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Ausdruck sei im Hinblick auf die jahrelange par­lamentarische Situation vollauf gerechtfertigt. Der politische Liberalismus ist nur solange in der Lage, sein Gewicht in die Wagschale zu werfen, als er in nationalen Fragen sich zu­verlässig erweist, andernfalls käme die Wagschale seine» politischen Einflusses zum Sinken. Es gibt keine nationale Bewegung, die nicht getragen wird von dem Entschluß, von den Rechten des Volks und der Volksvertretung nicht das Min­deste abbröckeln zu lasten. Auch auf diesem Ge­biete könne es nur ein Vorwärts, niemals ein Rückwärts geben. Hieber kam dann auf die Beschimpfungen seitens der Sozialdemokratie zu sprechen und erklärte, daß die deutsche Partei nicht genug Mangel an Selbstachtung besitze, um sich einer solchen Partei an die Rockschöße zu hängen. Sie ständen durchaus auf nationalem Boden und wollten eine deutsche Partei sein. Wie in Eßlingen möge man überall beweisen, daß unter der nationalen und liberalen Fahne gut fechten und siegen ist. (Anhaltender, stürmischer Beifall.) Landtagsabgeordneter vr. Mülberger protestierte gegen den Miß­brauch, der mit den Worten Mittelstand und Arbeiter getrieben werde. Bezüglich der Neckar­kanalisation forderte er Baffer warn auf, seinen Einfluß in Mannheim geltend zu machen, damit der Widerstand der Badener gebrochen werde. Bezüglich des Schulwesens erklärte Redner, daß die Partei für eine gesunde, fortschrittliche Entwicklung des Schulwesens eintrete. Ein­seitigen Schlageworten dürfe man nicht folgen und er würde bedauern, wenn das Band zwischen Gemeinde und Schule gelockert würde. Es sei müßig, die Frage auszuwerfen, ob die deutsche Partei mehr nach links, die Demokratie mehr nach rechts gerückt wäre. Wichtig sei die Kon- statierurg der Tatsache, daß die Demokratie nationaler geworden ist. Reichstagsabg. Prof. Wetze! stellte als die Forderungen politischer Betätigung nationale Kraft, liberalen Geist und soziales Gewissen aus. Dann sprach Reichstags- abg. Bassermann in einer zweieinhalbstündigen Rede über dieAufgaben des Reichstags." Man flehe noch heute unter dem Eindruck der letzten Wahl, die uns ein gutes Stück vorwärts gebracht habe. Es sei ja recht schwer, in Deutsch- land vorwärts zu kommen und alle Fortschritte müßten heiß erstritten werden. Das Zentrum und Erzberger seien nicht mehr Trumpf. Freie Bahn sei für die im Block koalitierten Parteien geschaffen. Redner ging sodann auf die letzten Reichstagswahlen ein, die dem Kanzler Recht ge­geben und das Bürgertum aufgerüttelt haben. Diesem Wahlsiege jedoch müßten sich andere an­schließen und eine kräftige Agitation sei notwendig, um die Wähler aufzuklären. Bei nationalen Wahlen habe die Partei immer gute Geschäfte gemacht. Sozialdemokraten und Ultramontanen

