbach 29. Okt. Auch in diesem Jahre machte sich eine lebhafte Bautätigkeit am hiesigen Platze bemerkbar. 6 neue Wohnhäuser sind in Angriff genommen, wovon 3 bereits erstellt. Ein neues Bauviertel an der Straße nach Liebenzell ist erschlaffen. Zuzug von Privatiers und Fabrikanten aus dem nahen Pforzheim läßt eine angenehme Perspective in nächster Zeit für unfern so schön gelegenen Ort erwarten.
Herrenberg 30. Okt. Auf den heutigen Vieh markt waren zugeführt: 101 Ochsen, 214 Kühe und Kalbinnen und 160 Stück Jung, vieh, was gegen den letzten Markt ein Mehr be- deutet bei den Ochsen von 34 Stück, bei den Kühen und Kalbinnen von 6 Stück, beim Jung, vieh von 43 Stück. Von den Händlern waren zugeführt 92 Stück. Der Verkauf war flau Die Preise waren gegen letzten Markt fallend infolge Futtermangel und auch wegen Geldmangel. Erlöst wurde für ein Paar Ochsen 900—1200 eine trächtige Kuh 350—400 eine Milchkuh 260—300 eine Schlachtkuh 150—250 eine Schaffkuh 250—300 eine Kalbin 350 bis 400 ein Jungrind oder einen Stier 120 bis 200 Begehrt waren besonders Jung- sowie fettes und trächtiges Vieh. — Auf den Schweinemarkt waren zugeführt: 570 Stück Milchschweine. Erlös pro Paar 24—38 260 Stück Läuferschweine, Erlös pro Paar 50 bis 106 Der Verkauf ging gut.
Stuttgart 30. Okt. Ein interessanter Kampf zwischen wirtschaftlichen Interessengruppen ist hier entstanden. Es handelt sich um den württ. Gerberverein einer- und um die Häute- Vereinigung der Stuttgarter Metzger andererseits. Die erste Vereinigung hat Hinsicht- lich der Auktionrbedingungen bet den Häuteversteigerungen eine Reihe von Zugeständnissen ver- langt, die seitens der Metzger nicht erfüllt wurden. Am letzten Montag sollte wiederum eine Auktion im Schlachthof stattfinden. Bevor die Berstet- gerung anfing, erklärte ein Vertreter des Zentralverbandes der Lederindustrie und des württ. Gerbervereines, er wolle die Anfrage stellen, ob man den Käufern entgegenkommen und deren Bedingungen anerkennen wolle. Sollte dies nicht der Fall sein, so müsse er vom Steigern absehen und es dürften dann sämtliche Käufer das Auktion-- lokal verlassen. Der Vors. Obermeister Häußer- mann bezeichnte die Forderungen der Gerber als zu weit gehend. Die Auktion mußte daher unter- bleiben, da daraufhin die anwesenden Käufer sich geschlossen jeglichen Kaufgebots enthielten.
Stuttgart 31. Okt. Dem Beispiel der hiesigen Hofbühne folgend wird jetzt auch eine ganze Reihe anderer großer Bühnen, die Suder- mannr Einakter-Zyklus „Rosen" erworben haben, den Abend mit dem hier zum ersten Male aufgeführten Schauspiel „Lichtbänder" einleiten. Sudermann hat den Zyklus» trotzdem sich begreif, licherweise eine ganze Reihe Berliner Bühnen um da» Aufführungsrecht bewerben, noch keinem Theater der Reichshauptstadt gegeben und will dies auch für's erste, wie er erklärt, überhaupt nicht tun. Hier werden die vier Einakter am Donnerstag im Hostheater erstmals wiederholt und find für Sonntag auch im Wilhelmatheater angesetzt.
Cannstatt 29. Okt. (Vortrag) Im Saal zum „Lamm" erstattete gestern abend Kaufmann Ludwig Schaufler den Mitgliedern des Ev- Arbeitervereins einen eingehenden und an- schaulichen Bericht über den Deutschen Arbeiterkongreß in Berlin, welchem er als Vertreter des Vereins angewohnt hatte. Den Vorsitz führte der Vereinsvorstand Reutlinger. Stadt- pfarrer Kübler veranlaßte den Redner, über die Fortführung der Arbeiten des Kongresses durch eine ständige Kommission der Verbandsvorstände und die Vorbereitung eines neuen Kongresses Mitteilungen zu machen. Redakteur Schrempf, einer der Väter des Eo. Arbeitervereins, empfahl in einer Ansprache den Zusammenschluß der auf christlichem und nationalem Boden stehenden Arbeiter in den schön heranblühenden christlichen Gewerkschaften, die für berufliche Fragen die richtige Ergänzung zu den mehr ideale Zwecke verfolgenden Eo. Arbeitervereinen bilden. Mit Worten des Dankes für die Redner schloß der Vorsitzende um 11 Uhr die schöne Versammlung.
