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Vom Bodensee 25. Sept. Auf dem Etsenbahndamm, der von der Lindauer Insel über dem See zum Festlande führt, fuhr ein Rangier, zug dem ausfahrenden Güterzug nach Friedrichshafen in die Flanke. 7 leere Wagen des Güterzugs wurden schwer beschädigt und aus dem Geleise geworfen. Die Lokomotive des Rangter- zuges legte sich quer über das Geleis und wurde ebenfalls stark beschädigt. Zwei schwere Wagen des Rangierzuges wurden umgeworfen und stürzten auf die Brüstung des Dammes. Der Verkehr dürfte bis nachmittags gehemmt sein. Die Züge müssen jetzt zum Rangierbahnhof geleitet werden. Von Personenverletzungen ist bisher nichts bekannt geworden.
Dresden 25. Sept. Die Nachricht von der Wiederverheiratung der Gräfin Montignoso wurde nach dem „Hannov. C." abends dem König unterbreitet, der beschloß, ihr die Apanage weiter zu belasten.
Kiel 26. Sept. Die Kaiseryacht Hohen- zollern, der große Kreuzer Scharnhorst und der kleine Kreuzer Königsberg sollen nach neueren Dispositionen bereits am 8. November an der Elbemündung für die Reise des Kaisers nach England bereit liegen. Die Reise wird voraussichtlich von der Unterelbe am 9. November angetreten werden.
Paris 26. Sept. Dem Matin zufolge find Herr und Frau Toselli (Gräfin Montignoso) gestern abend nach Florenz abgereist, werden aber unterwegs Aufenthalt nehmen und erst am Samstag dort eintreffen. Frau Toselli, über den Zweck dieser Reise befragt, antwortete: Es gilt zunächst, die Prinzessin Monika vor den Nachforschungen des K. Hofes in Sicherheit zu bringen; dann wollen wir abwarten, was der König beschließt. Von seiner Entscheidung hängt die meinige ab. Sie fügte hinzu» daß sie bisher über die wahren Gründe, au» denen sie Dresden verlassen habe, noch nichts in die Oeffentlichkeit habe gelangen lassen. Wenn sie dazu gezwungen werde, werde sie alles im einzelnen Mitteilen.
Paris 26. Sept. Nach Bourgeois hat sich auch Frhr. Marsch all v. Bieberstein über die Frtedenkonferenz ausgesprochen: lieber das allgemeine Resultat der Konferenz zeigte er sich befriedigt. Er bedauerte nur, daß man im Anfang mit unnützen Formalitäten so viel Zeit verloren habe, gab aber zu, daß über einige Fragen, u. a. über das Prts engericht, über das Neutralitätsprinzip und über die Seeminen eine Verständigung erlangt sei. Was Deutschlands Haltung gegenüber dem Schiedsgericht betrifft, so vertritt Herr von Marschall folgenden Standpunkt: Unsere Stellungnahme war sehr einfach, man lud uns ein, einer Art Weltvertrag twsM numäial beizustimmen, der zwischen allen an der Konferenz beteiligten Mächten geschloffen werden und die Fälle bezeichne sollte, in denen das Schiedsgericht
obligatorisch sei. Da» Projekt schien mir weder ratsam noch ernsthaft, weil die Liste der aufge- führten Fälle nur sekundäre Möglichkeiten vorsah, sonst aber große Lücken aufwier. Wir wollen nicht mit allen Ländern unterschiedslos verhandeln. Wir wollen namentlich über eine Verpflichtung zur Anrufung des Schiedsgerichtes nur mit Staaten, die von uns gewählt find, besondere und auf freien Stücken vereinbarte Verträge ab- schließen. Wir werden solche Verträge zuerst mit jenen Staaten schließen, die uns eine gewisse Gemeinschaft der Interessen, Empfindungen und Traditionen bieten. In zweiter Reihe sind die konstitutionellen Schwierigkeiten enorm, die sich bei der Redaktion eines solchen Weltvertrages bieten müssen. Es wäre niemals eine Gleichmäßigkeit in der Geschäftsführung zu erzielen. Endlich, wenn ein solcher Gerichtshof schon auf dem Papier steht, wie soll man ihn tatsächlich konstituieren? Wenn man den Wunsch der südamerikanischen Republiken erfüllen sollte, so brauchte man 46 Richter! Nein, es find sehr schöne Reden über die Frage gehalten worden, aber das Mittel, die praktisch sich ergebenden Notwendigkeiten mit der Theorie von der Gleichheit der Staaten und deren Souveränität als Mächte zu vereinigen, ist noch nicht gefunden.