predigen von der Vergänglichkeit des Block« und je weniger sie daran glauben, desto lauter rufen sie es aus. Für die Nationalliberalen sei der Block eine Erlösung vom Joch der Zentrumspartei und der Tyrannei der Sozialdemokratie. Das Zentrum umschmeichle die Konservativen und Linksliberalen. Würde der Block zerschellen, so würde eine neue Zentrumsherrschaft noch schlimmer werden, da der Ultramontanismus schärfere Be­dingungen stellen würde. Es sei notwendig, daß der Block positive Leistungen aufweist. In erster Linie stünden die nationalen Forderungen. Wir müssen gerüstet sein, nicht für einen Angriff, sondern zur Verteidigung. Das von Bismarck stets geforderte starke Heer habe sich gut rentiert. Daß wir in friedlicher Entwicklung heute so da- fiehen, verdanken wir dem friedengebietenden Heere. Von Heeresforderungen erwähnte Baster­mann die Modernisierung drr Kavallerie und die Verwertung der neuesten Errungenschaften auf dem Gebiete der Luftschiffahrt. Ein neues Flotten- gesetz stehe vor der Tür und bei der Bewilligungs­lustigkeit des Herrn Spahn zweifle er nicht daran, daß die neuen Marineforderungen ohne Konflikt bewilligt werden. Bei einer beschränkten Zahl von Schiffen müsse man für erstklassiges Material sorgen. Vergrößerung der Deplacements, stärkere Armierung, Bau von Unterseebooten und Herab­setzung des Lebensalters der Linienschiffe von 25 auf 20 Jahre und bessere Küstenbefestigung seien notwendige Forderungen. Es solle keine Flotte geschaffen werden, die England gewachsen ist, sondern man wolle ein Friedenselement schaffen, eine Flotte, die für jeden Angreifer eine Gefahr bietet. Fürstenbesuche, Diplomatenzusammenkünfte und die Haager Konferenz seien ja sehr nützlich, aber das Beste ist doch eine eigene starke Wehr. Baffer­mann kritisiert sodann die Haltung der Sozial­demokratie in der Kolonialfrage. Die Inter­nationale Sozialdemokratie habe mit ihrer Reso­lution nichts anzufangen gewußt und Bebel selbst habe in Esten keine Formel für die Kolonialfrage finden können. Der Name Dernburg bedeute ein Programm, hoffen wir, daß seine Ernennung eine Aera der wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonien bedeutet. Der Fall Liebknecht sei unnötig auf­gebauscht worden. Bastermann verurteilte scharf die antimilitaristische Hetze und derartige Spiele­reien. Leuten wie Liebknecht gehöre auf die Finger geklopft. Bei der Besprechung der sozialen Fragen trat Redner warm für den Schutz des Handwerks ein. Die Erhöhung der Gehälter der Reichrbeamten erfordere einen Aufwand von 50 Millionen Mark. Auf dem Gebiete der Sozial­reform nützten keine Polizeigesetze. Baffermann trat ganz besonders für das Koalitionsrecht, das höchste Gut und die beste Waffe der Arbeiterschaft, das man nicht antasten lassen werde, ein. Dabei verurteilte er mit scharfen Worten die frivole und demagogische Agitation der Sozialdemokratie, die

Sie staunen," fuhr er trübe fortund doch ist es so. Er hatte mir eine bedeutende Summe aus dem Kaffenschrank meines Privatkontors entwendet."

Unmöglich I"

Sie begreifen es nicht, Sie meinen, ich hätte meinem Sohn stets

ausreichende Mittel gegeben?-Dar stimmt, und ich weiß auch heute

noch nicht, wozu er die Summe verwandte. Alles Drängen und Drohen half ja nichts; er blieb verstockt und sagte nicht, wozu er das Geld verwendet hatte, und bei ihm wurde nicht mehr ein Pfennig gefunden."

Williams hatte sich von seinem Schrecken und Staunen bereits erholt.

Aber mein Himmel, Herr Kommerzienrat, wie kamen Sie denn dazu, gerade Ihren Sohn zu verdächtigen? Hatte er Ihnen denn schon vorher jemals Anlaß zu solchem Argwohn gegeben?"

Niemals! Das kam so plötzlich über mich so verwirrend. Ich

gab ihm, nach meiner Meinung, ein ausreichendes Taschengeld-es

muß ihm wohl nicht genügt haben. Freilich-" er stockte und würgte

etwa« Quälende« hinunter-er war wenig daheim, blieb nach der

Schule meist noch in der Stadt,-mit seinen Freunden zusammen.

Ich argwöhnte nichts Böses-ich ahnte ja nicht, welchen-Paff­

ionen er nachging."

Wer hat Ihnen das gesagt-wer hat-"

Mr. Williams war aufgesprungen und stand nun vor seinem Chef.

Es lag etwas Drohendes in seinen Augen-doch den letzten Satz

vollendete er nicht. Ein heißer Blutstrom war zu seinem Herzen gedrungen und machte seinen Schlag stocken.

Helmbrccht hatte, in trübe Erinnerungen verloren, keine Acht aus den Amerikaner, oder er nahm die Anteilnahme des Fremden, ihm Lieb­gewordenen für selbstverständlich hin.

Es wurde mir erzählt, von Menschen, denen ich nach dem Voran­gegangenen Glauben schenken mußte.

sich wie als die alleinige Vertreterin der Arbeiter­schaft aufspiele. In der Frage der Finanzreform bezeichnte Redner es als unrichtig, daß er für eine Reichreinkommensteuer eingetreten sei. Durch das Verlangen direkter Reichssteuern sprenge man den Block. An eine Reichseinkommensteuer habe er nicht gedacht, nur eine Reichsvermögenrsteuer könnte in Frage kommen. Schließlich wies Baffer­mann die Angriffe Bebels gegen ihn mit größter Schärfe zurück, indem er dabei auf die Schweif­wedelei und den Byzantinismus der Genoffen hin- deutete, den Sauherdenton der sozialdemokratischen Presse beleuchtete und die ganze Lächerlichkeit und Ehrenhaftigkeit der Bebel'schen Argumentation be­züglich des Schlußkulturkampfes bloßlegte. Die Frage der Herstellung der vollen Gleichberechtigung der Arbeiter, der Vollberechtigung des vierten Stander wird gelöst werden. Die Nationalliberale Partei werde im nationalen, liberalen und sozialen Geiste 'arbeiten, treu ihrem Programm und ihrer Vergangenheit. (Tosender, langanhaltender Beifall.)