Ludwigrburg 30. Okt. Die Offiziere der Garnisonen Ludwigsburg, Stuttgart und Cannstatt veranstalten am nächsten Samstag von nachmittags IV» Uhr ab die üblichen Hubertus. Rennen westlich des Seewalds (gegen Korn- thal), bei schlechtem Wetter auf dem hiesigen großen Exerzierplatz. Es find insgesamt 7 Rennen vorgesehen, zu denen u. a. der König, die Königin und Herzog Ulrich Ehrenpreise gestiftet haben.
Kornwestheim 31. Okt. Nahe dem hiesigen Ort verunglückte in letzter Nacht der etwa 50 Jahre alte Bauer Christian St oll- steineraus Echterdingen durch Sturz von seinem mit Kraut beladenen Wagen, der über ihn hinwegging. Stollsteiner erlitt schwere Verletzungen und befindet sich jetzt im Bezirkskrankenhaus.
Dettingen a. Erms 30. Okt. Daß ein ganzer Waggon Obst verloren gehen kann, sollte man doch nicht für möglich halten. Der hiesige Darlehenskaffenverein hat in Italien einen Waggon Mostobst angekauft, der vertragsgemäß vom 5.—15. Okt. geliefert werden sollte. Die
bahnamtliche Bescheinigung daß Wagen Nr. 129 393 am 10. Oktober in Station Cornuda (Oberitalien) abgegangen sei, ist längst eingetroffen, und auch die vom Reklamationrbureau eingesandten Lauf- zettel sind zurückgekommen, aber der betreffende Waggon scheint verschwunden zu sein.
Eßlingen 31. Okt. In den gestrigen Nachmittagsstunden hat sich der verh. Pflästerer Albert Eberspächer in seiner Wohnung erhängt. Was den Unglücklichen, der eine Frau und zwei Kinder hinterläßt, von denen der Sohn erst vor kurzer Zeit zum Militär eingezogen wurde, in den Tod getrieben, konnte noch nicht ermittelt werden.
Ellwangen 31. Okt. Am Dienstag abend V^8 Uhr hat der von Ballmertrhofen-Dill- ingm kommende Zug der Härtsfeldbahn bei Ebnat das Bierfuhrwerk der Kreuzbrauerei von Aalen angefahren, wobei ein Pferd getötet und der Wagen zum Teil demoliert wurde. Der Knecht rettete durch Abspringen das Leben.
Waldsee 31. Okt. Am Dienstag abend 5Vt Uhr haben Passanten in dem am Ende der hiesigen Stadt gelegenen Weiher einen Mann liegen sehen. Dieser ist alsbald in der Person des 68 Jahre alten, verheirateten Söldners Math. Guth von Steinach erkannt und als Leiche aus dem Weiher herausgezogen worden. Es wird vermutet, daß Guth, von hier auf dem Heimweg begriffen, wegen seines schlechten Augenlichtes von der Straße abgkkommen und so in den Weiher, der ca. 8 Meter von der Straße entfernt liegt, hineingeraten und ertrunken ist.
Vom Bodensee 31. Okt. Der gestrige Obstmarkt in Ueberlingen wies, wie der letzte, trotz geringer Ernte Heuer eine nicht unbedeutende Zufuhr auf (insgesamt etwa 700 Ztr.), Mostobst galt der Doppelzentner 12—12.50 Tafelobst 10—15
Dresden 30. Okt. Bei dem sächsischen Hofe ist heute die Mitteilung eingegangen, daß Frau Toselli die Prinzessin Pia Monica dem Vertreter des Königs von Sachsen, Grafen Mattaroli auf dem Bahnhofe Modena übergeben hat. Während Frau Toselli allein nach Florenz zurückfuhr, begab sich der Graf mit der kleinen Prinzefftn und einer Wärterin zunächst nach Ala und fuhr dann in der Richtung nach Franzensveste und Innsbruck weiter. Auf Wunsch des Königs bringt er die kleine Prinzessin zum Kammerherrn des Königs von Sachsen und päpstlichen Oberkämmerer Herrn v. Schönberg auf Schloß Tallaus bei Brixen in Tirol. Dort soll die Prinzessin einige Zeit bleiben.