London 25. Sept. Die Gräfin Montignoso und Enrico Toselli sind nunmehr getraut. Toselli erklärte auf dem Standesamt, er sei 24 Jahre alt, Professor der Musik, wohnhaft im Hotel Norfolk. Sein Vater sei Sprachlehrer. Die Frau wurde eingetragen als Marie Antoinette Luise Erzherzogin von Oesterreich, 37 Jahre alt, geschiedene Gattin von Friedrich August, König von Sachsen, genannt Gräfin Montignoso. Die Trauzeugen waren ein Herr R. C. Witt, Marie Wiott, eine Freundin der Braut, und der Schriftsteller William Queux, in dessen Villa in Florenz die Gräfin wohnte. Die Frau Unterzeichnete das Heiratsregister mit fester Hand und wandte sich dann lachend an ihre Zeugen. Sie stieg dann in die Droschke und fuhr ins Hotel zurück.
(Stuttg. Mpst.)
London 26. Sept. Frau Toselli hat einem ihrer Trauzeugen, dem Schriftsteller Lequeux, die Geschichte ihrer Liebe zu ihrem jetzigen Ehemann anvertraut. Frau Toselli beklagte sich bitter über den sächsischen Hof und über die Verleumdungen und Verfolgungen, die sie erlitten habe. Auch darüber ist sie aufgebracht, daß ihr der sächsische Hof nur monatlich 200 ^ Erziehungsgeld für die kleine Prinzessin Pia Monica gebe. Sie schwor, das Kind nicht herausgeben zu wollen. Bei ihrem Schwur fiel Herr Toselli pathetisch mit einem: „Niemals" ein.
London 26. Sept. Zum Abschluß der großen, im Oktober in der Nordsee stattfindenden Flottenmanöver, an denen dis Kanalflotte, die atlantische Flotte und die Heimatflotte teilnehmen werden, hat die Kanalflotte Befehl erhalten, sich zur Begrüßung Kaiser Wilhelms in Spithead
zu vereinigen. Es werden dort 14 Panzerschiffe und 6 Kreuzer unter dem Kommando de» Kontre- admiral», Sir Percy Scott, sowie 24 ihm zugeteilte Torpedobootszerstörer versammelt sein.
Madrid 25. Sept. Infolge der Ueber« schwemmung sind über hundert Personen getötet worden. Ungeheurer Schaden ist auf den Feldern, an Häusern und Viehbeständen angerichtet worden. Malaga stand lange unter Wasser. Jetzt beginnt das Wasser zu fallen. Viele Brücken sind fortgeriffey. Die Zahl der Opfer ist wahrscheinlich noch größer als man angibt» da viele der Opfer fortgeschwemmt wurden und in dem sonst trockenen Flußbett viel fahrendes Volk kampierte. Die Nachtwächter schoss en ihre Revolver ab und weckten so die Bevölkerung. Viele retteten nur das nackte Leben.
Vermischtes.
(Saatenstand im Deutschen Reich.) Der Reichsanzeiger veröffentlicht den Saatenstand im Deutschen Reich um Mitte Sept. Danach ist der Stand wenn 2 gut und 3 mittel bedeutet, folgender: Kartoffeln 2,6, Klee 2,7, Luzerne 3,0, Bewässerungswiesen 2,7 und andere Wiesen 3,0. Die entsprechenden Zahlen des Vormonats sind: 2,6, 3,0, 2,9, 2,6. 2,9. In den Bemerkungen heißt es: In großen Teilen des Reiches war die Witterung auch in der zweiten Hälfte des August noch vorherrschend kühl und naß. Erst zu Anfang Sept. setzte wärmeres, trockenes Wetter ein, das bis zu Beginn der Berichterstattung, Mitte Sept., anhielt. Feldmäuse treten in verschiedenen Teilen der Reichs ungewöhnlich zahlreich auf und verursachen in den Kartoffel- und Futterfeldern, sowie auf den Wiesen zum Teil erheblichen Schaden; sie drohen der neuen Saat gefährlich zu werden. Die Berichte über die in Aussicht stehende Kartoffelernte lauten recht verschieden. Am ungünstigsten ist der Stand der Kartoffeln im Norden und Nordosten des Reiches, aber auch in Mitteldeutschland sind die Knollen vielfach klein geblieben; besonders bei früheren, feineren Sorten sind die Kartoffeln zu nicht unerheblichem Teil erkrankt; andererseits darf im Rheinland und in Süddeutschland, ausgenommen in Elsaß-Lothringen, wo anhaltende Trockenheit stellenweise dem Wachstum geschadet hat, auf eine gute Ernte gerechnet werden. Die zweiten und dritten Schnitte von Klee und Luzerne, deren Aberntung fast überall beendet ist, haben vielfach, teils infolge der Nässe und Kälte, teils wegen der Trockenheit, nur mittelmäßige oder geringe Erträge geliefert; dagegen stehen Jungklee und junge Luzerne meist gut. Die Grummeternte war Mitte September in vollem Gang, in manchen Gegenden schon beendet. Dank dem trockenen Wetter der letzten Wochen läßt die Güte des Grummets nichts zu wünschen übrig, umsomehr vielfach die Menge.