Stuttgart 19. Okt. Auf dem Prag­friedhof fand heute nachmittag die Beerdigung der vier Opfer des Bauunglücks auf dem früheren Legionrkasernenplatz unter großer Teilnahme aus allen Schichten der Bevölkerung statt. Ein endloser Trauerzug bewegte sich vom Leichenhaus zu den vier neben einander liegenden Gräbern. Hinter den Särgen schritten die An­gehörigen, dann folgten Freunde und Bekannte mit Palmzweigen und Kränzen, Stadtdirektor Oberregierungsrat Nickel. Branddirektor Jakobi, Oberbürgermeister von Gauß, eine Abordnung des italienischen Vereins mit Vizekonsul Professor vr. Cattaneo, an der Spitze mehrere katholische Geistliche und viele italienische Landsleute. Die Feier wurde mit einem Choral, geblasen von einem Posaunen quartett eingeleitet, worauf Vikar vr. Wacker eine ergreifende Trauerrede in italienischer und deutscher Sprache hielt, worin er hervorhob, daß an den vier Gräbern neben Italienern auch Deutsche ihre Tränen vergießen. Nach der Rede des Geistlichen widmete Vizekonsul Professor vr. Cattaneo namens des italienischen Vereins den vier unglücklichen Opfern einen warmen Nachruf unter Niederlegung eines Kran­zes. Ein weiterer Kranz wurde namens der Arbeitskollegen niedergelegt. Mit einem Choral schloß die ernste Feier.

München 20. Okt. Der 14jährigen Jda Schnell ist noch ein weiterer Mord nachgewiesen worden. Sie gestand diesen achten Mord ein mit den Worten: Mehr Hab i aber gewiß net umbracht. Von gerichtswegen ist die Exhumierung weiterer Kinderleichen angeordnet. Infolge der Erklärung des Landwirtschaftsministers in der Kammer, daß zur Erhöhung der Bierpreise durch die Brauereien kein Grund vorlag,

Wer waren diese Menschen?" fragte Williams und setzte sich wieder auf den Stuhl zurück.

Sie kennen sie nicht» Mr. Williams. Es waren Menschen, die meinem Sohne einst nahe standen-sein Freund und"

Wie? Sein Freund?" unterbrach Williams ihn.

Glauben Sie nicht, daß der Freund ihn verraten habe. Es hat unendlicher Mühe bedurft, ihn zum Reden bringen. Mir gegenüber hätte er es nie getan. Er vertraute e» einem anderen an, einer mir sehr er­gebenen Person."

Und der-glaubten Sie mehr als-dem eigenen Sohn?"

Diese Frage klang wie ein Vorwurf, und Helmbrecht schien sie auch als solchen zu empfinden.

Ich sehe schon, daß ich Ihnen die Angelegenheit näher erklären muß, Mr. Williams", erwiderte er.Sie halten mich sonst für einen Menschen, der blind, ohne Beweise, verurteilt, noch dazu seinen einzigen Sohn. Nein, er wäre wohl der letzte gewesen, auf den ich Verdacht ge- schöpft hätte-. Schon öfter merkte ich in der Kaffe meines Privat­

kontors kleine Fehlbeträge, die ich mir schon darum nicht erklären konnte, weil niemand außer mir und meinem Sohne den Raum betrat. Ich fing jetzt an, genau jeden Abend die Summe nachzurechnen, damit jeder Irr­tum meinerseits ausgeschloffen war. Und da machte ich eines Tages die Entdeckung, daß mir eine größere Summe in der Nacht abhanden gekommen war. Dieser Umstand war nur auf einen Diebstahl zurückzuführen. Da ich aber absolut keinen Anhalt zu einem Argwohn hatte, beschloß ich, mich auf die Lauer zu legen. Viele Nächte brachte ich in einem Raum zu, der gegenüber dem Kontor lag, und dessen Tür eine kleine Glasscheibe hatte. In diesem saß ich Nacht für Nacht, hörte auf jedes Geräusch und betrachtete angestrengt die gegenüberliegende Tür.

(Fortsetzung folgt).