Donncrstag den 30. Dezember 1937

Der Enztäler

85. Jahrgang Nr. 303

Von Irmgard Acmbruster

In der grauen Straße liegl ein seltsames Leuch­ten. Rührt es non den Sternen der die deute be­sonders de» schimmern, oder kommt es aus den Augen der Menschen, in denen die Erwartung des Beainns des neuen Jahres stellt?

Negine hat die Stirn ans Fensterkreuz geleimt und schaut aus dem oberen Stvckwerck der Miets­kaserne aus das geichästige Treiben hinab. Ihr müder Blick sälli au! zwei innge Paare die ver­gnügt die Strafte übergnereu

..Ich war immer allein' steigt es helft in dem Mädchen aul Wieder geht em Jahr zu Ende Und immer, immer allein - Ach Gull warum hast du mir de» krumme» Nücke» aeaebe»? Und warum lätzt du eS mich gerade setzt so schwer empfinden?'

Negine neigt den Kopf.

Lieber Gott', sie faltet die Hände,fast aste Menschen haben doch ei» Gluck in ihrem Leben... Seit ich ihn gesehen habe, gehört ihm mein ganzes Denken. Er sieht ni'ch nie. weil ich so hässlich bin. Last mich doch auch einmal glücklich sein. Heute abend am Silvester. Nimm nur für einen Tag den krummen Rücken von mir. nur kür einen einzigen Tgg. und dann will ich wieder still und zufrieden weiterleben, wie du es willst.'

Da ist es dem Mädchen Negine Plötzlich, als fielen tausend Schleier von ihren Augen. Ihre Seele wird seltsam leicht, und schön und licht scheint die traurige Stube. Sie tritt vor de» Svie- gek. und ein strahlendes Gesicht blickt ihr ent­gegen. Sie dreht sich halb der Nucken ist gerade und ihre Gestalt rank wie eine Gerte.

Bis morgen abend', flüstert sie.Dann will ich wieder tapfer mein Schicksal tragen.'

Und sie eilt die Treppe hinunter aus die Straße, fliegend leicht wie noch nie in ihrem Leben. Zwei Stunden später tritt Negine wieder vor den Spie­gel. Weiche, weifte Seide umschließt die schlanke Gestalt und fließt auk die Erde nieder. Das wel­lige braune Haar fällt, nur mit einem schmalen Band aus der Stirn gehalten, locker aus die Schultern. Nasch schlüvst das Mädchen in den wei­ßen Mantel und lächelt ihrem Spiegelbild noch einmal zu

»

Er ist da, sicher ist er da ich fühle es', denkt Negine beim Betreten der silvestergelchmückten Säle. Schwingende Musik rauscht. Lichter schau­keln. und die Menschen wogen im frohen Tanz. Negine schiebt sich durch die Paare. Ihr Herz schlägt in lautem, glück'ichem Takt. Sie tritt in den dritten Saal. Da sieht sie ihn Sie bleibt stehen und schaut ihm entgegen. Er kommt Schritt uni Schritt aus sie zu. und als er vor ihr steht, sicht sie. daß ein Helles Leuchten in seinen Augen

..Du bist da.' Sein Blick umfaßt ihr Gesicht. Du. Mädchen. Dich habe ich gesucht ein ganzes Leben laug.'

Sie suhlt lei»»n Arm lind hört 1x,s Singen der Geigen, in besten NhvtbmuS sie sich wiegen. ANV sie veraiftt Himmel und Erde.

..Wollen wir in den Garten gehen?', kragte er.

Negine nickt. Er legt ihr den Mantel um die Schultern, und so schreiten sie über die Terrasse. Schweigend gehen sie die Wege entlang. Eine kleine Brücke führt über leise glucksendes Master. Still lehnen sie am Geländer und blicken in die hurtigen Wellen.

..Wo sind Sie denn mit Ihren Gedanken?' Der Mann lächelt in ein Paar selige Augen hinein. Er zieht das Mädchen leise an sich heran, sie legt ihren Kopf an feine Brust und hört sein Herz klopfen Da hebt der Mann des Mädchens Gesicht emvor und küßt es.

