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beobachten konnte, gewandt und rasch vor sich. Sämtliche Bewegungen machten auf den Zuschauer den Eindruck vollsten Gelingens und wurden deshalb mit steigender Bewunderung verfolgt.
Tübingen 25. Sept. In Neusten ist im Haus des Bauern Sautter Feuer ausgebrochen, da« mit rasender Schnelligkeit um sich griff. Abend« 6 Uhr standen sechs Häuser in Flam- men. Die Bewältigung des Feuermeers war noch nicht gelungen. Die Ammer führt nur spärlich Wasser. Die Entstehung des Feuers ist noch nicht ermittelt. Die^,Geschädigten haben nur wenig gerettet und findWtzr Teil nur ungenügend versichert. Der Ober^Wivann von Herrenberg mit dem Bezirkrfeuerlöschmspektor eilten von einer andern Brandstätte hierher.
Langenau 26. Sept. Hier hat sich eine Getreide ge nossenschaft gebildet, der sofort 26 Mitglieder beigetreten sind. Diese verpflichten sich, alles Getreide, das sie zu verkaufen haben, nur auf der Langenauer Schranne zum Verkauf zu bringen, wogegen die Genossenschaft sich verpflichtet, den Mitgliedern alles Getreihe abzunehmen, wenn sie es auf der Schranne nicht absetzen können. In den geschäftsführendcn Vorstand wurden Stadtpfleger Bohner, Gemeinderat Groner und Gemeinderat Henscler, in den Aufstchtsrat u. a. Stadtschultheiß Haug gewählt.
Korb-Steinreinach 25. Sept. Hier ist ein halber Herbst in Aussicht, die Quantität in den mittleren und Berglagen ist befriedigend, in den niederen Lagen gering. Infolge der günstigen Witterung und der reichlichen Bespritzung sind die Weinberge noch schön belaubt, die Trauben durchaus gesund und größtenteils reif, so daß bei gegenwärtiger anhaltender Witterung ein Ausstichwein zu erwarten ist. Beginn der Lese voraussichtlich in der zweiten Oktoberwoche; sobald anhaltender Regen eintritt, muß mit der Lese sofort begonnen werden. Gesamt-Erzeugnis ca. 2700 kl.
Giengen a. Br. 23. Sept. Fruchtmarkt. Zufuhr an Kernen 75 Ztr., Roggen 28 Ztr., Gerste 190 Ztr., Haber 290 Ztr., Weizen 137 Ztr., Dinkel 10 Ztr. Preis für 1 Ztr. Kernen 10.50—11.40 1 Ztr. Roggen
9.50—9.80 1 Ztr. Gerste 9.90—10.20
für 1 Ztr. Haber 9.00—9.30 für 1 Ztr. Weizen 10.70—11.20 für 1 Ztr. Dinkel 8.80-10.00
Ebingen 25. Sept. Zudem schweren Automobilunfall des Redakteurs Ostertag in Ebingen wird uns noch folgendes mitgeteilt: An der Zündröhre des Motors hatte sich eine Schraube gelockert, wodurch Benzin ausgelaufen ist. Ostertag brachte daher das Automobil zum Stehen, um den Schaden zu reparieren. Dabei geriet das Benzin in Feuer und da» Automobil stand augenblicklich in Flammen, während Oster- tag sich unter ihm befand. Seine Kleider fingen ebenfalls sofort Feuer. Eine Dame, die sich in seiner Begleitung befunden hatte» schob mit Hilfe eines hinzugekommenen Ingenieurs das Automobil bei Seite, worauf erst Oflertag
Hilfe zu teil werden konnte, Er hatte sehr schwere Brandwunden erlitten und sein Zustand gibt zu sehr ernsten Bedenken Anlaß.
Ebingen 26. Sept. Der Redakteur de» „Neuen Albboten", Direktor der hiesigen Genossen- schaftrdruckerei, G. Oster tag, ist in der vergangenen Nacht seinen schweren Brandwunden, die er durch die Explosion seines Benzinmotors während der Reparatur seines Automobils erlitten hatte, erlegen. Direktor Ostertag war bekanntlich früher lange Jahre zweiter Redakteur des „Beobachter".
Friedrichshafen 26. Sept. Graf Zeppelin unternahm heute nachmittag 1 Uhr vom See aus einen dritten, und soweit es sich bisher beurteilen läßt, wiederum recht erfolgreichen Aufstieg. Das Wetter ist herrlich. Die Fahrt kann mit bloßem Auge weithin verfolgt werden. Das Luftschiff steuerte zuerst dem Schweizer Ufer zu, ging über Lindau und Bregenz hinweg und ist zur Zeit des Abgangs der Meldung, 4 Uhr Nachmittags, noch nicht gelandet.