Dresden 31. Okt. König Friedrich August von Sachsen, der vom 5. bis 17. November in Tarvis in Kärnthen der Jagd ob-
„Fräulein Inge."
Inge fuhr zusammen. Im gleichen Moment flog ein freudiges Erschrecken über ihre Züge.
„Mister Williams-so kommen Sie doch noch?"
Sie streckte ihm die Hand hin. die er herzhaft drückte.
„Haben Sie daran gezweifelt?-Ich versprach es doch, wenn
es auch etwas spät werden würde."
„So wollen wir zu den Eltern hineingehen, Mister Williams."
„Könnten wir zuvor nicht noch ein wenig draußen bleiben? Die Luft ist so köstlich erfrischend, und ich komme aus dumpfem Zimmer."
„Gern.-Sie arbeiten zu viel, Mister Williams."
„So? Meinen Sie?" Er lächelte und lehnte sich an die Brüstung der Veranda, an der Inge stand.
„Ja, Sie müßten sich mehr Erholung gönnen.
„Später-jetzt noch nicht. Ich bin der erste Arbeiter in der
Fabrik, und wozu ich die anderen anhalten will, darin muß ich selbst mit
gutem Beispiel vorangehen. Wenn man sagt, ich-schinde und knechte
die Leute, dann will ich selbst wenigstens auch-"
„Mister Williams!"
Es war ein Zwischenruf, in dem ein tiefes Weh zitterte.
Der Amerikaner trat an ihre Seite, nahm ihre Hand und sah ihr in die tränenfeuchten Augen.
„Sind Sie mir böse?"
So weich und innig die Bitte auch klang, sie antwortete nicht darauf.
Er wartete eine Weile.
„Regt sich doch noch die alte Feindschaft in Ihnen? Haben meine unbedachten Worte den Krieg von neuem heraufbeschworen?"
Da schüttelte sie den Kopf.
„Nein, gewiß nicht. Aber Sie sollen mich nicht an etwas erinnern,
was-nun, was ich mir selbst nicht vergeben kann. Ich sprach da
mals die Worte einem leidenschaftlich erregten Menschen nach, ohne zu forschen, ob sie auf Wahrheit beruhen. Heute freilich weiß ich, wie wenig das der Fall war und noch ist. Die Arbeiter hängen ja mit einer Verehrung und Liebe an Ihnen, wie es selten vorkommt. Ihre humanen Bestrebungen, sagt Papa-würden von allen anerkannt. Sie sorgten
für jeden Einzelnen von ihnen."
„Das sagte Ihr Papa?" fragte er, während es in seinen Augen ausflammte. „Und Sie — Sie glauben dasselbe von mir?"
„Ja."
"Mister Williams-hörten Sie nichts? Was war das?" fragte
Inge plötzlich erregt und lauschte angestrengt in das Dunkel hinaus.
„Ich hörte nichts. Was meinen Sie."
„Mir war es, als wenn der Boden des Gartens von Tritten
knirschte-" flüsterte sie dicht an seiner Seite, „ich sah etwas Dunkles
sich im Schatten des Buchenganges bewegen-mein Gott-Mr.
Williams-ah."
Ein kurzer Aufschrei. — Mit einem Griff packte Inge den Amerikaner am Arm und zog ihn mit solcher Kraftanstrengung zurück, daß er taumelte. Fast gleichzeitig krachte ein Schuß — ein blitzendes Feuer zuckte auf.
Rauch und Pulverdampf — und darauf lautlose fürchterliche Stille. Nur in der Ferne eilende fliehende Schritte.-
Williams hatte den Arm um die zitternde Inge geschlungen und beugte sich zu ihr herab.
„Ohne Sie wäre ich jetzt ein kalter Mann — Ihr kühner Griff bewahrte mich vor der todbringenden Kugel. Dort in der Bretterwand der Veranda schlug sie ein."