Als Negine aufblickt. sieht sie tausende Sterne über sich, nnd ihr ist als kämen sie alle herab zu Ihr. Da schlägt eine Glocke zwölf Schläge.

Silvester. Das neue Jahr Und für mich ein neues Leben, das Leben mit dir. Aber nun mußt du mir deinen Namen sagen, mein Mädchen.'

Negine'

Und willst du nicht misten, wie ich heiße?', fragt er.

DaS weiß ich doch. Hans Friedrich. Das weih ich Ichon seit anderthalb Jahren. Und seit andert- haib Jahren liebe ich dich.'

Die Worte kommen von ihren Lippen wie im Traum. Der Mann fühlt ein großes Wunder in feinem Herzen aussteigen: die Nenjahrsglocken sin­gen über jbm und über der Frau in seinem Arm, und ihm ist. als versänke die Welt und als müsse er diese Minute festhalten in alle Ewigkeit.

Ich muß jetzt gehen', hört er da? Mädchen sagen

Ich bringe dich nach Hause. Negine.'

Das Mädchen erwacht plötzlich zur Wirklichkeit. Nach Hause? Niemals darf er wissen, daß sie so nahe bei ihm wohnt. I

Nein. nein, danke. Ich möchte allein heim- j gehen'

Tu verschweigst mir etwa?. Negine Ich laste ! dich nicht allein Tu übernachtest einfach »m Hotel. Ich hole dich morgen früh, dann fahren wir hin­aus. wo Schnee ist und Sonne Dort. >n einem kleinen Hans, wohnt meine Mutter, und dort wol­len wir sein morgen am Neujahrstag. Und dann bleibst du immer bei nur.'

Sie gehen zurück zum Hotel ui beste!» Säten die Menschen noch Silvester feiern. Er bestellt ihr das Zimmer.

Negine'. der Mann schaut daS Mädchen ernst an.freust du dich denn nicht?... Du, ich fühle, du entwischst mir. du zerrinnst wie ein Traum. Versprich mir. dast du morgen noch da bist daß du auf mich wartest, bis ich dich hole. Versprich es mir.'

Ich verspreche dir. daß ich morgen da sein werde. Gute Nacht. Hans Friedrich.'

Märchenlchön ist der erste Tag deS neuen Iah- res. Der Zug fährt hinein in eine Welt von Frische nnd Himmelsbläue. Nach drei Stationen steigen Negine und Hans Friedrich ans. und es beginnt ein wonniges Wandern durch eine weiße Welt.

Du. so was Schönes Hab ich noch nie erlebt und werde es auch nie mehr erleben', flüstert Negine.

Aber Mädchen, e? wird noch viel, viel schö- »er werden. Das weißt du doch.'

Am Mittag sitzen sie bei Hans Friedrichs Mut­ter in der kleinen Stube. Das Glück füllt dem

Tsingtau einst nnd jcht

Fischerftädtcheu mied Seefest trug Dap Zentrum der japauischeu

Baumwollsestuvg

Tsingtau! Dieser chinesische Städtename hat für »ns Deutsche einen wohlbekannten, wehmütigen Klang. Hier verteidigte sich während des Welt­krieges die deutsche Besatzung gegen eine zwan­zigfache Nebermacht fünf Monate lang, bis sie wegen Munitionsmangels die Walsen strecken mußte.

Tstiuttaii. Hafen nnd Festung des einstigen deut­schen Pachtgebietes von Kiciutschvu. wirkt auch heilte noch wie eine nach Nordchina ver- pilanzte deutsche Gartenstadt. Wenn man die Straßen um die deutsche Misstonskirche durchstreift, glaubt man sich irgendwo »ach Mit­teldeutschland. nach Erfurt oder Jena, versetzt. Würden nicht ab und zu Nischka-Kulis mit ihren Geführten üorbeiflitzen, wäre die Illusion voll­kommen.