»*. Der widersetzliche Passagier. Auf der Station Madelaine in Paris bestieg ein Mann mit weichem Hut und übergehängtem spanischen Mantel, unter dem er einen Gegenstand verbarg, den Omnibus und bezahlte Pflicht.
Lied: „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt aus 532 dankbaren Schwabenherzen!
21 davon fuhren abends der Heimat zu — allen anderen hatte es der Norden angetan.
Am andern Morgen fand sich der größte Teil der Gesellschaft wieder zusammen. Lag doch Friedrichruh in der Nähe, wohin es jeden echten Deutschen zieht. Freilich — Bismarck selbst finden wir nimmer, doch wir, die wir noch in seiner Zeit gelebt haben, werden den Morgen in Friedrichsruh nie vergessen! Wie bescheiden und einfach ist das Innere des Mausoleums! In der Mitte die schmucklosen Sarkophage mit der Inschrift: „Fürst Otto von Bismarck, ein treuer, deutscher Diener Kaiser Wilhelms I." Oben über der Tür: „Alles, was Ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen."
Im Mausoleum hielt Schulrat Dr. Mosapp eine ergreifende Rede, welche sich in den schönen Vers von Hofprediger Dr. Braun zusammenfassen ließe:
„Dem größten Mann in großer Zeit Sei dankbar dieser Kranz geweiht,
So eisern fest und willensstark So treu und fromm im tiefsten Mark,
DeS Kaisers Knecht, der Volkes Freund,
Dem Scheine fremd, der Kleinheit feind.
So hast Du unser Volk geeint,
Das Dein sich freut und um Dich weint So lang ihm Gottes Sonne scheint.
Und zu dem Grab im Sachsenwald Mit Dank und mit Gelöbnis wallt.
Gott grb Dir fröhlich Auferstehn Und laß Dein Werk mit Macht bestehn!"
In feierlichem Zuge ging es am Schloß vorbei, wo jedes in das Arbeit?- und Sterbezimmer einen Blick werfen durfte.
Fest steht uns allen das Wort:
„Das deutsche Volk gedenket An seinen Bismarck treu,
Die Jahre kommen, gehen Sein Ruhm bleibt ewig neu!"
Das war ein schöner würdiger Schluß der Reise!
Der Dank gebührt auch hier wieder Herrn Männer, dem Leiter des Ganzen, der die Sache angeregt und bei der Familie Bismarck die Erlaubnis zum Besuch des Mausoleums nachgesucht hat.
Was die Verpflegung, Führung u. s. w. äUf der ganzen Reise anbelangt — überall hörte man nur eine Stimme des Lobes, unsere Erwartungen waren weit übertroffen. Die Anforderung an die Leistungsfähigkeit überstieg unsere Kräfte nicht, viel haben wir gesehen und gelernt, zu dem ein Einzelner niemals die Gelegenheit hat. Stolz und Freude erfüllte unsere Herzen beim Anblick der prächtigen Handelsflotte mit den Farben unseres deutschen Vaterlandes, die aber ohne den Schutz einer mächtigen Kriegsflotte nicht bestehen kann. Vollkommen ist unsere Flotte noch nicht und wenn irgend wo. so heißt eS hier: „Stillstand ist Rückschritt."
Das hat uns auch „Onkel Keller" sehr ans Herz gelegt und seinem Befehl folgend tun wir, was wir für die Flotte tun können: überall mit Begeisterung davon erzählen und andere für die Flotte interessieren!
Unsere deutsche Flotte, sie blühe und gedeihe!