Friedrichshafen 26. Sept. Graf Zeppelin unternahm heute nachmittag bei prächtigem Herbstwetter von 1—4 Uhr die sehr gelungene dritteUebungsfahrt über einen größeren Teil des Bodensees über Konstanz Romans- Horn nach Friedrichshafen, überall von einer großen Menschenmenge begrüßt. Das Luftschiff folgte der Steuerung nach jeder Richtung. Während der Uebungsfahrt senkte sich der Ballon plötzlich bis nahe dem Seespiegel hernieder, so daß die Zuschauer erschreckt vermuteten, es habe sich ein Unfall ereignet. Allein es handelte sich um einen sehr geschickt ausgeführten Abstieg aus großer Höhe, um zwei Teilnehmer der Fahrt in ein bereitstehendes Dampfboot abzusetzen und an ihrer Stelle die Tochter des Grafen mit einem Herrn in die Gondel aufzunehmen. (?) Ein waghalsiges Unternehmen; aber so sicher fühlen sich schon die Leiter des Fahrzeuges! Gleich darauf erhob sich der Ballon in seine gewohnte Höhe und landete erst nach einer weiteren Stunde erfolgreicher Uebungen. (Stuttg. Mpst.)
Pforzheim 25. Sept. In der Gemeinde Ellmendingen erregt die Verhaftung des dortigen, wegen Krankheit von seinem Amte zurück- getretenen BürgermeistersFiesund seiner beiden Söhne großes Aufsehen. Fies, der auch das Accisamt verwaltete, kam Dienstag, 10. Sept., von Wildbad zurück. Er begab sich aber nicht von der Bahn nach seinem Anwesen, sondern in die Gastwirtschaft zum „Löwen", wo er übernachtete, nachdem er im Laufe des Abends für kurze Zeit in seiner Wohnung war. In dieser Nacht kurz vor 2 Uhr erscholl Feuerlärm im Orte. Er brannte die Scheune des Fies lichterloh. Er wurde dann von dem Löwenwirt geweckt und wollte zur Brandstätte. Unterwegs begegnete ihm der Gendarm, der ihm Vorhalt über sein Verbleiben machte und ihn mit aufs Rathaus nahm. Man hatte nämlich entdeckt, daß von der Scheune zum Wohnhaus Zündschnüre u. s. w. gelegt waren,
auch im Bette des Fies hatte man 2 Flaschen mit Benzin gefüllt vorgefunden. Fies selbst will von allem nichts wissen und bestreitet, den Brand gelegt zu haben. Er wurde andern Tags in Untersuchungshaft gebracht. In Trier find dann zwei seiner Söhne verhaftet worden. Fie« selbst ist mit Gebäuden und Fahrnissen versichert, das Wohnhaus ist gerettet worden. Der Bestand der Acciskasse ist in Ordnung. Der eine Sohn, welcher beim Militär in Trier stand, hatte wenige Tage vor Aurbrüch des Brandes Urlaub nach Elberfeld genommen, ist aber nach dem „D. W." nach Wildbad zum Besuche seines Vaters gefahren. Der andere Sohn, welcher den Accisdienst provisorisch versah, ist anscheinend zwei Tage vor Brandausbruch nach Trier ebenfalls zurückgekehrt, nachdem er vorher mehrere Möbelstücke mit der Bahn fortschaffen ließ. Was die peinlich geführte Untersuchung noch weiter ergibt, muß abgewartet werden.
Karlsruhe 25. Sept. Rechtsanwalt Dr. von Pannwitz-München hat jetzt gegen Paul Lindau im Aufträge der Familie Molitor wegen der bekannten Artikel, die Lindau in der Hau-Affäre veröffentlicht hat, Strafantrag gestellt.
Karlsruhe 25. Sept. Die 15jährige Tochter des Möbeltransporteurs Freier wurde abends am Hauptbahnhof von dem gleichaltrigen Burschen Hill durch einen Revolverschuß in den Unterleib lebensgefährlich verletzt. Der Bursche wurde verhaftet. Ob Unvorsichtigkeit oder eine verbrecherische Absicht vorliegt, ist noch nicht festgestellt.
Mainau 26. Sept. (Zum Befinden des Großherzogs.) Das Bulletin von heute Nachmittag 5 Uhr lautet: Nach ruhiger Nacht ist der heutige Tag beim Großherzog bis jetzt ohne Störungen und im ganzen befriedigend verlaufen. Wie die „Badische Presse" weiter erfährt, ist auch heute ein günstiges Befinden des Großherzog« zu verzeichnen. Die Besserung in seinem Zustand hält an. Der hohe Patient verbringt den Tag eine geraume Zeit im Lehnstuhl sitzend, da ihm das mehr Erleichterungen verschafft. Die Stimmung des Großherzogs ist eine gute. Morgen Abend trifft der Kronprinz von Schweden mit seinem Adjutanten auf der Mainau ein.