Deutsck>er Kolonialgeist. deutsche Organisations­kraft haben aus dem schmutzigen, den NebersäUen von Seeräubern ansgesetzten chinesischen Fischer­städtchen in kürzester Zeit eine der schönsten Städte Asiens gemacht. Ans dem kleinen Nest wurde eine Seesestiing ersten Ranges und neben der alten Ehiiiesensiedlung mit ihren bankälliaen Lehmhütten entstand eine stattliche Stadt nach deutschem Muster mit Steinhäusern. Asphaltstraßen, Wasserleitung und Kanalisation. Festungswerke und Stadtkern wurden vollkommen voneinander getrennt. Man merkte nicht, daß Tsingtau von wichtige» Befestigungsanlagen um­klammert war.

Tsingtau bedielt auch unter sapanischer und später unter chinesischer Verwaltung alle Vor­schriften. die einst der deutsche Gouverneur Mener-Waldeck erlaßen hatte, bei. Ein grö» ßeres Lob läßt sich nicht denken. Heute ist die deutsche Kolonie in Tsingtau verhältnismäßig klein. Aber sie übt immer noch einen starken kul­turellen und charitativen Einfluß aus.

Tsingtau das mondänste Bad des Fernen Ostens

Die Stadt erlebt nun die dramatischsten Tage seit IkN4. Das lebenslustige Tstncttau, der mon­däne Badeort des chinesischen Nordens, der som- merlickie Treffpunkt der Welt und Halbwelt von ganz Cbina erwartet die Belagerung durch japanische Truppen.

Tsingtau kann im Sommer mit den großen, mondänen Badeorten an der Riviera und Kalifor­niens getrost die Konkurrenz aufnehmen. Dort traien sich die Töchter der chinesischen Millionäre aus Schanghai. Man sah die einslußreichsten Freundinnen chinesischer Politiker und Ossiziere. Weißr»ssikche Tnri^Tniiierigiieii und iiiiiae. reiche, ttttnemcye?nrMSfner^üI7Ien Bars undTanzlokale. Wer sich zwischen Kanton und Mnkden zur gro­ßen Welt rechnete, mußte im Sommer nach Tsingtau pilgern.

Tsingla» heißt aus deutsch! Grüne Insel. In der Tat läßt sich kein größerer Gegensatz den­ken als dieses Nordchina vorgelagerte Gebiet mit seinen bewaldeten Hügelketten und das baumarme, steppenhafte Nordchina.

Der Auszug der 19 000

Als der japanisch chinesische Konflikt sich Immer weiter ansbreitete. zogen 1!)üük> Japaner ans Befehl von Tokio fort. Z>vi!cliensälle sollten so verhindert werden Ihre Geschäfte, ihre Fabri­ken. ibre unbewegliche Habe wurden versiegelt und den chinesischen Lokalbehörden zu treuen Händen überaeben. Aber die antijapanischen Strömungen wurden immer mächtiger, so daß die Banmwoll-

'pinnereien. in denen Japan Millionen Pen -nvestiert hatte in Flammen anigiiigen Aber »ich! nur Brände vernichteten Millionenwerle Auch das Geivriist der Arbeitslosigkeit erhob sein Haupt Tsingtau, das Zenlriim der japanischen Bniimwvllindvstrie. das bis dahin nicht wunte was Arbeit-Uosigkeil ist erlebte nn» diese Plage m Ichlinimste» Ausmaße Zehntauleiide vo» Ar­bitern. die in den Baiimwolllpiiiiiereien belchüt- w-rrc» Ivcichc »»» »Iir noch ein »crfcM'icr

Trümmerhaufen sind. leiern seit zwei Monaten, seit dem Abzug der Japaner.

Es ist keine Frage, daß gerade unter diesen Menschen die kommunistische Propa­ganda böse Unruhe angestistei hat und aus diele Weise die furchtbaren Brände verursachte. Dock schon nahen die japanischen Armeen, um Orb nung in das Chaos von Tsingtau zu bringen^

Britisches Klm:nekboot tvtelt.Emden'

Emden-Erinnerung" als Manöveranloß

ex. London. 28. Dezember. Für die Land-, See- und Lustverteidigung Bombays be­ginnen am 3. Januar große Abwehr-Manö­ver. die etwa eine Woche in Anspruch neh­men werden. Ter Plan gleicht dem bereits im Juli 1937 vor der südenglischen Küste durchgeiührten britischen Manöverplan, wo angenommen wurde, daß ein einzelnes Kriegsschiff den Tampkerverkehr nach Eng. land stört. Bereits damals vermiesen die englischen Blätter ans das Beifp > el der ..Emden', deren Kaperfahrt der englischen Oeffentlichkeit unvergeßlich ist. Tie Manöver vor der südenglischen Küste hatten insofern nicht den gewünschten Erfolg, als der ..Rai- der' das einzelne Kriegsschiff trotz aller Gegenmaßnahmen theoretisch ansgerechnet das größte britische Schiff, dieLueen Mary"kaperte". Bei den Manövern in Bombay wird die indische Metropole in Er» lnnernng an die ..Emden' vollständig ver» dunkelt während das in den indischen Ge­wässern stationierte britische Kano­nenbootLawrence" dieEmden" nachuiahmen und bei Nacht ein Landungs- Manöver bei Iuhu in der Vorstadt von Bombay dnrchziiführen hat. Ter Plan sieht vor. daß sich Bombay derLawrence" aus eigener Kraft zu erwehren hat. da die brit isch-ind ische Flotteandere Auf­gaben" stak. ' -

TanneBm ZMM als Lemhtrelief

rckv. Berlin, 28. Dezember. Der Landes­fremdenverkehrsverband Ostpreußen und die Verkehrsgesellschaft Tannenberg haben das von Hauptmann a. D. Thieß geschaffene nnd bereits in Berlin gezeigte Elektro- Lenchtrelief der Schlacht bei Tannen­berg erworben und werden es in Verbindung mit einer Ostpreußen-Wanderausstellung in allen deutschen Gauen zeigen. Ta? 36 Lua- dralmeter große Neliek weist 2400 kleine Glühbirnen auf. die die kämpfenden Truppen öaritellen und. entsprechend dem Verlauf der Schlacht, au den verschiedenen Kampfplätzen aufleuchten.

Mädchen das Herz so stark, daß sie cs kaum mehr ertragen kann. Nie hatte sie geahnt, daß Liebe und Glück so gewaltig find.

Ihr könnt bis morgen bei mir bleiben", sagt die Mutter.Negine schläst in meinem Zimmer, und das deine. Hans, ist ohnehin gerichtet. Und nun geht wieder nnd genießt euren Tag. Es wird bald dunkel werden."

Negine küßt die Hand der alten Frau, die so gm zu ihr ist.

Am Abend kommen sie zurück. Negine und Hans Friedrich, müde vom Glück und vom Herum, tollen im Schnee. Aus des Mädchens Augen blik- ken hundert Lichter der Seligkbit, und der Mann wendet den Blick nicht von diesem Geschöps. Ihm »st. als habe der Himmel es ihm beschert und könne es wieder nehmen.

Die Mutter zündet die Lichter am Weihnachts­baum an. und Neoine sitzl still in der Sofaecke, den Kopf an des Mannes Schulter. Sie denkt an das Wunder, das ihr dieser Tag gebracht, der nun zu Ende geht.

Ich bin müde Hans Friedrich.'

Ja. es ist spät. Wir wollen schlafen gehen. Scblase glücklich in dein neues Leben hinein. Liebstes.'

Er zieht das Mädckzen zu sich empor und be- rührt mit den Lippen ihr Haar nnd ihre Stirn. Sie legt ihr Gefickt in seine Hände und ringt mit einem verzw-ifelten Schluchzen, das ihren Körper schüttelt Dann legt sie ihre Hände um sein Gesicht nnd nimmt die geliebten Züge in ihre Seele auf. um sie nie mehr zu vergessen.

»

Als Hans Friedrich? Mutter ruhig schläst. er­hebt sich Negine. schlüpft geräuschlos in die Klei­der. blick! noch einmal in das Antlitz der schlafen- den alten Frau und tritt leise ans dem Zimmer. Der WeibnachiSbaum düstet harzig, sie streicht über die Nadeln und bunten Kugeln, über die Lehne des Solas und über Hans Friedrichs Bild, das an der Wand hängt.