Maina« 27. Sept. Das Befinde« des Großherzogs hat stch verschlimmert, man erwartet das Ableben stündlich. Das heute Nacht ausgegebene Bulletin lautet: Bei dem Großherzog hat sich die Herzschwäche in ganz bedrohlicher Weise gesteigert, es gelang zwar allmählich eine gewisse Beruhigung herbeizuführen, Loch ist der Zustand noch derart, daß das Schlimmste zu befürchte» ist.
Maina « 27. Sept. S Uhr vormittags. Im Laufe der Nacht hat ein neuer Anfall von Herzschwäche die Kräfte des Grotzherzogs erschöpft. Seit Sonnenaufgang liegt der Grotz- herzog in ruhigem Schlummer.
Vom Bodensee 26. Sept. In Ueber- lingen galt beim gestrigen Obstmarkt der Zentne
In die kaiserliche Jacht „Hohenzollern", die so schlank und blendend weiß da lag, konnte uns leider auch ein „Onkel Keller" nicht führen.
Am Dienstag morgen besichtigten wir die Hafenbefestigungen in Friedrichsort, wohin wir etwa 1 Stunde mit dem Dampfer zu fahren hatten. In Kasernenhöfen sahen wir stramme Schiffsjungen ihre Gewehrübungen machen. An der Landungsbrücke warteten wir mit großer Spannung auf einen Torpedoschuß. Ein Schuß in Kriegszeiten kostet 18000 kein Wunder, daß die Flotte Millionen verschlingt!
Weiter — immer per Dampfer — zum Ostseebad Laboe, wo der schöne Strand zum Muscheln suchen einlud. Sehr interessant war die Rettungs - raketenstation: Dem gefährdeten Schiff wird durch eine Rakete ein Seil übermittelt, mit dessen Hilft: dann stärkere Seile und Rettungsringe hinübergezogen werden.
Zu gerne hätten wir ejkv Seebad genommen, allein es war windig uud kalt, so daß die dafür bestimmte Zeit zu einer Fahrt hinaus in die Ostsee benützt wurde, was allgemeinen Beifall fand. Heute hatten wir Sonnenschein, das Meer erglänzte in wunderbaren Farben!
Beim Rückweg stoppte plötzlich das Schiff. Warum? Ein „Flottier" war in Laboe vergessen worden und fuhr nun im schwankenden Segelboot, in einen Oelmantel gehüllt, uns nach. Auf und ab ging das Boot, Wellen schlugen über dasselbe, es legte sich um — zum Ansehen warS großartig, drin fitzen hätte wohl keines von uns mögen. Am Holtenauer Leuchtturm fuhren wir durch die Schleusen in den Kaiser Wilhelm Kanal bis zur prächtig gelegenen Hochbrücke von Levensau. Später Besichtigung des Panzerkreuzers „Avon", das als 2. Kriegsschiff noch eingehender und mit mehr Verständnis von uns betrachtet wurde. Die Gefechtstürme, die hohen Maste, die Maschinen
und deren, gewaltige Räume, die Geschütze, wie fie geladen und bedient wurden, das Geschoß, das Steuerruder und im Falle einer Beschädigung der Ersatz — alles wurde erläutert.
Nachdem wir so des Lehrreichen und Interessanten viel gesehen, freuten wir uns des Abends der gemütlichen Unterhaltung, wo stets unsere Führer und in Kiel auch einige bei der Marine stehende Schwaben teilnahmen. —
Der letzte Tage sollte uns Hamburgs Herrlichkeiten zeigen. Leider, leider hatten wir von der Wagenfahrt nicht den gewünschten Genuß — es regnete in Strömen! Doch, die gute Laune verloren wir nickt, sahen, was irgend zu sehen war: alten und neuen Jungfernstieg, die prächtigen Villen oder besser Paläste am Alsterufer, Uhlenhorst, das Rathaus mit seinem Kaiser Wilhelm Denkmal, Börse, die verschiedenen Kirchen u. s. w. Nachmittags von St. Pault-Landungsbrücken aus große Hafenrundfahrt bis nach Blankenese. Wollte der Regen auch lange nicht aufhören, uns kümmerte er nimmer, dank unserer „Wasserdichten" entging uns nichts Sehenswertes.
Auf stolzer Höhe der kolossale Bismarck, so wuchtig und gewaltig steht er da, allen weithin sichtbar! Es ist nicht der übliche Bismarck in Kürassieruniform oder Schlapphut — als Roland die Grenzen des Reiches schützend, steht er da, man muß sich erst an das Steinerne, Steife gewöhnen — aber großartig ist er. Wie einstens von Schiller hat sicher auch-hier der Bildhauer gesagt: Ich will Bismarck lebend machen, aber er kann nur leben kolossal.
Bei Hellem Himmel vorbei an allen möglichen Verladeschiffen, Wörmann- dampfern mit Negerbediensteten, heim zum letzten gemeinsamen Nachtessen. Mit einem Rückblick auf das was die Reisetage geboten, wurde unseres großen deutschen Vaterlandes begeistert gedacht und als schöner Schluß erllang das