Dann gebt sie durch den kleinen Garten und in den winterlich verhüllten Wald Der Schnee flim- wert, und die Kälte sticht mit spitzen Nadeln ihre Wangen. Hell liegt die Welt im Licht des Mon- de? fast wie am Tage nur geheimnisvoller und noch stiller. Stundenlang irrt das Mädchen unter den weiße» Bäumen dahin. Ihre Augen brennen

auk den Wegen, die sie mit Hans Friedrich ge- gangen war

Erschövst lehnt sie an dem rauhen Stamm einer Tanne Die Kälte legt sich eisig über sie. mühsam faltet sie die froslsteilen Hände.

Mein Gott. Du hast mich daS große Glück ver Menschen erleben lassen Ich kann nicht mehr allein sein Ich kann nicht mehr zurück rn die graue Stube. Ich kann nicht mehr meinen ge­krümmten Rücken tragen. Vergib mir Galt Ich habe die Kraft nicht da? alte Leben wieder cmf- zunetzmen.'-

..Oder Schwer zttternd und tief ringt eS sich aus ihr heran?:Oder kannst du mir di« Kraft geben?'

Bittere Mutlosigkeit und der Wille kapier zu sein, ringe» einen heißen Kampf in dem ein­samen Mädchen. Bis es langsam licht wird in ihrer Seele.

.Das Leben ist uns gegeben damit wir eS leben' steigt es in ihr ans ..Der Schöpfer will, daß wir unsere Ausgabe »n »hm erfüllen so aut wir es vermögen, wr laß! Luulelheueii kommen um ihnen das Licht folgen zu lasten. Langen, schweren Mitternächten folgen lange. Helle Tage...'

Ihr Blick sällt auf den Waldweg, der im Som­mer wohl grün von Gras ist und durch besten weiße Decke nun die braune, nackte Erde schaut.

Heute ist die Natur erstarrt und wie tot unter ihrer Schneehülle. Doch in ein paar Monaten wird sie jung und grün. Gott läßt auf den Win­ter den Frühling folgen wie auf daS alte Jahr d»S neue..."

Das Mädchen atmet tief auf.Ja. ich muß hin­durch. In der starren Erde regt sich schon das keimende Leben, das daS neue Jahr bringt. Dieses neue Jahr hat der Schöpfer auch für mich werden lasten und er Kat mir einen Tag geschenkt der so reich war. daß er mein ganzes Leben erhellen wird Ich will stark und tapser sein.'

Das Mädchen Negine rafft sich zusammen.

Eine Stunde später steht sie an dem Keinen Bahnhof Ans weiter Ferne tasten sich zwei Lich­ter durch den morgendlichen Dunst. Es^sj-tzer'Ziflfl der sie zurückbrinaen wird wdaZ^ss^,. das zwar hart sein wirb. aber^sshersomtt'»»» Stunden, die Kraft und tapsere^ut gegeben haben.

Was es nicht attes gibt/

Muttersprache" Das Bestreben verschie- Esperanto dener Leute, sogenannte

Weltsprachen beliebt zu machen, und damit einen zweifelhaften Schritt zur Annäherung der Völker zu tun, ist immer wieder zum Scheiter» verurteilt gewesen. Nun dringt die merkwürdige Kunde zu uns. daß sich das Esperanto im kroa­tischen Traulande eingebürgert hat. das; es dort in ,edem Torf ein paar Bauern gibt, die das Esperanto ..periekt' sprechen. Meh- rere Dörfer tun sich ab und zu zusammen und veranstalten Esperantoausstellungen, wo mit Büchern und Zeitungen. Plakaten, Schallplatten und Fahnen kür dieIdee" des Esperanto geworben wird. Die schla- gendste Reklame für dieses sonderbareKul­turstreben" ist jedoch der dreieinhalbjährige Mtaden Kitonilsch aus einem dieser Dörfer, der das Esperanto sozusagen seine ..Mutter« spräche" nennt denn er hat schon ir? Espe­ranto gelallt und versteht kein Mort von der Sprache feines Volkes. Tie Eltern sind sehr stolz auf diese Züchtung und honen auch, das kleine Schwesterchen dieses Wun­derkindes ganz in dieser Sprache zu erziehen.

Hier versagte die Zn den Dummen, die Hellseherin nicht alle werden, gehört

der Bäckermeister Paul Baudoin aus Cannes, der sich von einer raffinierten Betrügerin um über 40 000 Franken erleichtern ließ. Die Ge­schichte kam so: Antoinette Baptiste hatte eben eine dreijährige Gesängnisstrake abgc- sessen. als ste ihren Namen in Madame An­tonia umänderte und ein ..Institut für Hell­sehen und Handwahrsagekunit" eröffnete. Einer ihrer ersten Kunden war jener Bäcker­meister. der aus reiner Neugierde die Hell­seherin anssnchle. Madame Antonia las ihm aus der Hand, daß er das Große Los in der Nationallotterie gewinnen, daß aber feine Frau an einer schweren Kramiieit in einigen Monaten unter schrecklichen Lualen sterben werde. Auf die Frage des Bäckers, ob man denn dagegen gar nichts tun könne, riet ste ihm. sich durch ihre heilige Reliquien besor­gen zu lasten. Das werde zwar etwas kosten, aber er liebe ja seine Frau und außerdem werde er ja auch das Große Los gewinnen. Daraufhin gab ihr der Bäckermeister seine gesamten Ersparnisse von 23 000 Franken, dazu noch 20 000 Franken, die er sich von Freunden geliehen hatte, damit die Wahr­sagerin die Reliquien kaufe. Mittlerweile kam der sehnlich erwartete Tag der Ziehung. Das Große Los fiel aber aus eine andere Num­mer. Am nächsten Tage befragte der Ge­prellte einen bekannten Polizeibeamten. was er von der Wahrsagerei im allgemeinen und der von Madame Antonia im besonderen halte. Ter Polizeibeamte inlercssterte sich so stark für den Fall, daß die Wahrsagerin noch am gleichen Tage verhaftet wurde eine Tatsache, die sie allerdings nicht voransgc- sehen hatte

Geleimt In Marseille unternahm die.

ser Tage ein Mann einen ver­wegenen Einbruch in eine Leimsabrik. Es gelang ihm. den Geldschrank auszubrechen und einen größeren Bargeldbetrag zu stehlen. Sein Nückzugsweg führte durch den dunklen Lagerraum und dort ereilte ihn kein Geschick in der Gestalt, daß er auf den schwachen Deckel einer Tonn« trat. Ter Deckel brach und er siel in das große Faß. Dieses aber enthielt Leim. Mit Mühe krabbelte er heran? nnd gelangte auf die Straße. Tort rutschte er aus und wiederum konnte er sich nur mit Mühe vom Straßenpflaster erheben. Nach kurzer Zeit erhielt er endlich Hilfe, allerdings in Gestalt eines Polizisten, der ihn auf die Wache mitnahm.

Brief einer Kellnert«

Bei einer alten Berliner Firma in der Frieürichstratze wurde die Korrespondenz, die der Vater ihres jetzigen Leiters mit pein­licher Sorgfalt in Zigarrenkisten gesammelt hatte, einer Durchsicht unterzogen, um den Boden den Luftschutz-Erfordernissen entspre­chend von unnötigem Mtmaterial zu befreien. Dabei fand sich folgender Brief, den der Empfänger einst schmunzelnd gelesen haben dürfte, ehe er ihn in die leere Zigarrenkiste tat und ehe er den Sünder Hellmuth zu einer Standpauke in sein Kontor kommen ließ.

Euer Wohlgeboren

die ergebene Mittheilung, die jedenfalls in Ihrem Interesse von großem Nutzen sein kann. Nämlich Ihr Lehrling Hellmuth ge­nannt, in den Lokalen (Damenbediennng) in der Friedrichstadt verkehrt täglich in den­selben. und ich mache Sie nur darauf auf­merksam, wo der junge Mann daS n 3 thige Geld dazu hat. das er das Geld auf ehrlichem Wege erlangt glaube ich nicht. Mit obigem werde ich Ihnen genug gesagt haben, «. ver­bleibe hochachtungsvoll eine Kellnerin bei Buschholz Cafö-

d 20 October 193L

Ich Heile Ihnen obiges daher mit. weil er mir partum versprochen hat. u. mir nichts giebt, sondern den anderen Kellnerinnen."